Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560273/3/Kl/TK

Linz, 29.11.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 5. Kammer (Vorsitzende: Mag. Michaela Bismaier; Berichterin: Dr. Ilse Klempt; Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung des x, x, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 17.04.2013, Zl. SO-130552/3-2013-FF, wegen Kosten für Leistungen sozialer Hilfe nach dem Oö. Jugendwohlfahrtsgesetz iVm dem Oö. Sozialhilfegesetz und dem Oö. Mindestsicherungsgesetz zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben und der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt abgeändert:

„Der x ist verpflichtet, dem x Kosten für gewährte Leistungen sozialer Hilfe für den mj. x, geb. x, zu ersetzen.“

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF., iVm. §§ 40 Abs.1,  41 Abs. 1,  41 Abs. 3 Z. 8,  44 Abs. 1 und  66 Abs. 3 Oö. Sozialhilfegesetz – Oö. SHG 1998, LGBl. Nr. 82/1998 idF. LGBl. Nr. 74/2011, iVm. § 12 Abs. 4 Z. 1 und § 24 Abs. 3 Z. 2 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBl Nr. 74/2011 idgF.


Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 17.04.2013, Zl. SO-130552/3-2013-FF, erging über den von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck bzw. vom Sozialhilfeverband x mit Schreiben vom 05.12.2011, Zl. SH10-11333-A, eingebrachten Antrag auf Entscheidung gemäß § 44 Oö. Sozialhilfegesetz folgender Spruch:

 

„Der Sozialhilfeverband x ist nicht verpflichtet, dem Sozialhilfeverband x Kosten für Leistungen sozialer Hilfe für den mj. x, geb. x, zu ersetzen.“

 

Begründend führte die belangte Behörde – nach Schilderung des Sachverhalts und Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen – im Wesentlichen aus, dass dem Land die Kostentragung für die nach § 20 Oö. Sozialhilfegesetz erbrachten Leistungen obliege. Für eine Kostentragung sei jedoch eine vertragliche Vereinbarung oder gesetzliche Festlegung erforderlich. Im Falle des x gebe es weder eine vertragliche Vereinbarung zur Kostentragung noch eine Kostenübernahmeverpflichtung nach dem Gesetz. Es handle sich beim x daher um eine private Einrichtung.

In den erläuternden Bemerkungen zu § 24 Oö. Mindestsicherungsgesetz sei nachzulesen, dass diese Leistung im Wesentlichen dem bisherigen § 20 Oö. Sozialhilfegesetz entspreche. In Abs. 3 sei klar erwähnt, dass das Land entweder Einrichtungen selbst anzubieten oder durch andere Träger sicherzustellen habe. Eine erforderliche Vereinbarung ergebe sich aus dem Hinweis auf §§ 59 f Oö. Sozialhilfegesetz. Das x sei keine Einrichtung nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz.

 

2. Gegen diesen Bescheid wurde rechtzeitig Berufung eingebracht. In der Berufung macht der Sozialhilfeverband x als Berufungswerber (im Folgenden Bw) geltend, dass es sich im gegenständlichen Fall um keine regelmäßige Betrauung des x mit Aufgaben im Rahmen der sozialen Hilfe gehandelt habe, weshalb der Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung im Sinne des § 60 Oö. Sozialhilfegesetz nicht erforderlich gewesen sei. Die Unterbringung der Kindesmutter x mit ihrem Sohn x im x sei nach Auskunft der Jugendwohlfahrt nur deshalb erfolgt, weil im Frauenhaus x kein Platz zur Verfügung gestanden sei. Bei einer Unterbringung von x und x im Frauenhaus x, mit anschließender Unterbringung von x bei den Pflegeeltern, wäre die Anerkennung der endgültigen Kostentragungspflicht durch den Sozialhilfeverband x sicherlich erfolgt. 

