Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101800/29/Bi/Fb

Linz, 27.01.1995

VwSen-101800/29/Bi/Fb Linz, am 27. Jänner 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Dr. W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M vom 9. Februar 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 25. Jänner 1994, VerkR96/5549/1992, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 13. Dezember 1994 und am 18. Jänner 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis sowohl hinsichtlich des Schuldspruches und verhängten Strafe, als auch des Kosten- und Barauslagenersatzes bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren den Betrag von 2.000 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten. Er hat weiters die dem nichtamtlichen Sachverständigen zuerkannten Gebühren (Barauslagen) in Höhe von insgesamt 6.687 S zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG, §§ 5 Abs.1, 5 Abs.9 und 99 Abs.1a StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1, 2 und 3 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 5 Abs.1 iVm 99 Abs.1a StVO 1960 eine Geldstrafe von 10.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil er am 18. Dezember 1992 um ca 2.20 Uhr den PKW auf der von S in Richtung Ternberg gelenkt habe, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 1.000 S und gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 der Ersatz der Barauslagen in Höhe von 1.141,80 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorent scheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 13. Dezember 1994 und am 18. Jänner 1995 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er habe sein Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt nicht in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt, sondern der ermittelte Blutalkoholwert sei auf eine Verfälschung der entnommenen Blutprobe zurückzuführen. Weil nicht ausreichend geklärt worden sei, ob zur Wundreinigung bzw zur Desinfektion der Einstichstelle unmittelbar vor der Blutuntersuchung als Desinfektionsmittel Cetavlon oder Dodesept verwendet worden seien, sei davon auszugehen, daß beide Desinfektionsmittel verwendet worden seien. Auch sei nicht geklärt, ob die Einstichstelle zum Zeitpunkt der Blutabnahme bereits trocken oder noch naß gewesen sei. Eindeutig sei aber, daß keines der im Alkoholerhebungsbogen genannten Desinfektionsmittel (Sublimat oder Oxycyanat) verwendet worden sei, obwohl anzunehmen sei, daß lediglich die Verwendung der im Formular vorgesehenen Desinfektionsmittel ein unbedenkliches Ergebnis des Blutalkoholwertes liefern könne, ansonsten diese eindeutige Formulierung überflüssig wäre.

Mögliche Verfälschungen des Untersuchungsergebnisses seien keine zu vernachlässigende Größe. Die von der Erstinstanz eingeholten Gutachten seien teilweise nicht als solche zu bezeichnende Stellungnahmen von Amtssachverständigen oder enthielten keine nachvollziehbaren und schlüssigen Begründungen.

Aus der medizinisch-wissenschaftlichen Fachliteratur gehe eindeutig hervor, daß Alkohol, der zur Wundreinigung verwendet wird, durch die gesunde Haut eindringen und in den Blutkreislauf gelangen könne, insbesondere aber durch offene Wunden, die mit alkoholhältigen Lösungen behandelt würden, je nach Verweildauer, Menge und Konzentration des Ethanols innerhalb kurzer Zeit eine beachtliche Blutalkoholkonzentration auftreten könne. Es sei daher als erwiesen anzusehen, daß auch eine großflächige Wundreinigung und mehrmalige Blutabnahmeversuche geeignet seien, den Blutalkoholgehalt zu seinem Nachteil zu beeinflussen. Er beantrage daher die Gutachtensergänzung durch das Institut für gerichtliche Medizin Salzburg betreffend das gaschromatographische Diagramm der Blutabnahme zum Beweis dafür, daß im Blutalkoholgehalt von 1,44 %o auch Ethylalkohol von den verwendeten Desinfektionsmitteln enthalten und der tatsächliche Blutalkoholwert unter 0,8 %o gelegen sei.

Die Erstinstanz sei von einem Trinkende um 1.30 Uhr ausgegangen und stütze sich dabei auf die Angaben im Alkoholerhebungsbogen, wobei dem entgegenzuhalten sei, daß er sich nach dem Unfall in einem Schockzustand befunden habe, sodaß die Angaben, sollte er überhaupt konkrete Angaben gemacht haben, bezüglich ihrer Aussagekraft zu relativieren seien.

Er habe auch den Alkoholerhebungsbogen nie unterfertigt.

