Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281576/17/Wg

Linz, 13.11.2013

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Wolfgang Weigl über die Berufung des x, vertreten durch die x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9.7.2013, Gz. 0025444/2012, wegen Übertretungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG), nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 11. November 2013, zu Recht erkannt:

I.         Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das bekämpfte Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die im Spruch enthaltene Formulierung „1. x“ durch die Formulierung „2. x ersetzt wird.

 

II.      Der Berufungswerber hat für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat einen Kostenbeitrag in der Höhe von 240 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafen, zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 19, 24, 51, 51c und 51e Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 sowie § 65 VStG.

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

1.1. Am 23. März 2012 waren 2 Arbeitnehmer des Berufungswerbers (im Folgenden: BW), Herr x und Herr x auf der Baustelle x auf einem ca. 140 cm breiten und ca. 5,7 m hohen Standgerüst beschäftigt, wobei das Standgerüst weder freistehend standsicher aufgestellt, noch an dem einzurüstenden Objekt sicher verankert war (Strafantrag des Arbeitsinspektorates vom 26. Juni 2012).

1.2. Am Unfalltag stand das Gerüst zunächst in der Früh nicht dort, wo es zum Streichen der Deckenbalken benötigt wurde. Und da wegen eines im Weg stehenden Containers das Gerüst nicht dorthin geschoben werden konnte, beschloss x das Gerüst abzubauen und hinter dem Container in der Einfahrt wieder aufzubauen. Als bereits die obere Etage abgebaut war, wurde jedoch der Container weggebracht und x und x konnten das Fahrgerüst an die vorgesehene Stelle unmittelbar vor dem Rolltor schieben. Dort wurde die obere Etage wieder ergänzt. Ob und wie zuletzt das Gerüst durch Einbremsen der Gerüsträder (Fahr- und Lenkrollen) gegen Wegrollen gesichert wurde, war weder x noch x erinnerlich. x hatte laut eigenen Angaben eine Malerlehre abgeschlossen und mittlerweile 20 Jahre mit Gerüsten zu tun. x war Malerlehrling bei der Firma x und dem x zum Arbeiten zugeteilt (Seite 4 und 5 des Gutachtens DI x vom 25. April 2013).

1.3. Das Gerüst wurde von x, Anordnungsbefugter für die unfallgegenständlichen Arbeiten und x, Lehrling der Firma x, aufgestellt und benutzt. Eine Kontrolle auf den einwandfreien Zustand fand nicht statt, da eine Diagonalstrebe und mehrere Horizontalstreben, die ebenfalls der Aussteifung dienen, fehlten. Ebenso fehlten die Ballastgewichte, die laut Montageanleitung über den 4 Rollen zu montieren gewesen wären. In Verbindung mit der reduzierten Standsicherheit und Steifigkeit des Fahrgerüstes kam es beim Verfahren durch Verlagerung des Schwergewichtes und Einleitung von Horizontalkräften an dem obersten Rahmenelement 6,50 m über der Kippkante, zum Kippen des Gerüstes, weil ein Rad noch eingebremst war und/oder das Gerüst in der Bewegung durch Falten in der am Boden liegenden Folie eingebremst wurde. Primär unfallkausal war das zusätzliche Einwirken einer Horizontalkraft am obersten Rahmenelement des Fahrgerüstes in 6,50 m Höhe. Durch den höheren Schwerpunkt durch die beiden Personen auf der obersten Gerüstplattform und eine Gerüstbewegung genügte auf der obersten Plattform stehend, ein geringer Kraftaufwand (unter 20kp), um das Gerüst zum Kippen zu bringen. x, der 20 Jahre Erfahrung als Maler und mit Gerüsten hatte und für die gegenständlichen Tätigkeiten als Vorarbeiter anzusehen ist, hat

  • es verabsäumt, das Gerüst, Bremsen und Bodenbelag vor Benutzung zu kontrollieren
  • es verabsäumt, selbst und den Lehrling zu veranlassen vor dem Verfahren vom Gerüst zu steigen,
  • durch unerlaubtes Ziehen oder Drücken auf der obersten Gerüstplattform stehend, zusätzliche Horizontalkraft aufgebracht, sodass das Kippmoment größer als das bereits reduzierte Standmoment wurde (Seite 9 und 10 des Gutachtens DI x vom 25. April 2013).

