Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-253499/10/Kü/Ba

Linz, 27.12.2013

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung von Herrn J S, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. G B, S, S, vom 1. Juli 2013 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28. Mai 2013, SV96-88-2011, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes  zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 28. Mai 2013, SV96-88-2011, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 3 Abs.1 iVm § 28 Abs.1 Z 1 lit.a Aus­länderbeschäftigungsgesetz (AuslBG) zwei Geldstrafen in Höhe von jeweils 750 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit jeweils Ersatzfreiheitsstrafen von 27 Stunden verhängt.

 

Diesem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Außenver­tretungsbefugter der S GmbH, mit Sitz in E, A, gemäß § 9 VStG strafrechtlich zu verantworten, dass diese Firma als Arbeitgeberin zumindest seit 4 Jahren

  1. den slowakischen Staatsangehörigen N B, geb.: X, als Fliesenleger und
  2. den  slowakischen  Staatsangehörigen  S  R,  geb.  X,   als Fliesenleger,

indem diese ua. am 23.3.2011 gegen 11:00 Uhr auf der Baustelle P in L, von Kontrollorganen des Finanzamtes Linz bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten betreten wurden, jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigt hat, obwohl für diese Ausländer weder eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde, noch diese  Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine 'Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt' oder einen Aufenthaltstitel 'Daueraufenthalt-EG' oder einen Niederlassungsnachweis besaßen."

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, in der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich sämtlicher zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen einzustellen.

 

Begründend wurde festgehalten, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid Feststellungen treffe, die durch kein Beweisverfahren gedeckt seien, zumal die belangte Behörde keinerlei zusätzliche Beweise aufgenommen habe. Auch die vom Beschuldigten vorgelegten Rechnungen, zum Beweis dafür, dass die Ausländer auch für andere Arbeitgeber gearbeitet hätten, seien in der Beweiswürdigung nicht verwertet worden. Die belangte Behörde begründe die Annahme der Arbeitnehmerähnlichkeit alleine aus den Angaben der Zeugen im Personenblatt. Völlig unrichtig und mangelhaft sei die Begründung, dass trotz des angemeldeten Gewerbes der beiden Herren in der Slowakei ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis vorliege. Von der belangten Behörde würden keine Feststellungen zur wirtschaftlichen Abhängigkeit der beiden Ausländer getroffen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit würde ohne jegliche Begründung oder Beweisaufnahme angenommen. Die Ausführungen des Beschuldigten in der Rechtfertigung vom 6.7.2011 und der Äußerung vom 21.9.2011 würden nicht gewürdigt.

 

Wirtschaftliche Abhängigkeit würde dann vorliegen, wenn die beiden Ausländer nur für die Firma S tätig gewesen wären. Die Herren R und B hätten jedoch nicht nur für die Firma S GmbH sondern auch für andere Auftraggeber gearbeitet. Der Beschuldigte habe die beiden slowakischen Unternehmer als Subunternehmer zu den am Markt üblichen Bedingungen eingesetzt, und zwar nur dann, wenn er mit den im Betrieb beschäftigten Leuten die Bauvorhaben nicht rechtzeitig realisieren hätte können. Herr N B sei seit 1.12.1995 selbstständig, Herr S R sei seit 1.10.1991 selbstständig. Dies ergebe sich aus dem Formular E 101 "Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften". Infolge der langjährigen selbstständigen Tätigkeit hätten die beiden Slowaken einen großen Kundenkreis aufgebaut.

 

Herr R hätte dem Beschuldigten immer wieder während der Zusammenarbeit mitgeteilt, dass er auch in der Slowakei Aufträge erfüllen müsse. Nach dessen Auskunft beliefen sich die Umsätze in der Slowakei in den Jahren 2009 und 2010 auf rund 30.000 Euro pro Jahr. Auch Herr B habe die Auftragserfüllung gegenüber der Firma S mit den Aufträgen in der Slowakei koordinieren müssen. Herr B habe dem Beschuldigten beispielsweise mitgeteilt, dass im Jahr 2010 die Umsätze in der Slowakei ca. 25.000 Euro betragen hätten.

 

Die Firma S GmbH habe mit den beiden Unternehmern B und R für die einzelnen Aufträge einen Fertigstellungstermin vereinbart. Die Zeiteinteilung für die Erfüllung des Auftrages hätten die beiden Unternehmer völlig frei bestimmen können; es habe keine Anwesenheitspflicht bei der Firma S gegeben.