Beim Gendarmerieposten Ternberg und vor der Erstinstanz habe er das Trinkende mit jeweils 2.00 Uhr angegeben, sodaß er sich zum Unfallzeitpunkt in der Anflutungsphase befunden habe, aber einen weitaus geringeren Ethanolwert aufgewiesen habe.

Der Rechtsmittelwerber beantragt außer seiner eigenen die Einvernahme mehrerer Mitarbeiter der Erstinstanz zum Beweis für seinen Alkoholkonsum, weiters die Einvernahme der Ärzte und der Schwester der Unfallstation des Krankenhauses S.

Im übrigen wird beantragt, der Berufung Folge zu geben und das Verfahren einzustellen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber und sein rechtsfreundlicher Vertreter ebenso gehört wurden wie der Vertreter der Erstinstanz, bei der die Zeugen Dr. H F und T einvernommen wurden und bei der zu den vom Rechtsmittelwerber aufgeworfenen medizinischen Fragen ein entsprechendes Sachverständigengutachten durch den Gerichtssachverständigen Univ. Prof. Dr. G erstellt wurde.

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Rechtsmittelwerber lenkte am 18. Dezember 1992 um ca 2.20 Uhr den PKW auf der Bundesstraße 115 aus Steyr kommend Richtung Ternberg, wobei er bei km 30,2 mit einem entgegenkommenden PKW kollidierte. Sowohl der Lenker als auch der Beifahrer des entgegenkommenden PKW wurden bei dem Unfall getötet, der Rechtsmittelwerber wurde mit schweren Verletzungen (Gehirnerschütterung, Bruch des linken Oberschenkels, Rippenbrüche, Wunden im Bereich der Scheitelbeinregion und beider Kniegelenke) in das Landeskrankenhaus eingeliefert. Dort wurde um 3.54 Uhr des 18. Dezember 1992 vom Zeugen Dr. H eine Blutabnahme durchgeführt, die laut Beurteilung des Instituts für gerichtliche Medizin in Salzburg einen Blutalkoholgehalt von 1,44 %o ergab. Auf dieser Grundlage erging das angefochtene Straferkenntnis.

Der Rechtsmittelwerber hat bei seiner Befragung im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 1994 ausgesagt, er habe am 17. Dezember 1992 ab 16.00 Uhr an der Weihnachtsfeier der Bezirkshauptmannschaft teilgenommen, wobei er ab 16.00 Uhr seiner Erinnerung nach 3 1/2 Flaschen Bier getrunken habe und in der Zeit zwischen 23.00 Uhr bis 2.00 Uhr 1 bis 2 Achtel Rotwein. Dazwischen habe er Kaffee getrunken. Um 2.00 Uhr habe er die Heimfahrt angetreten, weil er sich erinnern könne, daß im Radio die Nachrichten begonnen hätten. Nach einer Fahrtstrecke von ca 10 bis 11 km sei es zum Unfall gekommen.

Der Sachverständige Prof. S hat im Rahmen seines Gutachtens ausgeführt, daß unter Zugrundelegung eines stündlichen Abbauwertes von 0,1 %o, ausgehend vom angegebenen Alkoholkonsum, zur Lenkzeit ein Blutalkoholgehalt von 0,2 %o zu erwarten wäre, unter Annahme einer stündlichen Abbaumenge von 0,15 %o würde sich ein 0-Wert errechnen. Es sei aber undenkbar, daß der gesamte bei der Blutabnahme erzielte Blutalkoholwert nicht auf den getrunkenen sondern nur auf den Alkohol aus der Wundversorgung bzw dem Desinfektionsmittel stammen könnte.

Der Rechtsmittelwerber hat weiters ausgesagt, beim Verkehrsunfall sei die linke Seitenscheibe des Fahrzeuges zerbrochen, sodaß sich im linken Arm eine Vielzahl offener Wunden befunden habe, in denen auch Glassplitter gesteckt seien. Diese seien ihm im Krankenhaus ausgewaschen worden, wobei dabei das Desinfektionsmittel Dodesept, das eine 40 %ige Alkohollösung enthalte, verwendet worden sei. Im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens hätten die Zeugen Dr. F und T die Krankenschwester der Unfallabteilung, ausgesagt, daß die Wunden mit Cetavlon, einer 10 %igen Alkohollösung, ausgewaschen worden seien. Er habe aber im Krankenhaus beide Desinfektionsmittel gesehen, wobei ihm Dodesept auch aus seiner Tätigkeit als Tierarzt bekannt sei. Dieses Desinfektionsmittel sei bei ihm jedenfalls verwendet worden und durch die offenen Wunden in den Blutkreislauf gelangt, sodaß der ermittelte Blutalkoholwert nicht nur auf den konsumierten Alkohol, sondern auch auf den in der Blutbahn befindlichen Alkohol aus der Wundreinigung zurückzuführen sei.

