Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-301213/8/WEI/ER/Ba

Linz, 05.11.2013

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der T G GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G S, M, L, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Freistadt vom 16. Februar 2012, Zl. Pol96-43-2011, betreffend Einziehung nach dem Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem an die Berufungswerberin (im Folgenden Bwin) adressierten Bescheid des Bezirkshauptmanns von Freistadt vom 16. Februar 2012, Zl. Pol96-43-2011, der sowohl der Bwin als auch dem Finanzamt am 17. Februar 2012 zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

BESCHEID

Mit den im Spruch ersichtlichen Eingriffsgegenständen wurde von der T Gges.m.b.H., als Unternehmer iSd. § 2 Abs. 2 GSpG Glücksspiele iSd. § 1 Abs. 1 GSpG in Form von verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, vom 13. Oktober bis 27. Oktober 2011 im Lokal mit der Bezeichnung ‘Pizzeria D’, in F, L veranstaltet. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, Zl. Pol01-43-2011, vom 01. Dezember 2011 wurden diese Eingriffstgegenstände gem. § 53 Abs. 1 Ziff. 1 lit. a GSpG beschlagnahmt. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

 

Von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt ergeht aufgrund des durchgeführten Ermittlungs­verfahrens als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in erster Instanz nachstehender

 

SPRUCH:

 

Die Einziehung der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt, Zahl: Pol01-43-2011, vom 01. Dezember 2011, gemäß § 53 Abs. 1 Z 1 lit. a Glückspielgesetz beschlagnahmten Eingriffsgegenstände, nämlich

1.  Elektronisches Glückspielgerät mit der Gehäusebezeichnung ‘A’, Typenbezeichnung ‘Multi Game’, Seriennummer 44 und der von den Kontrollorganen angebrachten Kennummer 15607-15612;

2.  Elektronisches Glückspielgerät mit der Gehäusebezeichnung ‘A’, Typenbezeichnung ‘Scattergames Hot Space’, keine Seriennummer und der von den Kontrollorganen angebrachten Kennummer 15613-15618;

3.  Elektronisches Glückspielgerät mit der Gehäusebezeichnung ‘A, Internet Terminal’, Typenbezeichnung ‘Hot 10 V.1.00’ keine Seriennummer und der von den Kontrollorganen angebrachten Kennummer 15619-15624;

4.  Elektronisches Glückspielgerät mit der Gehäusebezeichnung ‘Casino Multi Game’, Typenbezeichung ‘Webak Games’ Seriennummer FB1003 und der von den Kontrollorganen angebrachten Kennummer 15625-15629;

 

sowie ein Klinkerstecker mit der Aufschrift ‘Kellner’, wird angeordnet.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 54 Glücksspielgesetz BGBl. Nr. 620/1989 i.d.g.F.

 

BEGRÜNDUNG:

Anlässlich einer am 27. Oktober 2011 um 13.40 Uhr durchgeführten Kontrolle durch Organe der Abgabenbehörde als Organe der öffentlichen Aufsicht iSd. § 50 Abs. 2 GSpG im Lokal mit der Bezeichnung ‘Pizzeria D’, in F, L wurden die vorstehend angeführten elektronischen Glücksspielgeräte samt Klinkerstecker, mit denen In das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, deshalb vorläufig beschlagnahmt, weil der hinreichend begründete Verdacht vorlag, dass damit gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wurde.

 

Von den Kontrollorganen wurden nachweislich umfangreich dokumentierte Testspiele in Form von virtuellen Walzenspielen mit einem Mindesteinsatz in der Höhe von € 0,25 und mit einem maximalen Einsatz in der Höhe von € 5,00, denen jeweils ein in Aussicht gestellter Höchstgewinn in der Höhe von € 20,00 + 23 Super Games, bzw., € 20,00 + 498 Super Games gegenüber stand, durchgeführt. Bei diesen Walzenspielen konnten die Spieler nach Geldeingabe nur einen Einsatz samt zugehörendem Gewinnplan wählen und das Spiel durch Tastenbetätigung auslösen. Nach Abzug des gewählten Einsatzes vom vorgelegten Spielguthaben begann für eine sehr kurze Zeitspanne der ‘Walzenumlauf’, das heißt, es wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole so ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entstand. Nach Stillstand der ‘Walzen’ konnten die neu zusammengesetzten Walzensymbole mit den im Gewinnplan angegebenen Symbolkombinationen verglichen und somit allenfalls ein Gewinn oder der Verlust des Einsatzes festgestellt werden.

Die einem Spieler bei diesen virtuellen Walzenspielen möglichen Spielhandlungen hatten in keiner Weise Einfluss auf das Spielergebnis.

Die Entscheidung über das Spielergebnis erfolgte somit ausschließlich zufallsbestimmt.

 

Die Spiele wurden also in Form von Glücksspielen im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG durchgeführt.

 

Die Glücksspiele konnten nur gegen Erbringung einer vermögenswerten Leistung durch den Spieler ausgelöst werden, für welche vom Veranstalter der Glücksspiele in Verbindung mit bestimmten Spielerfolgen Vermögenswerte Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Die Glücksspiele wurden von der T Gges.m.bH. als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet.

 

Die Glücksspiele wurden also in Form von Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG durchgeführt.

Die festgestellten, von den Kontrollorganen dokumentierten Glücksspiele waren nachweislich weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen.

 

Die gegenständlichen Ausspielungen wurden somit in Form von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt.

 

Von der bescheiderlassenden Behörde konnte die T Gges.m.b.H. als Eigentümer der gegenständlichen ermittelt werden. Der anlässlich der vorläufigen Beschlagnahme gerechtfertigt bestehende Verdacht bezüglich eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG konnte bis heute nicht entkräftet werden.

