Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-401336/5/WEI/Ba

Linz, 18.11.2013

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des J S, geb. X, Staatsangehöriger von Sierra Leone, derzeit Schubhaft im PAZ Wien Hernals, vertreten durch M, W, wegen Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides und der Anhaltung in Schubhaft durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, zu Recht erkannt:

 

 

I.   Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

 

II.   Der Beschwerdeführer hat dem Bund den notwendigen Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 82 und 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG (BGBl I Nr. 100/2005, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 38/2011) iVm §§ 67c und 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Der unabhängige Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage vom nachstehenden Gang des Verfahrens und Sachverhalt aus:

 

1.1. Mit Mandatsbescheid vom 19. August 2013, Zl. 1031676/FP/13, ordnete die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer (Bf) auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG iVm § 57 AVG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung (§ 46 FPG) an. Der Bescheid wurde dem Bf am 19. August 2013 persönlich übergeben. Er verweigerte die Unterschrift zur Bestätigung der Zustellung. Der Bf wurde zunächst im polizeilichen Anhaltezentrum (PAZ) Wels in Schubhaft angehalten und befindet sich seit 2. Oktober 2013 im PAZ Wien Hernals.

 

1.2. Aus der Aktenlage und dem Schubhaftbescheid ergibt sich der folgende unbestrittene S a c h v e r h a l t :

 

Der Bf reiste am 29. Juni 1999 über unbekannt illegal ins Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Asylantrag, der mit Bescheid des Bundesasylamts, Außenstelle Traiskirchen, abgewiesen und gleichzeitig die Abschiebung nach Sierra Leone für zulässig erklärt wurde. Die Berufung wurde mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenats vom 8. Juni 2000, Zl. 214.864/0-XII/36/00, abgewiesen worden. Ein am 23. Juli 2003 neuerlich eingebrachter Asylantrag wurde mit Bescheid des Bundesasylamts, Außenstelle Wien, vom 3. April 2003 zu ZL. 0219.508-BAW, gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Am 2. Februar 2004 stellte der Bf einen weiteren Asylantrag, der abermals mit Bescheid des BAA in Wien vom 9. Februar 2006 gemäß § 68 AVG zu Zl. 04 01.669 rechtskräftig (am 25.02.2006) zurückgewiesen wurde.

Am 25. März 2011 wurde der Bf entsprechend der Dublin II Verordnung von der Schweiz nach Österreich überstellt (vgl AI zu Zl. 04 01.669).

 

Schließlich stellte der Bf nunmehr am 17. Oktober 2013 (Datum der Erstbefragung in Wien) zu Zl. 13 14.994 während aufrechter Schubhaft einen Folgeantrag nach dem Asylgesetz (vgl auch Information des BAA EAST West vom 17.10.2013).

 

Dem zentralen Fremdenregister des BMI ist ein aus Anlass von Verurteilungen gegen den Bf ergangenes Aufenthaltsverbot der BPD Schwechat vom 25. März 2011, Zl. 1-1031403/FrP/11 (rechtskräftig seit 9.04.2011), mit Gültigkeit bis 25. März 2021 zu entnehmen. In der Zeit vom 8. bis 23. Oktober 2012 (Schubhaftbescheid der LPD Oberösterreich zu Zl. 1075282/FRB) befand sich der Bf schon zur Sicherung der Abschiebung in Schubhaft, wurde allerdings wegen Haftunfähigkeit nach Hungerstreik wieder entlassen. In diesem Verfahren wurde unter Vorlage von Kopien des Reisepasses und einer beglaubigten Übersetzung der Geburtsurkunde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Bf beim Generalkonsulat der Republik Sierra Leone in Wien beantragt. Tatsächlich wurde dann vom Generalkonsulat das „Emergency Travel Certificate EC. 2012/1“ vom 22. Oktober 2012 mit Gültigkeit für den Zeitraum 1. Dezember 2012 bis 1. Februar 2013 ausgestellt, das erst nach Haftentlassung des Bf einlangte. Eine Abschiebung konnte in der Folge nicht durchgeführt werden.

 

Nach Auskunft aus dem ZMR vom 19. August 2013 ist der Bf seit 8. August 2012 (gemeldet vom 18.04.2011 bis 07.08.2012 in W, H: Unterkunftgeber S C) im Bundesgebiet unter keiner Wohnadresse mehr gemeldet. Er war vor seiner derzeitigen Anhaltung in Schubhaft zuletzt bis 23. August 2012 im PAZ Wien Rossauer Lände gemeldet. Der Bf ist geschieden und trug vor seiner Eheschließung am 29. Oktober 2007 den Familiennamen C (auch K).

