Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-730760/6/SR/Rt

Linz, 19.12.2013

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des X, geb. X, Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25. Juli 2013, AZ: Sich40-11636, mit dem ein Antrag des Berufungswerbers auf Aufhebung eines auf die Dauer von 30 Monaten befristeten Aufenthaltsverbotes abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 iVm. § 67a Abs. 1 Z 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft  Braunau am Inn vom 25. Oktober 2011, GZ: Sich40-11636, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 63 Abs. 1 und 3 iVm. § 53 Abs. 3 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der zum Entscheidungszeitpunkt geltenden Fassung, ein auf 5 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich erlassen.

 

Der Berufung des Bw gegen diesen Bescheid vom 8. November 2011 wurde mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 22. März 2012, GZ: VwSen730547/4/BP/Wu, mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 16. November 2012, Zl. 2012/21/0154-10, abgelehnt.

 

1.2. Der Antrag des Bw vom 2. Juli 2013 auf Aufhebung dieses Aufenthaltsverbotes wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 25. Juli 2013, GZ: Sich40-11636, gemäß § 69 Abs.2 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) abgewiesen.

 

Begründend führte die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Gemäß § 69 Abs. 2 FPG sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit Bescheid vom 25.10.2011, Sich40-11636, gegen Sie ein auf Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Im Berufungsverfahren hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Erkenntnis vom 22.03.2012, VwSen-730547/4/BP/Wu, das Aufenthaltsverbot bestätigt und die Dauer von fünf Jahren auf 30 Monate verkürzt.

 

Gegen diese Entscheidung haben Sie Verfassungs- und Verwaltungsgerichthofbeschwerde eingebracht. Sowohl der Verfassungsgerichtshof als auch der Verwaltungsgerichtshof haben mit Beschlüssen vom 11.06.2012, B 398/12-4 und vom 16.11.2012, ZI. 2012/21/0154, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.

 

Am 23.04.2012 haben Sie dann das Bundesgebiet verlassen, sodass das Aufenthaltsverbot noch bis 23.10.2014 gültig ist.

 

Der Grund für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes war, dass Sie mehrfach wegen Suchtmittel-und Gewaltdelikten gerichtlich verurteilt wurden und auch von der Verwaltungsbehörde verwaltungsrechtlich bestraft wurden, und zwar:

 

1.   Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 10.10.2008, 20 Hv 45/2008p, wegen § 27 Abs. 1 Ziffer 1 1.2.4.5.6.8. Fall, § 28a Abs. 1 2.3. Fall SMG, § 12 2. Fall StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr, wobei diese zunächst für 3 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Probezeit wurde in der Folge mit Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 22.10.2009, 23 Hv 66/2009z, auf fünf Jahre verlängert;

 

2.   Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 18.11.2008, 20 Hv 57/2008b, wegen § 83 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 2. Fall StGB, zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 10,-Euro;

 

3.   Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 22.10.2009, 23 Hv 66/2009z, wegen § 83 Abs. 1, § 107 Abs. 1 und 107 Abs. 2 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 5 Monaten, bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren, wobei die Probezeit mit Urteil des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 07.07.2011, 4 U 10/2011 g/b, auf insgesamt 5 Jahre verlängert wurde;

 

4.   Urteil des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 06.07.2010, 1 U 12/2008z, wegen § 27 Abs. 1 Ziffer 1 1.2. und i. Fall SMG, Schuldspruch - ohne dass eine Zusatzstrafe verhängt wurde;

 

5.   Urteil des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 07.07.2011, 4 U 10/2011g, wegen § 27 Abs. 1 Abs. 1 SMG, zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätze zu je 17,-- Euro, wobei die Hälfte der Geldstrafe für 3 Jahre Probezeit ausgesetzt wurde;

 

Weiters scheinen über Sie aktuell bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn folgende Verwaltungsvorstrafen auf:

 