 

Die Angaben von Herrn B in der Niederschrift vom 23.3.2011, wonach er und Herr R nur für die Firma S arbeiten würden, sei mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf zurückzuführen, dass Herr B diese Frage auf die konkrete Baustelle in L, P, bezogen habe. Bei dieser Baustelle hätten die Herren B und R tatsächlich nur für die Firma S gearbeitet. Diese Schlussfolgerung würde auch dadurch unterstützt, als die unmittelbar vorausgehende Frage, wie er zu den Arbeiten auf dieser Baustelle gekommen sei, sich ebenso auf die Baustelle in L, P, bezogen habe. Zusätzlich seien die äußerst schlechten Deutschkenntnisse des Herrn B zu berücksichtigen.

 

Ein Teil des Materials (Kleinmaterial) und das gesamte Werkzeug würden von den beiden slowakischen Unternehmern beigestellt. Das zu verarbeitende Material sei von der Firma S GmbH beigestellt worden, weil die Firma S bessere Einkaufskonditionen gehabt habe. Dem komme jedoch angesichts des Umstands, dass das Werkzeug zur Gänze und auch ein Teil des Materials von den beiden slowakischen Unternehmern beigestellt worden sei, kein besonders schwerwiegendes Gewicht zu.

 

Unrichtig sei auch, dass die Firma S GmbH die Rechnungen ausgestellt habe. Richtig sei vielmehr, dass Frau S S den beiden slowakischen Unternehmern bei der Rechnungserstellung lediglich behilflich gewesen sei, zumal die beiden Slowaken so gut wie keine Deutschkenntnisse gehabt hätten. Die Hilfestellung habe sich auf die richtige deutsche Bezeichnung der Bauvorhaben bezogen, von den Slowaken seien die Rechnungsbeträge und weitere relevante Daten eingefügt worden. Die Stempel seien ebenso von den beiden Slowaken selbst aufgedrückt und in der Folge unterschrieben worden.

 

Auf alle Argumente des Beschuldigten, die gegen die Annahme der wirtschaftlichen Abhängigkeit sprechen würden, gehe die belangte Behörde nicht ein, und zwar weder im Beweisverfahren noch im angefochtenen Erkenntnis.

 

Ø  Es gab keine Arbeitsanweisungen oder laufende Kontrollen seitens der Firma S GmbH, sondern lediglich eine Kontrolle nach Fertigstellung (Endabnahme).

Ø  Herr B und Herr R waren zur Gewährleistung verpflichtet.

Ø  Es gab von Seiten der Firma S GmbH keine Anweisungen, ob die in Auftrag gegebenen Arbeiten von Herrn B oder Herrn R selbst oder allein durchzuführen sind. Ob und wie viele Gehilfen die beiden Slowaken einsetzten, stand in der alleinigen Entscheidungsbefugnis der slowakischen Staatsbürger und war für die Firma S völlig irrelevant.

Ø  Herr B und Herr R verwendeten eigenes Werkzeug und einen eigenen PKW, um zu den Baustellen anzureisen. Gemeinsame Fahrten der Slowaken mit Arbeitern der Firma S zu den Baustellen gab es nicht. Die Arbeitskleidung stammt nicht von der Firma S.

Ø  Die Slowaken waren in der Einteilung der Arbeitszeit völlig frei.

Ø  Bei den von den beiden Slowaken erbrachten Leistungen handelt es sich um qualifizierte eigenständige Arbeiten, die nicht als einfache Hilfsleistungen abgetan werden können. Herr R bearbeitete und verlegte Boden- und Wandbelagsmaterialen aus Keramik-, Natur- und Kunststein und Beton. Er führte Verfliesungen von Badezimmern, Küchen, Toiletten, Schwimmanlagen, Objektbauwohnungen, etc. durch. Er bearbeitete den Untergrund mit einer Ausgleichsmasse und führte auch die Verfugung aus.

Herr B erbrachte verschiedene Schlosserarbeiten (Aluwinkelarbeiten und Balkonschenkelarbeiten).

