Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253437/17/BMa/HK

Linz, 13.12.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag.a Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, vertreten durch seine Gattin X X, X, x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Wels Land vom 9. April 2013, SV96-116-2011/La, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27.11.2013 zu Recht erkannt:

 

 

 

    I.    Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird bestätigt.

 

 II.    Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 73 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 100/2011

zu II.: § 64 VStG

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

„Sie, Herr X X, haben als Beschäftiger verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Sie als Dienstgeber i.S. § 35 Abs. 1 ASVG, am 17.8.2011 gegen 13.18 Uhr, Herrn

 

X, geb. x

 

bei dem es sich um eine in der Krankenversicherung vollversicherte pflichtversicherte Person han­delt, auf der Baustelle in 4600 Wels, X, Kreuzung X mit dem Bohren von Löchern beschäftigt haben, obwohl dieser nicht vor Arbeitsantritt zur Pflichtversi­cherung bei der Oö Gebietskrankenkasse angemeldet wurde.

 

Verletzte Verwaltungsvorschriften:

 

§§ 33 Abs. 1 und i.V.m. § 111 Abs. 1 ASVG - Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955 i.d.g.F.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von      falls diese uneinbringlich ist, gem.     Freiheitsstrafe gemäß

                            § 16 VStG 1991 eine Ersatzfrei-

                            heitsstrafe von                                 

365 Euro              11 Stunden                                       § 111 Abs.2 ASVG

                           

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 36,50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 401,50 Euro.“

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der maßgeblichen Rechtsgrundlagen im Wesentlichen aus, der Bw und Herr X hätten übereinstimmend ausgesagt, dass der Bw die Haftung für sämtliche Arbeiten von X übernehmen würde, X zumeist im Arbeitsverbund mit Mitarbeitern des X arbeite, X dem Bw gegenüber weisungsgebunden sei und der Bw alle Arbeiten auf der Baustelle kontrolliere. Die am 17.8.2011 durchgeführten Arbeiten seien als unselbständige Tätigkeit einzustufen und die vorgelegte Gewerbeberechtigung für „Rasenmähen und Heckenschneiden“ befähige X nicht, andere Tätigkeiten durchzuführen.

 

X sei zum Zeitpunkt der Kontrolle am 17.8.2011 trotz Verpflichtung zur Vollversicherung nicht bei der Oö. GKK gemeldet gewesen, diese Meldung hätte jedoch vor Arbeitsantritt erfolgen müssen. Ein Schuldentlastungsbeweis habe der Bw nicht erbringen können. Die verhängte Strafe scheine ausreichend, um den Bw in Zukunft von der Begehung ähnlicher Verstöße gegen die österreichische Rechtsordnung abzuhalten.

 

1.3. Dagegen brachte der Bw rechtzeitig Berufung ein und er hat mit Schreiben vom 19. Juni 2013 seine Frau X X bevollmächtigt, ihn im weiteren Verfahren zu vertreten.

 

1.4. Die Berufung ficht das Straferkenntnis an, beantragt dessen Aufhebung und führt begründend im Wesentlichen aus, die Vertreter der Finanzpolizei hätten in keiner Weise irgendein Interesse bekundet, die wirkliche Situation und Lage zu erkennen. Vielmehr sei mit gezielten Fragestellungen gearbeitet worden, um Antworten zu erhalten, die eine verdeckte Dienstnehmereigenschaft unterstellen würden. Der wahre Sachverhalt sei nicht erhoben worden. X würde neben der Gewerbeberechtigung für „Rasenmähen und Heckenschneiden“ noch eine weitere Gewerbeberechtigung, nämlich eine für „Montage und Zusammenbau von Metallstellagen aus vorgefertigten Metallprofilen“ besitzen. Die Anwesenheit des X auf der Baustelle X am 17. August 2011 sei notwendig gewesen, damit er sich ein Bild über die Tätigkeit machen habe können, um darauffolgend ein Angebot erstellen zu können. Die vorherigen Werkverträge, die X mit der Firma X X abgeschlossen habe, seien nach folgenden Grundsätzen erstellt und gelebt worden:

1. Fremdvergleich Honorar: Die Tatsache, dass der kalkulierte Stundensatz etwa das Doppelte des kollektivvertraglichen Lohnes ausmache, spreche gegen die Absicht, ein Dienstverhältnis vereinbaren zu wollen.

2. Vertretung: X sei berechtigt gewesen, sich bei der Durchführung geeigneter Vertreter zu bedienen, eine persönliche Arbeitsleistung sei nicht vereinbart.

