Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101798/13/Bi/Fb

Linz, 09.01.1995

VwSen-101798/13/Bi/Fb Linz, am 9. Jänner 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn A Deutschland, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt vom 2. Februar 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20. Jänner 1994, VerkR96/21006/1993, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 16. Dezember 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Das Straferkenntnis wird hinsichtlich des Schuldspruches in beiden Punkten mit der Maßgabe bestätigt, daß eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von jeweils 170 km/h zugrundegelegt wird.

Im Punkt 1) wird die Geldstrafe auf 1.300 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt. Im Punkt 2) wird die Geldstrafe auf 5.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 7 Tage herabgesetzt.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich im Punkt 1) auf 130 S und im Punkt 2) auf 500 S. Kostenbeiträge im Rechtsmittelverfahren sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 19 VStG, §§ 20 Abs.2, 52a Z10a und 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 2) §§ 52a Z10a iVm 99 Abs.3a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 1.600 S und 2) 6.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 72 und 2) 240 Stunden verhängt, weil er am 28. November 1993 um 11.56 Uhr den PKW auf der Westautobahn A1 aus Richtung kommend in Richtung Salzburg gelenkt habe, wobei er 1) im Gemeindegebiet von St. Georgen i.A. von km 245,00 bis km 246,500 die für Autobahnen zulässige Höchstge schwindigkeit von 130 km/h um 45 km/h überschritten habe.

2) In den Gemeindegebieten von St. Georgen i.A. und Straß i.A. von km 246,650 bis km 246,800 habe er die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 75 km/h überschritten.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 760 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 16. Dezember 1994 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit der Beschuldigtenvertreterin Mag. C sowie des technischen Amtssachverständigen Ing. S durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er bestreite nicht, für einen Zeitraum von rund 50 sec und für eine Strecke von rund 900 m auf der A1 im Gemeindegebiet von St. Georgen i.A. mit einer Geschwindigkeit von ca 175 km/h gefahren zu sein. Er habe einen Autobus überholt und daher die Geschwindigkeitsbeschränkungsschilder für 100 bzw 80 km/h nicht wahrgenommen. Eine Bestrafung wegen eines einzigen Deliktes wäre jedenfalls ausreichend. Es liege auch lediglich eine Tathandlung, nämlich ein kurzzeitiges Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit, vor. Die Bearbeiterin der Erstinstanz habe eine Geldstrafe von 1.600 S zuzüglich Verfahrenskostenersatz angekündigt, was auch angemessen gewesen wäre, weil er sich gegenüber dem Gendarmeriebeamten im Rahmen der Anhaltung reumütig und geständig verhalten habe. Sein Verschulden müsse aufgrund des Überholmanövers gänzlich verneint oder zumindest als geringfügig gewertet werden, wobei auch schon eine Geldstrafe von 1.600 S für ihn hart genug sei, da er als Lehrling nur wenig verdiene. Er beantrage daher die Einstellung des Verfahrens, in eventu die Abänderung des Straferkenntnisses und eine der Höhe nach reduzierte Strafe aufgrund eines einzigen Deliktes.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der die Vertreterin des Rechtsmittelwerbers gehört, in den dem Tatvorwurf zugrundeliegenden Videofilm Einsicht genommen und auf dieser Grundlage ein kraftfahrzeugtechnisches Gutachten durch den Amtssachverständigen erstellt wurde.

Folgender Sachverhalt ist wesentlich:

Aus dem Akteninhalt geht hervor, daß am Sonntag, dem 28.

November 1993, um 11.56 Uhr die beiden Gendarmeriebeamten M im Rahmen des Verkehrsüberwachungsdienstes mit einem Zivilstreifenfahrzeug mit Deckkennzeichen auf der A1 im Bereich von St. Georgen i.A. in Fahrtrichtung Salzburg unterwegs waren, als sie vom Lenker des PKW überholt wurden. Da dieser offensichtlich eine überhöhte Geschwindigkeit einhielt, wurde das Dienstkraftfahrzeug beschleunigt und fuhr ab km 244,500 in annähernd gleichbleibendem Abstand hinter dem genannten PKW nach. Die im Dienstkraftfahrzeug eingebaute ProVida-Anlage war eingeschaltet und die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde auf Videofilm aufgenommen.

Dieser Videofilm, von dem bereits insgesamt sechs Lichtbilder der Anzeige beigelegt waren, wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgeführt.