VerkR96-6836-2006-Fs      05.10.2006 § 36 lit. a KFG                  150,--

VerkR96-8691-2008 05.09.2008 § 102 Abs. 3 5. Satz KFG     60,--

VerkR96-5108-2010

20.07.2010

§ 6 Abs. 1 lit. a PGG

30,--

 
VerkR96-5591-2010

22.07.2010

§ 6 Abs. 1 lit. a PGG

30,--

 
VerkR96-5595-2010

22.07.2010

§ 6 Abs. 1 lit. a PGG

30,--

 
VerkR96-6849-2010

29.09.2010

§ 20 Abs. 2StVO

29,--

 
Ka96-522-2011

12.10.2010

§ 24 StVG (Amtshilfe für FA Z)

800,79

 

Ihren Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes begründen Sie im Wesentlichen damit, dass Sie sich im Heimatland Bosnien-Herzegowina aufhalten. Die Umstände, welche seinerzeit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes zugrunde lagen, haben sich in der Zwischenzeit wesentlich geändert. Die letzte Verurteilung stammt vom Bezirksgericht Mattighofen vom 07.07.2011 zu 4 U 10/11g, wegen § 27 Abs. 1 SMG, wobei dieses Urteil sich auf einen Tatzeitraum März 2010 bezieht. Zudem wurde von der Staatsanwaltschaft Ried i.l. zur Aktenzahl 32 BAZ 1408/1 Ot-1, endgültig von der Verfolgung gem. § 38 Abs. 3 SMG zurück getreten. Ein weiteres Strafverfahren unterbleibt daher.

 

Zudem stellt sich die familiäre Situation so da, dass Ihre gesamte Kernfamilie in Österreich wohnhaft ist und hier ihren Lebensmittelpunkt hat. Die wirtschaftliche Situation in Bosnien-Herzegowina ist äußerst schwierig und können Sie derzeit nicht selbständig für Ihren Lebensunterhalt sorgen und sind auf regelmäßige finanzielle Unterstützung durch Ihre Eltern und Geschwister angewiesen. Diese schicken Ihnen monatlich Geld nach Bosnien und unterstützen Sie umfassend. Besonders Ihre Mutter leidet daran, dass Sie in Bosnien aufhältig sein müssen und nicht mit der Familie in Österreich leben können. Ihre Mutter, X, ist seit längerer Zeit in psychiatrischer Behandlung und in subdepressiver Verstimmung. Es besteht eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und erfolgt die psychiatrische Medikation derzeit mit Citalopram 20mg. Sie macht sich um Sie große Sorgen, hat Schlafstörungen und immer wieder Stimmungseinbrüche.

 

Die Firma X, X, würde Sie sofort wieder einstellen und würde das monatliche Nettoeinkommen etwa € 1.500,- betragen.

 

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 04.07.2013, Sich40-11636, wurden Sie aufgefordert, zur beabsichtigen Abweisung Ihres Antrages eine Stellungnahme abzugeben. Mit Schreiben vom 22.07.2013 haben Sie folgende Stellungnahme abgegeben:

 

Sie verweisen darauf dass es zwar richtig sei, dass die fünf rechtskräftigen Verurteilungen getilgt seien (gemeint offenbar nicht getilgt), jedoch der Zeitraum, in welchem die Taten verübt wurden, doch schon einige Jahre zurückliegen würden und Sie sich in dieser Zeit wesentlich gebessert und Ihre Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten der Republik Österreich entsprechend geändert hätten. Sie würden sich seit mehr als einem Jahr in Bosnien befinden und hätten dort genügend Zeit, über Ihre bisherigen Übertretungen und Ihr Fehlverhalten in Österreich nachzudenken. Die wirtschaftliche Situation sei äußerst schwierig, es wäre kaum möglich Arbeit zu finden und würden Sie deshalb von Ihrer Familie aus Österreich unterstützt. Sie würde Ihnen regelmäßig Geld schicken, damit sie das Nötigste zum Überleben hätten. In Bosnien hätten Sie niemanden und wäre es für Ihre gesamte Familie wesentlich leichter, wenn Sie wieder in Österreich bei der Firma X in X einer geregelten Arbeit nachgehen und so auch zum eigenen Unterhalt beitragen könnten.