 

Im Strafregister der Republik Österreich scheinen mit 18. August 2013 folgende Verurteilungen des Bf auf:

 

1.      LG für Strafsachen Wien Zl. 24 Hv X vom 17.10.2006 (rk. 21.10.2006) wegen §§ 83 Abs 1 StGB, 99 Abs 1 StGB: Freiheitsstrafe von 3 Monaten bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren (Probezeitverlängerung auf 5 Jahre durch Verurteilung zu Punkt 2),

2.      LG für Strafsachen Wien Zl. 61 Hv X vom 14.12.2007 (rk. 14.12.2007) wegen §§ 27 Abs 1, 28 Abs 2 Z 2 1. Fall SMG: Freiheitsstrafe von 9 Monaten, davon 7 Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren. Der bedingt nachgesehen Teil wurde mit Verurteilung zu Punkt 3. widerrufen.

3.      LG für Strafsachen Wien Zl. 65 Hv X vom 18.01.2010 (rk. 06.07.2010) wegen §§ 28a Abs 1 5. Fall, 27 Abs 1 Z 1 1.u 2. Fall, 27 Abs 2 SMG: Freiheitsstrafe von 14 Monaten.

 

Aus den unbedingten Freiheitsstrafen der Verurteilungen nach Punkt 2. und 3. Wurde der Bf am 23. November 2010 bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren entlassen (LG f Str Wien v 04.10.2010, Zl. 188 BE 211/2010i). Insgesamt war beim Bf bereits eine unbedingte Freiheitsstrafe von 23 Monate zu vollziehen, aus der er bedingt entlassen worden war.

 

Nach der Anzeige des SPK W, PI P vom 18. August 2013, Zl. E1/113179/2013, wurde der Bf im Zuge von Ermittlungen aus Anlass eines Handtaschendiebstahls am 18. August 2013 um 06:50 Uhr im Lokal „B“ am Bahnhof angetroffen. Nach Anzeige des Betreibers der „S“ war er einer von 2 Verdächtigen, die vor Eintreffen der Polizei mit dem Taxi zum Bahnhof wegfuhren. Es stellte sich heraus, dass der Bf mit dem Diebstahl nichts zu tun hatte, er habe sich aber aggressiv verhalten und wurde schließlich vorübergehend festgenommen und in die PI P gebracht, wo im Zuge der Ermittlungen zur Person das rechtskräftige und durchsetzbare Aufenthaltsverbot der BPD Schwechat vom 25. März 2011 erhoben wurde. Über Festnahmeauftrag des Landesjournalbeamten der belangten Behörde wurde der Bf gemäß § 74 FPG festgenommen und um 10:15 Uhr ins PAZ Wels eingeliefert.

 

1.3. Am 22. August 2013 wurde der Bf fremdenpolizeilich zur weiteren Vorgehensweise einvernommen. Er gab an, in Hungerstreik zu sein, um schnell entlassen zu werden. Er müsse noch einige Sachen erledigen. Er hätte für überwiesenes Geld von Bekannten aus Afrika drei Autos gekauft. Diese sollten von Dornbirn nach Hamburg gebracht und auf dem Seeweg nach Nigeria gelangen. Er würde 14 Tage benötigen und dann freiwillig mit Hilfe der Caritas das Land verlassen.

 

Er gab weiter an, dass ihm sein Reisepass von Sierra Leone im Jahr 2009 gestohlen worden wäre. Er hätte sich dann keinen mehr ausstellen lassen. Seine Scheidung sei im Jahr 2008 gewesen. Er gab an, in W über der „K“ im 2. Stock eine Wohnung zu haben. Die belangte Behörde stellte dem Bf ein gelinderes Mittel nach Anmeldung zur freiwilligen Rückkehr in Aussicht. Daraufhin wollte er seinen Hungerstreik beenden. Der Bf meldete sich bei der Caritas zur freiwilligen Rückkehr an und unterzeichnete ein entsprechendes Verständigungsformular für Behörden.

 

1.4. Anlässlich einer KFD-Kontrolle wurde noch am 22. August 2013 die Unterkunft des Bf über der „K“ (richtig: KG) in W, K, überprüft und dabei festgestellt, dass der Bf von Frau K, der Vermieterin, bereits delogiert worden war, zumal sich seine persönlichen Sachen bereits im Heizraum des Gebäudes befanden. Sie gab an, dass er dort nicht mehr wohnen dürfe. Auf Grund der fehlenden Unterkunft nahm die belangte Behörde vom gelinderen Mittel vorerst wieder Abstand (vgl Aktenvermerk vom 26.08.2013). Nach Mitteilung der Caritas hatte der Bf am 27. August 2013 ein Telefonat mit der Botschaft von Sierra Leone in Berlin verweigert, weshalb die belangte Behörde wieder die Abschiebung plante (Aktenvermerk vom 27.08.2013).