Für den unabhängigen Verwaltungssenat steht auf der Grundlage dieses Videofilms sowie dem kraftfahrzeugtechnischen Gutachten des Amtssachverständigen Ing. H zweifelsfrei fest, daß das Zivilstreifenfahrzeug in einem annähernd gleichbleibenden Abstand jedenfalls ab km 245 hinter dem PKW, der vom Rechtsmittelwerber gelenkt wurde, nachfuhr, wobei aus dem Film auch einwandfrei zu erkennen war, daß eine Feststellung der Fahrgeschwindigkeit einwandfrei erfolgt ist. Aus dem kraftfahrzeugtechnischen Sachverständigengutachten ergibt sich, daß bereits die Erstinstanz einen Toleranzwert von 3 % des Meßwertes von der von der ProVida-Anlage ermittelten Durchschnittsgeschwindigkeit abgezogen hat, wobei aber durch den Sachverständigen ein weiterer Toleranzwert abgezogen wurde, der sich zum einen aus dem sehr geringen Fehlerpotential des Meßgerätes selbst, in der Hauptursache jedoch aus der möglichen unterschiedlichen Profiltiefe der Reifen des Gendarmeriefahrzeuges ergab. Unter Zugrundelegung der günstigsten Verhältnisse für den Rechtsmittelwerber ergab sich daher eine anzunehmende Durchschnittsgeschwindigkeit von 170 km/h.

Aus dem Videofilm war weiters einwandfrei erkennbar, daß bei km 246,650 auf beiden Seiten der Richtungsfahrbahn jeweils ein Verkehrszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 100 km/h" und bei km 246,800 ebenfalls auf beiden Seiten der Richtungsfahrbahn jeweils ein Verkehrszeichen "Geschwindigkeitsbe schränkung 80 km/h" aufgestellt waren. Grund dafür waren Bauarbeiten im Bereich des rechten Fahrbahnrandes der A1, nämlich die Errichtung von Lärmschutzwänden.

Aus dem Videofilm war auch erkennbar, daß der Rechtsmittelwerber einen Autobus überholt hat, allerdings erst im Bereich der 80-km/h-Beschränkung, die nicht mehr vom Tatvorwurf umfaßt ist. Als richtig haben sich die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers dahingehend erwiesen, er habe die auf beiden Seiten der Richtungsfahrbahn angebrachten Verkehrszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 80 km/h" nicht einsehen können, da diese zum einen durch den Autobus, zum anderen durch Leiteinrichtungen verdeckt gewesen seien.

Der Rechtsmittelwerber hat im Rahmen seiner Stellungnahme vom 30. Juni 1994 ausgeführt, daß wenn er das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 100 km/h" um 11.56.05 Uhr passiert habe und das erste Verkehrszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 80 km/h" um 11.56.09 Uhr, sowie das zweite Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 80 km/h" um 11.56.19 Uhr oder 11.56.20 Uhr (was sich aus einem Vergleich der Stellungnahme des Meldungslegers vom 24. Februar 1994 sowie der Fotobeilage ergebe), dann habe er zwischen den ersten beiden Vorschriftszeichen eine Strecke von 150 m in 4 sec zurückgelegt und sei sohin mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 136 und nicht von 175 km/h unterwegs gewesen.

Dazu hat der Amtssachverständige ausgeführt, daß diese Berechnung zwar grundsätzlich als richtig anzusehen sei, jedoch aus sachverständiger Sicht bemerkt werden müsse, daß die Sekunde 11.56.05 Uhr auch eine Sekunde lang sei und nicht berücksichtigt wurde, ob am Beginn dieser Sekunde oder am Ende dieser Sekunde dieser Punkt passiert worden sei.

Sinngemäß gelte diese Darstellung auch für den Zeitpunkt 11.56.09 Uhr. Anhand der Ermittlungen sei die Wegstrecke bei einer Fahrgeschwindigkeit von 175 km/h ermittelt und mit 48,6 m/sec festgestellt worden. Die Wegstrecke von 150 m lege man mit dieser Geschwindigkeit in der Zeit von 3,086 sec zurück. Anhand dieser Betrachtung sei mit großer Sicherheit anzunehmen, daß der Beschuldigte zum Ende des Zeitpunktes 11.56.05 Uhr in den Beschränkungsbereich eingefahren sei und er zu Beginn des Zeitpunktes 11.56.09 Uhr den Beobachtungsabschnitt wieder verlassen habe. Unter dieser Betrachtung sei die Fahrgeschwindigkeit von 175 km/h wieder als durchaus realistisch anzusehen.

Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen war daher davon auszugehen, daß der Rechtsmittelwerber jedenfalls mit einer Geschwindigkeit von 170 km/h die im Tatvorwurf genannten Abschnitte der Westautobahn befahren hat.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt, oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Gemäß § 52a Z10a StVO 1960 zeigt das Zeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, daß das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

Gemäß § 22 Abs.1 VStG sind, wenn jemand durch verschiedene selbständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen hat, oder eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 25. Oktober 1989, 89/03/0145, ausgesprochen, daß wenn verschiedene Verwaltungsvorschriften verletzt werden, kein fortgesetztes Delikt vorliegt. Die Überschreitung der auf Autobahnen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h sowie die Überschreitung der daran anschließenden durch Straßenverkehrszeichen kundgemachten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h beinhalten zwei verschiedene Delikte, die auch jeweils gesondert zu bestrafen sind (vgl ähnlich VwGH vom 11.