 

Aufgrund des wegen der Versiegelung der Geräte nicht bloß unverändert vorliegenden Verdachtes, sondern durch die vorstehend dargelegte Dokumentation der Organe der öffentlichen Aufsicht zweifelsfrei nachgewiesenen Verstoßes gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, wurde die Beschlagnahme mit Bescheid vom 01. Dezember 2011, Zahl: Pol01-43-2011, angeordnet.

Im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurde Ihnen die Möglichkeit  gegeben, zum dargelegten Sachverhalt Stellung zu nehmen. Eine solche Stellungnahme ist allerdings ha. nicht eingelangt.

 

Gemäß § 54 Abs. 1 Glückspielgesetz sind Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glückspielgesetz verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 Glückspielgesetz einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

 

Aufgrund der vorstehend dargelegten Tathandlung war der Verstoß nicht (bei keinem der angeführten Geräte) geringfügig, da in gegenständlichem Fall in geradezu typischer Art und Weise - nämlich durch öffentlich zugängliche Aufstellung einer Vielzahl von Glücksspielgeräten- in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde.

Für eine Geringfügigkeit iSd § 54 Abs 1 muss sich es sich entsprechend des Schutzzweckes des Glücksspielgesetzes um einen von der tatbestandstypischen Form abweichenden gelinderen Eingriff, ja einen geradezu marginalen Eingriff handeln. Die Aufstellung und der Betrieb von vier Glücksspielgeräten in öffentlich zugänglicher Art stellt demnach jedenfalls keinen geringfügigen Eingriff in das Glücksspielmonopol dar.

 

Die Einziehung war somit anzuordnen.

 

Gemäß § 54 Abs. 2 Glückspielgesetz ist die Einziehung mit selbständigem Bescheid zu verfügen. Dieser ist all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenständen haben oder ein solches geltend machen und kann, soweit die Einziehung betroffen ist, von diesen mit Berufung angefochten werden. Deshalb war der Bescheid an die T Gges.m.b.H. zu adressieren.“

 

 

1.2. Gegen diesen Einziehungsbescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende – berichtigend auslegbare (bloßes Vergreifen im Ausdruck) – rechtzeitige Berufung, die am 24. Februar 2012 zur Post gegeben wurde und am 27. Februar 2012 bei der belangten Behörde einlangte. Darin wird beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Begründend führt die Bwin im Wesentlichen aus, dass im vorgeworfenen Zeitraum keine Ausspielungen an den im Spruch des bekämpften Bescheids genannten Geräten stattgefunden hätten.

 

1.3. Mit Schreiben vom 2. März 2012 übermittelte die belangte Behörde unter gleichzeitiger Vorlage der Berufung Teile der Bezug habenden Verwaltungsakten.

 

2. Nach Beischaffung von ergänzenden, zur Feststellung des Sachverhalts erforderlichen Unterlagen und unter Hinweis auf die Feststellungen im h. Berufungserkenntnis vom 15. Oktober, Zl. VwSen-301212/16/WEI/ER/Ba, im Strafverfahren gegen den organschaftlichen Vertreter der Bwin geht der Oö. Verwaltungssenat von folgendem S a c h v e r h a l t aus:

 

2.1. Die Bwin ist Eigentümerin der gegenständlichen Glücksspielgeräte.

 

Auf Grund einer von Organen der Abgabenbehörde am 27. Oktober 2011 im Lokal mit der Bezeichnung „Pizzeria D“ in F, L, durchgeführten Kontrolle wurden vier Geräte mit den Gehäusebezeichnungen „A“ und einmal „C“, versehen mit den FA-Nrn. 7 bis 10, aufgestellt und voll funktionsfähig vorgefunden, was durch Testspiele der Organe der Abgabenbehörde an sämtlichen Geräten bestätigt wurde.

 

In der Folge wurden die Geräte von den Organen der Finanzpolizei vorläufig beschlagnahmt. Im Zuge der Kontrolle wurde festgestellt, dass die Geräte, welche verbotene Ausspielungen gemäß § 2 Abs. 4 GSpG ermöglichten, von mindestens 21. Oktober 2011 bis zur vorläufigen Beschlagnahme am 27. Oktober 2011, bei der die Finanzpolizei an den Geräten Versiegelungsplaketten angebrachte, im Lokal betrieben wurden (vgl Bescheinigung über Beschlagnahme und Aktenvermerk der Abgabenbehörde vom 28. Oktober 2011).

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich für den Oö. Verwaltungssenat unter Bezugnahme auf den Aktenvermerk und die Ausführungen in der finanzpolizeilichen Anzeige wie folgt dar:

 

Die diversen virtuellen Walzenspiele konnten an jedem Gerät durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Auto(matic)-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbolkombinationen ergab nun einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes. Der Spieler hatte keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

Der Ausgang dieser Spiele konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit vom Zufall ab.

Dabei ist festzuhalten, dass bei allen Geräten von der Finanzpolizei Probespiele durchgeführt wurden, bei denen folgende Einzeleinsätze und folgende Höchstgewinne möglich waren:

 

Gerät Einsatz von bis in Aussicht gestellter Höchstgewinn
lt. FA-Nr

7 0,50 - 5 Euro 10 Euro + 899 Supergames

8 0,50 - 5 Euro 20 Euro + 23 Supergames

9 0,25 - 5 Euro 20 Euro + 498 Supergames

10 0,25 - 4,50 Euro 20 Euro + 498 Supergames

Insbesondere vor dem Hintergrund der für den Spieler besonders attraktiven "Supergames" (vgl dazu OGH 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i: „Ein Supergame ist im Ergebnis 10 EUR wert.“) verleiten diese Gewinn-Verlust-Relationen nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates unzweifelhaft zu Serienspielen iSd der OGH-Judikatur.

Bei allen Geräten stellte die Finanzpolizei eine funktionsfähige Auto-Start-Taste fest. Deren Funktionsweise ist derart zu beschreiben, dass bei Auslösung eines Spiels im Wege der "Automatic-Start-Taste" diese nur einmal betätigt werden muss, um die Walzenabläufe „sehr rasch kontinuierlich hintereinander“ ablaufen zu lassen. „Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenablauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird“ (vgl die Ausführungen in der finanzpolizeilichen Anzeige vom 24.11.2011 gegen J J G).

All diese Feststellungen sind durch die im Rahmen der Kontrolle und der Durchführung der Testspiele vor Ort von Organen der Finanzpolizei ausgefüllten Formulare „GSp26“ sowie durch die in der Anzeige der Finanzpolizei enthaltenen Ausführungen und den finanzpolizeilichen Aktenvermerk zweifelsfrei belegt.

Auch in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i, wird die Automatik-Start-Taste – betreffend den gegenständlichen Geräten vergleichbare Gerätschaften – wie folgt beschrieben: „Durch Betätigung einer 'Automatiktaste' werden die Spielabläufe extrem verkürzt. Es sind zwei Spiele in fünf Sekunden möglich. Das Wort 'Game Over', das das Ende des Spiels anzeigt, leuchtet dann – wenn überhaupt – nur so kurz auf, dass es für den Spieler gar nicht wahrnehmbar ist. … Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigung der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund.

 

2.2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 1. Dezember 2011, Zl. Pol96-43-2011, wurden die gegenständlichen Geräte gemäß § 53 Abs 1 Z 1 GSpG beschlagnahmt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

 

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 26. Jänner 2012, Zl. Pol96-181-2011, wurde J J G als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Bwin schuldig erkannt, aus dem gegebenen Anlass eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG begangen zu haben. Gegen dieses Straferkenntnis erhob dieser organschaftliche Vertreter der Bwin rechtzeitig Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

Mit Erkenntnis vom 15. Oktober 2013, Zl. VwSen-301212/16/WEI/ER/Ba, gab der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich der Berufung des zur Vertretung nach außen berufenen Organs der Bwin gegen das zitierte Straferkenntnis statt und stellte das Strafverfahren gegen den Beschuldigten mit der ausführlichen – hier auf das Wesentlichste zusammengefassten – Begründung ein, dass im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts im Ergebnis keine strafbare Verwaltungsübertretung mehr vorliegen könne. Das angefochtene Straferkenntnis sei daher aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen gewesen.

 

Aus Anlass des gegenständlichen Sachverhalts hatte der Oö. Verwaltungssenat im Berufungsverfahren zu VwSen-301212-2012 gegen J J G Strafanzeige wegen des Verdachts nach § 168 StGB erstattet. Die Staatsanwaltschaft Linz teilte dazu mit Schreiben vom 16. November 2012 mit, dass gegen den Angezeigten Strafantrag erhoben und die Abtretung und Einbeziehung in das Strafverfahren zu 16 U 409/10x des Bezirksgerichts Wels beantragt worden sei. Der zuständige Bezirksrichter teilte zuletzt am 9. Oktober 2013 telefonisch mit, dass das Strafverfahren nach wie vor offen sei.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Bezug habenden Verwaltungsakten, wobei der entscheidungswesentliche Sachverhalt aus der Aktenlage eindeutig geklärt war.

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 54 Abs 2 Glücksspielgesetz – GSpG (BGBl 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl I Nr. 167/2013), ist der Einziehungsbescheid all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenstände haben oder ein solches geltend machen und kann von ihnen mit Berufung angefochten werden.

 

Der bekämpfte Bescheid wurde der Bwin gegenüber als Eigentümerin der gegenständlichen Glücksspielgeräte erlassen. Der Bwin kommt als Eigentümerin unzweifelhaft "ein Recht" auf die in Rede stehenden Geräte iSd § 54 Abs 2 GSpG zu. Die Berufung gegen den Einziehungsbescheid ist daher zulässig.

 

Zur Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenats ist darauf hinzuweisen, dass nach § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz in zweiter Instanz die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 51 Abs 1 VStG für Strafverfahren nach dem Glücksspielgesetz zuständig sind. Die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates zur Entscheidung über die vorliegende Berufung ist daher ausschließlich dann gegeben, wenn es sich bei der Einziehung nach § 54 GSpG um ein Verwaltungsstrafverfahren handelt. Vorweg ist daher zu prüfen, ob es sich bei der Einziehung nach § 54 GSpG um ein Verwaltungsstrafverfahren iSd Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG oder um eine Maßnahme im Administrativverfahren mit "ausschließlichem Sicherungscharakter" (dazu näher Wessely in N. Raschauer/Wessely [Hrsg], VStG-Kommentar [2010] § 17 Rz 5, mN aus der höchstgerichtlichen Rspr.), bezüglich der eine Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate mangels entsprechender gesetzlicher Regelung (und mangels erforderlicher Zustimmung der Länder nach Art. 129a Abs. 2 B-VG) von vornherein ausscheidet, handelt.