Der Rechtsmittelwerber hat weiters angegeben, daß im Rahmen der Blutabnahme zunächst vergebliche Versuche durch die Turnusärztin vorgenommen wurden, die schließlich den Zeugen Dr. F zur Blutabnahme ersucht habe. Dieser habe ihm dann eine Blutmenge von 1,5 cm 3 abgenommen.

Weder Dr. F noch T konnten sich bei ihren zeugenschaftlichen Einvernahmen am 18. Jänner 1995 an die zwei Jahre zurückliegende Behandlung des Rechtsmittelwerbers erinnern. Fest steht aber, daß gleichzeitig mit dem Rechtsmittelwerber der Beifahrer des Unfallgegners eingeliefert wurde, der aufgrund seiner schwereren Verletzungen sofort versorgt wurde.

Die Zeugin T hat angegeben, daß damals grundsätzlich beide Desinfektionsmittel verwendet wurden, wobei durchaus sein könne, daß der Arm des Rechtsmittelwerbers mit Cetavlon gewaschen worden sei. Bei der Blutabnahme selbst sei sie nicht dabei gewesen. Dabei werde an sich schon ein Tupfer mit Dodesept verwendet.

Die Kopfwunde sei sicher so versorgt worden, daß zunächst mit Cetavlon außen herum gereinigt werde, dann werde der Kopf rasiert, anschließend eine Lokalanästhesie vorgenommen und dann mit dem alkoholhältigeren Desinfektionsmittel die Wunde gereinigt, weil der Kopf dann nicht mehr schmerzempfindlich sei.

Dr. H konnte sich naturgemäß an das verwendete Desinfektionsmittel nicht mehr erinnern, zumal die damals verwendeten Mittel heute nicht mehr in Gebrauch seien. Das alkoholhaltigere Desinfektionsmittel werde nicht zur Wundspülung verwendet, weil es sehr brenne und außerdem für das Gewebe schädigend sei. Bei der Oberflächenreinigung werde nur die Haut gereinigt, allerdings komme dabei auch die Wunde mit dem Desinfektionsmittel in Berührung.

Die Blutabnahme sei so erfolgt, daß die Einstichstelle mit einem Desinfektionsmittel gereinigt werde. Für die Blutabnahme würden spezielle Venülen verwendet, bei der das Blut durch ein Vakuum angesaugt werde. Dieses Ansaugen werde aber nicht schon auf der Haut ausgelöst, sondern man punktiere die Vene, dann werde das Glas geknickt und dadurch setze die Sogwirkung ein. Normalerweise dauere die Blutabnahme in der Größenordnung von 2 cm 3 ca 30 sec, dh beim Herausziehen der Nadel sei der Alkohol auf der Haut bereits verdunstet. Der Tupfer, mit dem desinfiziert werde, sei nicht ident mit dem Tupfer, der nachher auf die Einstichstelle gehalten werde und auf dem sich seines Wissens kein Desinfektionsmittel befinde.

Wenn bei der Blutabnahme zu wenig Blut angesaugt werde, sei die Sogwirkung auch beim bzw nach dem Herausziehen noch gegeben.

Fest steht weiters, daß die Blutabnahme am Handrücken erfolgte, wobei, insbesondere durch die Turnusärztin, insgesamt 4 Versuche erforderlich waren.