3. Haftung: Die Firma X habe Haftung für die gesamte Baustelle gegenüber ihrem Auftraggeber. Dies entspreche den Gebräuchen im allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Es entspreche den Gepflogenheiten, dass ein Generalunternehmer die Gewerke seiner Subleister kontrolliere, er sei schließlich nach erfolgter Übergabe an den Auftraggeber (Bauherr) verantwortlich.

4. Wirtschaftliches Risiko: Die Aussage des X, dass er regelmäßig bei der Firma X anrufe und um Aufträge frage, würde nicht auf eine Verschleierung hinweisen, sondern im Zusammenhang mit der Planung im Hinblick auf die Auslastung des eigenen Betriebs durchaus im Wirtschaftsleben stattfinden, weil es sich um einen Hauptauftraggeber handle.

5. Arbeitszeit: X sei bei der Ausführung der Tätigkeiten an keine Arbeitszeiten gebunden gewesen. Eine Abstimmung der Arbeitszeiten an einigen Tagen mit den Mitarbeitern der Firma des Bw entspreche den Gepflogenheiten auf Großbaustellen und andererseits sei dies auch nötig, um allenfalls Fahrgemeinschaften zu begründen.

6. X hätte jederzeit einen Auftrag ablehnen können.

 

Die Voraussetzungen für eine Dienstnehmereigenschaft des X bei der Firma X seien aus Gründen des Nichtvorliegens eines Dauerschuldverhältnisses, mangelnder Weisungsgebundenheit, mangelnder organisatorischer Eingliederung und des Vorliegens des Kriteriums eines Unternehmerrisikos nicht erfüllt, daher sei von einem Werkvertrag auszugehen.

 

2. Mit Schreiben vom 29. April 2013 hat der Bezirkshauptmann von Wels-Land als belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt. Weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, hatte der Unabhängige Verwaltungssenat durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Einsicht genommen in den vorgelegten Akt der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land und am 27. November 2013 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. Zur Verhandlung sind der Berufungswerber mit seiner ihn vertretenden Gattin und ein Vertreter der Organpartei, des Finanzamts Grieskirchen Wels, gekommen. Als Zeuge wurde X X einvernommen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem rechtlich relevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bw war Inhaber der Firma X X X. Ihm wurde ein Auftrag auf der Baustelle X, Kreuzung X, in 4600 Wels übertragen und am 17.8.2011 gegen 13:18 Uhr wurde X X durch Organe der Finanzpolizei Wels auf dieser Baustelle beim Bohren von Löchern in Formrohren angetroffen. X wurde von X kontaktiert und ist mit dessen Firmenauto zur Baustelle gefahren, um sich die Arbeit anzuschauen, die er übernehmen könnte. Nachdem X ihm gezeigt hatte, welche Löcher er zu bohren hätte, begann X mit dem Bohren der Löcher mit der Bohrmaschine des X in bereits aufgestellte Stangen. Die Stangen wurden von Arbeitern des X aufgestellt und es war geplant, dass, nachdem X die Löcher gebohrt hat, ein Spenglermeister Dachdeckerarbeiten verrichtet. Für das Bohren der Löcher in die Stangen sind keine qualifizierten Kenntnisse erforderlich.

 

Der Abschluss eines Werkvertrags vor Arbeitsaufnahme durch X ist nicht erfolgt. Es kann nicht festgestellt werden, ob und gegebenenfalls welche Gesamtsumme als Entgelt für die Tätigkeit des X am 17.8.2011 vereinbart wurde oder ob nach der Anzahl der zu leistenden Stunden abgerechnet werden sollte. Ein schriftlicher Werkvertrag wurde nicht abgeschlossen. Als Werk wurde vereinbart, die Löcher in die bereits vorhandenen Stangen zu bohren, eine Frist für die Beendigung der Arbeiten wurde ebenfalls nicht vereinbart. Die Arbeitsaufnahme ohne vertragliche Fixierung erfolgte aufgrund eines zwischen X und dem Bw bestehenden Vertrauensverhältnisses.

 

Bevor X von X erstmals beauftragt wurde, hatte dieser sich einen Überblick über dessen Gewerbeberechtigungen verschafft. X war der Ansicht, X könnte aufgrund seiner Gewerbeberechtigung „Montage und Zusammenbau von Metallstellagen aus vorgefertigten Metallprofilen“ auf der Baustelle tätig sein und die Löcher in die Stangen bohren.

 

Eine konkrete Arbeitszeit für X wurde nicht vereinbart, dieser hat seine Arbeitszeit jedoch, sofern Bedarf bestanden hat und er mit den fix angestellten Arbeitern des X gearbeitet hat, an die Arbeitszeit der Arbeiter des X angeglichen. Am 17.08.2011 hat X nicht mit den Arbeitern des Bw zusammengearbeitet, sondern die Löcher alleine gebohrt.