 

3. Die Oö. Landesregierung als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt vorgelegt.

Gemäß § 66 Abs. 3 Oö. SHG 1998 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide gemäß §§ 28, 44, 52, 61 und 65 leg.cit. der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in zweiter Instanz durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer (§ 67a AVG).

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu GZ SO-130552/3-2013-FF.

Da schon aufgrund der Aktenlage der Sachverhalt zweifelsfrei feststeht, eine mündliche Verhandlung nicht beantragt wurde und auch nicht für erforderlich erachtet wurde, ist eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 67d AVG nicht durchzuführen.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest und wird der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der minderjährige x wurde am x in x geboren und hat sich bis 09.03.2011 in x, aufgehalten. In der Zeit von 10.03.2011 bis 15.07.2011 war der Minderjährige mit seiner Mutter im x, aufhältig. Im Zeitraum von 10.03.2011 bis 15.07.2011 stand im Frauenhaus x kein Platz zur Verfügung.

Seit 15.07.2011 ist x bei seinen Pflegeeltern in x, wohnhaft. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat Frau x und Herrn x mit den Bescheiden vom 14.07.2011 und vom 04.10.2011 (zuletzt vom 8. Jänner 2013) Pflegegeld und Sonderbedarf für Kinder in fremder Pflege sowie eine jährliche Bekleidungshilfe nach § 27 Oö. Jugendwohlfahrtsgesetz für den mj. x zuerkannt.

 

Das x ist ein privat geführtes Heim, welches keine schriftliche Vereinbarung mit dem Land Oberösterreich abgeschlossen hat. Träger des x ist die x. Dieses Haus nimmt u.a. als spezifische Wohnform für Frauen und Kinder die Aufgabe der vorübergehenden Unterbringung zur Bewältigung von Gewalt-Erfahrungen wahr.

 

Mit Anzeige des Sozialhilfeverbandes x vom 18. Juli 2011 wurde die dem minderjährigen x ab 11.7.2011 gewährte Maßnahme der Jugendwohlfahrt dem Sozialhilfeverband x angezeigt und um Anerkennung der endgültigen Kostentragungspflicht ersucht. Mit ergänzender Anzeige vom 26. Juli 2011 wurde um weitere Anerkennung des Kostenersatz der Aufenthaltskosten im x für den minderjährigen x und seine Mutter in der Zeit vom 27. Februar bis 7.7.2011 ersucht. Das Ersuchen um Anerkennung der endgültigen Kostentragungspflicht wurde schließlich bekräftigt mit Schreiben vom 9. November 2011.

 

Der Sozialhilfeverband x lehnte den Kostenersatz mit der Begründung ab, dass sich der mj. x in den letzten sechs Monaten vor Leistung der Pflegegeldleistungen nicht an 150 Tagen im Bezirk Wels-Land aufgehalten habe und der Aufenthalt im x nicht als „neutrale Zeit“ iSd § 41 Abs. 3 Oö. Sozialhilfegesetz gewertet werden könne.

 

Am 5. Dezember 2011 beantragte der Sozialhilfeverband x bei der Oö. Landesregierung die Entscheidung über die Kostenersatzpflicht im Sinn des § 44 Abs. 1 Oö Sozialhilfegesetz mit der Begründung, dass mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14.7.2011 für die mit der Pflege des minderjährigen x verbundenen Lasten ab 11. Juli 2011 den Pflegeeltern Pflegegeld und die Bekleidungsbeihilfe nach den Bestimmungen des Oö. JWG gewährt wurde und die Auszahlung dieser Leistung durch den Sozialhilfeverband x erfolgt. Nach Ansicht des Sozialhilfeverbandes x ist der Sozialhilfeverband x in der gegenständlichen Angelegenheit endgültiger Kostenträger.