Ø  Mit den beiden slowakischen Unternehmern wurden keine fixen Stundenlöhne unabhängig der erbrachten Leistungen vereinbart, sondern für jedes einzelne Werk erfolgten individuelle Vereinbarungen. Bei außerordentlichen Bedingungen bzw. Erschwernissen wurde ein höheres Entgelt vereinbart (zB. Fliesen tragen in den 7. Stock).

Ø  Nach der Information des Beschuldigten haben die beiden Slowaken sowohl in Österreich als auch in der Slowakei weitere Arbeitnehmer.

Ø  Herr R S hat eine Gewerbeberechtigung für das Handwerk des Platten-und Fliesenlegers gem § 94 Z 38 GewO 1994. Herr N B hat eine Gewerbeberechtigung für das Handwerk des Spenglers gem § 94 Z 64 GewO 1994.

Ø  Die beiden Unternehmer sind auch werbend am Markt (in Österreich und der Slowakei) aufgetreten, um andere Auftraggeber zu lukrieren.

Ø  Von beiden Slowaken wurde das Formular E101 'Bescheinigung über die anzuwendenden Rechtsvorschriften' ausgefüllt."

 

Es ergebe sich bei der Gewichtung der rechtlichen und faktischen Merkmale ein Gesamtbild, wonach die Herren B und R ihre Tätigkeit nicht in persönlicher bzw. wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübt hätten. Der Beschuldigte habe die beiden slowakischen Unternehmer als Subunternehmer zu den am Markt üblichen Bedingungen eingesetzt, und zwar nur dann, wenn er mit den im Betrieb beschäftigten Leuten die Bauvorhaben nicht rechtzeitig realisieren hätte können. Der Beschuldigte habe laufend Mitarbeiter aufgenommen. Es könne ihm nicht vorgeworfen werden, dass er etwa durch günstige Subunternehmer einen Wettbewerbsvorteil lukrieren habe wollen. Infolge der vereinbarten Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit mit den Slowaken, wie freie Zeiteinteilung, Gewährleistungspflicht der Slowaken, keine Eingliederung im Betrieb, vereinbarter Werklohn erst nach Fertigstellung des Werkes und auch der äußeren Umstände, wie Gewerbeberechtigung, Formular E 101 und Marktauftritt der Slowaken sei der Beschuldigte immer davon ausgegangen, dass die Herren B und R Unternehmer seien und keinesfalls als Dienstnehmer zu behandeln seien. Den Beschuldigten könne kein vorsätzliches Handeln in Bezug auf die Meldepflichten im ASVG oder den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes vorgeworfen werden.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Schreiben vom 4. Juli 2013 die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Mit Ladung vom 17. September 2013 wurde eine mündliche Verhandlung für den 16. Oktober 2013 anberaumt. Mit Schreiben vom 3. Oktober 2013 teilte die Rechtsvertreterin des Bw unter Hinweis auf ein mit dem erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates geführten Telefonat mit, dass auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet wird, weil die mündliche Erörterung keine über die Aktenlage hinausgehende Klärung der Sache erwarten lasse und die Europäische Menschenrechtskonvention dem nicht entgegen stehe. Im Hinblick auf diese Eingabe wurde daher die mündliche Verhandlung abberaumt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der S GmbH mit dem Sitz in A, E. Geschäftszweig dieser Firma ist das Hafnergewerbe. Im Jahr 2011 beschäftigte die S GmbH ca. 37 Arbeitnehmer, wobei in den vorangegangenen Jahren kontinuierlich Mitarbeiter aufgenommen worden sind. In Spitzenzeiten werden für Aufträge, die mit den im Betrieb Beschäftigten nicht mehr abgedeckt werden können, entweder Leasingarbeiter eingesetzt oder werden diese Aufträge an Subunternehmer vergeben. Auf diese Weise erhielten auch die beiden slowakischen Staatsangehörigen N B und S R als Subunternehmer Aufträge von der S GmbH. Beim Bauvorhaben P, L, X und X, beauftragte die S GmbH  mit Schreiben vom 7.3.2011 Herrn N B mit Schlosserarbeiten und Herrn S R mit Fliesenverlegearbeiten. Herr N B ist im Besitz eines Anerkennungsbescheides des Bundesministerims für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 373c Abs.1 GewO 1974 für das Gewerbe Spengler, Herr S R ist im Besitz der gleichen Berechtigung für das Handwerk der Platten- und Fliesenleger.

