Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-168215/2/MZ/JO

Linz, 16.12.2013

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Markus Zeinhofer über die Berufung des X, geboren am X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 15. November 2013, VerkR96-18007-2013, betreffend eine Übertretung des Kraftfahrgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, das bekämpfte Straferkenntnis ersatzlos aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 45 Abs. 1 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991;

zu II.: § 65 Verwaltungsstrafgesetz.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 15. November 2013, VerkR96-18007-2013, wurde dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) angelastet, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X nicht innerhalb der vorgeschriebenen zweiwöchigen Frist Auskunft darüber erteilt zu haben, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X am 19.07.2013 um 16.45 Uhr in Klaus auf der Pyhrnautobahn A9, km X, in Richtung Graz gelenkt hat.

 

Der Bw habe dadurch § 103 Abs 2 KFG 1967 verletzt, weshalb gemäß § 134 Abs 1 leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von 80,00 EUR, ersatzweise 24 Stunden Freiheitsstrafe, verhängt wurden.

 

Ihre Entscheidung begründend führt die belangte Behörde aus, der Bw habe in seinem Schreiben vom 14. Oktober 2013 angegeben, keinen Zugang zu den Unterlagen des im Konkurs befindlichen Unternehmens zu haben und daher auch keine Auskunft geben zu können. Die Masseverwalterin habe hingegen mitgeteilt, dass ihr kein Fahrtenbuch vorliege. Es genüge nicht, der Behörde irgendeine Mitteilung zu machen, weshalb die dem Bw zur Last gelegte Tat als erwiesen anzunehmen sei.

 

2. Gegen das am 18. November 2013 zugestellte Straferkenntnis erhob der Bw mit E-Mail vom 22. November 2013 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Inhaltlich bringt der Bw vor, dass die X am 19. August 2013 in Insolvenz ging und seither die Masseverwalterin die Geschäftsführung übernahm. Er habe am 8. Oktober 2013 keinen Zugriff mehr auf irgendwelche Firmenunterlagen und die Verwaltung der Firmenfahrzeuge inkl Fahrtenbücher gehabt.

 

3.1. Die belangte Behörde hat die Berufung samt Verfahrensakt mit Schreiben vom 10. Dezember 2013 dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs 3 VStG abgesehen werden, da der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, im angefochtenen Bescheid keine Geldstrafe von über 500,00 EUR verhängt wurde und der Bw – trotz Belehrung im angefochtenen Bescheid – eine solche auch nicht beantragt hat.

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Aufgrund einer am 19. Juli 2013 um 16.45 Uhr auf der Pyhrnautobahn A9, Gemeindegebiet Klaus, StrKm X in Fahrtrichtung Graz vom Lenker des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen X begangenen Geschwindigkeitsübertretung wurde der Bw mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 8. Oktober 2013, nachweislich zugestellt am 10. Oktober 2013, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 aufgefordert, binnen zwei Wochen, gerechnet vom Tage der Zustellung des Schreibens, schriftlich mitzuteilen wer das genannte Kraftfahrzeug am genannten Tatort zur genannten Tatzeit gelenkt bzw verwendet habe oder eine Person zu benennen, die die Auskunftspflicht trifft.

 

Mit E-Mail vom 14. Oktober 2013 teilte der Bw mit, die Zulassungsbesitzerin sei insolvent und er habe keinen Zugang mehr zu den Unterlagen des Unternehmens, und verwies für weitere Informationen auf die Masseverwalterin.

 

Die Zulassungsbesitzerin ist seit 19. August 2013 in Konkurs. Einer Mitteilung der Masseverwalterin zufolge (Schreiben vom 2. Oktober 2013) sind zwischenzeitig sämtliche Mitarbeiter nach der Schließung des Unternehmens ausgetreten. Ein Fahrtenbuch liege ihr nicht vor.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl § 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes 1967 – KFG 1967, BGBl 1967/267 in der im Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten wie folgt:

 

" § 103. Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers

 

(1)                [...]

(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

§ 134. Strafbestimmungen.