In seinem Gutachten hat Prof. Dr. S festgehalten, daß ihm keine Werte darüber bekannt seien, inwieweit durch Glassplitterverletzungen Alkohol in die Blutbahn gelangen könne. Grundsätzlich sei aber möglich, daß bei Eröffnung einer Blutader mit dem zum Herzen zurückströmenden Blut Alkohol mitgeschleppt werde und so in den Kreislauf komme, wobei die Verteilung sehr rasch gehe, wenn es sich um periphäre Verletzungen handle. Mit der Methode der Gaschromatographie würden nieder siedende Substanzen getrennt, identifizierbar isoliert und quantitativ aufgetrennt. Die Herkunft von Ethanol sei nicht ermittelbar, ausgenommen das Ethanol entstamme einer verunreinigten Lösung. Der Sachverständige gelangt zu dem Schluß, daß selbst wenn man vom ermittelten Wert von 1,44 %o 0,1 %o abziehe (die in der Literatur angegebene Größenordnung von möglichen Blutalkoholkonzentrationsänderungen bei Durchstich durch alkoholische Desinfektionsmittel liege bei einer solchen Größenordnung), sich eine Blutalkoholkonzentration von immer noch 1,3 %o bis 1,35 %o ergeben würde. Da der Rechtsmittelwerber zum Unfallzeitpunkt 90 kg schwer gewesen sei, wäre die Menge eines Achtelliter Weines, selbst wenn sie überhaupt noch nicht resorbiert wäre, nicht geeignet, die Blutalkoholkonzentration unter 0,8 %o zu senken.

Aus der vom Rechtsmittelwerber vorgelegten medizinischen Fachliteratur geht hervor, daß durch die unversehrte Oberhaut die Aufnahme des Alkohols kaum so massiv sein könne, daß merkliche Konzentrationen im Blut auftreten. Allerdings können bei Behandlung von Wundflächen mit alkoholischen Lösungen und Tinkturen je nach Verweildauer, Menge und Konzentration des Ethanols innerhalb kurzer Zeit beachtliche Blutalkoholkonzentrationen auftreten (W. Göhler in: Gerichts medizinische Untersuchungen bei Verkehrsunfällen, Wolfgang D, Leipzig 1966).

Laut Dr. K, Alkohol und Recht, kann Alkohol durch intakte Haut resorbiert werden, so zB durch Alkoholumschläge, besonders wenn Wunden oder Entzündungen vorhanden sind. Jodtinktur, auf große Wundflächen aufgebracht, führte zu einem Blutalkoholspiegel von 0,14 %o bis 0,6 %o. Im allgemeinen spielt aber diese Resorption keine besondere Rolle, insbesondere nicht das Abreiben mit einem Alkoholtupfer, in welchem selbst kaum 1 cm 3 Alkohol enthalten ist, wovon nur ein Bruchteil in das Blut gelangen kann.

4.2. Für den unabhängigen Verwaltungssenat stellt sich die Frage der möglichen Beeinflussung des vom Rechtsmittelwerber im Zeitpunkt der Blutabnahme erreichten Blutalkoholgehaltes von 1,44 %o nach dessen Vorbringen so dar, daß die Blutalkoholkonzentration auf der Grundlage der Trinkangaben ausschließlich durch die bei der Wundversorgung verwendeten Desinfektionsmittel ausgelöst wurde bzw Alkohol aus dem bei der Blutabnahme verwendeten Desinfektionsmittel in die Venüle gelangte. Diese Möglichkeit hat aber der Sachverständige Prof. S gänzlich ausgeschlossen.

Im Hinblick auf den vom Rechtsmittelwerber getrunkenen Alkohol zwischen 16.00 Uhr des 17. Dezember und 2.00 Uhr des 18. Dezember 1992 gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß die Angaben des Rechtsmittelwerbers die einzigen in diesem Fall heranziehbaren sind, zumal eine zeugenschaftliche Befragung der Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land zum einen nach so langer Zeit kein verwertbares Ergebnis erwarten läßt (mittlerweile haben zwei weitere Weihnachtsfeiern stattgefunden) und zum anderen eventuelle Alkoholschilderungen aus den Zeugenaussagen einem bestimmten Getränk nicht zuzuordnen wären. Den Beweisanträgen auf Einvernahme der Zeugen R, Max W war daher keine Folge zu geben.