November 1987, 86/03/0273 ua).

Zum von der Beschuldigtenvertreterin vorgelegten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1979, Zl. 754/79, ist auszuführen, daß im zugrundeliegenden Fall von einer Übertretung gemäß § 52a Z10a StVO auszugehen ist, weil auf dem entsprechenden Straßenabschnitt Geschwindigkeitsbeschränkungen mit erlaubten Höchstgeschwindigkeiten verschiedener Höhe abwechseln (zB im Ortsgebiet Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 30 km/h mit erlaubter Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h), sodaß in diesem Fall Deliktseinheit anzunehmen ist. Das vorliegende Erkenntnis basiert aber auf anderen Grundlagen und ist daher auf den gegenständlichen Fall nicht zu übertragen.

Aus diesen Überlegungen war im gegenständlichen Fall von zwei selbständigen unabhängigen Übertretungen auszugehen.

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Auf der Grundlage des Beweisverfahrens ist für den unabhängigen Verwaltungssenat davon auszugehen, daß der Rechtsmittelwerber den im Spruch umschriebenen Abschnitt der Westautobahn mit einer Geschwindigkeit von jedenfalls 170 km/h durchfahren hat, wobei die Fahrtstrecke allein im Punkt 1) schon 1,5 km betrug. Er hat daher die auf österreichischen Autobahnen geltende erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 40 km/h überschritten und daher zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt.

In subjektiver Hinsicht ist die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers im Rahmen der Anhaltung, er sei der Meinung gewesen, daß auf österreichischen Autobahnen eine Geschwindigkeit von 160 km/h erlaubt sei, zum einen schon deshalb nicht zielführend, weil auch diese Auffassung die tatsächliche Geschwindigkeit von 170 km/h nicht erklären kann, und zum anderen ausländische Kraftfahrzeuglenker verpflichtet sind, sich über die in Österreich geltenden straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen zu informieren.

Entsprechende Informationstafeln sind bei jedem Grenzübergang angebracht.

Da somit dem Rechtsmittelwerber eine Glaubhaftmachung, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe, nicht gelungen ist, ist für den unabhängigen Verwaltungssenat davon auszugehen, daß er sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zu Punkt 2) des Straferkenntnisses:

Das Beweisverfahren hat auch diesbezüglich einwandfrei ergeben, daß der Rechtsmittelwerber die im Spruch angegebene Strecke von 150 m mit einer Geschwindigkeit von jedenfalls 170 km/h durchfahren und daher die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um jedenfalls 70 km/h über schritten hat. Er hat daher auch diesen ihm vorgeworfenen Tatbestand erfüllt.

Aus dem Videofilm war einwandfrei erkennbar, daß die beidseitig aufgestellten Verkehrszeichen sowohl im Herannahen als auch beim Passieren einwandfrei erkennbar waren, wobei der in Rede stehende Autobus erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich im Bereich der daran anschließenden 80-km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung überholt wurde. Die Verantwortung des Rechtsmittelwerbers geht daher ins Leere, zumal auch ein sonstiger plausibler Anhaltspunkt für ein mangelndes Verschulden nicht zu finden war. Der Rechtsmittelwerber hat daher auch dieses Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

Die Abänderung des Spruchs ergibt sich auf der Grundlage des Beweisverfahrens gemäß den Bestimmungen des § 44a Z1 VStG.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuch sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

§ 99 Abs.3a StVO 1960 beinhaltet einen Strafrahmen bis 10.000 S Geldstrafe bzw zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Auf der Grundlage der nunmehr als geringfügig niedriger anzunehmenden und dem Tatvorwurf zugrundezulegenden Geschwindigkeit von 170 km/h war auch die Strafe entsprechend herabzusetzen.

