Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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Linz, 27.11.2013

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die auf die Höhe der Geldstrafe beschränkte Berufung 1) der X (Berufungswerberin 1), geboren am X, Staatsangehörige von Kasachstan, X, und die Berufungen des X (Berufungswerber 2), geboren am X, des X (Berufungswerber 3), geboren am X und des X (Berufungswerber 4), geboren am X, alle vertreten durch die Mutter X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 22. August 2013, GZ.: Sich96-1034-2013, wegen Übertretungen nach dem Fremdenpolizeigesetz nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 22. November 2013 zu Recht erkannt:

 

        I.    Der Berufung gegen die Höhe der Geldstrafe der Berufungswerberin 1 (Spruchpunkt 1., rechtswidriger Aufenthalt der Berufungswerberin 1) wird mit der Maßgabe stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 500 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 67 Stunden und der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde auf 50 Euro herabgesetzt werden.

 

     II.    Die Berufungswerberin 1 hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zu leisten.

 

   III.    Den Berufungen der Berufungswerber 2 bis 4 (Spruchpunkt 1, rechtswidriger Aufenthalt der Bw 2 bis 4) wird stattgegeben und das Straferkenntnis im angefochtenen Umfang aufgehoben.

 

    IV.    Die Berufungswerber 2 bis 4 haben keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

       V.    Den Berufungen der Berufungswerber 3 und 4 (Spruchpunkt 2) wird stattgegeben und das Straferkenntnis im angefochtenen Umfang aufgehoben.

 

     VI.    Die Berufungswerber 3 und 4 haben keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II., IV. und VI.: § 64ff. VStG;

zu III. und V.: §§ 24, 4, 8, 44a und 51 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 22. August 2013, GZ.: Sich96-1034-2013, wurden die Berufungswerber 1 bis 4 (in der Folge: Bw 1, Bw 2 bis 4) wie folgt für schuldig erkannt und bestraft:

 

1. Zum Tatzeitpunkt am 02.07.2013 um 14:45 Uhr wurden Sie und Ihre minderjährigen Kinder X, geb. X, X, geb. X und X, geb. X, alle StA. v. Kasachstan am Tatort: X von Beamten der PI X unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet angetroffen. Eine Überprüfung Ihrer Person und jener Ihrer obgenannten minderjährigen Kinder ergab dass Sie keine der in § 31 Abs. 1 FPG aufgelisteten Voraussetzungen für den rechtmäßigen Aufenthalt erfüllen. Dies stellt eine Übertretung nach § 120 Abs. 1a FPG 2005 dar.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1.   wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2.   wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3.   wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4.   solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5.   entfällt

6.   wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7.   soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

·       Ihre erstmalige Einreise ins Bundesgebiet erfolgte am 12.03.2010 legal über TSCHECHIEN kommend. Am 04.03.2013 wurden Sie infolge vorliegender rechtskräftiger Ausweisungsentscheidung gem. § 10 AsylG am Landweg nach TSCHECHIEN überstellt. Ihren eigenen Angaben zu Folge reisten Sie und Ihre obgenannten minderjährigen Kinder bereits am 11.03.2013 neuerlich und diesmal illegal über TSCHECHIEN kommend nach Österreich ein.

      Weder Sie noch Ihre obgenannten mj. Kinder verfügen über eine Aufenthaltsberechtigung oder sind aufgrund einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem NAG zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt.

      Sie und Ihr mj. Sohn X verfügen über gültige Konventionspässe ausgestellt durch die tschechischen Behörden, diese würden Ihnen grundsätzlich die Einreise in die Vertragsstaaten (Shengenstaaten) und einen über 3 Monate nicht hinausgehenden Aufenthalt in diesen ermöglichen. Aufgrund der vorliegenden, rechtskräftigen, für 18 Monate gültigen Ausweisungsentscheidung gem. § 10 AsylG unterliegen Sie jedoch - im Falle eines Einreisewunsches ins Bundesgebiet von Österreich - während der Dauer der aufrechten Ausweisungsentscheidung (bis 04.09.2014) der Sichtvermerkspflicht für Österreich. Über einen gültigen Sichtvermerk verfügten Sie und Ihr mj. Sohn X zum Tatzeitpunkt nicht. Ihre beiden mj. Söhne X und X verfügen des Weiteren über keinen Aufenthaltstitel eines Vertragsstaates (Schengen-Staates).