Auch dem Antrag auf Einvernahme der Zeugin Dr. Friederike F, zum Unfallzeitpunkt Turnusärztin im AKH war keine Folge zu geben, weil zweifelsfrei feststeht, daß die Zeugin lediglich versucht hat, beim Rechtsmittelwerber eine Blutabnahme durchzuführen, was offensichtlich mißlungen ist, sodaß sie schließlich den Zeugen Dr. H um die Blutabnahme ersucht hat. Daß vor der versuchten Blutabnahme die jeweilige am Handrücken befindliche Einstichstelle mit dem alkoholhaltigeren Dodesept desinfiziert wurde, steht für den unabhängigen Verwaltungssenat außer Zweifel, ebenso, daß die Versuche der Turnusärztin letztlich nicht zu einer Blutabnahme geführt haben.

Geht man, wie vom Rechtsmittelwerber angegeben, davon aus, daß dieser kurz vor Fahrtantritt mit Trinkende 2.00 Uhr noch ein Achtel Rotwein getrunken hat, so hat dies unter Zugrundelegung des von ihm angegebenen Körpergewichts von 90 kg maximal zu einem Blutalkoholgehalt von 0,18 %o geführt (Ein Achtel Rotwein enthält 11,8 g Ethanol. Nach der Widmarkformel Gramm Alkohol geteilt durch das Körpergewicht multipliziert mit dem Faktor 0,7 = 11,8 : 63 = 0,18 %o).

Zieht man dieses Achtel Rotwein, dessen Resorptionsausmaß zum Unfallzeitpunkt (20 min nach Trinkende) nicht abklärbar ist, im Zweifel für den Rechtsmittelwerber zur Gänze vom festgestellten Blutalkoholgehalt von 1,44 %o ab - wobei aber zwischen 2.20 Uhr und 3.54 Uhr eineinhalb Stunden vergangen sind, in denen 0,15 %o des voher konsumierten Alkohol abgebaut wurden - würde dies einen Blutalkoholgehalt zum Lenkzeitpunkt von 1,41 %o ergeben.

Zum Vorbringen des Rechtsmittelwerbers, es sei durchaus möglich, daß bei der Blutabnahme durch den Zeugen Dr. F des Desinfektionsmittels in die Blutbahn und damit in die Blutprobe gelangt sein könnte, ist von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates auf die Aussage des Zeugen Dr. F in Verbindung mit den gutachtlichen Ausführungen des Sachverständigen zu verweisen.

Danach handelt es sich bei den zur Blutalkoholuntersuchung verwendeten um spezielle Venülen, bei denen das Blut durch ein Vakuum angesaugt wird. Dr. F hat nachvollziehbar dargelegt, daß die Einstichstelle zunächst desinfiziert wird, wobei diese zum Zeitpunkt des Einstichs noch nicht unbedingt trocken sein muß. Die Auslösung des Ansaugvorganges erfolgt jedoch erst nach dem Punktieren der Vene, sodaß nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates ein Ansaugen von Alkohol auf der Haut ausgeschlossen ist.

Der Zeuge hat nachvollziehbar dargelegt, daß die Blutabnahme nur an einer intakten Hautstelle durchgeführt wird, wobei nach logischen Überlegungen, sollte sich an der Nadelspitze ein vom Desinfektionsmittel herrührender Alkohol befinden, dieser auf dem Weg in die Vene bereits "abgewischt" wird und daher nicht mit dem abgenommenen Blut in Berührung kommt.

Der Zeuge hat weiters dargelegt, daß beim Herausziehen der Nadel nach etwa 30 sec die Hautoberfläche bereits trocken ist, wobei anschließend ein trockener Tupfer auf die Einstichstelle gedrückt wird. Aus diesem Grund hat nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates, auch wenn beim Rechtsmittelwerber nur 1,5 cm 3 Blut anstelle der vorgesehenen 2 cm 3 abgenommen wurden und daher die Sogwirkung der Venüle beim Herausziehen noch nicht beendet war, keine Möglichkeit bestanden, Alkohol aus der Umgebung aufzusaugen, sodaß auch hier eine Verfälschung der abgenommenen Blutprobe auszuschließen ist. Die Behauptung des Rechtsmittelwerbers, beim Herausziehen der Nadel sei aus dem mit Desinfektionsmittel getränkten Tupfer Alkohol im Ausmaß von sicher 0,1 %o Blutalkoholgehalt angesaugt worden, findet im Beweisverfahren keine Deckung.