Der Rechtsmittelwerber ist am 29. April 1975 geboren und hat demnach am 28. November 1993 das 19. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt, sodaß er, auf den Tatzeitpunkt bezogen, als Jugendlicher anzusehen war. Auch dieser Umstand ist neben der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit als mildernd zu berücksichtigen. Die von der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargelegten Straferschwerungsgründe sind im Hinblick auf eine vorgeworfene Übertretung im Baustellenbereich unter besonders gefährlichen Verhältnissen nicht gegeben, weil der tatsächliche Baustellenbereich im Sinn einer Verengung der Richtungsfahrbahn erst nach dem vom Tatvorwurf erfaßten Streckenabschnitt lag und weder auf der vom Punkt 1) noch auf der vom Punkt 2) erfaßten Strecke besonders gefährliche Verhältnisse anzunehmen waren. Als Strafnorm wurde daher richtigerweise die Bestimmung des § 99 Abs.3a StVO 1960 herangezogen, jedoch war die Strafe entsprechend herabzusetzen. Das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung (vor allem im Punkt 2)) sowie die Häufung der Übertretungen ist jedoch als straferschwerend zu berücksichtigen.

Die finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers, der zum Zeitpunkt der Übertretung als Lehrling DM 880,--, umgerechnet etwa 6.000 S, im Monat verdient hat und laut Angaben der Beschuldigtenvertreterin noch immer Lehrling ist und nicht wesentlich mehr verdient, waren hingegen nicht geeignet, eine weitere Herabsetzung der Geldstrafen zu rechtfertigen. Es steht dem Rechtsmittelwerber jedoch frei, bei der Erstinstanz um die Möglichkeit, die Strafen in Teilbeträgen zu bezahlen, anzusuchen.

Die Voraussetzungen für eine Anwendung des § 20 VStG waren im gegenständlichen Fall nicht gegeben, weil § 99 Abs.3 StVO 1960 keine Mindeststrafe vorsieht, die bis zur Hälfte unterschritten werden könnte.

Das in der Berufung geltend gemachte geringfügige Verschulden als Grundlage für den Ausspruch einer Ermahnung war für den unabhängigen Verwaltungssenat in keiner Weise erkennbar.

Grundsätzlich ist seitens des unabhängigen Verwaltungssenates nach Einsichtnahme in den dem Verfahren zugrundeliegenden Videofilm zu betonen, daß das Verhalten des Rechtsmittelwerbers, von dem anzunehmen ist, daß er vor Erwerb der Lenkerberechtigung eine entsprechende Ausbildung absolviert hat, im Rahmen derer außer seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten auch seine charakterliche Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr geprüft worden sein müßte, diesbezüglich für die Fahrt, soweit sie auf dem Videofilm aufgezeichnet wurde, erhebliche Zweifel begründet. Auf dem Film war einwandfrei erkennbar, daß der Rechtsmittelwerber offensichtlich mit einem Fahrzeug, daß seinen Fähigkeiten überlegen war - die angeführten Autobahnabschnitte von km 245,000 bis 247,400 der A1 mit einer konstanten Geschwindigkeit, die jedenfalls 170 km/h betrug, durchfahren hat, wobei weder eine Reaktion auf die verschiedenen Geschwindigkeitsbeschränkungen (das Verkehrszeichen bezüglich der 80-km/h-Beschränkung wurde wiederholt) noch auf geänderte Umstände am Fahrbahnrand (der Pannenstreifen war nach der 100-km/h-Beschränkung wegen Arbeiten an den Lärmschutzwänden gesperrt) erfolgte. Der in Rede stehende Autobus wurde im Bereich der 80-km/h-Beschränkung mit gleichbleibender Geschwindigkeit überholt, wobei die Feststellung des Meldungslegers im vorgelegten Schreiben vom 24. Februar 1994, wonach dem Lenker in diesem Fall absolut kein Fahrfehler unterlaufen hätte dürfen, zumal dieser im Fall eines plötzlichen Auslenkmanövers des Buslenkers nicht mehr in der Lage gewesen wäre, entsprechend zu reagieren, durchaus nachvollziehbar ist. Aus dem Film ergibt sich zweifellos, daß der Rechtsmittelwerber sein Fahrzeug erst abgebremst hat, als ihm die Weiterfahrt durch auf der Überholspur befindliche Fahrzeuge unmöglich wurde. Auf dem Videofilm war im Rahmen des Fahrmanövers sogar kurzzeitig eine Geschwindigkeit von 185 km/h festzustellen.

Obwohl der im Punkt 3) der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16. Dezember 1993 angeführte Tatvorwurf der Geschwindigkeitsüberschreitung im 80-km/h-Beschränkungsbereich nicht mehr Teil des Straferkenntnisses und damit des Rechtsmittelverfahrens war, ist von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates davon auszugehen, daß diesbezüglich sehr wohl die Begehung der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung unter besonders gefährlichen Verhältnissen anzunehmen gewesen wäre. Auch wenn der Punkt 3) von der Erstinstanz nicht weiter verfolgt wurde, sieht sich der unabhängige Verwaltungssenat veranlaßt, den Rechtsmittelwerber eindringlich aufzufordern, seine Einstellung zum Straßenverkehr grundlegend zu überdenken.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Ersatz der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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