 

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 und 10 Abs. 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006, der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 oder den Artikeln 5 bis 8 und 10 des Europäischen Übereinkommens über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals (AETR), BGBl. Nr. 518/1975 in der Fassung BGBl. Nr. 203/1993, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei der Einbringung von Fahrzeugen in das Bundesgebiet sind solche Zuwiderhandlungen auch strafbar, wenn sie auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits einmal bestraft, so kann an Stelle der Geldstrafe Arrest bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wurde der Täter wegen der gleichen Zuwiderhandlung bereits zweimal bestraft, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Die Verhängung einer Arreststrafe ist in diesen Fällen aber nur zulässig, wenn es ihrer bedarf, um den Täter von weiteren Verwaltungsübertretungen der gleichen Art abzuhalten. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.“

 

4.2. Einer Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes zufolge trifft die Masseverwalterin einer nunmehr in Konkurs befindlichen GmbH auch die Pflicht zur Führung der allenfalls erforderlichen Aufzeichnungen und zur Beantwortung von Lenkeranfragen, auch wenn sich Letztere auf Zeiträume vor Konkurseröffnung beziehen (VwGH 7.10.2005, 2005/17/0194).

 

Legt man diese Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes dem ggst Verfahren zugrunde, ist der Bw nicht als zur Auskunft verpflichtete Person anzusehen und das Strafverfahren hätte gegen ihn schon mangels Erfüllung des objektiven Tatbestandes nicht durch Straferkenntnis erledigt werden dürfen.

 

4.3. Einer zweiten Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes zufolge kann als Zulassungsbesitzer im Sinne des § 103 Abs 2 KFG 1967 nur jene Person gemeint sein, welcher diese Eigenschaft zu jenem Zeitpunkt zukam, auf welchen sich die behördliche Anfrage bezog (VwGH 19.12.2006, 2006/02/0014). Im ggst Fall war der Bw zum Anfragezeitpunkt (19. Juli 2013 um 16.45 Uhr) handelsrechtlicher Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin. Stellvertretend für die Zulassungsbesitzerin trifft ihn daher – dieser Judikaturlinie zufolge – grundsätzlich die Auskunftspflicht.

 

Der Bw hat auf die Lenkeranfrage, welche ihm nachweislich zugestellt wurde, mitgeteilt, dass er den Lenker nicht bekannt geben könne, weil er auf die entsprechenden Unterlagen aufgrund des Konkurses der Zulassungsbesitzerin nicht mehr zugreifen könne. Er hat damit die geforderte Auskunft nicht erteilt, weil die Auskunft iSd § 103 Abs 2 KFG den Namen und die Anschrift des Lenkers umfassen muss. Nach der diesbezüglich eindeutigen und ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt damit auf der Ebene des objektiven Tatbestandes ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht vor.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch auch ausgesprochen, dass ein Zulassungsbesitzer, der seiner Verpflichtung zur Bekanntgabe des Lenkers nicht nachkommen kann, weil er nicht weiß, wer das Fahrzeug zur fraglichen Zeit gelenkt hat, initiativ alles darzulegen hat, was zur Glaubhaftmachung dieses Umstandes geeignet ist. Der Bw hat in diesem Sinne nachvollziehbar mitgeteilt, dass er aufgrund der zwischenzeitigen Konkurseröffnung keine Verfügungsgewalt mehr über allfällige Unterlagen der Zulassungsbesitzerin hatte. Es kann ihm auch nicht angelastet werden, wenn die Masseverwalterin mitteilt, sie habe kein Fahrtenbuch auffinden können bzw seien Aufzeichnungen über die Nutzung der Firmenfahrzeuge nicht oder nur unvollständig vorhanden, da eine derartige Aufzeichnungspflicht nicht besteht. Grundsätzlich hätte der Bw, wenn er nicht ohnehin weiß, wer das KFZ gelenkt hat, zwar ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, die in Betracht kommenden Mitarbeiter zu kontaktieren und nachzufragen, wer am angefragten Tat bzw zur angefragten Zeit das ggst KFZ gelenkt hat. Auch diese Möglichkeit war dem Bw jedoch aufgrund des Konkurses nicht gegeben, da – wie die Masseverwalterin mitteilte – sämtliche Mitarbeiter das Unternehmen im Anfragezeitpunkt bereits verlassen hatten.

 

Es ist daher für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht erkennbar, dass den Bw an der Nichterteilung der behördlich angefragten Auskunft ein Verschulden trifft.

 

5. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die zu Spruchpunkt II. angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

 

Markus Zeinhofer

 

 

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