 

Der Verwaltungsgerichtshof konstatierte in seinem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2011/17/0323 (vgl auch VwGH 22.8.2012, Zl. 2012/17/0035), in einem gemäß § 12 Abs 3 VwGG gebildeten Senat (Hervorhebungen nicht im Original):

 

"Auch wenn die Einziehung nach § 54 GSpG unabhängig von einer Bestrafung eines Beschuldigten vorgesehen ist und nach den Erläuterungen zu § 54 GSpG in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010 eine Sicherungsmaßnahme und keine Strafe darstellen soll (657 BlgNR 24. GP, Zu Z 20 und 24 (§ 54 und § 60 Abs. 25 GSpG)), hängt sie doch gemäß § 54 Abs. 1 GSpG von der Verwirklichung eines objektiven Tatbilds nach § 52 Abs. 1 GSpG ab, da sie voraussetzt, dass mit dem von der Einziehung betroffenen Gegenstand 'gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird' und der Verstoß überdies nicht geringfügig sein durfte. Auch wenn in den erwähnten Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Novelle zum GSpG mit BGBl. I Nr. 73/2010 hervorgehoben wird, dass kein Zusammenhang zu 'dem' Strafverfahren bestehe und die Einziehung 'auch neben etwaigen Strafverfahren vor den Strafgerichten nach § 168 StGB von den Bezirksverwaltungsbehörden' zu verfügen sei, setzt sie somit nach dem Wortlaut des Gesetzes doch die Verwirklichung eines der Tatbestände des § 52 Abs. 1 GSpG voraus. Das Verfahren zur Erlassung des Einziehungsbescheides ist damit aber ein Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung im Sinne des Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG (vgl. in gleichem Sinn zum Verfall, der als Sicherungsmaßnahme ausgesprochen wurde, das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1997, Zl. 97/17/0024, bzw. die Nachweise bei Grof, a.a.O., FN 70)."

 

Im Hinblick auf diese höchstgerichtliche Rechtsprechung geht daher auch der Oö. Verwaltungssenat von seiner Zuständigkeit zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide nach § 54 GSpG aus.

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass für sich allein betrachtet weder die Begrifflichkeit des "Strafverfahrens" iSd § 50 Abs 1 GSpG, noch des "Verwaltungsstrafverfahrens" iSd § 51 Abs 1 VStG eine Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate begründen kann. Auch diesen Begrifflichkeiten ist vielmehr das Begriffsverständnis des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG zugrunde zu legen, da nur eine Subsumtion unter diese Bestimmung zu einer Zuständigkeit der Verwaltungssenate ex constitutione führt (vgl. in diesem Sinne auch Köhler in Korinek/Holoubek, Kommentar zum Bundesverfassungsrecht, Rz 36 ff zu Art. 129a B-VG). Andernfalls wäre zwar eine einfachgesetzliche Zuweisung in den Zuständigkeitsbereich der Verwaltungssenate nach Art 129a Abs 1 Z 3 B-VG grundsätzlich möglich, wurde aber im vorliegenden Fall wohl mangels entsprechender Zustimmung der Länder nach Abs. 2 leg.cit. vom Glücksspielgesetzgeber – jedenfalls hinsichtlich der UVS-Zuständigkeit in zweiter Instanz – nicht wahrgenommen. Der Verwaltungsgerichtshof ging in der zitierten Entscheidung somit vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund richtiger Weise von der Subsumtion des glücksspielrechtlichen Einziehungsverfahrens unter die Verfassungsnorm des Art. 129a Abs 1 Z 1 B-VG und der sich allein daraus ergebenden Zuständigkeit der Unabhängigen Verwaltungssenate aus (arg.: "Das Verfahren zur Erlassung des Einziehungsbescheides ist damit aber ein Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung im Sinne des Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG".).

 

Somit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates auch im vorliegenden Fall gegeben. Örtlich zuständig ist dabei gemäß § 50 Abs 1 Glücksspielgesetz iVm § 51 Abs 1 VStG der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

 

4.2. Mit der GSpG-Novelle BGBl I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

4.2.1. Gemäß § 53 Abs 1 Z 1 lit a) GSpG kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 52 Abs 1 GSpG (idF BGBl I 112/2012) begeht in den Fällen der Z 1 eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit einer Geldstrafe von bis zu 40.000 Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt.

 

Nach § 52 Abs 1 Z 6 GSpG  ist mit bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht.

 

4.2.2. Werden im Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich gemäß § 52 Abs 2 GSpG nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. Die Befugnisse der Organe der öffentlichen Aufsicht gemäß § 50 Abs. 2 sowie die Befugnisse im Rahmen der behördlichen Sicherungsmaßnahmen nach §§ 53, 54 und 56a bleiben davon unberührt.

 

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

4.2.3. Gemäß § 52 Abs 3 GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung im Sinne des § 2 Abs. 4 durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern sie nicht gemäß § 54 einzuziehen sind, dem Verfall.

 

§ 54 GSpG regelt die Einziehung und lautet wie folgt:

 

"Einziehung

§ 54. (1) Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird, sind zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

 

(2) Die Einziehung ist mit selbständigem Bescheid zu verfügen. Dieser ist all jenen der Behörde bekannten Personen zuzustellen, die ein Recht auf die von der Einziehung bedrohten Gegenstände haben oder ein solches geltend machen und kann, soweit die Einziehung betroffen ist, von ihnen mit Berufung angefochten werden. Kann keine solche Person ermittelt werden, so hat die Zustellung solcher Bescheide durch öffentliche Bekanntmachung zu erfolgen.

 

(3) Eingezogene Gegenstände sind nach Rechtskraft des Einziehungsbescheides binnen Jahresfrist von der Behörde nachweislich zu vernichten.

 

(4) § 54 Abs. 1 gilt auch für vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes beschlagnahmte Gegenstände."

 

 

Auch das Strafgesetzbuch sieht  die Einziehung (idF BGBl Nr. 762/1996) vor:

 

"Einziehung

§ 26. (1) Gegenstände, die der Täter zur Begehung der mit Strafe bedrohten Handlung verwendet hat, die von ihm dazu bestimmt worden waren, bei Begehung dieser Handlung verwendet zu werden, oder die durch diese Handlung hervorgebracht worden sind, sind einzuziehen, wenn dies nach der besonderen Beschaffenheit der Gegenstände geboten erscheint, um der Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen entgegenzuwirken.

