Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101766/11/Kei/Shn

Linz, 14.11.1994

VwSen-101766/11/Kei/Shn Linz, am 14. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung der M L gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 28. Jänner 1994, Zl.VU/P/5286/92 L, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. November 1994 und mündlicher Verkündung der Entscheidung am 9. November 1994, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird teilweise Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, die verhängte Geldstrafe wird auf 500 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 16 Stunden, herabgesetzt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG).

II: Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, ds 50 S, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2, § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil sie "am 30.11.1992 gegen 05.50 Uhr in Linz, auf der Garnisonstraße, von der Derflingerstr. kommend in Richtung Kreuzung mit der Semmelweisstraße, nach links einbiegend als Lenkerin des PKW vor einem Einsatzfahrzeug in die Kreuzung eingefahren" sei. Dadurch habe sie eine Übertretung des § 26 Abs.5 StVO begangen, weshalb sie nach § 99 Abs.3 lit.a StVO zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses der Berufungswerberin am 4. Februar 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 9. Februar 1994 beim O.ö. Verwaltungssenat mündlich und fristgerecht eingebrachte Berufung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl.VU/P/5286/92 L, vom 2. März 1994 Einsicht genommen und am 3. November 1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG durchgeführt.

Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

Am 30. November 1992 um ca. 05.50 Uhr fuhr die Berufungswerberin mit dem PKW in Linz die Garnisonstraße entlang Richtung Kreuzung mit der Semmelweisstraße.

Es war dunkel, der Boden war durch einen Regen naß. Dadurch war die Sicht beeinträchtigt. Die beiden Polizeibeamten RI C und RI W waren zur selben Zeit mit dem Dienstkraftfahrzeug Kz. mit eingeschaltetem Blaulicht unterwegs zu einem Einsatz im Raum Bulgariplatz. Dieses Dienstkraftfahrzeug, das in der Garnisonstraße mit ca. 70 km/h fuhr, näherte sich dem Fahrzeug der Berufungswerberin, das sich im Bereich der Kreuzung Garnisonstraße-Semmelweisstraße befand. Die Berufungswerberin beabsichtigte, nach links - in die Semmelweisstraße - abzubiegen. Sie hat dabei das sich herannahende Einsatzfahrzeug nicht wahrgenommen. Die Beamten waren - in der Meinung, die Berufungswerberin hätte das mit eingeschaltetem Blaulicht fahrende Einsatzfahrzeug wahrgenommen und hätte Platz gemacht - dabei, links am Fahrzeug der Berufungswerberin vorbeizufahren. (Um rechts vorbeifahren zu können hätte - nach Beurteilung durch die Beamten - der Platz nicht ausgereicht). Durch das Mißverständnis kam es zu einem Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge, auch andere, abgestellte Fahrzeuge wurden beschädigt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 26 Abs.5 StVO haben alle Straßenbenützer einem herannahenden Einsatzfahrzeug Platz zu machen. Kein Lenker eines anderen Fahrzeuges darf unmittelbar hinter einem Einsatzfahrzeug nachfahren oder, außer um ihm Platz zu machen, vor ihm in eine Kreuzung einfahren.

Gemäß § 99 Abs.3 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer (lit.a) als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 2 oder 4 zu bestrafen ist.

4.2. Der in Punkt 3 angeführte Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen insbesondere auf Grund der Aussagen der beiden Polizeibeamten. Diesen Aussagen wird auf Grund des persönlichen Eindruckes und vor dem Hintergrund der Bestimmung des § 50 AVG iVm § 24 VStG eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen. Auch den Ausführungen der Berufungswerberin wird - ebenfalls auf Grund des persönlichen Eindruckes - eine hohe Glaubwürdigkeit beigemessen.

Die Berufungswerberin hat durch den in Punkt 3 angeführten Sachverhalt den objektiven Tatbestand des § 26 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO verwirklicht.

4.3. Die Berufungswerberin hat das Einsatzfahrzeug nicht zur Kenntnis genommen. Die beiden Beamten, die im Einsatzfahrzeug mitgefahren sind, haben - trotz vorhandener Aufmerksamkeit - ein Blinklicht am Fahrzeug der Berufungswerberin vor dem Beginn des Abbiegevorganges nicht wahrgenommen. Der linke Blinker des Fahrzeuges der Berufungswerberin ist - wenn überhaupt erst so (spät) betätigt worden, daß er nicht mehr zeitgerecht (um entsprechend reagieren zu können) hat wahrgenommen werden können.

Die Berufungswerberin hat sich, nachdem sie angehalten hat und unmittelbar vor Beginn des Abbiegevorganges nicht durch einen Kontrollblick in den Rückspiegel vergewissert. Indem die Berufungswerberin die gehörige Sorgfalt nicht an den Tag gelegt hat, hat sie schuldhaft gehandelt. Das Verschulden wird aber als geringfügig beurteilt. Die Folgen der Übertretung sind - insbesondere vor dem Hintergrund des entstandenen Sachschadens nicht unbedeutend. Es liegt somit eines der beiden in § 21 Abs.1 VStG genannten Kriterien nicht vor. Daher konnte nicht die Bestimmung des § 21 Abs.1 VStG zur Anwendung kommen und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.

4.4. Zur Strafbemessung:

Bereits die Höhe der von der belangten Behörde verhängten Geldstrafe liegt im unteren Bereich des gesetzlichen Strafrahmens. Da die Tat - beispielsweise durch die Beschädigung von Fahrzeugen - nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, war dieser Aspekt - in Entsprechung der Bestimmung des § 19 Abs.1 VStG - zu berücksichtigen. Die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit der Berufungswerberin wird als sehr gewichtiger Milderungsgrund beurteilt. Diese angeführte Tatsache und die Tatsachen, daß ein spezialpräventatives Erfordernis nicht vorliegt und daß das Verschulden der Berufungswerberin - wie in Punkt 4.3.

ausgeführt - zwar vorhanden, aber geringfügig ist, rechtfertigen es - auch vor dem Hintergrund der in der mündlichen Verhandlung dargelegten Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnisse (10.000 S netto monatliches Einkommen, ein Haus in Familienbesitz, ein Sohn und eine Tochter, für die eine Sorgepflicht vorliegt) - daß das Strafausmaß mit 500 S festgesetzt wird.

4.5. Aus den angeführten Gründen war die Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG hinsichtlich des Schuldspruches abzuweisen, die Geldstrafe herabzusetzen und die Ersatzfreiheitsstrafe neu festzusetzen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Berufungswerberin gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, ds 50 S, vorzuschreiben. Für das Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat sind keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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