Eine weitere Möglichkeit, die Blutabnahme durch alkoholhaltiges Desinfektionsmittel zu beeinflussen, sieht der Rechtsmittelwerber darin, daß sein linker, mit Wunden von Glassplittern übersäter Arm sowie seine Schnittwunden im Scheitelbereich mit Desinfektionsmittel gewaschen worden seien, wodurch Alkohol in die Blutbahn gelangt sei. Nachvollziehbar ist für den unabhängigen Verwaltungssenat aus den Angaben der Zeugin T, daß der Arm des Rechtsmittelwerbers mit dem weniger alkoholhaltigen Cetavlon gewaschen wurde, während nach Vornahme der Lokalanästhesie die Kopfwunden mit dem alkoholhaltigeren Dodesept ausgewaschen wurden. Da keine operative Wundversorgung in diesen Bereichen durchgeführt wurde, ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung auch davon auszugehen, daß bei der Wundversorgung größere Mengen Alkohol verwendet wurden, wobei höherprozentiger Alkohol an der Luft schneller verdunstet, als eine weniger alkoholhältige Lösung.

Prof. S hat in seinem Gutachten schlüssig ausgeführt, daß es wohl möglich ist, über großflächige Wunden Alkohol aus Desinfektionsmitteln bis in die Blutbahn aufzunehmen, allerdings spiele die Größenordnung des aufgenommenen Alkohols bei Blutalkoholkonzentrationen von 1 %o bis 1,5 %o keine Rolle mehr.

Aus der vom Rechtsmittelwerber angegebenen Literatur ist zu entnehmen, daß der Blutalkoholspiegel durch Jodtinkturen auf großen Wundflächen zu einer Blutalkoholkonzentration von 0,14 %o bis 0,6 %o führen kann. Dazu ist von seiten des unabhängigen Verwaltungssenates zu bemerken, daß im gegenständlichen Fall weder Jodtinktur auf große Wundflächen aufgebracht noch Alkoholumschläge (in dem Sinn, daß Zellstoff mit größeren Mengen stark alkoholhaltigem Desinfektionsmittel getränkt und auf der Wunde fixiert wurde) gemacht wurden - solches wurde auch nie behauptet -, sondern im gegenständlichen Fall wurde die Wunde ausgewaschen, wobei anzunehmen ist, daß der Alkohol an der Luft relativ schnell verdunstet ist, sodaß eine Resorption im Ausmaß von 0,6 %o auszuschließen ist. Selbst wenn tatsächlich - was nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung unwahrscheinlich ist - Alkohol im Ausmaß von 0,6 %o über das Desinfektionsmittel in das Blut des Rechtsmittelwerbers gelangt wäre, so würde dies, auf den Lenkzeitpunkt bezogen, nicht zur Annahme eines Blutalkoholgehalts von unter 0,8 %o führen (1,44 - 0,6 = 0,84, wobei sich unter Hinzurechnung eines Alkoholabbauwertes für eineinhalb Stunden von 0,15 und unter Abzug des zuletzt getrunkenen Achtels Rotwein ein Wert von 0,81 %o auf den Tatzeitpunkt berechnet ergeben würde).

4.3. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet ein Fahrzeug weder Lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 %o oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Auf der Grundlage der obigen Ausführungen gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber zum Lenkzeitpunkt zweifellos einen Blutalkoholgehalt von jedenfalls 0,8 %o aufwies und somit iSd § 5 Abs.1 als alkoholbeeinträchtigt anzusehen war.

Die Blutabnahme war iSd § 5 Abs.6 StVO 1960 insofern gerechtfertigt, als zum Zeitpunkt der Blutabnahme feststand, daß beim Verkehrsunfall eine Person getötet und eine weitere Person erheblich verletzt worden war. Weiters stand fest, daß eine klinische Untersuchung in Anbetracht der Verletzungen des Rechtsmittelwerbers (Oberschenkelbruch, Verletzungen an beiden Knien) und seiner Gehirnerschütterung nicht durchführbar war. Eine Blutabnahme war daher erforderlich und zweifellos auch ärztlich unbedenklich.

Auf der Grundlage der Zustimmung des Rechtsmittelwerbers war das Untersuchungsergebnis als Grundlage für die Beurteilung seines Zustandes verwertbar.

Die Angaben des Rechtsmittelwerbers im Hinblick auf seinen Alkoholkonsum sind nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates glaubwürdig, müssen jedoch in Anbetracht der gutachtlichen Ausführungen des Sachverständigen als unvollständig angesehen werden.