 

4.2. Die aufgenommenen Beweise haben den festgestellten Sachverhalt in sich widerspruchsfrei und schlüssig dargetan. Insbesondere der Aufenthalt des mj. x sowie auch die Beschaffenheit und Qualität des x ist unstrittig, zu klären ist vielmehr die rechtliche Frage, ob der Aufenthalt im x als „neutrale Zeit“ zu werten ist.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs. 1 des Landesgesetzes vom 3. Juli 1991 über die Jugendwohlfahrt (Oö. Jugendwohlfahrtsgesetz 1991 - Oö. JWG 1991), LGBl Nr. 111/1991 idF. LGBl. Nr. 4/2013, hat der Sozialhilfeverband bzw. die Stadt mit eigenem Statut, dessen (deren) Wirkungsbereich sich mit dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde deckt, die die Maßnahme der vollen Erziehung durchführt (§ 40 Abs. 1), die Kosten der Maßnahme vorläufig zu tragen. Die vorläufige Kostentragung umfasst auch die Tragung bzw. den Ersatz jener Kosten, die noch vor Abschluss der schriftlichen Vereinbarung mit den Erziehungsberechtigten (§ 38) oder vor rechtskräftiger gerichtlicher Übertragung der Obsorge an den Jugendwohlfahrtsträger (§ 213 ABGB) entstanden sind.

Gemäß § 45 Abs. 2 Oö. JWG 1991 gelten für die Ermittlung der endgültigen Pflicht zur Tragung der Kosten durch die Sozialhilfeverbände und Städte mit eigenem Statut die Bestimmungen der §§ 41 bis 44 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998, LGBl. Nr. 82, mit der Maßgabe, dass dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung nach § 41 Abs. 3 Z 1 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 der Aufenthalt in einer Wohngemeinschaft oder sonstigen Einrichtung (§ 30) gleichzusetzen ist.

 

Gemäß § 29 des Landesgesetzes über die soziale Hilfe in Oberösterreich (Oö. Sozialhilfegesetz 1998 - Oö. SHG 1998), LGBl Nr. 82/1998 idF. LGBl. Nr. 4/2013, sind Träger der sozialen Hilfe das Land sowie die Sozialhilfeverbände und Städte mit eigenem Statut (regionale Träger).

 

Gemäß § 30 Abs. 1 Oö. SHG 1998 ist Aufgabe des Landes als Träger sozialer Hilfe

1.   die Vorsorge für soziale Hilfe durch spezifische Wohnformen gemäß § 12 Abs. 2 einschließlich der erforderlichen Beratung und präventiven Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit,

2.   die Leistung sozialer Hilfe gemäß Z 1 einschließlich der während einer Unterbringung in einer spezifischen Wohnform gemäß Z 1 notwendig werdenden sozialen Hilfe und allfälliger Bestattungskosten.

Gemäß § 30 Abs. 2 Oö. SHG 1998 hat das Land zur Besorgung der Aufgaben gemäß Abs. 1 Z 1 leg.cit. die erforderlichen Einrichtungen entweder selbst zu schaffen und zu betreiben oder durch andere Träger sicherzustellen.

 

Gemäß der bis 30.09.2011 geltenden Fassung des § 20 Abs. 1 Oö. SHG 1998 umfasste die Hilfe für Personen, die der Gewalt durch Angehörige (Lebensgefährten) ausgesetzt sind, die Zurverfügungstellung besonderer vorübergehender Wohnmöglichkeiten für Hilfebedürftige und deren minderjährige Kinder (§ 12 Abs. 2 Z. 2 lit. a leg.cit.) sowie die zur Bewältigung der Gewalterfahrungen und zur Erarbeitung neuer Lebensperspektiven erforderliche Betreuung und Beratung.

Gemäß der bis 30.09.2011 geltenden Fassung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit.a Oö. SHG 1998 kam persönliche Hilfe insbesondere durch spezifische Wohnformen mit entsprechender fachgerechter Betreuung, insbesondere für Frauen und Kinder zur vorübergehenden Unterbringung und zur Bewältigung von Gewalterfahrungen (z. B. Frauenhäuser), in Betracht.

