Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-168091/2/Bi/Ka/CG

Linz, 10.12.2013

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Herrn x, vom 25. September 2013 (Datum des Poststempels) gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Kirchdorf/Krems vom 9. September 2013, VerkR96-8528-2013, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 2.Alt. und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 218 Euro (144 Stunden EFS) verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x Transporte GmbH, die Zulassungsbesitzerin des Sattelzugfahrzeuges x sei, mit Schreiben vom 17. Juni 2013 der BH Kirchdorf/Krems aufgefordert worden sei, binnen zwei Wochen ab Zustellung der anfragenden Behörde bekanntzugeben, wer das angeführte Fahrzeug am 9. Jänner 2013 um 10.44 Uhr in Pichl bei Wels auf der A8 Innkreisautobahn bei km 22.350 in Richtung Suben gelenkt bzw abgestellt habe, und er als zur Vertretung gemäß § 9 VStG nach außen berufenes Organ zu verantworten habe, dass diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt worden sei. Er habe auch keine andere Person benannt, die die Auskunft erteilen hätte können und wäre als Verantwortlicher der genannten Firma verpflichtet gewesen, diese Auskunft zu erteilen.    

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 21,80 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die BH Wels-Land habe gegen ihn wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 die Strafverfügung vom 11. März 2013, zugestellt am 19. April 2013, erlassen, obwohl eine solche Aufforderung nie zugestellt worden sei. Mit 26. April 2013 habe er dagegen fristgerecht Einspruch erhoben.

Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 sei von der BH Kirchdorf eine Aufforderung zur Rechtfertigung ergangen und seien auch Aktenteile zugestellt worden. Eine Verständigung über eine Abtretung oder ob es sich um ein Rechtshilfeverfahren handle, sei nicht ergangen – das sei zwar gesetzlich nicht vorgeschrieben, würde aber den Anstand der Behörde nicht verletzen. Nach seiner Rechtfertigung von 11. Juni 2013 sei am 17. Juni 2013 ein neuer Auftrag gemäß § 103 Abs.2 KFG von der BH Kirchdorf ergangen in derselben Sache, in der er gerade beschuldigt worden sei. Von der BH Kirchdorf sei am 22. Juli 2013 die Einstellung des von der BH Wels-Land abgetretenen Verfahrens gemäß „§ 45 VStG“ ergangen und datumsgleich eine Aufforderung zur Rechtfertigung, weil die Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG BH Kirchdorf nicht beantwortet worden sei. Ob die Einstellung nach § 45 Abs.1 oder Abs.2 VStG erfolgt sei, habe sich die Behörde nicht festlegen wollen.

Zum Zeitpunkt der Aufforderung nach § 103 Abs.2 KFG sei das laufende Verfahren gegen ihn noch nicht abgeschlossen gewesen, es sei sogar neu aufgerollt worden unter Führung derselben Geschäftszahl. Eine Lenkerauskunft dürfe nur einmalig erfolgen und die BH habe ihm zu dieser Zeit eine Nichterteilung vorgehalten – offenbar mit dem Gedanken: „Probieren wir´s, vielleicht geht das bei einer juristisch ungebildeten Person durch“.

Der Grundsatz ne bis in idem bzw Art.4 7.ZPMRK sei gröblichst, wenn nicht vorsätzlich verletzt worden.

Die Problematik bestehe darin, dass die Behörden immer wieder Strafver­fügungen nicht eigenhändig zustellen lassen und dadurch Rechtsbruch begehen würden. Die Versendung von Strafverfügungen als freie Briefsendungen erfolge nicht nur amtsmissbräuchlich sondern führe auch zu Verfahrensverzögerungen und erhöhten die Verfahrenskosten für die Behörden. Die Adressaten hätten ein Recht darauf, dass Strafbescheide ihnen selbst zugestellt würden und nicht an fremde Personen gelangten. 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass von der BH Wels-Land nach einer Anzeige des Lenkers des Kfz x wegen Nichteinhaltung eines ausreichenden Nachfahrabstandes am 9. Jänner 2013, 10.44 Uhr, auf der A8 eine mit 25. Jänner 2013 datierte Lenkererhebung an die GmbH als Zulassungsbesitzerin erging – ein Zustellnach­weis liegt nicht vor.

Die Strafverfügung der BH Wels-Land vom 11. März 2103 wegen § 103 Abs.2 KFG – auch dazu findet sich kein Zustellnachweis – wurde vom Bw im Einspruch vom 26. April 2013 mit 20. April 2013 bestätigt. Mit 8. Mai 2013 wurde das Verfahren an die BH Kirchdorf abgetreten.