      Zum Zeitpunkt der Verwaltungsübertretung am 02.07.2013 um 14:45 Uhr befanden Sie sich in keinem Asylverfahren. Ihnen kam daher kein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zu. Ihre am 11.10.2010 (X, X und X) bzw. 14.08.2012 (X) gestellten Asylanträge wurde mit Erkenntnis des AGH vom 27.01.2011 bzw. 20.09.2012 (X) gem. §§ 4 AsylG in II. Instanz iVm einer Ausweisung gem. 10 AsylG nach TSCHECHIEN als unbegründet abgewiesen. Diese Erkenntnisse erwuchsen mit deren Zustellung am 31.01.2011 bzw. 24.09.2012 (X) in Rechtskraft. Ihr temporäres Aufenthaltsrecht in Österreich nach dem AsylG endete somit an jenem Tag. Aufgrund der vorliegenden rechtskräftigen Ausweisungsentscheidungen gem. § 10 AsylG wurden Sie und Ihre mj. Kinder am 04.03.2013 durch die BH Vöcklabruck am Landweg nach TSCHECHIEN überstellt. Bereits am 11.03.2013 reisten Sie und Ihre mj. Kinder neuerlich ohne gültigen Sichtvermerk - diesmal in Folge der 18 Monate gültigen rk. Ausweisungsentscheidung gem. § 10 AsylG illegal - ins Bundesgebiet von Österreich ein. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet von Österreich und jener Ihrer Kinder war somit zum Tatzeitpunkt unrechtmäßig.

      Für Sie liegt weder eine Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gem. § 3 Abs. 5 AuslBG noch eine Anzeigebestätigung gem. § 18 Abs. 3 AuslBG vor.

 

2. Zum Tatzeitpunkt am 02.07.2013 um 14:45 Uhr wurden Ihre minderjährigen Kinder X, geb. X und X, geb. X, alle StA. v. Kasachstan am Tatort: X von Beamten der PI X unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet angetroffen ohne den kontrollierenden Beamten gültige Reisedokumente vorweisen zu können. Sie führten daher als pass- und sichtvermerkspflichtige Fremde zum Tatzeitpunkt am Tatort kein Reisedokument mit sich, respektive verwahrten dieses nicht in einer solchen Entfernung von Ihrem jeweiligen Aufenthaltsort, dass eine Einholung ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen konnte, obwohl Sie dazu gemäß § 32 FPG verpflichtet sind. Dies stellt eine Übertretung nach § 121 Abs. 3 Z. 2 FPG 2005 dar.

 

ad 1. Gem. § 120 Abs. 1a FremdenpolizeiG 2005 wird über Sie wegen dieser Verwaltungsübertretung folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe:            Euro 1.750,00

(€ 1.000 für Sie und je € 250 für Ihre mj. Kinder X, X und X) Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfall 235 Stunden

 

ad 2. Gem. § 121 Abs. 3 Z. 2 FremdenpolizeiG 2005 wird über Sie wegen dieser Verwaltungsübertretung folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe: Euro 100,00

(je € 50 für Ihre mj. Kinder X und X)

Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfall 67 Stunden

 

Ferner haben Sie gemäß §64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG)als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10% der Strafe zu zahlen:      Euro    185,00

 

Sie haben daher folgenden Gesamtbetrag (Strafe / Kosten) zu leisten:

Euro 2.035,00

 

Nach Darstellung der Rechtslage stellte die belangte Behörde folgenden Sachverhalt fest:

 

Anlässlich einer Fremdenkontrolle am angeführten Tatort zur angeführten Tatzeit, wurde festgestellt, dass Sie sich im Bundesgebiet von Österreich nicht rechtmäßig aufhalten, da Sie keine der in § 31 Abs. 1 FPG aufgelisteten Voraussetzungen für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet von Österreich erfüllen.

Ihre am 11.10.2010 bzw. 14.08.2012 eingebrachten Asylanträge (AIS 10 09.510,514,515 und 12 10.676) wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 27.01.2011 bzw. 20.09.2012 (X) gem. § 4 AsylG iVm einer Ausweisung gem. § 10 AsylG nach TSCHECHIEN in II. Instanz als unbegründet abgewiesen. Diese Erkenntnisse erwuchsen mit deren Zustellung am 31.01.2011 bzw. 24.09.2012 (X) in Rechtskraft. Ihr temporär befristetes Aufenthaltsrecht in Österreich und jenes Ihrer obgenannten mj. Kinder endete somit an diesem Tag. In Folge der vorliegenden rechtskräftigen Ausweisungsentscheidungen wurden Sie und Ihre obgenannten mj. Kinder am 04.03.2013 am Landweg nach TSCHECHIEN überstellt. Trotz der ab diesem Zeitpunkt für die Dauer von 18 Monaten gültigen Ausweisungsentscheidung nach dem AsylG reisten Sie und Ihre obgenannten mj. Kinder, obwohl nun Sichtvermerkspflichtig - Ihren eigenen Angaben zu Folge - bereits am 11.03.2013 neuerlich ohne gültigen Sichtvermerk illegal ins Bundesgebiet von Österreich ein.

Ihre beiden mj. Kinder X, geb. X und X, geb. X, alle StA. v. Kasachstan, verfügten weiters als pass- und sichtvermerkspflichtige Fremde in Österreich zum Tatzeitpunkt über keinerlei Reisedokumente respektive über keinen Sichtvermerk für Österreich.

Weiters verfügten weder Sie noch Ihre 3 obgenannten mj. Kinder über einen Aufenthaltstitel nach dem NAG oder erfüllten eine der weiteren im § 31 Abs. 1 FPG aufgelisteten Voraussetzungen für den Rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet von Österreich.