Mit LGBl. Nr. 74/2011 wurden die in § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a und b iVm § 20 Abs. 1 Oö. SHG 1998 enthaltenen Leistungen mit Inkrafttreten am 01.10.2011 aufgehoben (Art. VI Abs. 1 Z 1 LGBl. Nr. 74/2011) und in das Oö. BMSG überführt (vgl. AB BlgLT 434/2011 XXVII. GP 68).

 

Gemäß § 40 Abs. 1 Oö. SHG 1998 sind die durch Kostenbeiträge (§ 9 Abs. 7 leg.cit.) oder Ersatzleistungen nach dem 7. Hauptstück nicht gedeckten Kosten für soziale Hilfen von den Trägern sozialer Hilfe zu tragen (Kosten der Sozialhilfe). Zu den Kosten der Sozialhilfe gehören auch die Kosten, die auf Grund anderer Rechtsvorschriften nach den Vorschriften über die Leistung sozialer Hilfe bzw. die öffentliche Fürsorge zu tragen sind. Jeder Träger sozialer Hilfe hat die nicht gedeckten Kosten für die von ihm geleistete soziale Hilfe zu tragen, sofern in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist.

 

Gemäß § 41 Abs. 1 Oö. SHG hat für Kosten für Hilfen, auf die ein Rechtsanspruch besteht und die durch einen regionalen Träger geleistet wurden, sowie für Kosten durch Übernahme der Bestattungskosten jener regionale Träger Kostenersatz zu leisten, in dessen Bereich sich der Hilfeempfänger während der letzten sechs Monate vor Leistung der Hilfe an insgesamt mindestens 150 Tagen aufgehalten hat.

Gemäß § 41 Abs. 3 Z. 8 Oö. SHG 1998 bleiben bei der Berechnung der Frist nach Abs. 1 Aufenthalte in Einrichtungen im Sinn des § 12 Abs. 4 Z 1 oder 2 Oö. BMSG außer Betracht.

Den erläuternden Bemerkungen zufolge wurde bei der Übernahme der spezifischen Wohnformen für Frauen und Kinder zur vorübergehenden Unterbringung und zur Bewältigung von Gewalterfahrungen (z.B. Frauenhäuser) in die Landeszuständigkeit nicht mitberücksichtigt, „dass die Hilfeempfänger nach der vorübergehenden Unterbringung in der spezifischen Wohnform mitunter nicht mehr in den Herkunftsbezirk zurückkehren, sondern in dem Bezirk bleiben, wo sie die persönliche Hilfe im Sinn des § 12 Abs. 2 Oö. Sozialhilfegesetz erhalten haben. Dadurch kann es zu einer Belastung einzelner regionaler Träger sozialer Hilfe, in deren Sprengel sich derartige Einrichtungen befinden, kommen. Im Sinn einer größeren Verteilungsgerechtigkeit soll die Zeit, während welcher Sozialhilfe in einer spezifischen Wohnform gemäß § 12 Abs. 2 lit. a oder b gewährt wird, als neutrale Zeit in § 41 Abs. 3 Oö. Sozialhilfegesetz aufgenommen werden, da die Gewährung der sozialen Hilfe den Aufenthaltswechsel bei derartigen Maßnahmen regelmäßig geradezu bedingt“ (IA 759/2005 BlgLT XXVI. GP 4).

 

Gemäß § 44 Abs. 1 Oö. SHG 1998 kann der anzeigende regionale Träger innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der Frist nach § 43 Abs. 3 leg.cit. bei der Landesregierung die Entscheidung über die Kostenersatzpflicht beantragen, wenn der regionale Träger, dem eine Hilfeleistung angezeigt wurde, das Bestehen seiner Kostenersatzpflicht schriftlich ablehnt. Die Landesregierung hat auch über sonstige Streitigkeiten aus Kostenersatzansprüchen der regionalen Träger gegeneinander mit Bescheid zu entscheiden.

