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des Landes Oberösterreich
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VwSen-101767/2/Weg/La

Linz, 22.03.1994

VwSen-101767/2/Weg/La Linz, am 22. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des R, BRD, vertreten durch die Rechtsanwälte Mag.

W und Mag. M, vom 18. Jänner 1994 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 3.1.1994, VerkR96/6985/1993, womit ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgewiesen wurde, zu Recht:

Aus Anlaß der Berufung wird der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid einen Antrag des Berufungswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 13.12.1993 abgewiesen. Begründend führt die Erstbehörde aus, daß mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 6.4.1993 eine Geldstrafe von 900 S verhängt wurde, weil der Berufungswerber am 21.3.1993 eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 und eine nach § 82 Abs.4 KFG 1967 begangen haben soll. Diese Strafverfügung sei in Neumarkt in der Oberpfalz (BRD) niedergelegt und somit rechtzeitig zugestellt worden. Die Lagerfrist sei bis 25.6.1993 gelaufen. Erst mit Schreiben vom 13.12.1993 habe der Berufungswerber durch seinen Rechtsanwalt Mag. L den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist erhoben und gleichzeitig gegen die Strafverfügung Einspruch eingelegt. Die belangte Behörde begründet die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages mit der rechtmäßigen Zustellung iSd Art.10 Abs.1 Satz 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe (im folgenden kurz: Rechtshilfevertrag), wonach die Niederlegung die Rechtswirkung einer Zustellung entfalte.

2. Dagegen wendet der Berufungswerber sinngemäß ein, die Strafverfügung sei nicht ordnungsgemäß zugestellt worden.

Die Rechtsauffassung der belangten Behörde sei unrichtig bzw überholt. Gemäß einer Mitteilung des Bundeskanzleramtes der Republik Österreich, GZ: 670037/4/V/2/93, vom Dezember 1993 sei aufgrund einer Notiz über die Gespräche betreffend den Amts- und Rechshilfeverkehr zwischen der Republik Österreich und BRD festgehalten, daß nach deutscher Rechtslage im Fall der Niederlegung eines Schriftstückes einer österreichischen Behörde, welches im unmittelbaren Postverkehr versandt wurde, keine Zustellfiktion anzunehmen sei. Aus diesem Grund gelte ein von einer österreichischen Behörde als eingeschriebener Brief unmittelbar durch die Post versandtes Schriftstück im Fall der Niederlegung bei Nichtabholung durch den Empfänger als nicht zugestellt.

3. Zu prüfen ist, ob die Strafverfügung vom 6.4.1993, VerkR96/6985/1993, als zugestellt gilt.

Die Zustellung der Strafverfügung erfolgte im Postverkehr direkt an den Beschuldigten ohne Einschaltung deutscher Behörden. Das Schriftstück wurde jedoch nicht behoben und wurde schließlich nach Ablauf der Lagerfrist wieder an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck retourniert. In der Folge versuchte die belangte Behörde über die Regierung der Oberpfalz die Geldstrafe einzutreiben. Die diesem Schreiben beigelegte Strafverfügung enthielt die Rechtskraftsklausel.

Aufgrund der Eintreibungsversuche des zuständigen Finanzamtes wurde seitens des Berufungswerbers mit Schreiben vom 2. September 1993 mitgeteilt, daß die zitierte Strafverfügung vom 6. April 1993 niemals zugestellt worden sei. In einem weiteren Schreiben, nämlich vom 17. September 1993, wurde schließlich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begehrt und gleichzeitig Einspruch gegen die zu diesem Zeitpunkt noch immer nicht zugestellte Strafverfügung (so die Behauptung des Berufungswerbers und so auch die Aktenlage) erhoben. Letztere Anträge vom 17. September 1993 wurden bereits von einem österreichischen Rechtsanwalt, nämlich Mag. W, gestellt, während bis dahin das Verfahren über die Rechtsanwälte W und H aus der BRD abgewickelt wurde. Die Anträge vom 17. September 1993 blieben von der Behörde unerledigt.

Aus diesem Grund wiederholt der österreichische Rechtsfreund des Berufungswerbers mit Schreiben vom 13. Dezember 1993 diese Anträge.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wird behauptet, letztlich über den Antrag vom 13. Dezember 1993 abgesprochen zu haben, obwohl es nach der Aktenlage eindeutig ist, daß der Wiedereinsetzungsantrag bereits am 17. September 1993 gestellt wurde und bei der Behörde am 21. September 1993 einlangte.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Rechtsansicht des Berufungswerbers, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. L, daß nämlich die Strafverfügung nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde, erweist sich als zutreffend.

Wenn die belangte Behörde vermeint, aus Art.10 Abs.1 Satz 3 des Rechtshilfevertrages ableiten zu können, daß die von ihr vorgenommene Zustellung im direkten Postweg die Rechtswirkung einer Zustellung entfalte, so kann dieser Ansicht nicht gefolgt werden. Der im angefochtenen Bescheid zitierte Passus des Rechtshilfevertrages lautet:

"Kann eine Zustellung nicht unmittelbar durch die Post bewirkt werden und ist dies nach Art und Inhalt des Schriftstückes nicht zweckmäßig, ist die zuständige Stelle im anderen Vertragsstaat um Vermittlung der Zustellung im Wege der Amts- und Rechtshilfe zu ersuchen." Nachdem die belangte Behörde sich der direkten Postzustellung bediente, kann dieser Vertragspassus von vornherein nicht bescheidbegründend sein.

Entsprechend der vom Berufungswerber zitierten Note des Bundeskanzleramtes besteht nach deutscher Rechtslage im Falle der Niederlegung eines Schriftstückes von einer österreichischen Behörde, das im unmittelbaren Postverkehr versandt wurde, keine Zustellfiktion. Demnach gilt ein von österreichischen Behörden als eingeschriebener Brief unmittelbar durch die Post versandtes Schriftstück im Fall der Niederlegung bei Nichtabholung durch den Empfänger nicht als zugestellt.

Da die gegenständliche Strafverfügung sohin niemals ordnungsgemäß zugestellt wurde, kann dagegen auch kein Einspruch erhoben werden und ist auch ein Wiedereinsetzungsantrag, der die Versäumung einer Frist begrifflich voraussetzt, letztlich unzulässig. Die belangte Behörde hätte also den Wiedereinsetzungsantrag nicht meritorisch entscheiden dürfen, sondern - weil die Strafverfügung nicht zugestellt war - diesen zurückzuweisen gehabt und neuerlich versuchen müssen, die Strafverfügung wirksam zuzustellen.

Das gegenständliche Verfahren befindet sich somit im Stadium vor Erlassung der Strafverfügung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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