 

Mit Schreiben vom 25.07.2013 wurden Sie aufgefordert zu den im Spruch genannten Übertretungen Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom 05.08.2013, bei der BH Vöcklabruck, Fremdenpolizei Außenstelle St. Georgen im Attergau am 13.08.2013 eingelangt, äußerten Sie sich im Wesentlichen wie folgt:

Sie würden binnen offener Frist gegen den Bescheid (Aufforderung zur Stellungnahme) der Fremdenpolizei Außenstelle St Georgen im Attergau vom 25.07.2013 das Rechtsmittel der Berufung erheben und begründeten dies wie folgt: Sie würden über einen Konventionspass der Tschechischen Republik verfügen, was Ihnen die visumfreie Einreise in andere EU Mitgliedstaaten ermögliche. Sie seien verheiratet, hätten 5 Kinder und würden in einer Mietwohnung in X wohnen. Bei Ihrer Ausweisung am 04.03.2013sei die Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet, das Alter und der Gesundheitszustand Ihrer Kinder, die familiäre und wirtschaftliche Lager Ihrer Familie sowie Ihre soziale und kulturelle Integration im Bundesgebiet und das Ausmaß der Bindung zum Herkunftsstaat nicht berücksichtigt worden. Dies sei jedoch im § 66 Abs 2 FPG vorgeschrieben. Sie hätten kein Einreiseverbot für Österreich und es bestünden auch keine Gründe dafür. Ihre Ausreise sei mit Stempel vom 25.12.2010 in Ihrem Reisepass vermerkt. Sie hätten keine weiteren schriftlichen oder mündlichen Mitteilungen über ein Aufenthalts- oder Einreiseverbot im Sinne des FPG erhalten.

Ihr Ehemann X und Ihre Kinder X und X hätten am 04.07.2013 und Ihr Sohn X am 28.07.2013, Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen, Niederlassungsbewilligung gem. § 43 Abs. 3 NAG gestellt.

Eine Ausweisung, weitere Wohnungs- und Aufenthaltsortwechsel und der Verlust der Möglichkeit die Schulausbildung in Österreich abzuschließen würde eine große Gefahr für das Kindeswohl darstellen. Der Mittelpunkt Ihrer Lebensinteressen liege nach über 4 Jahren Aufenthalt in Österreich. Ihre Söhne X und X würden sich in einem schwierigen bzw. kritischen psychischen Zustand befinden, weshalb Sie ersuchen würden, diese von Geld- bzw. Freiheitsstrafen zu befreien. Ihr Sohn Nikita sei in psychischer Behandlung und habe sich die Ausweisung extrem negativ auf seinen allgemeinen Zustand ausgewirkt. Sie hätten große Angst Ihren Sohn zu verlieren und es sei Ihnen empfohlen worden keine weiteren Wohnungs- und Aufenthaltsortwechsel vorzunehmen. Die Möglichkeit in Österreich die Schulausbildung abzuschließen sei eng mit dem körperlichen, geistigen und seelischen Wohlergehen Ihres Sohnes verbunden, Sie würden nicht arbeiten und keine Beihilfen erhalten und würden daher die Strafe nicht bezahlen können. Es werde daher eine Freiheitsstrafe von 235 Stunden über Sie verhängt, was für Ihre kleineren Kinder Stress darstellen würde. Ihren Sohn X würden Sie zudem noch stillen.

Sie und Ihre mj. Söhne X und X seien seit dem 11.03.2013 erneut aus Österreich ausgereist und zuletzt am 14.05.2013 nach Österreich zurückgekehrt. Sie hätten gemäß Beschluss vom 27.12.2012 das Recht gehabt Ihrer Ausreiseverpflichtung nachzukommen und freiwillig nach TSCHECHIEN zurückzukehren. Sie hätten sich diesbezüglich auch an Frau X (Anm. der Behörde: VMÖ) gewendet, allerdings sei Ihnen mitgeteilt worden, dass Ihnen Herr X (Anm. der Behörde: BH Vöcklabruck, Fremdenpolizei Außensteile St. Georgen im Attergau) diese freiwillige Rückkehr aus Ihnen unbekannten Gründen verbieten würde, weswegen Sie Ihrer Ausreiseverpflichtung freiwillig nicht nachkommen könnten. Ihre Rechte seien Verletzt und der illegale Aufenthalt sei Folge dieses Bescheides.

Sie würden gemeinsam mit Ihrem Ehemann X und Ihren 5 Kindern in der Wohnung in X ohne Anmeldung im ZMR wohnen. Der Grund dafür sei die Absage der Gemeinde X, Sie in der Wohnung - Begründet mit der zu geringen Wohnfläche von 24 m2 - anzumelden, weshalb Sie und Ihre Kinder ohne Anmeldung in dieser Wohnung bleiben würden. Sie hätten zudem keine Möglichkeit sich anzumelden, da Ihnen am 24.06.2013 der Reisepass durch die Fremdenpolizei abgenommen worden sei. Aus diesem Grund bestehe auch keine Möglichkeit für Ihre beiden Kinder X und X eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen gem. § 43 Abs. 3 NAG zu beantragen und damit Ihren Aufenthalt in Österreich zu legalisieren.

