Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101768/2/Bi/Fb

Linz, 15.03.1994

VwSen-101768/2/Bi/Fb Linz, am 15. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des E, vom 2.

Dezember 1993 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 25. November 1993, VerkR96/5066/1993/Stei/He, wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruches als auch der verhängten Strafe mit der Maßgabe bestätigt, daß der Spruch wie folgt ergänzt wird: "Sie haben es als Geschäftsführer und damit als das nach außen vertretungsbefugte Organ der "R R(Zulassungsbesitzer) unterlassen, den Kombinationskraftwagen, Kennzeichen rechtzeitig wiederkehrend begutachten zu lassen, da am 6. September 1993 um 17.30 Uhr in L festgestellt wurde, daß das Fahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr verwendet wurde, obwohl die Frist zur wiederkehrenden Begutachtung (Plakettenlochung 3/93) bereits abgelaufen war...." II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz den Betrag von 100 S (20 % der verhängten Geldstrafe) als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG, §§ 57a Abs.1 iVm 36 lit.e und 134 Abs.1 KFG 1967.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 134 Abs.1 iVm 57a Abs.1 iVm 36 lit.e KFG 1967 eine Geldstrafe von 500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt, weil er es als nach außen vertretungsbefugtes Organ des Zulassungsbesitzers unterlassen habe, das Kraftfahrzeug, Kennzeichen , rechtzeitig wiederkehrend begutachten zu lassen, da am 6.

September 1993 um 17.30 Uhr in L, festgestellt worden sei, daß die Frist zur wiederkehrenden Begutachtung (Plakettenlochung 3/93) bereits abgelaufen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren von 50 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates ausgelöst, der, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hatte (§ 51c VStG).

Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war nicht erforderlich, da in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht geltend, das Fahrzeug habe sich in völlig verkehrssicherem Zustand befunden und sei nur 3.000 km bis 4.000 km pro Jahr in Betrieb. Wie er bereits mitgeteilt habe, sei am 6. September 1993 in der Filiale "G", für die er als Geschäftsführer ebenfalls verantwortlich sei, ein Wasserrohrgebrechen aufgetreten, welches, wäre es nicht sofort repariert worden, enorm großen Schaden am Betrieb, an der Bausubstanz und am benachbarten Betrieb verursacht hätte. Es habe daher Gefahr in Verzug geherrscht. Er erlaube sich weiters zu bemerken, daß die Toleranzfrist zu einem früheren Zeitpunkt sechs Monate betragen habe, somit also die neuerliche Begutachtung, zu der das Fahrzeug bereits angemeldet gewesen sei, in der vorgeschriebenen Frist durchgeführt worden wäre. Er erachte sich daher für nicht schuldig, eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben und ersuche, der Berufung stattzugeben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz. Demnach ergibt sich folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Der Rechtsmittelwerber ist als Lenker des Kombi am 6. September 1993 um 17.30 Uhr in L, angehalten worden, wobei der Meldungsleger RI A festgestellt hat, daß das Fahrzeug eine bereits im März 1993 abgelaufene Begutachtungsplakette aufwies. Der Rechtsmittelwerber hat sich damit verantwortet, er habe das Fahrzeug längere Zeit nicht verwendet und einen Überprüfungstermin bereits vereinbart.

Im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 21. September 1993 macht der Rechtsmittelwerber geltend, er habe das Fahrzeug nach einigen Monaten Stehzeit bei der Firma T angemeldet und einen Termin für 8. September fixiert. Am 6.

September sei in der Filiale "G, S - E, ein Rohrgebrechen aufgetreten, und er habe den Werkstättenwagen unverzüglich in Betrieb nehmen müssen, um einen enorm großen Schaden, verbunden mit einem Betriebsstillstand, zu verhindern. Das habe er dem beanstandenden Wacheorgan auch mitgeteilt, was dieser jedoch damit abgetan habe, das interessiere ihn nicht. Vorgelegt wurde weiters das Gutachten gemäß § 57a Abs.4 KFG 1967 vom 13.

September 1993 der Firma A, aus dem hervorgeht, daß das Fahrzeug den Erfordernissen der Umwelt und der Verkehrs- und Betriebssicherheit entspricht.

Mängel wurden bei der Überprüfung nicht festgestellt und die nächste Begutachtung für März 1994 angekündigt.