 

Die persönlichen Gegenstände des Bf wurden zur Bestandsaufnahme zur Asservierung ins PAZ Wels gebracht. Dabei konnte 6,9 Gramm brutto Heroin und 2,1 Gramm Cannabiskraut vorgefunden und sichergestellt werden. Ein Drogenschnelltest verlief positiv auf THC und COC. Bei der kriminalpolizeilichen Beschuldigtenvernehmung vom 22. August 2013 wegen § 27 Abs 2 SMG gab der Bf an, am 18. August, seinem Geburtstag, Gras und Koks konsumiert zu haben. Er war auch zum Ankauf und Besitz der vorgefundenen Suchtmittel geständig und gab an, dass er schon seit mehreren Jahren Drogen wie Heroin, Kokain und Gras, nehme.

 

1.5. Mit Schreiben vom 19. August 2013 an die Botschaft der Republik Sierra Leone in Berlin beantragte die belangte Behörde unter Angabe der erforderlichen  Daten und Vorlage des abgelaufenen Heimreisezertifikates (Emergency travel certificate EC. 2012/1) im Hinblick auf das Aufenthaltsverbot eine Neuausstellung. Das Gesuch wurde per E-Mail am 27. August 2013 nochmals übersendet, nachdem Counselor W in einem Telefonat mitgeteilt hatte, noch keine Unterlagen erhalten zu haben (Aktenvermerk vom 27.08.2013).

 

Mit Schreiben vom 26. September 2013 an die Botschaft (Generalkonsulat) von Sierra Leone in Berlin erinnerte die belangte Behörde an ihr Ersuchen vom 19. August 2013 und verwies auf eine von Mr. M A W telefonisch zugesagte Erledigung. Sie ersuchte um Bekanntgabe allfälliger Hinderungsgründe. Mit Schreiben vom 23. Oktober 2013 wurde in gleicher Weise beim Generalkonsulat von Sierra Leone in Berlin und in Wien urgiert. Von Wien wurde telefonisch auf die Zuständigkeit der Botschaft in Berlin verwiesen. Von dieser ist bisher noch keine Antwort aktenkundig.

 

1.6. Mit der beim Oö. Verwaltungssenat am 11. November 2013 vom Bf, vertreten durch den M, W, per Telefax eingebrachten Schubhaftbeschwerde wird die Schubhaftverhängung und Anhaltung des Bf in Schubhaft bekämpft und deren kostenpflichtige Rechtswidrigkeitserklärung beantragt.

 

 

2.1. Die Beschwerde führt zum Sachverhalt nur aus, dass der Bf aus Sierra Leone stamme und in Österreich verheiratet gewesen wäre. Leider gäbe es Vorstrafen. Er befinde sich seit geraumer Zeit in Schubhaft, wobei die belangte Behörde keine Aussicht auf Erlangung eines „Reiseprotokolls“ hätte.

 

Zur Unrechtmäßigkeit der Schubhaft wird behauptet, dass die Ausführungen des Schubhaftbescheides einen besonderen Sicherungsbedarf nicht zu begründen vermögen. Da die belangte Behörde keinen Anhaltspunkt dafür habe, zeitnah ein Heimreisezertifikat zu erlangen, sei die Schubhaft unverhältnismäßig. Sie würde übersehen, dass die Schubhaft nicht zu einer Beugehaft verkommen dürfe. Die Abschiebung nach Sierra Leone sei zumindest derzeit nicht möglich. Allenfalls hätte mit einem gelinderen Mittel das Auslangen gefunden werden können.

 

2.2. Nach einer Vorabinformation legte die Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, am 13. November 2013 die Bezug habenden Verwaltungsakten vor, trat im Vorlageschreiben der Beschwerde entgegen und beantragte deren kostenpflichtige Abweisung.

 

Die belangte Behörde hat im Vorlageschreiben wie in diversen Aktenvermerken zur Verhältnismäßigkeitsüberprüfung der Schubhaft darauf hingewiesen, dass sich der Bf über die Nichtverhängung eines gelinderen Mittels ungehalten zeigte. Es sei ihm erklärt worden, dass eine Gerichtsanzeige (gemeint: Strafanzeige wegen § 27 SMG) anhängig sei, er keine Wohnmöglichkeit habe und auch unkooperativ bezüglich der Erlangung des Heimreisezertifikates gewesen sei. Darauf habe er angegeben, von Nigeria zu sein und eine Doppelstaatsbürgerschaft zu haben. Er wollte nunmehr nach Nigeria ausreisen. Die Caritas wurde informiert und dem Bf die Möglichkeit gegeben auch ein Formular für die Botschaft von Nigeria auszufüllen. Er habe aber die Angelegenheit persönlich in Wien regeln wollen und die Freilassung gefordert.

