Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210634/8/Lg/Ba

Linz, 16.10.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung des O H O, vertreten durch Dr. E M-S, MBA, D Rechtsanwälte, S, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirks­hauptmannes des Bezirkes Urfahr-Umgebung vom 19. August 2013, Zl. Ge96-32-2013-Ber, wegen Übertretung des Bundesstatistikgesetzes 2000 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkennt­nis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 24, 45 Abs.1 Z 2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro bzw. eine Ersatzfrei­heitsstrafe in Höhe von 45 Stunden verhängt, weil ihm Folgendes vorgeworfen wurde:

 

"Sie sind als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma T Dach GmbH, im Standort G, G, und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ und sohin strafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs. 1 VStG, Ihrer Verpflichtung, der Statistik Austria, Direktion Unternehmen, Erhebung, die geforderten Daten gemäß § 2 der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit und des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Konjunkturstatistik im produzierenden Bereich vom 11.04.2003, BGBl. II Nr. 210/2003, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 315/2007 vom 14.11.2007, zu übermitteln, trotz mehrmaliger Mahnung der Statistik Austria, zuletzt nachweislich vom 05.03.2013, nicht nachgekommen.

 

Die oben angeführte Firma, die eine wirtschaftliche Tätigkeit gemäß § 3 im Sinne ÖNACE 'Vorbereitende Baustellenarbeiten, Bauinstallation und sonstiges Ausbaugewerbe' ausübt, war gemäß § 8 Abs. 1 der obengenannten Verordnung verpflichtet, die Daten über das Berichtsmonat Jänner 2013 bis zum 15. des dem Berichtsmonat folgenden Monats, das war der 15.02.2013, zu übermitteln.

 

Sie sind Ihrer Mitwirkungspflicht gemäß § 9 Bundesstatistikgesetz nicht nachgekommen, da Sie die o.a. Daten trotz Aufforderung der Statistik Austria nicht rechtzeitig übermittelt haben.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 66 Abs. 1 in Verbindung mit § 9 Z. 1 des Bundesstatistikgesetzes 2000, BGBl. I Nr 163/1999, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010, in Verbindung mit § 2 und § 8 der Verordnung BGBl. II. Nr. 210/2003, zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 315/2007"

 

 

2. In der Berufung brachte der Beschuldigte zunächst vor:

 

"Die Firma T Dach GmbH ist seit April 2013 im Konkurs. Ich, O O H, bin seit diesen Zeitpunkt nicht mehr handelsrechtlicher Geschäftsführer und beziehe seit diesen Zeitpunkt kein Einkommen. Ich bin daher nicht in der Lage die Strafe zu begleichen und ersuche höflichst um Aufhebung."

 

Im Anschluss daran richtete die Sachwalterin des Bw in dessen Vertretung folgendes Schreiben an den Unabhängigen Verwaltungssenat:

 

"In Vertretung des Berufungswerbers O H O nehme ich in oben bezeichneter Verwaltungsstrafsache zu der ihm angelasteten Verwaltungs­übertretung Stellung wie folgt:

 

Dem Berufungswerber wird vorgeworfen, er habe als strafrechtlich Verantwortlicher die Mitwirkungspflicht gemäß § 9 Bundesstatistikgesetz verletzt, indem er die geforderten Daten gemäß § 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 210/2003,  zuletzt geändert durch BGBl. II Nr. 315/2007 über das Berichtsmonat Jänner 2013 trotz Aufforderung bis zum 15.02.2013 nicht übermittelt hat.

 

Wenngleich der zugrunde gelegte Sachverhalt unstrittig ist und daher dem behördlich erhobenen Vorwurf inhaltlich nicht entgegen getreten wird, haben folgende der Entlastung des Berufungswerbers dienende Umstände Berücksichtigung zu finden:

 

Der Berufungswerber war als Geschäftsführer der T Dach GmbH (FN X) um wirtschaftliche Erfolge der Gesellschaft bemüht und bestrebt. In Verfolgung dieses Ziels hat er 2012 mehrere Großprojekte angenommen, die für das Unternehmen beträchtliche Profitsteigerungen bringen sollten. Bereits im Jänner und Februar 2013 hat sich aber abgezeichnet, dass diese Geschäfte nicht den erhofften wirtschaftlichen Erfolg bringen, sondern das Unternehmen in eine wirtschaftliche Krise geschlittert war.

 

Dem Berufungswerber wurde nicht nur bewusst, dass seine Anstrengungen und Mühen der letzten Jahre umsonst waren, sondern haderte er mit dem Gefühl, den unternehmerischen Misserfolg verantworten zu müssen. Nicht nur, dass die Existenz des Unternehmens angesichts der drohenden Insolvenz auf dem Spiel stand, bangte er auch um seine eigene wirtschaftliche Existenz sowie um die seiner zu versorgenden Familie.

 

Neben dem wirtschaftlichen Verfall des Unternehmens hatte der Berufungswerber mit massiven familiären Problemen (Scheidungsaufteilungs- und Kindesunterhaltsverfahren zu GZ X, X, jeweils BG L) mit beträchtlichen finanziellen Folgen) zu kämpfen. Von der einstigen Familienidylle war nichts mehr übrig.

 

In diesem emotionalen Fahrwasser war für den Berufungswerber rationales Handeln nicht mehr möglich, sondern nahm dessen seelische Belastung, nämlich die der eigenen Niederlage, derart überhand, dass er seine Pflichten als Geschäftsführer und verantwortlicher Beauftragter vernachlässigt hat. Aufgrund dieser bereits im Februar 2013 bestehenden Zwangslage und Notsituation hat es der Berufungswerber übersehen, seiner Verpflichtung nach dem Bundesstatistik­gesetz nachzukommen.

 

Die bereits im Tatzeitpunkt kumulativ aufgetretenen Belastungen wie Schuldgefühle, Erfolgsdruck, Niederlagen, Geldnöte haben ihn sogar derart unter Druck gesetzt, dass er schließlich Ende März 2013 keinen Ausweg als den Freitod gesehen hat.

 

Der Berufungswerber befand sich sodann in stationärem Aufenthalt im Krankenhaus S. Mit Schreiben vom 04.04.2013 haben die behandelnden Ärzte attestiert, dass der Berufungswerber aufgrund seiner Erkrankung nicht in der Lage sei, Entscheidungen selbst zu treffen ohne sich dabei selbst zu schädigen.

 

Beweis: Schreiben KH S vom 04.04.2013

 

Wegen der bestehenden psychischen inneren Belastung war dem Berufungswerber eine ordnungsgemäße Führung der Geschäfte bereits im Jänner und Februar 2013 nicht mehr möglich. Ein Verschulden kann ihm nicht angelastet werden.

 

Aus den dargelegten Gründen stelle ich den

 

ANTRAG,

 

das Verfahren gegen den Betroffenen mangels Schuldfähigkeit einzustellen, in eventu die dargelegten Gründe bei der Strafbemessung als mildernd zu berücksichtigen."

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Der Tatvorwurf ist in obiger Hinsicht unbestritten. Aus den von der Sachwalterin des Bw angegebenen Gründen erscheint es jedoch vertretbar, Unzurechnungsfähigkeit (§ 3 VStG) anzunehmen oder zumindest die Tat als entschuldigt anzusehen. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder