Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281518/11/Py/Hu

Linz, 05.12.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die auf das Strafausmaß eingeschränkte Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30. Jänner 2013, GZ: Ge96-29-2012/DJ, wegen einer Übertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. November 2013 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 37 Stunden herabgesetzt.

 

II. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 80 Euro. Für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 30. Jänner 2013, GZ: Ge96-29-2012/DJ, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994 idgF iVm § 6 Abs.2 der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO), BGBl.II.Nr. 164/2000 idgF eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der Arbeitgeberin x, FNr. x, mit Sitz in x, zur Last gelegt, folgende Übertretung der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) zu verantworten:

 

Am 11. Jänner 2012 hat der Arbeitsinspektor x bei einer Betriebsüberprüfung in der Arbeitsstätte x, der o.a. Firma, festgestellt, dass der Arbeitnehmer x mit dem Entladen eines LKW's unter Benutzung des gemäß § 8 AM-VO prüfpflichtigen Hubstaplers (selbstfahrendes Arbeitsmittel) Linde H16 D, Herst.Nr. H2X 350TO3299, Bauj.: 2006, beschäftigt wurde, obwohl bei der wiederkehrenden Prüfung des Hubstaplers Mängel (Gabelzinken ausgeschlagen) festgestellt und diese Mängel noch nicht behoben wurden.

 

Dies stellt eine Übertretung des § 6 Abs. 2 der Arbeitsmittelverordnung dar, wonach Arbeitsmittel erst nach der Mängelbehebung benutzt werden dürfen, sofern bei der Prüfung Mängel festgestellt wurden."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass kein Grund besteht, an den dienstlichen Feststellungen des Arbeitsinspektorates zu zweifeln, zumal die Tat vom Beschuldigten nicht in Abrede gestellt wurde.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass strafmildernde und straferschwerende Gründe nicht gefunden werden konnten und – mangels Angaben des Berufungswerbers – davon ausgegangen wird, dass dieser kein Vermögen besitzt und keine Sorgepflichten hat sowie ein monatliches Nettoeinkommen von 3.500 Euro bezieht.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw eingebrachte Berufung vom 12. Februar 2013, die in der mündlichen Berufungsverhandlung am 15. November 2013 auf die verhängte Strafhöhe eingeschränkt wurde. Als Milderungsgrund wurde neben der langen Verfahrensdauer der Umstand geltend gemacht, dass der Bw inzwischen nicht mehr im Unternehmen x tätig ist, verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist sowie der ordentliche Lebenswandel des Bw. In seiner Stellungnahme zum übermittelten Unfallbericht führt der Bw zudem aus, dass der Berichterstattung/Tagesmeldung der PI Neuhofen an der Krems vom 11. Jänner 2012 zu entnehmen ist, dass der Gabelstaplerfahrer über den Mangel am gegenständlichen Arbeitsmittel informiert war und dieses trotzdem unberechtigt und unbefugt verwendete, was ebenfalls als strafmildernd zu werten sei. Des Weiteren wird vorgebracht, dass entgegen den Ausführungen der Erstbehörde der Bw für ein Kind sorgepflichtig ist.

 

3. Mit Schreiben vom 20. Februar 2013 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 15. November 2013, an der der Bw mit seinem Rechtsvertreter sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz als Parteien teilnahmen. Als Zeuge wurde der Arbeitsinspektor x einvernommen. Im Anschluss an die mündliche Berufungsverhandlung legte das Arbeitsinspektorat den Bericht der Polizeiinspektion Neuhofen an der Krems vom 11. Jänner 2012 über den gegenständlichen Arbeitsunfall vor, der – wie in der mündlichen Berufungsverhandlung vereinbart – an den Bw weitergeleitet wurde, der dazu mit Schreiben vom 25. November 2013 Stellung nahm.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Da die gegenständliche Berufung in der mündlichen Berufungsverhandlung auf die verhängte Strafhöhe eingeschränkt wurde, ist der Schuldspruch des angefochtenen Bescheides in Rechtskraft erwachsen und ist es daher dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2. Gemäß § 6 Abs.2 Arbeitsmittelverordnung – AM-VO, BGBl. II 2000/1964 idgF darf das Arbeitsmittel erst nach der Mängelbehebung benützt werden, wenn bei der Prüfung Mängel festgestellt werden.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl.Nr. 450/1994 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 147/2006 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Bw eine Geldstrafe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen verhängt. Straferschwerende sowie strafmildernde Gründe wurden nicht berücksichtigt, hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten wurde von keinem Vermögen, keinen Sorgepflichten und einem monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 3.500 Euro ausgegangen.

 

Zunächst ist anzuführen, dass aus dem im Anschluss an die mündliche Berufungsverhandlung vorgelegten Bericht der Polizeiinspektion Neuhofen an der Krems vom 11. Jänner 2012 hervorgeht, dass es durch den mangelhaften Hubstapler zu einem Unfall kam, bei dem ein Lkw-Lenker leicht verletzt wurde. Der Umstand, dass der Fahrer des gegenständlichen Hubstaplers über den Mangel des Arbeitsmittels informiert war, bildet keinen Strafmilderungsgrund. Vielmehr wäre es in der Verantwortung des Bw gelegen dafür Sorge zu tragen, dass mangelhafte Arbeitsmittel nicht zum Einsatz kommen (können), was im Fall eines beschädigten Hubstaplers ohne wesentlichen Aufwand durchführbar wäre. Als Milderungsgrund kommt dem Bw jedoch neben seinem Geständnis die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens zugute. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

 

Im gegenständlichen Verfahren ist im Hinblick auf die besonderen Umstände des gegenständlichen Falles von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen ist. Dieser Umstand ist daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten. Unter weiterer Berücksichtigung der vom Bw in der mündlichen Berufungsverhandlung angegebenen Sorgepflichten sowie seines Geständnisses erscheint daher eine Herabsetzung der von der Erstbehörde verhängten Strafe auf das nunmehrige Ausmaß gerechtfertigt. Eine weitere Herabsetzung ist jedoch – auch im Hinblick auf die bereits in der Berufungsverhandlung angesprochenen rechtskräftigen Vorstrafen des Bw – nicht gerechtfertigt. Vielmehr scheint eine deutlich über der Mindeststrafe gelegene Geldstrafe angemessen und erforderlich, um den Bw die Unrechtmäßigkeit seines Handels eindringlich vor Augen zu führen und ihn – aus spezialpräventiven Gründen zudem im Hinblick auf den Umstand, dass er auch in seinem neuen beruflichen Aufgabenbereich für die Einhaltung arbeitnehmer/innenschutzrechtlicher Bestimmungen Sorge zu tragen hat –  künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Ein Vorgehen nach § 20 VStG war ebenso wie die Erteilung einer Ermahnung gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG mangels Vorliegen der dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht in Erwägung zu ziehen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

6. Gemäß § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde mit 10 % entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe neu festzusetzen. Da die Berufung hinsichtlich des Strafausmaßes Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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