Sie würden hiermit ersuchen, bei der Entscheidung diese Stellungnahme sowie die Tatsache, dass Sie Mutter von 5 Kindern seien und Ihre Lebensverhältnisse bei der Festsetzung der Strafe zu berücksichtigen und um ein Absehen von einer Bestrafung ersuchen.

 

 

Die belangte Behörde hat wie folgt erwogen:

 

Sie und Ihre obgenannten minderjährigen Kinder haben sich zum Tatzeitpunkt unrechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten. Ihre Asylverfahren waren zum Tatzeitpunkt bereits rechtskräftig negativ in II. Instanz iVm einer Ausweisungsentscheidung gem. § 10 AsylG nach TSCHECHIEN abgeschlossen. Für Sie und Ihre obgenannten minderjährigen Kinder bestanden zum Tatzeitpunkt am Tatort keine der in § 31 FPG aufgelisteten Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet.

 

Ihre beiden mj. Söhne X und X verfügten zum Tatzeitpunkt am Tatort über keinerlei Reise- oder Identitätsdokument welche einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet belegen könnten.

 

Ihr als Berufung betiteltes Schreiben wird - da zum Zeitpunkt der Übermittlung dieses Schriftstückes noch kein Bescheid vorlag, gegen den Sie berufen konnten - als Stellungnahme im ggst. Verwaltungsstrafverfahren gewertet.

 

Gegensätzlich zu Ihren Ausführungen in der Stellungnahme vom 05.08.2013 ist anzuführen, dass in § 66 Abs 2 FPG über Ausweisungen gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige abgesprochen wird. Da Sie und Ihr mj. Kinder weder EWR-Bürger, Schweizer Bürger noch begünstigte Drittstaatsangehörige sind findet § 66 FPG für Sie keine Anwendung. Die über Sie und Ihre obgenannten minderjährigen Kinder ausgesprochene Ausweisungsentscheidung erfolgte vielmehr aufgrund Ihrer Asylantragstellung mit Bescheid des Bundesasylamtes nach § 10 AsylG. Die von Ihnen dagegen eingebrachte Berufungen wurde mit Erkenntnissen des AGH in II. Instanz abgewiesen. Wesentliche Inhalte sowohl der erstinstanzlichen als auch der zweitinstanzlichen Entscheidung im Asylverfahren waren jene von Ihnen in Ihrer Stellungnahme angeführten Punkte. Dieses Verfahren ist bereits rechtskräftig negativ abgeschlossen und Grundlage der über Sie und Ihren obgenannten minderjährigen Kindern vorliegenden Ausweisungsentscheidungen. Diese für die Dauer von 18 Monaten ab dem Zeitpunkt des Verlassens des Bundesgebietes von Österreich gültigen Ausweisungsentscheidungen führten wiederum - in Ermangelung Ihres Willens, das Bundesgebiet von Österreich auf freiwilliger Basis zu verlassen - zu Ihrer behördlichen Überstellung gem. dem tschechisch-österreichischen Rückübernahmeabkommens am 04.03.2013 nach TSCHECHIEN. Ihre dahingehenden Äußerungen, Herr X (BH Vöcklabruck, Fremdenpolizei Außenstelle St. Georgen im Attergau) habe Ihnen die freiwillige Rückkehr untersagt, werden entschieden zurückgewiesen und entbehren jeglicher inhaltlicher, sachlicher und rechtlicher Grundlage.

Es liegen weiters weder für Sie noch für Ihre 3 obgenannten mj. Kinder Anträge für humanitäre Aufenthaltstitel gem. § 43 Abs. 3 NAG vor. Zudem bleibt anzumerken, dass alleine aufgrund einer Antragsstellung auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem NAG dem Antragsteller keinerlei Aufenthaltsrecht für den rechtmäßigen Verbleib im Bundesgebiet von Österreich erwächst.

 

Zur Strafhöhe in Spruchpunkt 1 wird ausgeführt, dass diese im unteren Bereich des Strafrahmens angesiedelt ist. Vom außerordentlichen Milderungsrecht gem. § 20 VStG 2001 wurde im Fall Ihrer 3 Kinder aufgrund deren Minderjährigkeit Gebrauch gemacht. In Ihrer Stellungnahme räumen Sie ein, bereits am 11.03.2013 und somit lediglich 7 Tage nach Ihrer behördlichen Außerlandesbringung nach TSCHECHIEN neuerlich ins Bundesgebiet eingereist zu sein und führen weiters aus danach noch zumindest ein weiteres Mal mit Ihren beiden jüngsten Kindern X und X neuerlich aus dem Bundesgebiet aus und illegal wieder eingereist zu sein.

 

Zur Strafhöhe in Spruchpunkt 2 wird ausgeführt, dass diese im unteren Bereich des Strafrahmens (Mindeststrafe) angesiedelt ist.