 

(2) Von der Einziehung ist abzusehen, wenn der Berechtigte die besondere Beschaffenheit der Gegenstände beseitigt, insbesondere indem er Vorrichtungen oder Kennzeichnungen entfernt oder unbrauchbar macht, die die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen erleichtern. Gegenstände, auf die eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person Rechtsansprüche hat, dürfen nur eingezogen werden, wenn die betreffende Person keine Gewähr dafür bietet, daß die Gegenstände nicht zur Begehung strafbarer Handlungen verwendet werden.

 

(3) Liegen die Voraussetzungen der Einziehung vor, so sind die Gegenstände auch dann einzuziehen, wenn keine bestimmte Person wegen der mit Strafe bedrohten Handlung verfolgt oder verurteilt werden kann."

 

4.3.1. Der Verwaltungsgerichtshof hält in seiner Entscheidung vom 24. Juni 1997, Zl. 97/17/0024, zur diesbezüglich vergleichbaren damaligen Rechtslage ausdrücklich fest, dass "der Gesetzgeber im Hinblick auf den Sicherungszweck von einer Prüfung der Voraussetzungen für den Ausspruch eines Verfalles, wie sie auch beim Verfallsausspruch gemäß § 52 Abs 2 GSpG [nunmehr § 52 Abs 3 GSpG] Glücksspielgesetz erforderlich sind (Verschulden bzw. im Falle der Zur-Verfügung-Stellung des Gegenstandes durch einen Dritten das Erkennen-Können, daß die Überlassung des Gegenstandes der Begehung einer mit Verfall bedrohten Verwaltungsübertretung dienen werde), Abstand genommen und objektive Kriterien festgelegt hat, bei deren Vorliegen zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen die Gegenstände einzuziehen SIND".

 

Das objektive Kriterium, bei dessen Vorliegen eine Einziehung zwingend normiert ist, stellt nach § 54 Abs. 1 GSpG abgesehen von dem Korrektiv eines nicht bloß "geringfügigen" Verstoßes der Umstand dar, dass mit dem einzuziehenden Gegenstand "gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird". So hält der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien ausdrücklich fest, dass die Einziehung "somit nach dem Wortlaut des Gesetzes doch die Verwirklichung eines der Tatbestände des § 52 Abs. 1 GSpG voraus[setzt]" (VwGH 22.8.2012, Zl. 2011/17/0323).

 

Mit anderen Worten: Eine Einziehung von Gegenständen nach § 54 GSpG erfordert jedenfalls das Vorliegen eines tatbestandsmäßigen Verhaltens; das Tatbild des § 52 Abs 1 GSpG muss objektiv verwirklicht sein. Vergleichbar dem selbständigen – objektiven – Verfall nach § 17 Abs 3 VStG setzt somit auch die Einziehung nach § 54 GSpG eine entsprechende "Anlasstat" in Form der "Begehung einer (bestimmten) Verwaltungsübertretung voraus" (vgl zum selbständigen Verfall nach § 17 Abs 3 VStG mwN Wessely in N. Raschauer/Wessely [Hrsg], VStG-Kommentar [2010] § 17 Rz 7 sowie Thienel/Zeleny, Kommentar Verwaltungsverfahren18, § 17 VStG, Anm 8 f).

 

4.4. Für das Erfordernis der verwaltungsstrafrechtlichen Anlasstat im § 54 GSpG ist die Frage der Subsidiarität der Verwaltungsstraftatbestände des § 52 Abs 1 GSpG im Verhältnis zu § 168 StGB entscheidungswesentlich. Im Einzelnen ist dazu Folgendes festzuhalten:

 

4.4.1. Nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZProtEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes kann nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so ausdrücklich VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl. VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, Zl. 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008 (BGBl I Nr. 54/2010) wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Abgrenzungsklausel zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

 

4.4.2. Beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, änderte der Verwaltungsgerichtshof seine Rechtsprechung (vgl zuletzt VwGH 15.3.2013, Zl. 2012/17/0365) und vertrat aus Anlass der GSpG-Novelle BGBl I Nr. 54/2010 die Auffassung, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele tatsächlich geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

 

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzter Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

 

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

 

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als 10 Euro,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des "geringen Betrages" des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

4.4.3. Der Verfassungsgerichtshof hat nunmehr im jüngst ergangenen grundlegenden Erkenntnis vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, die vom Verwaltungsgerichtshof in seiner geänderten Judikatur vertretene Rechtsansicht, wonach eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen gegenüber der gerichtlichen Strafbarkeit nur im Bereich von Spielen mit tatsächlich geleistetem Einsatz über 10 Euro möglich sei und es im Übrigen bei der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden bleibe, als verfassungswidrig – weil dem Doppelbestrafungsverbot gemäß Art 4 Abs.1 7. ZPEMRK widersprechend – angesehen.

 

Dabei stellt der Verfassungsgerichtshof klar, dass dem § 52 Abs 2 GSpG (idF BGBl I Nr. 54/2010) ungeachtet seiner Formulierung nicht der verfassungswidrige Inhalt unterstellt werden darf, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glückspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB von den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über 10 Euro) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG knüpfe auch nicht an das Verhalten des konkreten Spielers an, sondern stelle auf das Verhalten jener Person ab, die verbotene Ausspielungen ermögliche.