1.4. Beim Umstürzen des Gerüstes wurden x und x schwer verletzt (Abschluss-Bericht des SPK Linz vom 16. April 2012).

1.5. x hatte am 25. Juni 2010 und am 18. Dezember 2011 Formblätter mit jeweils folgendem Wortlaut unterfertigt: „Neben der persönlichen Unterweisung dient das Sicherheitshandbuch dazu, die Gefahren bewusst zu machen, und damit vermeiden zu können. Bitte aufmerksam durchlesen, und die Sicherheitsmaßnahmen beachten! Das persönliche Sicherheitshandbuch wurde an folgende Arbeitnehmer übergeben, gleichzeitig erfolgten Hinweise über die Gefahren am Arbeitsplatz (Lager, Baustelle, Leitern, Gerüst etc.), und Unterweisungen für das richtige Verhalten in Gefahrsituationen und den Gebrauch der Maschinen und Materialien. Spezielle Anordnung, bei knieenden Arbeiten eine Styroporunterlage oder die Knieschützer zu verwenden.... Die Sicherheitsdatenblätter liegen im Büro (Ordner S´Datenblätter) zur Einsichtnahme auf. Die aushangpflichtigen Gesetze hängen im Personalumkleideraum.“ (Beilagen 3 und 4 der im erstinstanzlichen Verfahren abgegebenen Stellungnahme).

1.6. Der Bw hatte in seinem Unternehmen jährliche Unterweisungen durchgeführt. Der Arbeiter x war seit 1994 im Betrieb des Bw beschäftigt. Dieser hat auch an den jährlichen Unterweisungen teilgenommen. Bei diesen Unterweisungen wurde das Unterweisungshandbuch für Maler durchgegangen und an die Arbeitnehmer ausgehändigt. In diesem enthalten ist auch ein Kapitel über fahrbare Standgerüste, welche explizit mit den Arbeitnehmern durchgegangen werden. Weiters wurde auch das Sicherheitshandbuch mit Gefahrenevaluierung für Maler und Anstreicher mit den Arbeitnehmern besprochen (Vorbringen des Bw im erstinstanzlichen Verfahren).

1.7. Die Sicherheitsschulungen und Unterweisungen werden im Unternehmen des Bw von Frau x organisiert. Frau x ist im Sekretariat und in der Buchhaltung beschäftigt. Sie ist für die gesamte Administration zuständig. Frau x sorgt dafür, dass die gesamte Mannschaft bzw die Bautrupps entsprechend mit den Sicherheitsvorschriften bekannt gemacht und unterwiesen werden (Aussage des Bw Tonbandprotokoll Seite 5 und 6).

1.8. Gegen x wurde in Folge dieses Arbeitsunfalles ein gerichtliches Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung des x iSd § 88 StGB geführt, das mit einer strafrechtlichen Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 2 Wochen endete (Zeugenaussage x Tonbandprotokoll Seite 3).

1.9. Das Arbeitsinspektorat Linz brachte mit Eingabe vom 26. Juni 2012 Strafanzeige beim Bürgermeister der Stadt Linz (im Folgenden: belangte Behörde) ein und beantragte gegen den verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen wegen Übertretung des § 55 Abs 4 1. Satz BauV  gem § 130 Abs 5 Z 1 iVm § 118 Abs 3 ASchG je Arbeitnehmer 600 Euro zu verhängen.

1.10. Die belangte Behörde führte dazu ein Verwaltungsstrafverfahren durch und lastete dem Bw mit Straferkenntnis vom 9. Juli 2013, GZ 0025444/2012, folgende Verwaltungsübertretungen an:

„I. Tatbeschreibung:

Der Beschuldigte, Herr x, geboren am x, wohnhaft: x, hat als Arbeitgeber (Firmensitz x) am 23.3.2012 auf der Baustelle „x" in Linz folgende Arbeitnehmer mit Arbeiten auf einem ca. 140 cm breiten und ca. 5,7 m hohen Standgerüst beschäftigt, obwohl das Standgerüst weder freistehend standsi­cher aufgestellt noch an dem einzurüstenden Objekt sicher verankert war:

1. x,

1. x.

II. Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

§§ 130 Abs. 5 Z. 1, 118 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG)

§ 55 Abs. 4 1. Satz Bauarbeiterschutzverordnung (BauV)

III. Strafausspruch:

Über den Beschuldigten werden folgende Geldstrafen verhängt:
ad 1. und 2. je €   600,--
gesamt         € 1.200,--

Im Falle der Uneinbringlichkeit werden folgende Ersatzfreiheitsstrafen verhängt:

ad 1. und 2. je 13 Stunden

gesamt         26 Stunden

Rechtsgrundlage: § 130 Abs. 5 Einleitungssatz ASchG, §§ 16, 19 und 22 VStG

IV. Kostenentscheidung:

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens hat der Beschuldigte 10 % der verhängten Strafe, das sind € 120,-- zu leisten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs. 1 und 2 VStG

V. Zahlungsfrist:

Wird keine Berufung erhoben, ist der Gesamtbetrag (Strafe/Verfahrenskosten) in der Höhe von € 1.320,- binnen zwei Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides mittels beiliegendem Erlagschein einzuzahlen. Sonst müsste die zwangsweise Einbringung veranlasst werden.“  

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Tatbestand sei in objektiver Hinsicht erwiesen. Den Schuldentlastungsbeweis im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG habe der Berufungswerber in seiner Rechtfertigung nicht erbringen können. Bei der Strafbemessung wertete die belangte Behörde als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit, straferschwerend keinen Umstand. Bei der Berücksichtigung der Vermögens billigem Einkommens-und Familienverhältnisse gegen die belangte Behörde von einem monatlichen Nettoeinkommen von € 2000 aus. Sowie vom Nichtvorliegen von Sorgepflichten.

1.11. Dagegen richtet sich die Berufung vom 6. August 2013. Der Berufungswerber stellt darin die Anträge, der UVS möge der Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheide ersatzlos aufheben und das anhängige Strafverfahren einstellen bzw. das Strafausmaß reduzieren. Zur Frage, warum die belangte Behörde der Meinung sei, dass das Standgerüst nicht freistehend standsicher aufgestellt gewesen sei, beziehe die belangte Behörde überhaupt keine Stellung. Es werde lediglich festgehalten, dass nach den Feststellungen des Arbeitsinspektorates das Gerüst nicht freistehend standsicher aufgestellt gewesen sei, weil die vom Hersteller zwingend vorgeschriebenen Ballastgewichte für die standsichere Aufstellung nicht montiert worden wären. Die belangte Behörde unterliege jedoch insofern einem Irrtum, als Ballastgewichte für das Aufstellen des konkreten Gerüstes nicht notwendig gewesen wären. Diesbezüglich wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens notwendig gewesen, um Aufklärung zu erhalten. Es ergebe sich auch aus der gesamten Beilage./1 keinesfalls, dass der Hersteller des gegenständlichen Gerüstes zwingend vorschreibe, Ballastgewichte anzubringen. Es sei dargelegt worden, dass der Berufungswerber laufend wiederkehrende Unterweisungen gebe, in welchen auf die Wichtigkeit und die Notwendigkeit der Einhaltung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen hingewiesen werde und auch die Arbeitnehmer angehalten würden, insbesondere auch die Vorschriften über die Gefahren am Arbeitsplatz, insbesondere auch bei Gerüsten (Beilage ./2, Beilage ./3, Beilage ./4) einzuhalten. Dieses vom Berufungswerber eingeholte Maßnahmen- und Kontrollsystem habe bis dato auch funktioniert und werde im gegenständlichen Straferkenntnis dem Beschuldigten auch lediglich vorgeworfen, dass Ballastgewichte an einem von seinen Arbeitnehmern aufgestellten Gerüst nicht montiert worden wären - was ausdrücklich bestritten bleibe. Es sei nicht ermittelt worden und ergebe sich auch aus dem vorhandenen Polizeiakt der Polizeiinspektion x überhaupt kein Hinweis darauf, dass die Ballastgewichte nicht montiert gewesen wären. Diesbezüglich wurde die Einvernahme der Zeugen x und x jedenfalls notwendig gewesen, deren Einvernahme beantragt wurde. Weiters sei ein zu hohes Strafausmaß verhängt worden.