 

Insbesondere Ihre Mutter würde unter der Trennung von Ihnen leiden und sei diesbezüglich auch in psychologischer Behandlung.

 

Zu Ihrer Stellungnahme ist zunächst festzustellen, dass die gerichtlichen Verurteilungen noch aktuell im Strafregister aufscheinen und nicht getilgt sind. Auch wenn eine gewisse Zeit seit der Verübung der Straftaten vergangen ist, so bezieht sich das Urteil des Bezirksgerichtes Mattighofen vom 07.07.2011, 4 U 10/11g-12, auf einen Tatzeitraum von 01.03.2010 bis 29.11.2010. Wenn seit dieser Zeit auch mittlerweile etwas mehr als zweieinhalb Jahre vergangen sind, so muss dennoch mit beachtet werden, dass Sie über mehrere Jahre hinweg regelmäßig unrechtmäßig mit Suchtmittel in Kontakt waren. Dies ist auch eindeutig daraus zu ersehen, dass drei der aufscheinenden gerichtlichen Verurteilungen nach dem Suchtmittelgesetz erfolgt sind. Die zwei weiteren Verurteillungen sind wegen Gewaltdelikten, Körperverletzung, schwere Körperverletzung und gefährliche Drohung erfolgt. Schon allein aus der Vielzahl von Verurteilungen ist zu schließen, dass Sie nicht einmal durch gerichtliche Verurteilungen davon abgehalten werden konnten, von Suchtmitteln abzulassen bzw. Ihren Aufenthalt in Österreich gewaltfrei zu gestalten. Im Hinblick auf Ihr Vorleben in Österreich kann derzeit keine günstige Zukunftsprognose gestellt werden. Gerade bei Delikten in Zusammenhang mit Suchtmittelkriminalität und Suchtmittelkonsum bedarf es einer mehrjährigen Zeit der Bewährung, um davon ausgehen zu können, dass die betroffenen Personen sich soweit gefestigt haben, dass sie den Kontakt mit diesen Substanzen meiden. Ihnen muss zusätzlich noch vorgehalten werden, dass Sie dazu noch in massiver Weise als Gewalttäter in Erscheinung getreten sind und auch in diesem Zusammenhang eine mehrjährige Bewährungszeit erforderlich ist, um davon ausgehen zu können, dass Sie keine Gewalt mehr gegenüber anderen Menschen in ihrem Umfeld anwenden werden.

 

Wenn auch ihre Familie und offenbar speziell Ihre Mutter unter der Trennung, dass Sie nunmehr in Bosnien-Herzegowina leben, leidet, so muss dem doch auch der Schutz der österreichischen Bevölkerung vor Personen, die gewalttätig sind und unerlaubt mit Suchtmitteln umgehen, gegenüber gestellt werden. Dabei liegt das Hauptgewicht jedenfalls beim maßgeblichen öffentlichen Interesse am Schutz der Gesundheit anderer und an der Unterbindung der Suchtmittelkriminalität. Es kann nach so kurzer Zeit Ihrer Abwesenheit aus Österreich, noch nicht davon ausgegangen werden, dass Sie nach einer Wiedereinreise in das Bundesgebiet nicht wieder als Straftäter in Erscheinung treten werden.

 

Ihre Kernfamilie unterstützt Sie nach deren Möglichkeiten in Bosnien und werden somit auch die Familienbande aufrecht erhalten, ihre Mutter sowie alle anderen Familienmitglieder haben die Möglichkeit Sie im Zuge von Besuchreisen zu besuchen und persönlich mit Ihnen in Kontakt zu bleiben. Dem psychiatrischen Befund des Hr. Dr. A, Braunau am Inn, vom 28.01.2013 ist zu entnehmen, dass trotz unveränderter Situation und jSorge bzgl. des Sohnes, der weiterhin in Bosnien ist, eine gewisse Stimmungsaufhellung bei Ihrer Mutter gegeben ist. Durch die Medikation mit Citalopram fühle sie sich emotional belastbarer und könne auch besser schlafen. Dennoch komme es immer wieder zu Stimmungseinbrüchen mit ausgeprägtem Grübeln. Als Diagnose ist "Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion" angeführt. Wenn es auch für Ihre Familie mit Schwierigkeiten verbunden ist, dass sie Sie unterstützt, so ist doch durch deren Hilfe und Einsatz Ihr Lebensunterhalt in Bosnien sichergestellt, sodass Sie, soweit Sie diesen nicht durch eigene Arbeit sichern können, ein Auskommen haben. Sie sind mit 25 Jahren in einem Lebensalter, um sich den Herausforderungen zu stellen im Heimatland Fuß zu fassen. Wenn auch die Rahmenbedingungen in Bosnien-Herzegowina schwierig sind, so müsste es Ihnen möglich sein sich in die Gesellschaft in Bosnien zu integrieren.