 

 

3. Der erkennende Verwaltungssenat hat auf Grundlage der vorgelegten Verwaltungsaktes und unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens festgestellt, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheint, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 9 Abs 2 Satz 2 FPG ist gegen die Anordnung der Schubhaft weder eine Vorstellung noch eine Berufung zulässig.

 

Gemäß § 82 Abs 1 FPG hat der Fremde das Recht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung den unabhängigen Verwaltungssenat anzurufen,

 

  1. wenn er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist;
  2. wenn er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz oder das Asylgesetz 2005 angehalten wird oder wurde oder
  3. wenn gegen ihn die Schubhaft angeordnet wurde.

 

Gemäß § 83 Abs 1 FPG (idF seit BGBl I Nr. 122/2009) ist zur Entscheidung über eine Beschwerde gemäß § 82 Abs 1 Z 2 oder 3 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel die Behörde ihren Sitz hat, welche die Anhaltung oder die Schubhaft angeordnet hat. In den Fällen des § 82 Abs 1 Z 1 richtet sich die Zuständigkeit nach dem Ort der Festnahme.

 

Nach § 83 Abs 2 FPG gelten die §§ 67c bis 67g sowie 79a AVG mit der Maßgabe, dass

  1. eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, und
  2. die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über die Fortsetzung der Schubhaft binnen einer Woche zu ergehen hat, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet.

 

Gemäß § 83 Abs 4 FPG hat der unabhängige Verwaltungssenat, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Im Übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

 

Der Bf wurde im vorliegenden Fall auf Grund des gegenständlichen Schubhaftbescheides am 28. Juni 2013 in Schubhaft genommen und bis zur Abschiebung am 7. Juli 2013 angehalten. Die dagegen am 3. Juli 2013 eingebrachte Beschwerde ist zulässig, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung über die Rechtmäßigkeit berufen ist.

 

4.2. Gemäß § 76 Abs 1 FPG können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung, einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen.

 

Die Schubhaft ist nach dem § 76 Abs 3 FPG grundsätzlich mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zur Erlassung des Bescheides aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

 

4.3. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verlangt die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer Schubhaft nach § 76 Abs 1 FPG eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Außerlandesschaffung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen. Dabei ist der Frage nach dem Sicherungsbedürfnis nachzugehen, was die gerechtfertigte Annahme voraussetzt, der Fremde werde sich dem Verfahren oder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen oder diese Maßnahmen zumindest wesentlich erschweren.

 

In der neueren Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs vermag die fehlende Ausreisewilligkeit eines Fremden für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht zu rechtfertigen. Deshalb kann auch die Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft noch nicht rechtfertigen. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen, der insbesondere im Fall mangelnder sozialer Verankerung im Inland in Betracht kommt. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof auch schon mehrfach betont, dass in Bezug auf die Annahme eines Sicherungsbedarfes aus Überlegungen zu einem strafgerichtlichen Verurteilungen zugrundeliegenden Fehlverhalten alleine nichts zu gewinnen sei (ständige Rspr; vgl ua. VwGH 8.9.2005, Zl. 2005/21/0301; VwGH 22.6.2006, Zl. 2006/21/0081; VwGH 27.3.2007, Zl. 2005/21/0381; VwGH 28.6.2007, Zl. 2005/21/0288 und Zl. 2004/21/0003; VwGH 30.8.2007, Zl. 2006/21/0107; VwGH 28.5.2008, Zl. 2007/21/0246).

 

Überdies ist nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs beim Sicherungserfordernis die konkrete Situation des Beschwerdeführers (Einzelfallprüfung) zu prüfen. Deswegen verbietet sich auch ein Abstellen auf allgemeine Erfahrungen im Umgang mit Asylwerbern oder aus anderen Fällen (vgl VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0051; VwGH 28.6.2007, Zl. 2006/21/0091).