1.12. Der unabhängige Verwaltungssenats hat Beweis erhoben in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. November 2013. Im Rahmen der Beweisaufnahme wurde der gesamte Verfahrensakt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz einschließlich aller darin befindlicher Beweismittel sowie der gesamte Verfahrensakt des Unabhängigen Verwaltungssenates VwSen-281576-2013 einschließlich aller darin befindlicher Beweismittel einvernehmlich verlesen. Insbesondere wurde das – aus dem gegen x geführten Strafakt des BG Linz beigeschaffte - Gutachten des Diplom-Ingenieur x vom 20. April 2013 einvernehmlich verlesen. Als Zeugen wurden x und x einvernommen und der Berufungswerber wurde als Partei des Verfahrens befragt. Abschließend verzichteten die Verfahrensparteien auf eine weitere Beweisaufnahme, woraufhin der Verhandlungsleiter den Schluss der Beweisaufnahme verfügte.

1.12.1. Die Vertreterin der belangten Behörde verwies in ihrem Schlussvorbringen auf das bekämpfte Straferkenntnis und beantragte die Abweisung der Berufung. Der Vertreter des Arbeitsinspektorates  erstattete folgendes Schlussvorbringen:

„Festzuhalten ist, dass der Bw - wie die Zeugen ausgesagt haben - das Gerüst in der im Unfallzeitpunkt vorhandenen Form gesehen hat. Die vom Hersteller vorgegebenen statischen Erfordernisse für die entsprechende Absicherung des Gerüstes wurden nicht eingehalten, da die erforderlichen Gegengewichte nicht auf der Baustelle vorhanden waren. Schon der Hersteller weist auf die Erforderlichkeit von Gegengewichten hin, die im Unfallzeitpunkt bzw. auf der Baustelle überhaupt nicht vorhanden waren. Eine entsprechende Absicherung konnte daher von den Verantwortlichen vor Ort nicht durchgeführt werden. Im Übrigen ist bzgl. den Sicherheitsunterweisungen darauf hinzuweisen, dass diese lt. den Angaben des Bw in deutscher Sprache erfolgen, was bei fremdsprachigen Arbeitnehmern in keiner Weise als ausreichend angesehen werden kann. Es wird daher die Abweisung der Berufung beantragt.“

 

1.12.2. Der Berufungswerber erstattete gemeinsam mit seinem rechtsanwaltlichen Vertreter folgendes Schlussvorbringen:

„Im ggst. Fall ist es zu einem tragischen Unfall gekommen, für den den Bw aber keine Verantwortung trifft. Der Bw kontrolliert regelmäßig die Baustellen, sorgt dafür, dass die entsprechend geschulten Arbeitnehmer und Verantwortlichen auf den Baustellen tätig sind. Der Sachverständige DI. x räumt in seinem Gutachten ausdrücklich ein, dass x über eine entsprechende Schulung verfügte. Es kann vom Bw nicht mehr verlangt werden, da dies eine unzumutbare Überspannung der Sorgfaltspflichten darstellen würde. Ich verweise dazu auf die Ausführungen auf Seite 17 des Gutachtens des DI. x unter Pkt. 5: „Herr x, der für die ggst. Gerüstarbeiten mit 20 Jahren Erfahrung als ausreichend fachkundige und anordnungsbefugte Person angesehen werden kann, hat sich nicht daran gehalten.“ Darüber hinaus kontrolliert der Bw tagtäglich die Baustellen. Mehr kann vom Bw nicht verlangt werden. Im Unternehmen des Bw sind alle erforderlichen Materialien zur Absicherung von Gerüsten  vorhanden. Im ggst. Fall konnte es - wie auch DI. x ausführt - zu dem Unfall nur kommen, weil das Gerüst abgebaut und nicht ordnungsgemäß wieder aufgebaut wurde. Hier verweise ich auf die Ausführungen auf Seite 7 des DI. x. Die Gerüste werden in der Fa. des Bw seit 30 Jahren ordnungsgemäß und entsprechend den Anleitungen der Hersteller aufgestellt und verwendet. Wäre dies nicht so, wäre es sicher schon zu Unfällen gekommen. Es ist aber abgesehen von diesem einen Vorfall noch nie zu einem Unfall gekommen, was den Standpunkt des Bw, dass die Gerüste immer ordnungsgemäß aufgebaut und verwendet werden, entsprechend untermauert. Weiters weisen wir wie schon einleitend auf die unzulässige Doppelbestrafung hin, zumal im ggst. Fall 2 Strafen verhängt wurden. Auf den Berufungsschriftsatz und die dort gestellten Anträge wird verwiesen.“

 

2. Beweiswürdigung:

2.1. In Pkt 1.9. bis 1.12. wird der Verfahrensverlauf und das Vorbringen der Verfahrensparteien wiedergegeben.

2.2. Soweit der Berufungswerber vorbringt (Pkt. 1.11.), für das Gerüst seien Ballastgewichte nicht notwendig gewesen, ist ihm das in der mündlichen Verhandlung einvernehmlich verlesene Gutachten des Sachverständigen für technischen Unfallschutz Diplom-Ingenieur x vom 25. April 2013 entgegen zu halten. Dieses Gutachten basiert auf einem umfangreichen Befund und ist in seinen Schlussfolgerungen schlüssig. Das Gutachten wurde in der mündlichen Verhandlung nicht weiter bestritten. Die Ausführungen des DI x werden daher den Feststellungen zugrunde gelegt (s. Pkt. 1.2. und 1.3.). Die Angaben des Strafantrages des AI stimmen mit dem Gutachten des DI x überein. Es steht fest, dass das Gerüst weder freistehend standsicher aufgestellt, noch an dem einzurüstenden Objekt sicher verankert gewesen ist (Pkt 1.1.).

2.3. x wurde unstrittig wegen fahrlässiger Körperverletzung des x zu einer bedingten Freiheitsstrafe  von 2 Wochen verurteilt (Pkt 1.8.). Infolge der Ausführungen des Bw steht fest, dass Unterweisungen durchgeführt wurden (Pkt 1.5., 1.6. und 1.7.). Fest steht weiters, dass der Bw die Gerüste regelmäßig kontrolliert. Ihm kann– entgegen der Annahme des AI (Pkt 1.12.1.) – nicht unterstellt werden, er habe das Gerüst in jenem Zustand gesehen bzw kontrolliert, in dem es sich im Unfallzeitpunkt befand. Das Gerüst war ja – wie der rechtsanwaltliche Vertreter zutreffend und übereinstimmend mit dem Gutachten des DI x ausführte – am Unfalltag abgebaut und verschoben worden (s. Pkt 1.2.). Dessen ungeachtet reichen die vom Bw geschilderten Maßnahmen – wie noch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu erörtern ist – nicht aus, um ein fehlendes Verschulden glaubhaft zu machen (s. insb Pkt. 3.3.2.).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die im Tatzeitpunkt geltenden – maßgeblichen – Rechtsvorschriften ergeben sich aus folgenden Bestimmungen:

§ 118 Abs 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) lautet:

(3) Die Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 340/1994, (BauV), gilt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz. Für die Änderung der Bauarbeiterschutzverordnung ist dieses Bundesgesetz maßgeblich:

        1. Abweichend von § 31 Abs. 5 erster Satz BauV muß eine Person nachweislich für die Erste Hilfe ausgebildet sein, wenn ein Arbeitgeber auf einer Baustelle mindestens fünf Arbeitnehmer beschäftigt.

        2. (Anm.: aufgehoben durch BGBl. I Nr. 159/2001)

        3. In § 151 BauV entfallen im Abs. 3 die Worte „durch Amtssachverständige”, im Abs. 5 die Worte „oder Amtssachverständigen”.

