Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-151084/3/Re/CG

Linz, 19.12.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Herrn x, x, x, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. x, x, x, vom 31. Oktober 2013, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 16. Oktober 2013, VerkR96-2562-2013, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes 2002, zu Recht erkannt:

 

 

I.    Anlässlich der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24, 44a, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG

zu II.: §§ 65 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.           Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 300,00 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit derselben eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 35 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen x (x) am 29. Mai 2013 um 08:33 Uhr auf der Ax, StrKm 171.000, Raststation Ansfelden/Süd, Richtungsfahrbahn: Wien, Gemeinde Ansfelden, das Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz abgestellt (Parkplatz) hat, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten hat. Es war am Fahrzeug keine gültige  Mautvignette angebracht.

 

 

 

 

2.           Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bestrafte, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. x, innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit der Begründung,

 

 

 

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat diese Berufung samt bezughabendem Verwaltungsakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser aufgrund der Tatsache, dass keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist. 

 

4.  Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensstrafakt der belangten Behörde. Demnach wurde das Verfahren mit einer Anzeige der ASFINAG Maut Service GmbH vom 26. Juli 2013 mit der Geschäftszahl GZ: 110181244227 und unter Hinweis auf das Kennzeichen x (x), bezogen auf den 29. Mai 2013 um 08.33 Uhr und bezogen auf das mautpflichtige Straßennetz (Parkplatz – RS Ansfelden(Süd), A1, km 171.000, Richtungsfahrbahn: Wien/Auhof, Gemeinde Ansfelden, eingeleitet.

 

 

 

 

 

 

 

Demnach wurde die Verwaltungsübertretung aufgrund einer dienstlichen Wahrnehmung zwei vereidigter Mautaufsichtsorgane die vor Ort waren erkannt und im System unter der Deliktsnummer 110181244227  registriert. Kennzeichen- und Überblicksbilder aus der automatischen Überwachung können abgerufen werden. Der Zulassungsbesitzer wurde zunächst mit Erlagschein  (Nr. 203097083662) am Fahrzeug zur Zahlung der Ersatzmaut aufgefordert, dieser Aufforderung wurde jedoch nicht entsprochen, weshalb die Anzeige an die tatortzuständige Bezirksverwaltungsbehörde erfolgte.

 

Bereits die in der Folge ergangene Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6. August 2013 wirft dem Berufungswerber vor, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x (x) auf dem mautpflichtigen Straßennetz (Parkplatz) das Kraftfahrzeug abgestellt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Es war am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht.

 

Nach Einlangen des Einspruches des nunmehrigen Bw vom 19. August 2013 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land wurde die Anzeige an die zuständige Wohnsitzbehörde des Bw mit 26.08.2013 elektronisch abgetreten.

 

Mit 16. Oktober 2013 wurde von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt das Straferkenntnis mit dem wörtlich identen Tatvorwurf wie in der Strafverfügung und in Bezug auf § 20 Abs.1 iVm § 10 Abs.1 und § 11 Abs.1  des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (BStMG), BGBl I Nr. 109/2002 i.d.g.F. iVm Teil A l Punkt 10.3.1 der Mautordnung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gemäß § 10 Abs. 1 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG ist die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.

 

Gemäß Punkt 7.1. der Mautordnung ist an jedem mautpflichtigen Kraftfahrzeug vor Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes eine gültige Vignette ordnungsgemäß (unter Verwendung des originären Vignettenklebers) anzubringen. Die Vignette ist – nach ablösen der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist.

 

Gemäß § 20 Abs. 1 BStMG („Mautprellerei“) begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 10 geschuldete zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafen von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 3 Bundesstraßengesetz 1971 gelten u. a. Parkflächen als Bestandteile der Bundesstraße.

 

 

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, unter anderen die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

Danach ist es im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täter und Tatumstände so genau zu umschreiben, dass zum einen die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und zum anderen die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (vergl. Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 13.6.1984, Slg. Nr.11466/A, sowie VwGH 13.9.1999, 98/09/0084).

Demnach sind zum einen entsprechende, dh in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Zum anderen nämlich in Bezug auf das unverwechselbare Festhalten der Identität der Tat, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Das bedeutet, dass die den Beschuldigten vorgeworfene Tat unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren.

 

Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z1 des § 44a VStG der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falles zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwendigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (siehe dazu Hauer/Leukauf, aaO, Seite 1522).

 

Insbesondere unter diesem zuletzt genannten Aspekt in Bezug auf die erforderliche Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale zur Individualisierung und Konkretisierung des Tatvorwurfes ist festzustellen, dass dem Berufungswerber im gegenständlichen Fall innerhalb der Verjährungsfrist ausschließlich das Lenken eines Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x am Tattag zur Tatzeit am Tatort vorgeworfen wird. Dem direkten Schuldvorwurf ist jedoch nicht zu entnehmen, ob es sich bei dem Kraftfahrzeug, dessen Lenken vom Berufungswerber unstrittig ist, um ein solches mehrspuriges Kraftfahrzeug handelt, welches ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen aufweist. Hingegen ist das Tatbestandsmerkmal „höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen“ im bekämpften Straferkenntnis lediglich in der zitierten Gesetzesstelle zu lesen, jedoch reicht diese bloße Zitierung der Gesetzesstelle, der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes folgend, in Bezug auf wesentliche Tatbestandsmerkmale als Tatvorwurf nicht aus.

 

 

Der Berufung war daher zusammenfassend aus all diesen Gründen und somit  insgesamt aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden.

Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde
bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und
wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden.

Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

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