Dem Einwand des Rechtsmittelwerbers, es seien nicht die Desinfektionsmittel verwendet worden, die auf dem Alkoholerhebungsbogen dezidiert angeführt seien, ist entgegenzuhalten, daß die Verwendung anderer Desinfektionsmittel als der im Alkoholerhebungsbogen, hinsichtlich dessen es keine gesetzliche Grundlage gibt, vermerkten das Blutalkoholergebnis nicht unverwertbar macht, wobei schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen ist, daß im Krankenhaus aus mehreren vorhandenen Desinfektionsmitteln situationsgemäß ausgewählt und sicher das beste zur Verfügung stehende Mittel verwendet wird. Das durchgeführte Beweisverfahren hat auch ergeben, daß mittlerweile auch Cetavlon und Dodesept nicht mehr in dieser Form verwendet werden, sodaß anzunehmen ist, daß auch die im Alkoholerhebungsbogen angeführten Desinfektionsmittel bereits veraltet sind. Abgesehen davon ist die Zusammensetzung des Mittels ausschlaggebender als die Produktbezeichnung eines Pharmakonzerns.

Auf der Grundlage der oben ausgeführten Überlegungen gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zusammenfassend zu der Überzeugung, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

4.4. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berück sichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 reicht von 8.000 S bis 50.000 S Geldstrafe bzw eine bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Die von der Erstinstanz verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung und ist auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Rechtsmittelwerbers angemessen (Einkommen als Amtstierarzt, Sorgepflicht für die Gattin).

Aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses geht hervor, daß die Erstinstanz zwar eine einschlägige Vormerkung des Rechtsmittelwerbers als erschwerend, jedoch zugleich mildernd berücksichtigt hat, daß diese zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses bereits vier Jahre zurücklag. Diese Vormerkung ist mittlerweile getilgt, sodaß nunmehr vom Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit auszugehen ist.

Eine Herabsetzung der verhängten Strafe, die ohnehin an der Untergrenze des gesetzlichen Strafrahmens liegt, war nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates aus generalsowie vor allem spezialpräventiven Überlegungen nicht gerechtfertigt, wobei festzuhalten ist, daß es sich beim Rechtsmittelwerber um einen Beamten der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land handelt, von dem als Repräsentant der Hoheitsverwaltung ein gewisses Mindestmaß an Verantwortungsbewußtsein verlangt werden muß. Dem Rechtsmittelwerber war bewußt, daß er nach dem Besuch der Weihnachtsfeier ein Kraftfahrzeug lenken werde, sodaß er seinen Alkoholkonsum diesem Umstand anzupassen gehabt hätte. Die verhängte Strafe scheint auch geeignet, den Rechtsmittelwerber in Hinkunft zur genauesten Einhaltung der Alkoholbestimmungen im Straßenverkehr anzuhalten.

zu II.:

Der Ausspruch über den Ersatz der Verfahrenskostenbeiträge ist gesetzlich begründet.

An Barauslagen wurden dem Rechtsmittelwerber gemäß der Bestimmung des § 5 Abs.9 StVO 1960 die Kosten der Blutalkoholauswertung in Höhe von 1.141,80 S bereits seitens der Erstinstanz vorgeschrieben, wobei gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960, wenn bei einer Untersuchung nach Abs.6 eine Alkoholbeeinträchtigung festgestellt worden ist, die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen sind. Der vorgeschriebene Betrag ist daher sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach als angemessen zu bezeichnen.

Die dem Rechtsmittelwerber als Barauslagenersatz auferlegten Kosten des medizinischen Gutachtens des nichtamtlichen Sachverständigen Univ. Prof. Dr. G sind auf der Grundlage des § 64 Abs.3 VStG als gerechtfertigt anzusehen, wobei hinsichtlich der Angemessenheit im Gegensatz zur überreichten Kostennote eine Anpassung im Hinblick auf das Gebührenanspruchsgesetz 1975 vorgenommen wurde. Der Sachverständige wurde vom Rechtsmittelwerber beantragt, wobei das Gutachten vom 14. Juni 1994 in Entsprechung des Beweisantrages zur Auswertung des gaschromatographischen Diagrammes der Blutabnahme eingeholt wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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