 

Im Übrigen könnten Sie in Österreich nicht ohne weiteres wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden, da Sie über keinen Aufenthaltstitel und somit über keinen Zugang zum Arbeitsmarkt mehr verfügen. Dieser ist durch die rechtskräftige Erlassung des Aufenthaltsverbotes gemäß § 10 Abs. 1 NAG erloschen. Sie müssten einen "Erstantrag" stellen und könnten nur als Schlüsselkraft bzw. als Arbeitskraft in einem Mangelberuf gem. der Fachkräfteverordnung nach dem AuslBG wieder einen Aufenthaltstitel erlangen.

 

Der bisher verstrichene Zeitraum Ihrer Abwesenheit in Österreich ist jedenfalls noch als zu kurz zu betrachten, um von einem straffreien Verhalten Ihrer Person in Zukunft in Österreich ausgehen zu können. Gerade Suchtmitteldelikte erfordern, wie bereits dargestellt, einen mehrjährigen Zeitraum der Bewährung, um Straffreiheit erwarten zu können.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw rechtzeitig durch seine rechtsfreundliche Vertreterin Berufung mit Telefax vom 12. August 2013.

 

Vorerst werden die Anträge gestellt, die Berufungsbehörde möge:

  1. den angefochtenen Bescheid dahingehend abändern, dass der beantragten Aufhebung des Aufenthaltsverbotes stattgegeben werde, in eventu
  2. den gegenständlichen Bescheid beheben und zur neuerlichen Entscheidung an die Erstinstanz zurückverweisen, sowie
  3. eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen.

 

Seine Berufung begründet der Bw wie folgt:

 

Ich erhebe mein gesamtes bisheriges Vorbringen zum integrierenden Bestandteil dieses Berufungsschriftsatzes und hätte bei richtiger rechtlicher Beurteilung eine in­haltlich anderslautende Entscheidung ergehen müssen und insbesondere mein An­trag auf Aufhebung des Aufenthaltverbotes nicht abgewiesen werden dürfen.

 

Die Erstinstanz führt zur Begründung der Abweisung aus, dass die gerichtlichen Ver­urteilungen noch aktuell im Strafregister aufscheinen würden und nicht getilgt wur­den. Die Bezirkshauptmannschaft würde zwar berücksichtigen, dass seit dem letzten Tatzeitraum mehr als 2 ½ Jahre vergangen wären, so müsse aber beachtet werden, dass der Berufungswerber über mehrere Jahre hinweg regelmäßig unrechtmäßig mit Suchtmittel in Kontakt gewesen wäre. Aufgrund der Vielzahl der Verurteilungen nach dem SMG sowie wegen Gewaltdelikten, Körperverletzung, schwere Körperverletzung und gefährliche Drohung sei zu schließen, dass der Berufungswerber nicht einmal durch gerichtliche Verurteilungen davon abgehalten werden konnte, von Suchtmitteln abzulassen bzw. den Aufenthalt in Österreich gewaltfrei zu gestalten. Im Hinblick auf das Vorleben des Berufungswerbers könne derzeit keine günstige Zukunftsprognose gestellt werden. Gerade bei Delikten im Zusammenhang mit Suchtmittelkriminalität und Suchtmittelkonsum bedürfe es einer mehrjährigen Zeit der Bewährung, um da­von ausgehen zu können, dass die betroffene Person sich soweit gefestigt habe, dass sie den Kontakt zu diesen Substanzen meidet. Auch im Zusammenhang damit, dass der Berufungswerber immer als Gewalttäter in Erscheinung getreten wäre und auch in diesem Zusammenhang eine mehrjährige Bewährungszeit erforderlich wäre, um davon ausgehen zu können, dass keine Gewalt mehr gegenüber anderen Men­schen in seinem Umfeld ausgehen würde.