X hat der Firma X ca. alle 14 Tage Rechnung gelegt. Eine Haftung wurde von X nicht übernommen. Sobald X keine Zeit hatte, die Arbeit zu verrichten, oder diese nicht verrichten konnte, hat er X informiert, der für die Verrichtung der Arbeit gesorgt hat. X hat sich bei der Kontrolle in einem zeitlichen Druck befunden, den übernommenen Auftrag zu erledigen, aus diesem Grund hat er auch die Aussage getätigt „Ich sehe ihn (gemeint X) grundsätzlich als Leasingarbeiter“ und hat dieses Protokoll auch unterschrieben.

 

3.2. Beweiswürdigend wird ausgeführt, dass sich die Feststellungen aus den Aussagen des Bw und der Aussage des X in der mündlichen Verhandlung am 27. November 2013 ergeben, die sich mit jenen anlässlich der Kontrolle am 17. August 2011 in wesentlichen Punkten nicht decken. Die widersprüchlichen Aussagen wurden sowohl dem Bw als auch dem Zeugen X in der mündlichen Verhandlung vorgehalten und der Zeuge X hat immer wieder – im Gegensatz zum Bw – darauf hingewiesen, dass er sich an eine zur Aussage in der mündlichen Verhandlung gegenteilige nicht mehr erinnern könne und nicht angeben könne, warum er anlässlich der niederschriftlichen Vernehmung im Jahr 2011 diese Aussage gemacht hat.

 

Hinsichtlich der Darstellung der von X geleisteten Arbeit, der Aussage, es sei kein Endzeitpunkt der Arbeit oder ein Pönale vereinbart gewesen, gibt es ebenso wie hinsichtlich der Aussagen, dass die Arbeiten des X abhängig waren von den Vorleistungen der Arbeiter, die in der Firma des X fix angestellt waren, keine Widersprüchlichkeiten.

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

3.3.1. Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 31/2007) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.   Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.   Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.   Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.   gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

 

Durch den Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten nach bürgerlichem Recht können Verpflichtungen nach dem ASVG, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (§ 539a Abs 2 ASVG).

 

Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (§ 539a Abs 3 ASVG).

 

Gemäß § 4 Abs.4 Z1 lit.a ASVG stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich aufgrund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereichs (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn, dass sie aufgrund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs.1 Z1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs.1 BSVG oder nach § 2 Abs.1 und 2 FSVG versichert sind.

 

Nach § 4 Abs.6 ASVG schließt eine Pflichtversicherung gemäß Abs.1 für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Abs.4 aus.

 

3.3.2. Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 2. Juli 2013, 2011/08/0162, kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei einer Integration des Beschäftigten in dem Betrieb des Beschäftigers – in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte – das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des § 4 Abs.2 ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden (vgl. das Erkenntnis vom 15. Mai 2013, Zl. 2011/08/0130). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die dies bestreitende Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem anderes abzuleiten ist.

 

Ein Werkvertrag müsste sich auf die entgeltliche Herstellung eines Werks als individualisierte, konkretisierte und gewährleistungstaugliche Leistung beziehen, die eine in sich geschlossene Einheit bildet. Werden laufend zu erbringende (Dienst)leistungen  nur in (zeitliche) Abschnitte zerlegt und zu „Werken“ erklärt, um diese zum Gegenstand der Leistungsverpflichtung zu machen, so ist dies in Fällen, in denen Erwerbstätige über keine eigene betriebliche Organisation verfügen und im Wesentlichen nur über den Einsatz der eigenen Arbeitskraft disponieren, bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise (§ 539a ASVG) für die Beurteilung der Pflichtversicherung nicht maßgebend (vgl. das Erkenntnis vom 25. Juni 2013, Zl. 2013/08/0093).

 

X hat lediglich Hilfstätigkeiten verrichtet, zu denen keine besonderen Kenntnisse erforderlich sind, er hat nämlich Löcher mit einer Bohrmaschine in Stangen gebohrt.

 

Das Bohren der Löcher war vom Bw vorgegeben und hat damit den Gestaltungsspielraum des X auf ein Minimum eingeschränkt und X hat – bei Bedarf – auch mit den Arbeitern der Firma des Bw zusammengearbeitet.

 

Die Arbeit wurde von X erbracht, ohne dass ein fixer Zeithorizont für die Fertigstellung der Arbeit vereinbart war und der Bw hat selbst für Ersatz gesorgt, wenn X seine Arbeiten nicht mehr weiter ausgeführt hat bzw. er ausgefallen ist. Zwar konnte X seine Arbeitszeit frei wählen, diese freie Wahl war jedoch durch die Vorgaben des Bw weitgehend eingeschränkt. Dem steht gegenüber, dass X Rechnungen an die Firma des Bw gelegt hat und einen für die von ihm verrichteten Arbeiten, im Vergleich zu anderen Arbeitern, die ebenfalls Hilfsarbeiten verrichten, hohen Stundensatz bezahlt bekommen hat.