 

4.4. In dem aus Anlass einer Amtsbeschwerde ergangenen Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2007/21/0542, hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst wiederholt, dass die bloße Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls die Schubhaft nicht zu rechtfertigen vermag, sondern der Sicherungsbedarf müsse in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa eine mangelnde soziale Verankerung in Österreich in Betracht komme (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0246). Für die Bejahung des Sicherungsbedarfs im Anwendungsbereich des § 76 Abs 1 FPG komme daher insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, welche das befürchtete Risiko des Untertauchens rechtfertigen können (Hinweis auf VwGH vom 28.05.2008, Zl. 2007/21/0162). Abgesehen von der Integration des Fremden sei bei Prüfung des Sicherungsbedarfs auch das bisherige Verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen (Hinweis auf VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/0311; VwGH je vom 28.06.2007, Zl. 2006/21/0091 und Zl. 2006/21/0051). Auch wenn Gründe der öffentlichen Ordnung und Sicherheit nach dem Gesetz keinen tauglichen Schubhaftzweck darstellen (vgl etwa VwGH 31.08.2006, Zl. 2006/21/0087; VwGH 27.02.2007, Zl. 2006/21/311) kann nach dem oben zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 17. März 2009 der Verurteilung eines Fremden im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung Bedeutung zukommen. Eine erhebliche Delinquenz des Fremden kann das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner baldigen Abschiebung – in Abhängigkeit von der Schwere der Straftaten - maßgeblich vergrößern.

 

4.5. Im gegenständlichen Fall konnte die belangte Behörde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG anordnen. Durch das auf zehn Jahre ausgesprochene Aufenthaltsverbot der BPD Schwechat vom 25. März 2011 lag ein rechtskräftiger Titel für die Außerlandesschaffung des Bf vor. Dieser ist seiner Ausreiseverpflichtung bislang nicht nachgekommen.

 

Mehrere Asylverfahren des Bf sind negativ abgeschlossen worden. Bereits nach seiner Entlassung aus der Strafhaft am 23. November 2010 hielt sich Bf unrechtmäßig in Österreich auf. Er wäre daher als Drittstaatsangehöriger ohne Aufenthaltstitel zur unverzüglichen Ausreise verpflichtet gewesen. Auch das Aufenthaltsverbot vom 25. März 2011 konnte ihn offenbar nicht zur freiwilligen Ausreise bewegen.

 

Gemäß § 46 Abs 1 FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Ausweisung (§§ 61, 66 § 10 AsylG 2005) oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag der Behörde zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

 

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. aufgrund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

 

Im vorliegenden Fall lag mit dem oben erwähnten rechtskräftigen Aufenthaltsverbot ein die Aufenthaltsbeendigung anordnender Rechtstitel vor, der durch Abschiebung umzusetzen ist, zumal befürchtet werden musste, der Bf würde seiner Ausreiseverpflichtung auch weiterhin nicht nachgekommen.

 

4.6. Zum Sicherungserfordernis nach § 76 Abs 1 FPG ging die belangte Behörde im Schubhaftbescheid begründend davon aus, dass der Bf über keinen (gemeldeten) Wohnsitz verfügte und auch keine berufliche oder soziale Verankerung im Inland vorhanden war. Er war trotz des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes vom 25. März 2011 nicht ausgereist und hatte sich der zuletzt geplanten Abschiebung (im Oktober 2012) durch Hungerstreik entzogen. Aus diesen Gründen könne die belangte Behörde mit Recht davon ausgehen, dass sich der Bf der Behörde für die Durchführung der Abschiebung nicht freiwillig zur Verfügung halten werde.

 

Die belangte Behörde dachte anlässlich der Einvernahme des Bf am 22. August 2013 noch an die Anwendung eines gelinderen Mittels, weil sich der Bf zur freiwilligen Rückkehr nach Sierra Leone bei der Caritas anmeldete und niederschriftlich angab, über einer gewissen „K“ (richtig „KG“) in W eine Wohnung zu haben. Bei der Überprüfung dieser Angaben durch eine Polizeistreife stellte sich heraus, dass der Nachweis einer Wohnmöglichkeit nicht erbracht werden konnte, weil der Bf am angegeben Ort von der Vermieterin bereits mangels Bezahlung delogiert worden war und seine Sachen im Heizraum des Gebäudes gelagert waren. Diese wurden dann ins PAZ Wels überstellt und anlässlich der Bestandsaufnahme noch Suchtmittel (6,9 g Heroin und 2,1 g Cannabiskraut) im Besitz des Bf festgestellt, die Anlass für eine kriminalpolizeiliche Anzeige waren. Die belangte Behörde nahm nach diesen Umständen von einem gelinderen Mittel Abstand und plante die Abschiebung, zumal sie auch noch am 27. August 2013 von einer Mitarbeiterin der Caritas erfuhr, dass sich der Bf unkooperativ zeigte und ein Telefonat mit der Botschaft in Berlin verweigerte.