 

Gemäß § 59 Abs. 1 Oö. SHG 1998 haben die Träger sozialer Hilfe zur Erfüllung ihrer Aufgaben die Träger der freien Wohlfahrt zur Mitwirkung einzuladen, die dazu geeignet sind und deren Mitwirkung der Erreichung des damit angestrebten Zweckes dient.

Gemäß § 59 Abs. 3 Oö. SHG 1998 setzt die regelmäßige Betrauung eines Trägers der freien Wohlfahrt oder eines anderen Trägers mit Aufgaben im Rahmen der sozialen Hilfe den Abschluss schriftlicher Vereinbarungen voraus, die den Voraussetzungen nach § 60 zu entsprechen haben. Für die Unterbringung von Hilfebedürftigen in anerkannten Heimen ist der Abschluss einer Vereinbarung nicht erforderlich.

 

5.2. Allgemein gilt der Grundsatz, dass die Behörde ihrer Entscheidung jene Rechtslage zugrunde legen muss, die im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides in Geltung ist. Dies trifft auch auf die Rechtsmittelbehörde zu.

 

Die Übergangsbestimmung bzw. Inkrafttretensbestimmung des Art. VI Abs. 1 Z.1, LGBl. Nr. 74/2011, bestimmt, dass die Z. 23 (§ 41 Abs. 3 Z.8) des Artikels II mit 1. Oktober 2011 in Kraft tritt.

 

5.3. Zur Berechnung der „neutralen Zeit“ iSd § 41 Abs. 3 Oö. SHG 1998 ist daher alleine auf den in der geltenden Fassung des Z 8 verwiesenen § 12 Abs. 4 Z 1 Oö. BMSG abzustellen.

Gemäß § 12 Abs. 4 Z.1 des Landesgesetzes , mit dem das Gesetz über die bedarfsorientierte Mindestsicherung in Oberösterreich (Oö. Mindestsicherungsgesetz - Oö. BMSG) erlassen wird, LGBl Nr. 74/2011 idF LGBl Nr. 18/2013, sind Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung im Rahmen des Privatrechts für Einrichtungen insbesondere: Sicherstellung von Einrichtungen, die Personen unterstützen, die von Gewalt durch Angehörige betroffen sind.

Entscheidungserheblich ist daher, ob es sich beim x um eine Einrichtung iSd. § 12 Abs. 4 Z. 1 Oö. BMSG handelt.

Gemäß § 24 Abs. 1 Oö. BMSG hat das Land nach Maßgabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel für Personen, die der Gewalt durch Angehörige (Lebensgefährten) ausgesetzt sind, besondere vorübergehende Wohnmöglichkeiten sowie die zur Bewältigung der Gewalterfahrungen und zur Erarbeitung neuer Lebensperspektiven erforderliche Betreuung und Beratung zur Verfügung zu stellen. Gemäß § 24 Abs. 3 Oö. BMSG hat das Land zur Besorgung der Aufgaben nach Abs. 1

1.   entweder die Einrichtungen und Leistungen selbst anzubieten oder

2.   durch andere Träger sicherzustellen. Bei der Heranziehung anderer Träger zur Besorgung der Aufgaben gelten die §§ 59 und 60 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 sinngemäß.

Beim Haus LEA handelt es sich unstrittig um einen solchen „anderen Träger“ iSd § 24 Abs. 3 Z 2 Oö. BMSG.

Den Erläuterungen zur Stammfassung des § 59 Oö. SHG 1998 (LGBl Nr. 82/1998) zufolge verlangt Abs. 3 leg.cit. „eine klare Regelung der Beziehung zu Anbietern von Leistungen der sozialen Hilfe, insbesondere durch persönliche Hilfe (soziale Dienste), wenn dieser regelmäßig herangezogen werden. [...] Damit soll klargestellt werden, daß die schriftliche Vereinbarung die Regel sein muß“ (AB 206/1998 BlgLT XXV. GP zu § 59).

Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls, insbesondere weil unstrittig im Zeitraum von 10.03.2011 bis 15.07.2011 im Frauenhaus x kein Platz zur Verfügung stand, wurde das x zur Unterbringung des Kindes gewählt. Dabei handelte es sich um keine regelmäßige, sondern eine den vorliegenden besonderen Umständen geschuldete ausnahmsweise Betrauung, für welche – argumentum e contrario – gerade keine schriftliche Vereinbarung zur Betreuung vorliegen musste. Von den beteiligten Sozialhilfeverbänden wurde im vorliegenden Schriftverkehr übereinstimmend die grundsätzliche Qualität und Eignung des x als frauenhausähnliche Einrichtung attestiert. In Anbetracht der Platznot im Frauenhaus x einerseits, der Notwendigkeit der raschen Unterbringung des Kindes zur Sicherung des Kindeswohles andererseits konnte dem Schutzauftrag des § 24 Abs. 1 Oö. BMSG nur durch eine Unterbringung im x beigekommen werden.

 

Im Ergebnis ist daher die Qualifikation des x als Einrichtung iSd § 12 Abs. 4 Z 1 Oö. BMSG zu bejahen, weil in Ausnahmefällen eine schriftliche Vereinbarung nicht vorliegen muss. Daher sind die Zeiten im x als „neutrale Zeit“ iSd § 41 Abs. 3 Oö. SHG 1998 zu betrachten. Damit liegt das für einen Kostenersatz gemäß § 41 Abs. 1 Oö. SHG 1998 notwendige Tatbestandsmerkmal des tatsächlichen Aufenthalts des Hilfeempfänger von insgesamt mindestens 150 Tagen während der letzten sechs Monate vor Leistung der Hilfe im Bezirk Wels-Land (unter Anrechnung der Zeiten im x als neutrale Zeit) vor, weshalb im Ergebnis nicht der Sozialhilfeverband x, sondern der Sozialhilfeverband x die Kosten zu tragen hat.

Unberücksichtigt darf schließlich dabei nicht bleiben, dass sich im Wirkungsbereich des Sozialhilfeverbandes x keine entsprechende Einrichtung befindet, weshalb der Sozialhilfeverband x jedenfalls zur Kostenersatzpflicht heranzuziehen gewesen wäre.

Schließlich ist insbesondere hinsichtlich der Maßnahme der Jugendwohlfahrt auf

§ 45 Abs. 1 Satz 1 und 2 Oö. JWG 1991 (iVm. § 40 Abs. 1 Satz 2 Oö. SHG 1998) hinzuweisen.

 

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

VwSen-560273/3/Kl/TK vom 29. November 2013

 

Rechtssatz

 

Erkenntnis

 

§ 41 Abs. 1 Oö. SHG 1998

§ 41 Abs. 3 Z.8 Oö. SHG 1998 bzw.§ 12 Abs. 4 Z.1 Oö. BMSG

§ 44 Abs. 1 Oö. SHG 1998

§ 59 Abs. 3 Oö. SHG 1998

 

Aufenthalte in Einrichtungen iSd. § 12 Abs. 4 Z.1 Oö. BMSG bleiben bei der Fristberechnung außer Betracht.

 

Eine nicht regelmäßige – weil in einer Ausnahme- bzw. Notsituation  erfolgte – Betrauung eines Trägers der freien Wohlfahrt oder eines anderen Trägers mit Aufgaben im Rahmen der sozialen Hilfe bedarf keines Abschlusses schriftlicher Vereinbarungen.

 

Beachte:

Die Revision wurde als unbegründet zurückgewiesen.

VwGH vom 17. Dezember 2014, Zl.: Ro 2014/10/0012-10

 

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