Die Strafbemessung entspricht dem Tatbild sowie der zur Last gelegten Schuld.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Gegen dieses der Bw am 28. August 2013 zu eigenen Handen zugestellte Straferkenntnis richten sich die vorliegenden, rechtzeitig eingebrachten Berufungen (Poststempel 10. September 2013), welche die Bw wie folgt begründet:

 

Ich, X, geb. am X, (auch als gesetzlich Vertreterin/Mutter von X geb. am X, X geb. X, X X) erhebe eine Berufung zur Straferkenntnis Spruch (Geschäftszeichen: Sich96-1034-2013).

 

Ich verfüge über einen konventionellen Pass der Tschechische Republik, was mir eine visumfreie Einreise in andere EU Mitgliedsstaaten ermöglicht. Ich bin verheiratet, habe fünf Kinder und wohne in einer Mietwohnung in X.

 

Ich habe nie Schriftliche oder Mündliche Erklärung zur eine nichteinreise Frisst (18 Monate) und auch über eine Anzeigebestätigung gem. § 3 Abs. 5 AuslBG noch eine Anzeigebestätigung gem. § 18 Abs. 3 AuslBG bekommen, meine Kinder jedenfalls. Ich habe einen Stempel in meinem Konventionellen Pass über die Ausweisung (25.12.2010) ohne Einreißverbot. Ich glaube, dass ich und meine Kinder legal nach Österreich eingereist sind. Sie schreiben, dass ich mit meinen Konventionellen Pass mich in Österreich nicht mehr als 3 Monate aufhalten kann.

 

Seit dem 11. März 2013 sind ich und meine jüngere Kinder (X und X) haben das Österreich verlassen und zurückgekehrt, das letzte Einreisedatum ist 14.05.2013. Ich befinde mich seit diesem Datum dauerhaft in Österreich.

 

X und X besitzen keine Pässe, ich glaube, dass dieser Fakt keine Gefahr für die Gesellschaft ist. Die Kinder besitzen, aber eine Geburtsurkunde.

 

Ich bin Absolut nicht mit dem Straferkenntnis Spruch einverstanden und auch von meinen älteren Söhne X geb. am X, X geb. am X. Die Verantwortung für ihre Entscheidung tragen die Eltern. Wenn Sie meinen Kinder zwangsweise ins Gefängnis müssen, kann es sich negativ auf ihr Zukünftiges Leben, Gesundheit und Karriere auswirken, das ist für meine Kinder Erzwingung, aber keine Strafe, ich bitte Sie die Gesundheitliche Lage meines Sohnes X zu berücksichtigen (Beilage: Arzt Bestätigung). Sohn X sich in einem kritischen psychischen Zustand befunden, war in Behandlung beim Arzt, hat Antidepressiva nach Vorschreibung des Neurologe, Hr. X, genommen. Die Ausweisung hat sich extrem negativ auf das allgemeinen Zustand meines Sohnes ausgewirkt, da es zusätzlich ein erhöhtes Risiko von suizidalem Verhalten wie bei anderen Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen, die jünger als 25 Jahre alt sind und eine Behandlung mit Antidepressiva erhalten bestand. Die Möglichkeit die Schulausbildung in Österreich abzuschließen ist eng mit dem körperlichen, geistigen und seelischen Wohlergehen meines Sohnes verbunden. Alles was für seine Persönlichkeit, Bedürfnisse, Anlagen, Fähigkeiten und Neigungen wichtig ist, sowie die Entwicklungsmöglichkeiten und die Lebensverhältnisse sind für ihn zu diesem Zeitpunkt nur in Österreich gegeben. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen meiner Familie liegt nach über 4 Jahre Aufenthalt in Osterreich, wir erleben sehr hohen Intensität der familiären und anderen Bindungen hier. Was für Kindeswohl in unserem Fali sehr wichtig ist.

 

Meine Kinder X, X, X und ihr Vater X (Als Vertreter/Vater) habe ein Antrag auf Erteilung einer „Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen" NIEDERLASSUNGSBEWILLIGUNG gemäß § 43 Abs. 3 NAG (Aufgrund illegale Ausbildung). Das gibt uns leider kein Recht sich in Österreich legal Aufzuhalten und das erklärt den Grund wieso wir hier Illegal sind.

 

3.1. Mit Schreiben vom 20. September 2013 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Im Begleitschreiben führte die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Fremdenpolizei-Außenstelle St. Georgen i. A., AZ: Sich96-1033-2013 vom 23.08.2013 - nachweislich zugestellt am 28.08.2013 - wurde gegen Obgenannten 1 [X] wegen der Übertretung nach § 120 Abs. 1a FPG eine Verwaltungsstrafe von €2.500,-- zzgl. 10% Verfahrenskosten € 250,--, abzüglich einbehaltener Sicherheitsleistung € 0,00 = Gesamt €2750,00, im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 224 Stunden, verhängt. (Mit Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 26.05.2011 würde über Obgenannten 1 bereits einmal eine Verwaltungsstrafe von € 500,-, Verfahrenskosten € 50,-, Ersatzfreiheitsstrafe im Nichteinbringungsfall 50 Stunden, rechtskräftig, verhängt.)