 

Der UVS Oberösterreich kann der belangten Behörde nicht entgegen treten, wenn sie angesichts der geschilderten Umstände und des unkooperativen Verhaltens den Bf für vertrauensunwürdig befand und befürchtete, er werde danach trachten, sich den weiteren fremdenpolizeilichen Maßnahmen zu entziehen. Denn beim Bf, der sich seit seiner letzten Schubhaftentlassung am 23. Oktober 2012 nicht mehr polizeilich gemeldet hatte und damit untergetaucht war, ist nach seinem Gesamtverhalten eine ausgeprägte Unwilligkeit zur Ausreise verbunden mit einer gleichgültigen Haltung hinsichtlich der Einhaltung fremdenrechtlicher Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen anzunehmen. Er hat mittlerweile nach rechtskräftiger Abweisung seines ersten Asylbegehrens im Jahr 2000 schon den dritten Asylfolgeantrag gestellt, obwohl zwei Folgeanträge zuvor wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden sind. Er versucht offenbar mit seinen Asylbegehren zumindest vorläufig immer wieder seinen unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich zu sichern. Er hat auch bedenkenlos Grenzen im Schengenraum überschritten, um in das Land seiner Wahl zu gelangen. So ist er ohne Reisedokumente illegal in die Schweiz gereist und musste im Jahr 2011 nach der Dublin II Verordnung von Österreich wieder zurückgenommen werden.

 

Außerdem treibt sich der Bf schon seit Jahren im Suchtgiftmilieu herum. Er ist nach eigen Angaben schon längere Zeit Konsument von Drogen wie Cannabis, Heroin und Kokain und wegen Suchtmitteldelikten auch schon erheblich, nämlich mit unbedingter Freiheitsstrafe von 23 Monaten, bestraft worden (vgl näher Feststellungen unter Pkt. 1.2.). Trotz seines längeren Aufenthalts in Österreich zeigen sein Lebenswandel (seine am 29.10.2007 geschlossene Ehe mit einer Österreicherin wurde bereits 2008 geschieden) und die Vorstrafen, dass von einer gelungenen sozialen Integration des Bf, der großteils illegal in Österreich aufhältig war, keine Rede sein kann.

 

Bei Beurteilung des Sicherungsbedarfs kommt vor allem auch der erheblichen Delinquenz des Bf wesentliche Bedeutung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung der Schubhaft zu. Durch das erhebliche kriminelle Fehlverhalten des Bf hat sich nämlich das Gewicht des öffentlichen Interesses an der Effektivität seiner alsbaldigen Abschiebung maßgeblich vergrößert (vgl dazu VwGH 25.03.2010, Zl. 2009/21/0276 unter Hinweis auf 17.03.2009, Zl. 2007/21/0542).

 

Nachdem der Bf unrichtige Angaben über eine Wohnmöglichkeit gemacht hatte, abermals im Besitz von Suchtmittel betreten worden war und dann am 27. August 2013 die Annahme eines Telefonats von der Botschaft in Berlin abgelehnt und damit eine Mitwirkung an der Erlangung eines Heimreisezertifikats verweigert hatte, konnte die belangte Behörde mit guten Gründen annehmen, der Bf werde weiterhin nicht ernsthaft kooperieren. Eine zuverlässige Umsetzung des Aufenthaltsverbotes erschien nur durch die fremdenpolizeilichen Maßnahmen der Schubhaft und der Abschiebung durchsetztbar. Selbst erhöhte Auflagen wie eine tägliche Meldeverpflichtung bei einer Polizeiinspektion, hätten den ungebundenen und im Suchtgiftmilieu verankerten Bf nicht hindern können, sich der Abschiebung durch Untertauchen, wie er es bereits nach dem 23. Oktober 2012 gemacht hatte, zu entziehen.

 

Ein gelinderes Mittel iSd § 77 FPG anstelle der Schubhaft kam auch nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats nicht in Betracht, weil nach dem gesamten bisherigen Verhalten des sozial kaum integrierten Bf nicht zu erwarten war, dass er seine bevorstehende Abschiebung akzeptiert und sich dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde zur Verfügung gehalten hätte. Vielmehr besteht aktuell eine besondere Fluchtgefahr. In eine solchen Fall eines unkooperativen Fremden mit Verankerung im Suchtgiftmilieu und strafgerichtlicher Vergangenheit hat der Verwaltungsgerichtshof die Verhängung von Schubhaft anstelle gelinderer Mittel für nicht rechtswidrig erachtet (vgl VwGH 2.10.2012, Zl. 2010/21/0094).

 

4.7. Der Bf hat während aufrechter Schubhaft am 17. Oktober 2013 seinen insgesamt schon dritten Folgeantrag auf internationalen Schutz gestellt.

