Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-523596/2/Sch/Bb/KR

Linz, 06.12.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung der X, geb. X, vertreten durch Mag. Dr. X X, X, vom 7. November 2013, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 15. Oktober 2013, GZ VerkR21-187-2013/KB, betreffend Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung gemäß § 24 Abs.4 FSG, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm § 24 Abs.4  Führerscheingesetz 1997 – FSG und § 14 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung 1997 – FSG-GV.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. Oktober 2013, GZ VerkR21-187-2013, X (die Berufungswerberin) gemäß §§ 24 Abs.4 iVm 8 FSG aufgefordert, sich binnen eines Monats ab Rechtskraft des Bescheides hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von führerscheinpflichtigen Kraftfahrzeugen der Klassen AM und B amtsärztlich untersuchen.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid, der der Berufungswerberin nach dem im Akt befindlichen Rückschein nachweislich am 29. Oktober 2013 zugestellt wurde, richtet sich ihre rechtzeitig – mit Schriftsatz vom 7. November 2013 – eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

Die Berufungswerberin bestreitet in ihrem Rechtsmittel – zusammengefasst – im Wesentlichen jeglichen Kontakt mit Suchtgift und führt diesbezüglich an, nie Drogen erworben oder konsumiert zu haben. Sie führt des Weiteren an, dass die zu Grunde liegende polizeiliche Anzeige einzig und allein auf der Aussage eines amtsbekannten Dealers beruhe, der offensichtlich, um sich selbst mildernde Umstände zu verschaffen, eine Vielzahl an ihm besser oder weniger gut bekannten Personen – darunter auch sie und ihren damaligen Freund - als Kunden bzw. Konsumenten genannt habe.

 

Die begründeten Bedenken hinsichtlich ihrer gesundheitlichen Eignung würden  jeglicher Grundlage entbehren. Ihre Verkehrszuverlässigkeit (gemeint wohl: gesundheitliche Eignung) sei auch aktuell – ohne amtsärztliche Kontrolle – im gleichen Ausmaß gegeben wie im Zeitpunkt der Erteilung der Lenkberechtigung.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat die Berufungsschrift unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes mit Vorlageschreiben vom 15. November 2013, GZ VerkR21-187-2013/KB, ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates zur Entscheidungsfindung (§ 35 Abs.1 FSG). Gemäß § 67a Abs.1 AVG entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten erstinstanzlichen Verfahrensakt.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß       § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG mangels gesonderten Antrages der Berufungswerberin und der Tatsache, dass bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass die mit Berufung angefochtene erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben ist (§ 67d Abs.2 Z1 AVG), unterbleiben.

 

 

 

 

4.1. Es ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender maßgeblicher Sachverhalt:

 

Die am X X geborene Berufungswerberin ist im Besitz einer Lenkberechtigung der Führerscheinklassen AM und B, erteilt im April 2013 von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land.

 

Am 28. August 2013 wurde bekannt, dass die Berufungswerberin offenbar in Zusammenhang mit Suchmitteln in Erscheinung getreten. Laut entsprechendem Sachverhaltsbericht vom 23. August 2013 der Polizeiinspektion Ansfelden, GZ B6/19672/2013-So, ist die Berufungswerberin verdächtig, im Zeitraum von circa Anfang 2012 bis Mitte 2013 mit einem weiteren Verdächtigen insgesamt 100 g Suchtgift in Form von Marihuana erworben und eine unbekannte Menge an Marihuana konsumiert zu haben.

 

Die Erstinstanz nahm diesen Umstand zum Anlass, um die gesundheitliche Eignung der Berufungswerberin zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 1, Klassen AM und B, zu überprüfen und erließ – ohne Wahrung des Rechtes auf Parteiengehör – den nunmehr angefochtenen Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber Folgendes erwogen:

 

5.1. § 24 Abs.4 FSG lautet:

Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen“.

 

Gemäß § 14 Abs.1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs.4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

 

Gemäß § 14 Abs.5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

 

5.2. Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Fall einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides) bei der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken in der Richtung bestehen, dass der Inhaber der Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt, und ein aktuelles amtsärztliches Gutachten ohne eine neuerliche Untersuchung des Betreffenden oder ohne neue Befunde nicht erstellt werden kann. Hiebei geht es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssen aber genügend begründete Bedenken in diese Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Derartige Bedenken sind in einem Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen (z. B. VwGH 21. September 2010, 2010/11/0126; 22. Juni 2010, 2010/11/0076 uvm.).

 

Im gegebenen Zusammenhang wäre somit der angefochtene Aufforderungsbescheid rechtmäßig, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestünden, der Berufungswerberin fehle infolge Suchtmittelabhängigkeit oder gehäuftem Missbrauch die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass gelegentlicher Konsum von Suchmittel die gesundheitliche Eignung (noch) nicht berührt. Erst wenn dieser Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet ist oder wenn die Gefahr besteht, dass die betreffende Person nicht in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht (mehr) beeinträchtigt ist, läge ein Grund vor, die gesundheitliche Eignung begründeterweise in Zweifel zu ziehen (z. B. VwGH 13. Dezember 2005, 2005/11/0191 uvm.).

 

Um von einem gehäuften Missbrauch sprechen zu können, genügt nicht ein gelegentlicher wiederholter Missbrauch, sondern es muss sich um einen häufigen Missbrauch innerhalb relativ kurzer Zeit handeln (VwGH 18. März 2003, 2002/11/0209; 25. Mai 2004, 2003/11/0310).

 

Aus der Aktenlage geht derartiges aber nicht hervor. Demnach ist die Berufungswerberin ohne Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges bloß verdächtig, von Anfang 2012 bis Mitte 2013 Suchtgift (Marihuana) erworben und konsumiert zu haben, wobei sie in ihrer Berufungsbegründung ausdrücklich bestreitet, jemals Drogen erworben oder besessen zu haben.

 

Es gibt nach den vorliegenden Verfahrensunterlagen weder konkrete Beweisergebnisse dahingehend, zu welchen Zeitpunkten, in welchen Abständen und welche Menge Marihuana die Berufungswerber in dem ihr vorgehaltenen Zeitraum konsumiert haben soll, noch dass der Suchtmittelkonsum - sofern ein solcher tatsächlich stattgefunden hat - über eine gelegentliche Einnahme hinausgegangen wäre. Im polizeilichen Bericht finden sich keine Anhaltspunkte eines gehäuften Missbrauches noch Verdachtsmomente einer Suchtmittelabhängigkeit, noch dass die Berufungswerberin nach Mitte 2013 den Suchtgiftkonsum fortgesetzt oder gar im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Aufforderungsbescheides (noch) Suchtgift konsumiert hätte.

 

In Anbetracht der genannten Umstände sowie vor dem Hintergrund der dargestellten verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bestehen derzeit keine ausreichenden begründeten Bedenken für die Annahme, der Berufungswerberin fehle infolge gehäuftem Missbrauch von Suchmitteln oder Suchtmittelabhängigkeit die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Der angefochtene Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG erweist sich daher im konkreten Fall als nicht rechtmäßig.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid zu beheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

 

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