Die Aufforderung zur Rechtfertigung, zugestellt laut Rsb-Rückschein am 29. Mai  2013, wurde vom Bw damit beantwortet, ihm sei keine solche Aufforderung zugestellt worden und bei der Akteneinsichtnahme habe er keine Rückschein gefunden.

Mit Schreiben vom 17. Juni 2103 erging eine neue Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG wieder bezogen auf den Lenker des Kfz x am 9. Jänner 2013, 10.44 Uhr, bei km 22.350 der A8, FR Suben – zugestellt laut Rückschein am 19. August 2013.

Mit Aktenvermerk vom 22. Juli 2013 wurde das Verwaltungsstrafverfahren VerkR96-8528-2013 gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG wegen des fehlenden Zustell­nachweises eingestellt und der Bw davon verständigt.

Gleichzeitig erging die neue Aufforderung zur Rechtfertigung wegen § 103 Abs.2 bezogen auf das Schreiben der BH Kirchdorf vom 17. Juni 2013, zugestellt laut Rückschein am 25. Juli 2013, und nach der Rechtfertigung – der Bw datiert seine Schriftsätze nicht – das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraft­fahr­zeug ge­lenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger ver­wendet hat bzw zu­letzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der be­treffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Aus­kunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Aus­kunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten er­scheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeich­nun­gen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Ver­fassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunfts­verweigerung zurück.

 

Nach dem Akteninhalt wurde die GmbH als Zulassungsbesitzerin des Sattelzugfahr­zeuges x am 25. Jänner 2013 gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land nach dem Lenker des Kraftfahrzeuges am 9. Jänner 2013, 10.44 Uhr, auf der A8, Pichl bei Wels, km 22.350, FR Suben, gefragt, zum anderen erging von der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf am 17. Juni 2013 eine Lenkeranfrage, die sich erneut auf den Lenker des genannten Sattelzugfahrzeuges zum selben Zeitpunkt bezog.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl E 16.12.1998, 98/03/0237) besteht die Auskunftspflicht des Zulassungsbesitzers nach § 103 Abs. 2 KFG nur einmal, was bedeutet, dass der Zulassungsbesitzer, wurde bereits eine Anfrage an ihn zugestellt, nicht verpflichtet ist, eine denselben Sachverhalt erneut erfassende Anfrage zu beantworten (vgl E 25.2.2005, 2004/02/0217).

 

Die Anfrage der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land richtete sich an den Zulassungsbesitzer, die x Transporte GmbH, und nannte auch den Anlass für die Anfrage, nämlich eine Anzeige mit dem Vorwurf eines zu geringen Nachfahrabstandes, sodass die Alternativfrage, wer das Kfz „gelenkt/verwendet bzw zuletzt abgestellt“ hat, ordnungsgemäß war; ein Zustellnachweis existiert offenbar nicht.

Die mit Rsb übermittelte Anfrage der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf richtet sich hingegen an den Geschäfts­führer der GmbH persönlich „z.Hd.“ seines Vertreters, wobei kein Bezug aufscheint, der die Alternativfrage erklären würde, sodass die Anfrage nicht „unmissverständlich deutlich“ ist (vgl E 26.1.2007, 2006/02/0020; 12.12.2001, 2000/03/0235).

Abgesehen davon ist die Anfrage nach dem Wortlaut des § 103 Abs.2 KFG „an den Zulassungsbesitzer“ zu richten, dh an die GmbH, auch wenn für die Beantwortung deren handelsrechtlicher Geschäftsführer als außenvertretungs­befugtes Organ gemäß § 9 VStG zuständig und ein eventuelles Verwaltungs­strafverfahren mit ihm als Beschuldigtem zu führen ist.

 

Im Ergebnis wäre im ggst Fall die Zulassungsbesitzerin des genannten Sattelzug­fahrzeuges zur Beantwortung der 1. Lenkeranfrage verpflichtet gewesen, nicht aber der nun im Straferkenntnis angeführten 2. Lenkeranfrage. Da das diesbe­zügliche Verwaltungsstrafverfahren aber von der Erstinstanz am 22. Juli 2013 wegen Nichterweisbarkeit der Zustellung der Lenkeranfrage gemäß § 45 Abs.1 (gemeint wohl: Z1 1.Alt.) VStG eingestellt wurde, und die weitere Anfrage unzu­lässig war, liegt im ggst Fall keine Verwaltungsübertretung vor, weshalb ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

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