 

Das Gebot der verfassungskonformen Auslegung unter Hinweis auf das Vorerkenntnis VfSlg 15.199/1998 betonend, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte auf die bloße Möglichkeit der Einsätze von höchstens 10 Euro oder mehr als 10 Euro abzustellen sei. Würde man wie der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abstellen, so würde nach Ansicht des Verfassungsgerichtshofs „eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente (‚essential elements‘) aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst.“ Der Unrechtsgehalt der Tathandlungen des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG mit Einsätzen bis zu 10 Euro pro Spiel erschöpfe sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs.1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf Einsätze von mehr als 10 Euro.

 

Im Punkt 3.5. der Entscheidung (Rz 30) hält der Verfassungsgerichtshof zu den Konsequenzen seiner verfassungskonformen Auslegung resümierend fest:

 

„Aus der dargelegten verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde – auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs 2 B-VG – stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glückspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht.“

 

Im Ergebnis bedeutet daher die bloße Möglichkeit von Einsätzen bei einem Spielgerät von über 10 Euro oder von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur (impliziert die Versuchsstrafbarkeit iSd § 15 StGB!) auch nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichts­zuständigkeit gemäß § 168 StGB.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofs nunmehr in seiner jüngsten Judikatur – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht - ausdrücklich angeschlossen (vgl VwGH 23.07.2013, Zl. 2012/17/0249).

 

4.4.4. Inzwischen wurde durch eine jüngst in Kraft getretene VStG-Novelle die angesprochene Auslegungsproblematik der stillschweigenden Subsidiarität etwas entschärft; so ist nunmehr gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

 

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 soll nach dem Willen des Bedarfskompetenzgesetzgebers nach Art 11 Abs 2 B-VG nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" [vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 „Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)“].

 

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

 

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG formell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

 

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise – den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa die "same essential elements"-Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

 

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, 98/10/0040 (= VwSlg 14890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

 

4.4.5. Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib  gespielt werden (Serienspiele), jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

 

Wie schon aus der stillschweigenden Subsidiarität folgt nunmehr erst recht aus der ausdrücklichen Subsidiarität iSd § 22 Abs 1 VStG der Verwaltungsstrafbestimmungen des Glücksspielgesetzes, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand kann nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

 

Ein "verdrängter" Tatbestand ist eben kein "verwirklichter" Tatbestand iSd § 54 GSpG und des diesbezüglichen höchstgerichtlichen Verständnisses dieser Bestimmung als solcher des Verwaltungsstrafverfahrens nach Art 129a Abs 1 Z 1 B-VG (iSv VwGH 22.8.2012, Zl. 2011/17/0323; vgl dazu die näheren Ausführungen unter 4.1. und die diesbezüglichen im Rahmen dieser Entscheidung noch eingehend darzulegenden verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Schranken). Ganz in diesem Sinne wird die Subsidiarität auch in der Lehre als "Scheinkonkurrenz … zwischen den endgültig verwirklichten Tatbeständen und den bloß vorläufig erfüllten, nach der Zusammenschau aber verdrängten Tatbeständen" (vgl. mwN Fuss, Scheinkonkurrenz im Verwaltungsstrafrecht, ZfV 1999, 345 [347 und 350] – Hervorhebungen nicht im Original) definiert.

 

4.5.1. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013-9 abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen bei einem Spielgerät von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor.

 

Durch den Verwaltungsakt ist eindeutig belegt, dass sämtliche gegenständlichen Geräte mit einer "Automatik-Start-Taste" ausgestattet sind. Dies indiziert – wie bereits im Anzeigeschreiben dargelegt – die gerichtliche Strafbarkeit des Betriebs dieser Geräte aufgrund der – in Zusammenschau der Serienspieljudikatur des OGH mit der aktuellen Entscheidung des VfGH zweifelsfrei erkennbaren – Möglichkeit, damit Serienspiele zu veranstalten. Diese Schlussfolgerung wurde nicht zuletzt durch die Ausführungen zur finanzbehördlichen Anzeige betreffend die Funktionsweise der „Automatic-Start-Taste“ bestärkt, wonach bei Auslösung eines Spiels im Wege der  "Automatic-Start-Taste" diese nur einmal betätigt werden muss, um die Walzenabläufe sehr rasch und kontinuierlich hintereinander“ durchführen zu lassen. „Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenablauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.“

 

Auf Grund der eindeutig belegten Ausgestaltung sämtlicher Geräte mit einer funktionsfähigen "Automatic-Start-Taste" und der beschriebenen Funktionsweise dieser Taste werden nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenats erwerbsmäßig Serienspiele veranlasst bzw. ermöglicht und ist (auch iSd oa VfGH-Erkenntnisses vom 13.06.2013) somit die oben zitierte Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofs weiterhin einschlägig. Bestätigt wird dies auch durch die unter Punkt 2.1. dargelegten Ausführungen in einer einschlägigen Revisionsentscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i, in der auch der Oberste Gerichtshof davon ausgeht: "Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigen der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."

 

4.5.2. Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegte Möglichkeit, mit den gegenständlichen Geräten Serienspiele zu veranlassen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. zur Verfügung Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten, die durch ihre Funktionsweise (Walzenspiele im Sekundentakt!) und außergewöhnlich günstige Gewinn-Verlust-Relationen einen besonderen Anreiz für gewinnsüchtige Spieler zu Serienspielen bieten, schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand des zur Verfügung Stellens oder Zugänglichmachens derartiger Geräte stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

 

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgerätes, bei dem Spiele mit dieser Taste ausgelöst werden können, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten. Eine  der jüngeren Rechtsprechung des VwGH entsprechende – im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nur theoretisch denkbare – zusätzliche Anlastung einzelner Glücksspiele mit Einsätzen unter 10 Euro würde einen einheitlichen Lebenssachverhalt in mehrere strafbare Handlungen zerlegen, obwohl sie dieselben wesentlichen Elemente aufweisen. Dies führte aber  zufolge der Entscheidung des VfGH vom 13. Juni 2013, B 422/2013-9,   zu einer im Grunde der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestands verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelgleisigkeit, weshalb insofern eine Zergliederung des maßgeblichen Sachverhalts nach Einzelspielen bis 10 Euro und über 10 Euro für die Lösung der Frage der Identität der Tat zwingend ausscheidet.

Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Bw im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

 

Schon die Tatsache, dass auf den mit "Automatic-Start-Taste" ausgestatteten Glücksspielgeräten (Walzenspielgeräten) Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen, zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse. Beim Einsatz von Glücksspielgeräten mit "Automatic-Start-Taste" werden aber sogar nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der "Automatic-Start-Taste" durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

 

4.5.3. Schließlich liegt bei sämtlichen Geräten – insbesondere unter Berücksichtigung der für den Spieler besonders attraktiven „Supergame“ – Optionen (vgl dazu erneut OGH 20.3.2013, Zl. 6 Ob 118/120i) – eine zu Serienspielen verleitende, günstige Gewinn – Verlust – Relation iSd OGH-Judikatur vor. Diese in Aussicht gestellten Höchstgewinne sind offenkundig darauf gerichtet, einen besonderen Anreiz für den gewinnsüchtigen Spieler zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur ein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Einzelspiele wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Die Gewinnerzielungsabsicht tritt somit in den Vordergrund und das Kriterium des bloßen Zeitvertreibs muss verneint werden. Auch dadurch liegt der strafbare Versuch einer gem. § 168 iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor.

 

Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf das insofern beim Bezirksgericht Wels anhängige Strafverfahren gegen den organschaftlichen Vertreter der Bwin sei der Vollständigkeit halber hingewiesen (vgl dazu Punkt 2.2.).

 

Der festgestellte Verstoß gegen § 168 StGB kann nicht als „Anlasstat“ gemäß dem § 54 GSpG gewertet werden. § 54 Abs 1 GSpG verlangt, dass mit den einzuziehenden Gegenständen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wird. Im Falle der hier vorliegenden Subsidiarität muss aber im Ergebnis das Vorliegen eines solchen Verstoßes verneint werden. Zu diesem Ergebnis kommt man auch auf Basis verfassungsrechtlicher Überlegungen (siehe im Folgenden unter Punkten 4.6. und 4.7.).

 

4.6. Der festgestellte Verstoß kann allenfalls eine Einziehung nach § 26 StGB nach sich ziehen. Eine – durch die bekämpfte Entscheidung hervorgerufene – Doppelgleisigkeit der Einziehung nach § 54 GSpG einerseits und der Einziehung nach § 26 StGB andererseits führt im Lichte der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu einem Verstoß gegen das in Art 94 B-VG verankerte Prinzip der Trennung der Justiz von der Verwaltung. So ergibt sich aus diesem Trennungsgrundsatz die Verpflichtung des Gesetzgebers, eine Angelegenheit – zur Gänze – zur Vollziehung entweder den Gerichten oder den Verwaltungsbehörden zuzuweisen; daraus folgt, dass über ein und dieselbe Frage nicht sowohl Gerichte als auch Verwaltungsbehörden entscheiden dürfen.

 

Der Verfassungsgerichtshof konstatierte in seiner Entscheidung vom 14. Juni 2012, Zl. G 4/12-10 ua., für das glücksspielrechtliche Beschlagnahmeverfahren, dass die eine Beschlagnahme anordnende Verwaltungsbehörde und ein allenfalls zur Verhängung einer Strafe zuständiges Gericht nicht über dieselbe Sache entscheiden. Für das verwaltungsrechtliche Einziehungsverfahren gilt dies aber nicht, weil es auch die Einziehung nach § 26 StGB als vergleichbare Sanktion im gerichtlichen Strafverfahren gibt, sofern eine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt. Anders als im Beschlagnahmeverfahren genügt für den Ausspruch der Einziehung nach § 54 GSpG eine bloße Verdachtslage nicht. Vielmehr muss – wie auch der Verwaltungsgerichtshof schon ausdrücklich feststellte (vgl VwGH 22.8.2012, Zl. 2011/17/0323) – für die Einziehung erwiesen sein, dass eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 GSpG begangen wurde. Es bedarf somit für ein verwaltungsbehördliches Einziehungsverfahren des Vorliegens eines objektiv verwirklichten Tatbestandes des § 52 Abs 1 GSpG.

 

Da die Einziehung nach § 54 GSpG nur bei Vorliegen einer entsprechenden Anlasstat nach § 52 Abs 1 GSpG zulässig ist, darf sie im Fall einer in die Gerichtszuständigkeit fallenden Anlasstat aus verfassungsrechtlichen Überlegungen nicht von den Verwaltungsbehörden ausgesprochen werden.

 

Die Verwaltungsbehörde entscheidet im Rahmen der Anordnung einer Einziehung nach § 54 GSpG darüber, ob mit einem einziehungsbedrohten Gegenstand ein oder mehrere Straftatbestände des § 52 Abs 1 GSpG verwirklicht wurde/n. Das Gericht entscheidet im Rahmen einer Einziehung nach § 26 StGB, ob ein solcher Gegenstand bei Begehung einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung verwendet wurde (vgl allgemein dazu Ratz in WK2 zum StGB, Rz 14 zu § 21 sowie Rz 11 zu § 26). Beide Einziehungsbestimmungen setzen die objektive Verwirklichung des jeweiligen Straftatbestandes voraus: Die verwaltungsbehördliche Einziehung nach § 54 GSpG setzt ein verwirklichtes Tatbild nach § 52 Abs 1 GSpG voraus, die gerichtliche Einziehung des § 26 StGB im gegebenen Zusammenhang ein verwirklichtes Tatbild nach § 168 StGB.