        4. Die §§ 157, 158 Abs. 1 und 2, 160 und 161 BauV entfallen.

 

§ 130 Abs 5 ASchG lautet:

(5) Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 € bis 7 260 €, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 € bis 14 530 € zu bestrafen ist, begeht, wer als Arbeitgeber/in

        1. den nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden Bestimmungen zuwiderhandelt, oder

        2. die nach dem 9. Abschnitt weitergeltenden bescheidmäßigen Vorschreibungen nicht einhält.

 

§ 55 Abs 4 der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) lautet:

 (4) Standgerüste müssen freistehend standsicher aufgestellt oder an dem einzurüstenden Objekt sicher, insbesondere zug- und druckfest, verankert sein. Der waagrechte und lotrechte Abstand der Verankerungen ist nach den statischen Erfordernissen festzulegen, insbesondere ist bei Verkleidung der Gerüste durch Netze, Planen oder Schutzwände die erhöhte Beanspruchung durch Wind zu berücksichtigen. Die Verankerungen sind in der Nähe der Gerüstknotenpunkte anzubringen. Es dürfen nur der Bauart des Gerüstes und der Art des eingerüsteten Objekts entsprechende und ausreichend tragfähige Verankerungen verwendet werden.

 

3.2. Am Gerüst fehlten Ballastgewichte, die laut Montageanleitung über den 4 Rollen zu montieren gewesen wären. Das Standgerüst war weder freistehend standsicher aufgestellt noch an dem einzurüstenden Objekt sicher verankert (Pkte 1.1., 1.2., 1.3.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegen dann, wenn Rechtsvorschriften, die dem gesundheitlichen Schutz der Arbeitnehmer dienen, in Ansehung mehrerer Arbeitnehmer verletzt werden, auch mehrere Übertretungen vor (vgl VwGH vom 25. Jänner 2005, GZ 2004/02/0293). Die hier maßgeblichen Bestimmungen des ASchG und des § 55 Abs 4 BauV dienen dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer, weshalb von der belangten Behörde zu Recht 2 Verwaltungsübertretungen angenommen wurden. Es liegt entgegen der Ansicht des Bw keine unzulässige Doppelbestrafung vor. Der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretungen ist damit erfüllt. Im Spruch hatte eine Richtigstellung zu erfolgen, da vor dem Namen „x“ anstelle der Zahl „2.“ irrtümlich die Zahl „1.“ gesetzt wurde.

 

3.3. Gem. § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bw kein Entlastungsnachweis erbracht wird.

 

3.3.1. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt, es ist ihm vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der dem Bw nach § 5 Abs. 1 obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177 UVA).

 

3.3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die arbeitnehmerschutzrechtlichen Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden. Das entsprechende Kontrollsystem hat aber auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften Platz zu greifen. Es kann daher kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (vgl. VwGH vom 24.5.2013, GZ 2012/02/0072). Der Hinweis auf das Verhalten und die vorgelegten schriftlichen Unterweisungen des x reichen nicht aus, um ein fehlendes Verschulden des Bw darzutun. Das Kontrollsystem war mangelhaft, weil es eben nicht verhinderte, dass x als Vorarbeiter die zu Pkt 1.3. genannten Fehler begangen hat. Es ist gem § 5 Abs 1 VStG von leichter Fahrlässigkeit auszugehen. 

 

3.4. Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs 1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies gemäß § 19 Abs 2 VStG die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Strafmildernd war die Unbescholtenheit. Als Erschwerungsgrund war zu werten, dass x und x verletzt wurden (vgl VwGH vom 30.10.2006, GZ 2006/02/0248). In Hinblick auf die unbestrittenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse (mtl Nettoeinkommen von 2.000 Euro, kein Vermögen, keine Sorgepflichten, vgl Aussage Bw Tonbandprotokoll Seite 5) bestehen unter Berücksichtigung des Verschuldens gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Strafbemessung keine Bedenken. Die verhängten Strafen befinden sich im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens von 145 bis 7.260 Euro.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis war für das Berufungsverfahren gem. § 64 Abs. 2 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren vor dem UVS in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

Mag. Weigl