 

Zu dieser Argumentation ist zu sagen, dass die beiden Verurteilungen wegen der Gewaltdelikte aus dem Jahr 2008 und 2009 stammen und der Berufungswerber auch während des erst danach erfolgten Aufenthaltes in Österreich bewiesen hat, dass er sich gebessert hat und sich gegenüber seinem nächsten Umfeld gewaltfrei verhält. Die beiden zuletzt erfolgten Verurteilungen nach dem SMG erfolgten vor dem Be­zirksgericht Mattighofen und muss korrekterweise wohl schon eine Unterscheidung dahingehend vorgenommen werden, ob einer Person schwere Verbrechen nach dem SMG, welche vor dem Landesgericht abzuhandeln sind angelastet werden oder es zu relativ geringen Strafen vor dem Bezirksgericht kommt, da beiden ein völlig unter­schiedlicher Sachverhalt zugrunde liegt. Der Berufungswerber ist mittlerweile „clean“ und sind die Verurteilungen in erster Linie auf den Eigenkonsum zurückzuführen. Ich ersuche die Berufungsbehörde nochmals den Sachverhalt zu prüfen, insbesondere im Hinblick auf die familiären Verhältnisse, dass die gesamte Kernfamilie des Beru­fungswerbers in Österreich lebt und der Berufungswerber ohnehin nur durch die Geldübersendungen seiner Familie aus Österreich an ihn überleben kann. In Öster­reich könnte er bei Einreise sofort wieder einer sozialversicherungspflichtigen Be­schäftigung nachgehen und so selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen. Es wurde ausführlich dargelegt, dass die Mutter psychisch unter der Situation leidet und die Trennung vom Sohn kaum verkraftet. Im Gegensatz zur Ansicht der Erstbehörde hat der Berufungswerber durchaus einen mehrjährigen Zeitraum erfüllt, wo er bewiesen hat, dass er von den Suchtmitteln losgekommen ist.

 

Ich ersuche Sie höflich, den gesamten Sachverhalt nochmals zu überprüfen und um eine positive Entscheidung.

 

 

3. Die belangte Behörde legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 12. August 2013 zur Entscheidungsfindung vor.

 

3.1. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 9 Abs. 7 FPG abgesehen werden, zumal der Fremde derzeit im Ausland aufhältig ist, der entscheidungswesentliche Sachverhalt feststeht und die Akten erkennen lassen, dass eine allfällige weiterführende Erörterung für den Sachverhalt ergebnisneutral wäre.

 

Im Hinblick auf den ausdrücklichen Antrag der rechtsfreundlichen Vertretung wurde dennoch eine öffentliche Verhandlung anberaumt und die Parteien für den 13. Dezember 2013 geladen.

 

Da die ÖB Sarajewo dem Bw die Wiedereinreise in das Bundesgebiet verweigert hat, ersuchte die Rechtsvertreterin um Abberaumung der öffentlichen Verhandlung. Dem Ersuchen wurde stattgegeben.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde.

 

3.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. bis 1.3., 2. und 3.1. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

3.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (vgl. § 67a Abs. 1 Z 1 AVG).

 

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 69 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG idgF. BGBl. I Nr. 114/2013 sind eine Ausweisung und ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

 

4.2. Im vorliegenden Fall wies die belangte Behörde einen Antrag des Bw auf Aufhebung des am 22. März 2012 gegen ihn erlassenen auf 30 Monate befristeten Aufenthaltsverbotes ab.

 

Unbestritten ist, dass der Bw vor der Erlassung der Maßnahme über einen Aufenthaltstitel für das österreichische Bundesgebiet verfügte, in dem er - wie sich aus dem Verwaltungsakt ergibt – seit dem Jahr 1999 (seit seinem 11. Lebensjahr) rechtmäßig aufhältig war.