Die Arbeit des X auf der kontrollierten Baustelle hatte bereits begonnen, obwohl noch kein Vertrag mit X zustande gekommen war. Zwar wird diesbezüglich auf ein Vertrauensverhältnis zwischen X und dem Bw verwiesen, ein solches Vertrauensverhältnis kann aber eine vertragliche Vereinbarung nicht ersetzen.

 

Bei Betrachtung der Gesamtumstände überwiegen jene Elemente, die für eine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit des X zum Bw sprechen. Dem steht auch nicht entgegen, dass X im Jahr 2011 mehrere Adressen hatte, an die er Rechnungen gestellt hat. Vielmehr ist davon auszugehen, dass kurzfristige Arbeitsverhältnisse des X zum Bw vorgelegen sind. Dafür spricht auch, dass die Arbeiten, die X auf der Baustelle verrichtet hat, nicht von seiner Gewerbeberechtigung umfasst sind.

 

Der Bw hat damit das Tatbild der ihm vorgeworfenen Rechtsnorm erfüllt.

 

3.3.3. Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Für den Arbeitgeber besteht die Verpflichtung, sich u.a. auch mit den gesetzlichen Vorschriften betreffend Erstattung von Meldungen an den zuständigen Sozialversicherungsträger laufend vertraut zu machen. Bestehen über den Inhalt der Verwaltungsvorschrift Zweifel, dann ist der Gewerbetreibende verpflichtet, hierüber bei der zuständigen Behörde Auskunft einzuholen. Wenn er dies unterlässt, so vermag ihn die Unkenntnis dieser Vorschrift nicht von seiner Schuld zu befreien. Die vom Bw ins Treffen geführte Information, die er bei der Wirtschaftskammer und beim Magistrat der Stadt Wels eingeholt hat, vermag ihn nicht von seiner Schuld hinsichtlich des Einholens entsprechender Auskünfte beim zuständigen Sozialversicherungsträger zu befreien, denn er hat die Erkundigungen nicht bei der für diese Angelegenheit zuständigen GKK eingeholt. Nur die Erteilung einer (auch unrichtigen) Auskunft durch die für die Vollziehung des Gesetzes zuständige Behörde, ein bestimmtes Verhalten sei nicht strafbar, stellt einen Schuldausschließungsgrund dar. Unterlässt es aber der Arbeitgeber, entsprechende Auskünfte einzuholen, so vermag ihn die Unkenntnis dieser Vorschrift nicht von seiner Schuld zu befreien.

Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass nur im Falle der Erteilung einer auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilten, unrichtigen Rechtsauskunft der zuständigen Behörde die im Vertrauen auf die Auskunft erfolgten Gesetzesverstöße nicht als Verschulden angerechnet werden können.

 

Als Verschuldensgrad wird dem Bw Fahrlässigkeit angelastet, hat er doch seine Sorgfaltspflicht als Unternehmer durch die Nichteinholung von Auskünften bei der zuständigen Stelle verletzt.

 

Dem Bw sind daher die gegenständlichen Verwaltungsübertretungen auch in subjektiver Hinsicht vorzuwerfen.

 

3.3.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idgF sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Nach Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 – 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 – 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzxnden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Weil § 19 VStG in der derzeit geltenden Fassung mit 1. Juli 2013 in Kraft getreten ist, ist diese geltende Rechtsgrundlage der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates zugrunde zu legen.

 

Die belangte Behörde hat weder Strafmilderungs- noch Straferschwerungsgründe der Strafbemessung zugrunde gelegt. Der Bw hat dagegen nichts vorgebracht. Auch die von der belangten Behörde geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse, nämlich ein monatliches Nettoeinkommen von 2.500 Euro, das Nichtvorhandensein von Vermögen oder Sorgepflichten wurden nicht bestritten. Weil es sich um die erstmalige Übertretung des § 33 Abs.1 ASVG gehandelt hat, hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Geldstrafe bei Unterschreitung der Mindeststrafe auf 365 Euro herabgesetzt. Damit aber hat sie die mindest mögliche Strafe verhängt. Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe gemäß § 45 Abs.1 VStG liegen nicht vor.

 

Das erstinstanzliche Straferkenntnis war daher zu bestätigen.

 

5. Weil die Berufung keinen Erfolg hatte und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt wurde, hat der Bw gemäß § 64 VStG einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

Mag.a Gerda Bergmayr-Mann

 

 

 

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