In rechtlicher Hinsicht ist zunächst darauf hinzuweisen, daß gemäß § 57a Abs.3 die Begutachtung - ohne Wirkung für den Zeitpunkt der nächsten Begutachtung - auch in der Zeit vom Beginn des dem vorgesehenen Zeitpunkt vorausgehenden Kalendermonats bis zum Ablauf des 4. darauffolgenden Kalendermonats vorgenommen werden kann. Diese Regelung ist seit der 12. KFG-Novelle aus dem Jahr 1988 in Kraft; die Viermonatsfrist besteht seit der 9. KFG-Novelle aus dem Jahr 1984. Das Vorbringen des Rechtsmittelwerbers, bei einer sechsmonatigen Toleranzfrist wäre die Begutachtung innerhalb der vorgeschriebenen Frist durchgeführt worden, entbehrt daher jeder Grundlage.

Festzuhalten ist weiters, daß dem Rechtsmittelwerber keineswegs vorgeworfen wurde, das Fahrzeug hätte sich nicht in verkehrssicherem Zustand befunden; der Tatvorwurf bezog sich ausschließlich auf eine Verwendung des Fahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ohne eine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette.

Diesen Tatbestand hat der Rechtsmittelwerber in keiner Weise bestritten, sondern eine Notstandssituation als Schuldausschließungsgrund geltend gemacht.

Gemäß § 6 VStG ist eine Tat nicht strafbar, wenn sie durch Notstand entschuldigt ist.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl ua Erkenntnis vom 15. Mai 1991, 91/02/0020) kann unter Notstand iSd § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, daß er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht, jedoch kann davon im Fall einer wirtschaftlichen Schädigung so lange nicht die Rede sein, als diese nicht die Lebensmöglichkeit selbst unmittelbar bedroht.

Der Rechtsmittelwerber hat eingewendet, er habe das Fahrzeug verwendet, weil in einer Filiale ein Wasserrohrgebrechen einen enorm großen Schaden am Betrieb und an der Bausubstanz sowie am benachbarten Betrieb verursacht hätte, wenn es nicht sofort repariert worden wäre.

Zunächst ist davon auszugehen, daß im Fall eines Wasserrohrgebrechens wohl kaum eine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Personen anzunehmen ist; solches hat der Rechtsmittelwerber auch nicht geltend gemacht. Durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist klargestellt, daß Notstand im Fall einer "bloß" wirtschaftlichen Schädigung nicht anzunehmen ist, solange die Lebensmöglichkeit selbst nicht unmittelbar bedroht ist.

Nachvollziehbar ist, daß im Fall eines Wasserrohrgebrechens möglicherweise Schäden durch die Durchnässung von Mauerwerk entstehen können, wobei auch nicht auszuschließen ist, daß das Lokal möglicherweise bis zur Beseitigung eventueller Schäden nicht geöffnet werden kann und dem Rechtsmittelwerber dadurch Einnahmen entgehen. Eine Gefährdung der Lebensmöglichkeit kann jedoch darin nicht erblickt werden.

Zum Wesen des Notstandes gehört es weiters, daß die Gefahr zumutbarer Weise nicht anders als durch die Begehung der objektiv strafbaren Handlungen zu beheben ist (vgl. VwGH vom 30. Mai 1989, 88/08/0168).

Der Rechtsmittelwerber hat weder dargelegt, aus welchem Grund konkret seine persönliche Anwesenheit in der Filiale erforderlich war (bei einem Filialbetrieb ist davon auszugehen, daß die dort beschäftigten Dienstnehmer über Schlüssel verfügen und eine Reparatur des Wasserrohrgebrechens in die Wege leiten können) und der Rechtsmittelwerber hätte mit Sicherheit auch andere Möglichkeiten gehabt, um zur Filiale zu gelangen, als das Kraftfahrzeug ohne gültige Begutachtungsplakette auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zu lenken.

Zusammenfassend ist davon auszugehen, daß im gegenständlichen Fall keine Notstandssituation vorgelegen hat, die das Verhalten des Rechtsmittelwerbers entschuldigen hätte können. Die Argumente des Rechtsmittelwerbers sind nicht geeignet, sein Verhalten in einem anderen Licht erscheinen zu lassen. Der unabhängige Verwaltungssenat geht daher davon aus, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Die Spruchergänzung ist gesetzlich beründet.

Zur Strafhöhe ist auszuführen, daß die von der Erstinstanz verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG sowohl dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung entspricht, als auch den Einkommens-, Vermögensund Familienverhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen ist (der Rechtsmittelwerber hat im Rahmen eines anderen Verwaltungsstrafverfahrens am 23. September 1993 sein Einkommen mit 10.000 S netto angegeben, weiters, daß er für die Gattin sorgepflichtig ist und mit dieser gemeinsam ein Reihenhaus besitzt). Mildernde oder erschwerende Umstände waren nicht zu berücksichtigen. Eine Herabsetzung war aus general - und vor allem spezialpräventiven Überlegungen nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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