 

Nach § 76 Abs 6 Satz 1 FPG kann die Schubhaft gegen einen Fremden aufrechterhalten werden, der während der Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz stellt. Liegen die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 oder 2a FPG vor, so gilt die Schubhaft als nach Abs 2 oder 2a verhängt. Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anhaltung in Schubhaft nach § 76 Abs 2 leg.cit. ist mit Aktenvermerk festzuhalten. Die belangte Behörde hat dazu mit Aktenvermerk vom 22. Oktober 2013 festgehalten, dass die Schubhaft nunmehr nach § 76 Abs 2 Z 3 FPG (weil vor Asylantragstellung bereits das durchsetzbare Aufenthaltsverbot vom 25.03.2011 erlassen worden war) verhängt gelte.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem grundlegenden Erkenntnis vom 18. Dezember 2008, Zl. 2008/21/0582 (= VwSlg 17597 A/2008), zu dieser Rechtslage ausgeführt, dass die Bestimmung des § 76 Abs 6 FPG es der Behörde gestatte, eine (rite) auf § 76 Abs 1 FPG gestützte Schubhaft trotz der – durch die Asylantragseinbringung während der Schubhaft erlangten - Stellung des Schubhäftlings als Asylwerber auch ohne Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG aufrecht zu erhalten. Das in einem Aktenvermerk festzuhaltende allfällige Vorliegen der Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG steht nur im Zusammenhang mit der dann möglichen längeren Schubhaftdauer. In diesem Zusammenhang wird auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (952 BlgNR 22. GP, 104) verwiesen, die wie folgt dazu ausführen:

 

"Stellt ein Asylwerber in der Schubhaft einen Asylantrag, so kann dies aufrecht erhalten werden, auch wenn die Voraussetzungen von Abs 2 nicht vorliegen. Für Zwecke des § 80 Abs. 2 gilt diese Schubhaft nur nach § 76 Abs. 2 verhängt, wenn die Voraussetzungen für die Verhängung der Schubhaft gegen Asylwerber vorliegen; dann gelten die Fristenregeln des § 80 Abs. 2. Die Regel ist unbedingt erforderlich, um einem in Schubhaft angehaltenen Fremden nicht die Möglichkeit zu geben, durch die Asylantragstellung die Aufhebung der Schubhaft zu erzwingen."

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat im oben zitierten Erkenntnis zu den grundsätzlichen Anforderungen eines Wechsels von strukturell verschiedenen Schubhafttatbeständen, etwa beim Übergang des § 76 Abs 1 FPG in das Regime des § 76 Abs 2 FPG, näher begründet, dass es einer unverzüglichen schriftlichen Verständigung des Schubhäftlings in einer ihm verständlichen Sprache über den Austausch des Schubhaftgrundes bzw über die strukturell anderen Gründe bedarf, um ihn in die Lage zu versetzen, die weitere Schubhaft mit Beschwerde wirksam zu bekämpfen.

 

Im gegebenen Zusammenhang stellt der Verwaltungsgerichtshof auch klar, dass in dem von § 76 Abs 6 FPG erfassten Fall gerade kein Austausch des Schubhafttatbestandes vorgenommen wird, sondern erlaubt der erste Satz dieser Bestimmung die Fortsetzung der Schubhaft gegen den nunmehrigen Asylwerber aus dem bisher angenommenen Grund, ohne dass die Voraussetzungen des § 76 Abs 2 FPG vorliegen müssten. Der Zweck des zweiten und dritten Satzes des § 76 Abs 6 FPG steht dabei nur in untrennbaren Zusammenhang mit der Schubhafthöchstdauer.

 

Im Grunde der Ausführungen im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs durfte die belangte Behörde nach dem vom Bf während seiner Anhaltung in Schubhaft gestellten Asylantrag die nach Ansicht des erkennenden Mitglieds rechtmäßig verhängte Schubhaft auf der Grundlage des § 76 Abs 1 FPG iVm § 76 Abs 6 FPG aufrecht erhalten. Ein Fremder soll nämlich nach dem Willen des Gesetzgebers nicht durch bloße Asylantragstellung eine Entlassung aus der rechtmäßig verhängten Schubhaft erzwingen können.

 

4.8. Gemäß § 80 Abs 1 FPG ist die Behörde verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Sie darf nur so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

 

Nach § 80 Abs 2 FPG darf die Schubhaftdauer grundsätzlich

 

  1. zwei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen verhängt wird;
  2. vier Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, verhängt wird und kein Fall des Abs 3 und 4 vorliegt.

 

Die Beschwerde behauptet pauschal, dass ein Heimreiszertifikat derzeit und sogar von Anfang nicht zu erlangen gewesen wäre.