 

Allein bei einem solchen Verständnis der Einziehungsbestimmung nach § 54 GSpG sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Bestimmung wegen des Trennungsgrundsatzes nach Art 94 B-VG ausgeschlossen, da nur auf dieser Grundlage von Verwaltungsbehörden und Gerichten "nicht über dieselbe Sache" entschieden wird. Eine ausdehnende Auslegung des § 54 GSpG dahingehend, dass eine Einziehung nach § 54 GSpG auch bei Vorliegen einer Gerichtszuständigkeit durch die Verwaltungsbehörden zulässig wäre, führte zu einer doppelten Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden (§ 54 GSpG) und Gerichten (§ 26 StGB). Zur Entscheidung über ein- und dieselbe Sache wären dann sowohl Verwaltungsbehörden als auch Gerichte berufen. Eine derart extensive Auslegung des § 54 GSpG wäre im Lichte des Art 94 B-VG unzulässig. Eine Einziehung nach § 54 GSpG durch die Verwaltungsbehörden im Zusammenhang mit einem strafrechtlichen Verfahren nach § 168 StGB wäre daher jedenfalls verfassungswidrig und kann dem GSpG ein solcher verfassungswidriger Inhalt bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung nicht unterstellt werden.

 

4.7. Darüber hinaus normiert Art 4 des 7. ZProtEMRK das Verbot, wegen ein und derselben Handlung mehrmals vor Gericht gestellt oder bestraft zu werden. Voraussetzung für die "Sperrwirkung" des Art. 4 7. ZProtEMRK ist ein abgeschlossenes strafrechtliches Verfahren. Auf eine erste strafrechtliche Sanktion iSd EMRK darf demnach keine zweite Sanktion desselben Charakters folgen. Der Begriff "strafrechtlich" entspricht nach ganz hL dem Strafrechtsbegriff des Art 6 EMRK und erfasst damit nach EGMR-Rechtsprechung und Lehre insbesondere auch das österreichische Verwaltungsstrafrecht (vgl zum Ganzen mwN zu Rspr und Lehre Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 [2012] § 24, Rz 147 sowie zum Begriff des Strafrechts Rz 19).

 

Wenn der Verwaltungsgerichtshof in seiner eingangs zitierten Entscheidung davon ausgeht, dass es sich bei der Einziehung nach § 54 GSpG um "ein Verfahren wegen einer Verwaltungsübertretung im Sinne des Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG" handelt, so ordnet er dieses verwaltungsstrafrechtliche Verfahren notwendig auch dem Bereich des Strafrechts iSd Art 6 EMRK zu (dazu näher Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5 [2012] § 24, Rz 19). Dies bedeutet in weiterer Konsequenz, dass die verfassungs- und völkerrechtlichen Vorgaben des Art 4 7. ZProtEMRK auf diesen Bereich vollinhaltlich anzuwenden sind.

 

Dieser die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates im Verwaltungsstrafverfahren erst begründende, strafrechtliche Sanktionscharakter der Einziehung nach § 54 GSpG setzt dem Verständnis dieses Einziehungsverfahrens somit gleichzeitig auch entsprechende verfassungsrechtliche Schranken. So scheidet eine Einziehung nach § 54 GSpG von Gegenständen, mit denen eine gerichtlich strafbare Handlung nach § 168 StGB gesetzt wurde, durch die Verwaltungsbehörden auch im Lichte des Doppelverfolgungsverbotes iSd Art 4 7. ZProtEMRK aus. Denn die Sanktionierung einer (ausschließlich) gerichtlich strafbaren Handlung mit einem zusätzlichen verwaltungsbehördlichen Übel in Form der Einziehung nach § 54 GSpG stellte ohne Zweifel einen eklatanten Grundrechtsverstoß dar.

 

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seinem zum Doppelbestrafungsverbot ergangenen Erkenntnis vom 2. Juli 2009, Zl. B 559/08, mit der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 4 7. ZProtEMRK, besonders mit dem Urteil der Großen Kammer vom 10. Februar 2009, Bsw. Nr. 14939/03, im Fall Zolotukhin, näher auseinandergesetzt und dabei weiterhin die "same essential-elements"-Doktrin vertreten. Maßgeblich war dabei für den Verfassungsgerichtshof die Prüfung, ob der Beschwerdeführer für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, neuerlich verfolgt oder bestraft wurde. So wie eine doppelte Verfolgung oder Bestrafung desselben Sachverhaltes durch Gericht und Verwaltungsbehörde unzulässig ist, erscheint auch eine solche Doppelsanktionierung durch eine zusätzliche verwaltungsbehördliche Einziehung unzulässig.

 

In diesem Sinn wird auch in der Kommentarliteratur für den Fall, dass „die Anlasstat in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fällt“ die Auffassung vertreten, dass ein Verfallsausspruch nicht möglich ist und auch ein Rückgriff auf den selbständigen (objektiven) Verfall iSd § 17 Abs 3 VStG nicht in Betracht kommt (vgl Wessely in N. Raschauer/Wessely [Hrsg], VStG-Kommentar [2010] § 17 Rz 4). Nichts anderes kann auch für die glücksspielrechtliche Einziehung gelten.

 

 

5. Im Ergebnis war der Berufung Folge zu geben und war die Einziehung aufzuheben, weil schon mangels eines nachweislich verwirklichten Verwaltungsstraf­tatbestandes und damit mangels einer Anlasstat iSd § 54 GSpG eine Einziehung durch die belangte Behörde nicht zulässig war.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

Dr.  W e i ß

 

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