 

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Fremdenpolizei-Außenstelle St. Georgen i. A., AZ: Sich96-1034-2013 vom 22.08.2013 - nachweislich zugestellt am 28.08.2013 - wurde gegen Obgenannte 2 [X] wegen der Übertretung nach § 120 Abs. 1a FPG eine Verwaltungsstrafe von € 1.750,- sowie wegen der Übertretung nach § 121 Abs. 3 Z. 2 FPG eine Verwaltungsstrafe von € 100,--, zzgl. 10% Verfahrenskosten € 185,--, abzüglich einbehaltener Sicherheitsleistung € 0,00 = Gesamt €2.035,00, im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 302 Stunden, verhängt.

 

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, Fremdenpolizei-Außenstelle St. Georgen i. A., AZ: Sich96-1036-2013 vom 23.08.2013 - nachweislich zugestellt am 28.08.2013 - wurden gegen Obgenannten 3 [X] wegen der Übertretung nach § 120 Abs. 1a FPG eine Verwaltungsstrafe von €500,- zzgl. 10% Verfahrenskosten € 50,-, abzüglich einbehaltener Sicherheitsleistung € 0,00 = Gesamt €550,00, im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden, verhängt.

In der Anlage werden die durch die Obgenannten 1 und 2 am 11.09.2013 per Post bei der BH Vöcklabruck, Fremdenpolizei Außenstelle eingebrachten Berufungen unter Anschluss der ha. aufliegenden Bezug habenden Fremdenpolizeiakte zur Entscheidung vorgelegt.

 

Für Obgenannten 3 wurde keine gesonderte Berufung eingebracht, dessen Akt wird jedoch aufgrund seiner Minderjährigkeit ebenfalls zur Berufungsentscheidung an den UVS OÖ vorgelegt.

Über den volljährige Sohn der beiden Obgenannten 1 und 2, X, geb. X, StA. v. Kasachstan, whft X, wurde mit Straferkenntnis vom 23.08.2013, nachweislich zugestellt am 28.08.2013, wegen der Übertretung nach § 120 Abs 1a FPG einer Verwaltungsstrafe von € 1.000,- zzgl. 10% Verfahrenskosten € 100,-, abzüglich einbehaltener Sicherheitsleistung € 0,00 = Gesamt € 1.100,00, im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 134 Stunden, verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis wurde keine Berufung eingebracht. Die Rechtskraft trat daher mit 13.09.2013 ein.

 

Zu der Berufung des Obgenannten in den ggst. Strafverfahren wird seitens der bescheid-erlassenden Behörde wie folgt Stellung genommen:

 

Wie bereits in den angefochtenen Straferkenntnissen ausgeführt, erfüllten die Berufungswerber zum Tatzeitpunkt keine der in § 31 Abs. 1 FPG aufgelisteten Voraussetzungen zum rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet.

 

Sowohl in den übermittelten Stellungnahmen als auch in den nun vorliegenden Berufungen zu den zwischenzeitlich erlassenen Straferkenntnissen wird der unrechtmäßige Aufenthalt (Obgenannter 1) bzw. die unrechtmäßige Wiedereinreise und der neuerliche unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet (Obgenannte 2 und 3) nicht bestritten. Es steht daher unbestritten fest, dass Obgenannte zu den jeweiligen Tatzeitpunkten am jeweiligen Tatort unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig waren (§ 120 Abs. 1a FPG). Wie bereits im angefochtenen Straferkenntnis der Obgenannten 2 ausgeführt, konnten die beiden mj. Kinder (X und X) bzw. deren gesetzliche Vertreterin X zum Tatzeitpunkt am Tatort kein gültiges Reisedokument vorweisen, bzw. ohne unverhältnismäßige Verzögerung beibringen. Dies wird auch weder in den abgegebenen Stellungnahmen bzw. in der Berufung bestritten. Die Übertretung gem. § 121 Abs. 3 Z 2 FPG steht daher unbestritten fest.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck beantragt daher den Berufungen gegen ggst Straferkenntnisse nicht stattzugeben und die angefochtene Straferkenntnisse Sich96-1033-2013, Sich96-1034-2013 und Sich96-1036-2013 vom 22.08.2013 bzw. 23.08.2013 zu bestätigen

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat für den 22. November 2013 eine öffentliche Verhandlung anberaumt und hiezu die Verfahrensparteien geladen. Die belangte Behörde ist entschuldigt ferngeblieben.

 

Die Bw 1 hat einleitend dargelegt, dass sie ihre Kinder X, X, X und X im Berufungsverfahren vertrete. X werde derzeit (auch) von ihrem Gatten vertreten.

 

Nach Zustellung der Straferkenntnisse der belangten Behörde (Sich96-1033-2013, Sich96-1034-2013, Sich96-1035-2013 und Sich96-1036-2013) wäre die weitere Vorgangsweise im Kreise der Familie besprochen und in der Folge die Berufungen von ihr und ihrem Gatten erhoben worden. Sowohl die Bw 1 als auch ihr Gatte hätten in der Begründung der Berufungen die Aufhebungen der Straferkenntnisse gegen die Söhne X und X erschließbar beantragt. Die Geschäftszeichen der die beiden Söhne betreffenden Bescheide seien nicht angeführt worden, es habe auch keine schriftliche Vollmacht der Beiden gegeben, aber das Ersuchen an die Bw 1, ein Rechtsmittel zu erheben, sei eindeutig gewesen und vor der Einbringung der Schriftsätze besprochen worden.