 

Aus der Überschrift des 5. Abschnittes vor § 68 FPG "Gemeinsame Verfahrensbestimmungen für Ausweisungen und Aufenthaltsverbote" wird deutlich, dass ein Aufenthaltsverbot, sei es auf § 63, sei es auf § 67 FPG gestützt, hinsichtlich der Aufhebung einer Überprüfung nach § 69 Abs. 2 FPG zuzuführen sind. Somit hat die belangte Behörde zu Recht diese Gesetzesgrundlage herangezogen.

 

4.3.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dem inhaltlich mit dem aktuellen § 69 Abs. 2 FPG vergleichbaren § 65 Abs. 1 FPG in der vorhergehenden Fassung kann ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgeblichen Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung der Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist.

 

Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose weiterhin zu treffen ist, sodass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme im Grunde des nunmehrigen § 61 FPG (Schutz des Privat- und Familienlebens) zulässig ist.

 

Da bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden kann, ist für den Zeitpunkt der Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides nur zu beurteilen, ob die Voraussetzungen für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes wegen einer Änderung der Umstände zu Gunsten des Fremden weggefallen sind (vergl. VwGH vom 24.2.2009, 2008/22/0587 und vom 10.11.2009, 2008/22/0848).

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat sich somit mit der Frage auseinanderzusetzten, ob im konkreten Fall ein relevanter Eingriff  im Sinne des § 61 FPG vorliegt und – gegebenenfalls – ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes weiterhin dringend geboten ist. Bejahendenfalls ist ferner zu erörtern, ob sich seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes die Umstände, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben. Diese Interessen sind daran anschließend gegeneinander abzuwiegen.

 

4.3.2. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 69 Abs. 2 FPG keinesfalls dazu geeignet sein kann, Umstände, die bei der Erlassung des ursprünglichen Aufenthaltsverbotes gewürdigt wurden und durch die Rechtskraft der Entscheidung gedeckt sind, neu oder anders zu beurteilen, da dies in Hinblick auf § 68 Abs. 1 AVG unzulässig wäre. Umstände, die bei Beurteilung im Rahmen der Verhängung der Maßnahme unverändert bestanden, unterliegen daher nicht den Überprüfungsmöglichkeiten im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens. Weiters kann bei Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden.

 

4.4. Im vorliegenden Fall ist zunächst auf die Begründung des Aufenthaltsverbotsbescheides, die Erstellung der Gefährlichkeitsprognose und die Darstellung der gerichtlichen Verurteilungen hinzuweisen.

 

Das Verhalten des Bw hat fraglos von evidenter krimineller Energie gezeugt. Er hat in einem hohen Umfang und über fünf Jahre hinweg Missbrauch mit Suchtgiften betrieben. Der Profit, den er aus dem Handel mit Kokain ziehen wollte, zeigt im Grunde eine menschenverachtende Einstellung und lässt erkennen, dass ihm die Gesundheit Dritter nicht berührt. Entscheidungsrelevant für ihn ist, dass ihm die Handlung zum Vorteil gereicht. Neben den Verstößen gegen das SMG trat auch die Gewaltbereitschaft zu Tage, die in mehreren Verurteilungen mündete.

 

Besonders ist bei einer Gefahrenprognose hervorzuheben, dass der Bw in vollem Bewusstsein und vorsätzlich Verstöße gegen das SMG setzte und Dritte über einen Zeitraum von mehreren Jahren schädigte.

 

Das Berufungsvorbringen, das sich mit den Verurteilungen des Bw und der daraus ableitbaren Gefährlichkeitsprognose auseinandersetzt, ist nicht geeignet, eine geänderte Sichtweise darzulegen. Wie bereits oben ausgeführt, sind Umstände, die bei der Erlassung des ursprünglichen Aufenthaltsverbotes gewürdigt wurden und durch die Rechtskraft der Entscheidung gedeckt sind keinesfalls neu oder anders zu beurteilen (§ 68 Abs. 1 AVG). Im Zuge des Aufenthaltsverbotsverfahrens wurden die angesprochenen Aspekte vom Unabhängigen Verwaltungssenat bereits umfassend gewürdigt und haben diese zur deutlichen Reduzierung der Aufenthaltsverbotsdauer geführt.