 

Im vorliegenden Fall dauert die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung bald 3 Monate, obwohl die belangte Behörde bisher alle notwendigen Schritte unternommen und bereits zwei Mal urgiert hat. Die zuständige Botschaft von Sierra Leone in Berlin hat allerdings trotz ausdrücklicher Nachfrage der belangten Behörde keine Hindernisse mitgeteilt, die der Ausstellung entgegenstehen würden. Nach der Aktenlage erscheint die Identität des Bf gesichert (Reisepasskopie ist vorhanden), zumal auch zuletzt im Jahr 2012 noch vom damals zuständigen Generalkonsulat von Sierra Leone in Wien ein Heimreisezertifikat am 22. Oktober 2012 für den Bf ausgestellt worden war. Es ist nach der Aktenlage kein Grund ersichtlich, warum nunmehr kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden sollte. Die belangte Behörde hat bereits mit dem zuständigen Bearbeiter der Botschaft das Einvernehmen telefonisch hergestellt und dabei keine negativen Signale empfangen. Sie rechnet daher jederzeit mit dem Einlangen des Heimreisezertifikats für den Bf und verweist darauf, dass er sich auf freiem Fuße in die Illegalität absetzen würde und nicht mehr greifbar wäre.

 

Das erkennende Mitglied des UVS Oberösterreich sieht beim derzeit bekannten Sachstand keinen plausiblen Grund dafür, dass ein Heimreisezertifikat nicht alsbald übermittelt werden könnte. Die Fremdenpolizeibehörde ist dabei immer auf die Kooperation der diplomatischen Vertretungsbehörde, die in ihrer Geschäftsgebarung frei und unabhängig ist, angewiesen und hat nur beschränkte Einflussmöglichkeiten. Möglicherweise hätte auch der Bf die Sache durch das Führen eines Telefonats mit der Botschaft in Berlin beschleunigen können. Insofern hat er sich jedenfalls Verzögerungen auch selbst zuzuschreiben.

 

4.9. Im Ergebnis hält der UVS Oberösterreich die Schubhaft aus den dargelegten Gründen für notwendig und im überwiegenden öffentlichen Interesse eines geordneten Fremdenwesens auch für verhältnismäßig. Die belangte Behörde hat bisher nach Ausweis der Aktenlage zügig alle erforderlichen Verfahrensschritte ergriffen, um die Schubhaft so kurz wie möglich zu halten.

 

Da die vorliegende Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des fremdenpolizeilichen Verhaltens aufzeigen konnte, war sie als unbegründet abzuweisen und gemäß dem § 83 Abs 4 FPG gleichzeitig festzustellen, dass zum Zeitpunkt dieser Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen.

 

 

5. Gemäß § 79a Abs 1 AVG 1991 iVm § 83 Abs 2 FPG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wird die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen oder zurückgezogen, dann ist die belangte Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei (§ 79a Abs 3 AVG). Nach § 79a Abs 6 AVG 1991 ist Aufwandersatz nur auf Antrag der Partei zu leisten.

 

Nach § 79a Abs 4 AVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs 1 neben Stempel- und Kommissionsgebühren sowie Barauslagen vor allem die durch Verordnung des Bundeskanzlers festgesetzten Pauschbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand. Nach der geltenden UVS-Aufwandersatzverordnung 2008 (BGBl II Nr. 456/2008) betragen die Pauschbeträge für die belangte Behörde als obsiegende Partei für den Vorlageaufwand 57,40 Euro und für den Schriftsatzaufwand 368,80 Euro.

 

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist der belangten Behörde Vorlage- und Schriftsatzaufwand entstanden, weshalb der Verfahrensaufwand der obsiegenden belangten Behörde antragsgemäß mit insgesamt 426,20 Euro festzusetzen und dem Bf der Kostenersatz zugunsten des Bundes aufzutragen war.

 

Analog dem § 59 Abs 4 VwGG 1985 war eine Leistungsfrist von 2 Wochen festzusetzen, zumal das Schweigen des § 79a AVG 1991 nur als planwidrige Lücke aufgefasst werden kann, sollte doch die Neuregelung idF BGBl Nr. 471/1995 im Wesentlichen eine Angleichung der Kostentragungsbestimmungen an das VwGG bringen (vgl Erl zur RV, 130 BlgNR 19. GP, 14 f).

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S E

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240 Euro.

 

 

Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren sind Eingabengebühren für die eingebrachte Beschwerde (14,30 Euro) und 1 Beilage (3,90 Euro), insgesamt daher von 18,20 Euro, angefallen.

 

           

 

Dr. W e i ß

 

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