Nach Rücksprache mit dem bevollmächtigten Gatten vertritt die Bw 1 ihren Sohn Nikita im weiteren Verfahren und ersucht um Zustellung der Entscheidung an sie.

 

Im Verwaltungsstrafverfahren Sich96-1034-2013 (Spruchpunkt 1, unrechtmäßiger Aufenthalt der Bw 1) schränkt die Bw 1 die Berufung auf den Strafausspruch ein. Der Schuldspruch (Spruchpunkt 1, unrechtmäßiger Aufenthalt der Bw1 ) ist daher mit 22. November 2013 in Rechtskraft erwachsen.

 

3.2.1. Auf Grund der Verhandlung steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Die Bw 1 ist geständig, bestreitet nicht, dass sie sich zum Tatzeitpunkt nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat.

 

Die Bw 2 bis 4 sind nicht strafmündig.

 

Den Bw 1 und 2 hat Tschechien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Zumindest diese beiden verfügen in Tschechien über ein Aufenthaltsrecht.

 

Der Weiterverbleib der Bw 1 bis 4 in Österreich wird wie folgt begründet:

 

Nach der Anerkennung der Bw 1 und 2 als Flüchtlinge in Tschechien reiste die Bw 1 mit der Familie nach Holland und suchte dort um Asyl an. Die neuerliche Antragstellung wurde damit begründet, dass die Familienerhalter in Tschechien keine Arbeit fanden und die Kinder einer fremdenfeindlichen Stimmung ausgesetzt gewesen waren. In Holland wurde den Bw im Hinblick auf die Entscheidung in Tschechien Asyl verweigert. Die vor der Ausreise nach Holland gewährte Unterstützung und Verpflegung wurde von den tschechischen Behörden nach der Rückkehr nach Tschechien nicht mehr zugestanden. So habe die gesamte Familie fast ein halbes Jahr im Auto gelebt und sich auf Grund des unerträglichen Zustandes entschlossen, Tschechien mit unbekanntem Reiseziel wiederum zu verlassen. In Österreich fanden sie in der Folge Unterkunft und Arbeit. Da nach anfänglichem Erfolg die Legalisierung des Aufenthalts in Österreich nicht dauerhaft möglich war, stellten einige Familienmitglieder Asylanträge. Diese wurden allesamt negativ entschieden und Ausweisungsentscheidungen erlassen. Um nicht neuerlich dem – aus subjektiver Sicht bestehenden – diskriminierenden Umfeld in Tschechien ausgesetzt zu sein, unterblieb eine freiwillige Ausreise nach Tschechien.

 

Die Bw 1 ist in verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht absolut unbescholten. Sie besitzt keine Vermögenswerte und hat kein regelmäßiges Einkommen.

 

Einem aktuellen Auszug aus der Fremdeninformation ist zu entnehmen, dass die Bw zur Tatzeit über keinen Aufenthaltstitel für das Bundesgebiet verfügt haben und sich auch derzeit nicht rechtmäßig in Österreich aufhalten.

 

3.2.2. Der festgestellte Sachverhalt ist unbestritten.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 1a des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 87/2012, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 500 Euro bis zu 2.500 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Wer wegen einer solchen Tat bereits einmal rechtskräftig bestraft wurde, ist mit Geldstrafe von 2.500 Euro bis zu 7.500 Euro oder mit Freiheitsstrafe bis zu vier Wochen zu bestrafen. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes; bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehen;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs- gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

4.2. Zu Spruchteil I.:

 

Durch die Einschränkung der Berufung auf die Strafhöhe ist der Schuldspruch in Rechtkraft erwachsen. Das schuldhafte Verhalten der Bw steht somit rechtskräftig fest.

 

4.2.1. Gemäß § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

 

Auch auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen ebenso zu berücksichtigen.

 

Nach § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen.

 

4.2.2. Hinsichtlich der Strafhöhe ist anzumerken, dass die belangte Behörde ohne weitergehende Abwägung das Doppelte der Mindeststrafe verhängt hat.

 

Im gegenständlichen Verfahren liegen jedoch Milderungsgründe vor, die die Erschwerungsgründe überwiegen.

 

Die Bw 1 ist verwaltungsstrafrechtlicher Hinsicht absolut unbescholten.