 

Dass der Berufungswerber mittlerweile „clean" ist und sich der Zeitraum des Wohlverhaltens um ca. eineinhalb Jahre verlängert hat, steht laut Aktenlage außer Zweifel. Dieses Verhalten wird vom Bw auch einzufordern sein, um ihm im Falle des Ablaufs des Aufenthaltsverbotes bzw. bei Wegfall jener Gründe, die zur Erlassung geführt haben, eine Wiedereinreise bzw. ein Aufenthaltsrecht in Österreich zu ermöglichen. Im Hinblick auf die kriminelle Energie des Bw im Bereich der Suchtgiftkriminalität stellt das Wohlverhalten im vorliegenden Beobachtungszeitraum für sich alleine noch keinen maßgelblichen Umstand dar.

 

Wie im Aufenthaltsverbotsbescheid eindeutig zum Ausdruck kommt, bedarf es eines ausgedehnten Beobachtungszeitraumes, um vom Wegfall der kriminellen Energie, die über einen fünfjährigen Zeitraum eine unbestrittene Verfestigung erfuhr, sprechen zu können.

 

Daraus folgt für den vorliegenden Fall, dass - auch wenn dem Bw ein gewisses Maß an Reue zugebilligt wird - zum Entscheidungszeitpunkt noch keinesfalls das Maß an Nachhaltigkeit des Gesinnungswandels gegeben ist, das ein Abweichen von der ursprünglichen Gefährdungsannahme erlauben würde.

 

In diesem Sinn ist also abschließend festzustellen, dass die ursprüngliche Prognoseentscheidung, wonach im Fall des Bw ein besonders hohes, gegenwärtiges und nachhaltiges Gefährdungspotential vorliegt, weiterhin aufrechterhalten werden muss.

 

4.5. Insofern der Bw - im Rahmen der Interessensabwägung nach nunmehr § 61 FPG - auf das familiäre Umfeld in Österreich abstellt, war die Feststellung, dass der Bw in Österreich langjährig aufhältig war, schon im ursprünglichen Verfahren bekannt und erlaubt daher keine neuerliche Abwägung im Sinne des § 61 FPG.

 

Die angesprochenen familiären Verhältnisse, der Aufenthalt der gesamten Kernfamilie des Bw in Österreich und die Bindung zur Familie wurden im ursprünglichen Verfahren abschließend gewürdigt.

 

Die Umstände, dass der Berufungswerber nur durch die Geldübersendungen seiner Familie aus Österreich überleben kann und die Mutter psychisch unter der Trennungssituation leidet, führen nicht zu einer von der belangten Behörde abweichenden Beurteilung.

 

Angesichts der bedeutsamen Straffälligkeit des Bw und seiner sich daraus ergebenden erheblichen Gefährlichkeit, die das öffentliche Interesse am gegenständlichen Aufenthaltsverbot rechtfertigen, haben der Bw und seine Angehörigen - der ständigen Judikatur des VwGH folgend - eine anfällige Trennung in Kauf zu nehmen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 17. Juli 2008, Zl. 2007/21/0084); ebenso allfällige Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung in den Heimatstaat.

 

Weitere Umstände, die als Neuerungsgründe im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG iVm. § 61 FPG zu berücksichtigen wären, sind nicht bekannt, ergeben sich auch nicht aus der Aktenlage und wurden vom Bw nicht vorgebracht.

 

4.6. Im Ergebnis bedeutet dies, dass keine Änderung der maßgeblichen Umstände im Sinne des § 69 Abs. 2 FPG vorliegt, weshalb der Antrag - von der belangten Behörde völlig zu Recht - als unbegründet abgewiesen wurde.

 

4.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

1. Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

2. Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 14,30 Euro (Eingabegebühr) angefallen.

 

 

 

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

 

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