 

Sie hat im bisher geführten Verwaltungsstrafverfahren die ihr zur Last gelegte Tat nie bestritten. Die ihr angelastete Verwaltungsübertretung hat sie reumütig eingestanden. Abgesehen von dieser Übertretung ist ihr ein ordentlicher Lebenswandel zu attestieren. Nach Abschluss des Asylverfahrens sah sich die Bw außerstande den gesetzlichen Zustand herzustellen. Ausschlaggebend dafür waren der labile Gesundheitszustand mehrerer Familienmitglieder und das als bedrückend empfundene diskriminierende Umfeld in Tschechien. Eine Ausreise zusammen mit der Familie kam für sie schon aus Gründen der ungesicherten Versorgungs- und Wohnsituation nicht in Frage. Nach Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens hat zumindest der Ehegatte der Bw 1 die ersten Schritte zur Legalisierung seines Aufenthaltes gesetzt. Derzeit versucht er als Schlüsselarbeitskraft einen Aufenthaltstitel zu erlangen.

 

Betrachtet man die gesamten Umstände des vorliegenden Falles kann nur von einem deutlichen Überwiegen der Milderungsgründe ausgegangen werden. Dies auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK, der nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshof im Strafverfahren Anwendung zu finden hat.

 

4.2.3. Die Geld- bzw. die Ersatzarreststrafe war daher spruchgemäß auf die Mindeststrafe herabzusetzen.

 

4.3. Zu den Spruchpunkten III. und V.:

 

Nach § 4 Abs. 1 VStG ist nicht strafbar, wer zur Zeit der Tat das 14. Lebensjahr noch nicht zurückgelegt hat.

 

Unbestritten haben die Bw 2 bis 4 das 14. Lebensjahr zum Tatzeitpunkt noch nicht zurückgelegt.

 

Der Spruchpunkt 1, soweit er das „tatbestandsmäßige Verhalten“ der Bw 2 bis 4 betrifft, sowie der Spruchpunkt 2 waren ersatzlos aufzuheben.

 

4.4. Zu Spruchpunkt II.:

 

Gemäß § 64ff. VStG war der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde anzupassen. Ein Kostenbeitrag für die Verfahrensführung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oö. war dem Bw nicht aufzuerlegen.

 

4.5. Zu den Spruchpunkten IV. und VI.:

Der Kostenausspruch war spruchgemäß zu treffen.

 

5.   Im Begleitschreiben der belangten Behörde vom 20. September 2013 kommt zum Ausdruck, dass mit Straferkenntnis vom 22. August 2013, Sich96-1034-2013, (nur) über die Bw 1 Geldstrafen in der Höhe von 1.750 und 100 Euro verhängt worden sind.

 

Diese Ansicht findet in den beiden Spruchpunkten des bezeichneten Straferkenntnis keinen Niederschlag. Im Adressatenfeld werden zwar die Bw 1 und in der Folge diese als gesetzliche Vertreterin ihrer Kinder (Bw 2 bis 4) angeführt. Die beiden Spruchpunkte, in denen sich die Entscheidungen manifestieren, ist nicht einmal ansatzweise erkennbar, dass die Bw 1 als unmittelbare Täterin und als Anstifterin bzw. Beihilfetäterin bestraft werden sollte. In beiden Spruchpunkten ist eindeutig dargelegt, wem welcher Tatvorwurf gemachten wird („Zum Tatzeitpunkt am 02.07.2013 um 14:45 Uhr wurden Sie und Ihre minderjährigen Kinder [.....] unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet angetroffen. Eine Überprüfung Ihrer Person und jener Ihrer obgenannten minderjährigen Kinder ergab dass Sie keine der in § 31 Abs. 1 FPG aufgelisteten Voraussetzungen für den rechtmäßigen Aufenthalt erfüllen. Dies stellt eine Übertretung nach § 120 Abs. 1a FPG 2005 dar.“; „Zum Tatzeitpunkt am 02.07.2013 um 14:45 Uhr wurden Ihre minderjährigen Kinder von Beamten der PI X unrechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet angetroffen ohne den kontrollierenden Beamten gültige Reisedokumente vorweisen zu können. Sie führten daher als pass- und sichtvermerkspflichtige Fremde zum Tatzeitpunkt am Tatort kein Reisedokument mit sich, respektive verwahrten dieses nicht in einer solchen Entfernung von Ihrem jeweiligen Aufenthaltsort, dass eine Einholung ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen konnte, obwohl Sie dazu gemäß § 32 FPG verpflichtet sind. Dies stellt eine Übertretung nach § 121 Abs. 3 Z. 2 FPG 2005 dar.“).

 

Wollte die belangte Behörde tatsächlich die Bw 1 für das Verhalten der strafunmündigen Bw 2 bis 4 bestrafen und der Bw 1 ein sie treffendes Verschulden zurechnen, dann hätte sie den Vorwurf in Form der Konstruktion des § 7 VStG vorgenommen („vorsätzlich veranlasst, dass ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht oder vorsätzlich einen anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert“). Eine solche Tatanlastung kann jedoch nicht einmal in Ansätzen erkannt werden.

 

Bestätigung findet diese Ansicht auch in den Klammerausdrücken, in denen die Strafbeträge zugeordnet werden (z.B.: € 1.000 für Sie und je € 250 für Ihre minderjährigen Kinder).

 

Eine Beurteilung war daher im Sinne obiger Ausführungen vorzunehmen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

 

 

Mag. Stierschneider