 

Sowohl Herr B als auch Herr R waren nicht ausschließlich für die S GmbH tätig, sondern gingen ihrer selbstständigen Tätigkeit auch in der Slowakei nach. Die jeweiligen Aufträge wurden mit eigenen Rechnungen abgerechnet.

 

Am 23.3.2011 kontrollierten Organe des Finanzamtes Linz die Baustelle P in L und wurden dort N B und S R bei Arbeitsleistungen angetroffen. Beide Herren gaben gegenüber den Kontrollorganen an, dass sie selbstständig tätig sind und im Auftrag der S GmbH arbeiten. Den beiden angetroffenen Ausländern wurden Personenblätter, die von ihnen selbstständig auszufüllen waren, vorgelegt. Zudem wurde Herr N B über seine Tätigkeit befragt, wobei der Befragung kein Dolmetscher beigezogen wurde. Herr B gab an, selbstständig tätig zu sein. Er arbeitet zwei Wochen in Österreich, dann fährt er für eine Woche in die Slowakei. Die Steuern bezahlt er in der Slowakei. Herr B gab an, dass der Bw sagt, auf welcher Baustelle zu arbeiten ist. Er führt weiters aus, dass er und Herr R nur für die S GmbH arbeiten und, wenn es schnell gehen muss, sie auch mit Leuten der Firma S zusammenarbeiten. Herr B gibt zudem an, dass er sich nicht melden muss, wenn er krank ist. Das Material für die Arbeiten kommt von der Firma S GmbH. Kleinwerkzeug und andere Arbeitsgeräte haben er und Herr R selbst. Abgerechnet wird mit der S GmbH nach Stunden bzw. Quadratmetern, wobei er 15 Euro pro Stunde und 12 Euro pro Quadratmeter verrechnet. Wenn die Arbeiten fertiggestellt sind, werden diese vom Polier oder Bauleiter der S GmbH kontrolliert. Wenn etwas nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurde, hat Herr B bzw. Herr R dies auf seine Kosten richtigzustellen. Über Arbeitskleidung verfügen Herr B und Herr R selbst und beide fahren mit dem Privatauto zur Baustelle.

 

4.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich einerseits aus dem Strafantrag des Finanzamtes Linz, andererseits aus der Rechtfertigung des Bw im erstinstanzlichen Verfahren, welcher die genannten Schriftstücke angeschlossen sind. Die Art und Weise der Angaben in den Personenblättern, die von den slowakischen Staatsangehörigen selbstständig ausgefüllt wurden, verdeutlichen für das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates, dass die beiden angetroffenen Arbeiter der deutschen Sprache nicht soweit mächtig sind, dass sie sehr exakt gestellte Fragen zu ihrem Arbeitsablauf auch so verstanden haben und demnach ihre Antworten den wahren wirtschaftlichen Sachverhalt wiederspiegeln. Herr B hat im Zuge der Kontrolle eindeutig angegeben, selbstständig tätig zu sein. Festzustellen ist, dass die Gewerbeberechtigungen für eine selbstständige Tätigkeit in Österreich vorliegen, zumal im erstinstanzlichen Verfahren die Anerkennungsbescheide des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vorgelegt wurden. Die Angaben, wonach vom Bw vorgegeben wird, auf welcher Baustelle gearbeitet wird, ist insofern nachvollziehbar, als vom Bw das jeweilige Bauvorhaben und die dort abzuwickelnden Arbeiten genannt werden und steht dies der Annahme einer selbstständigen Tätigkeit nicht entgegen. Zudem ist auch festzustellen, dass im Strafantrag keinerlei Angabe darüber enthalten ist, dass beim Bauvorhaben P in L auch Arbeiter der Firma S GmbH angetroffen worden wären. Vielmehr liefert dies ein Indiz dafür, dass von den slowakischen Arbeitern einerseits Schlosserarbeiten, andererseits Fliesenverlegearbeiten auf der genannten Baustelle – wie vom Bw vorgebracht – abgewickelt wurden. Insofern kann – zumal die beiden slowakischen Staatsangehörigen auch mit dem eigenen Fahrzeug zur Baustelle gefahren sind und über eigenes Handwerkzeug und Arbeitsgeräte verfügt haben – keine Feststellung zur organisatorischen Eingliederung in den Betrieb der S GmbH getroffen werden.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 3 Abs.1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" oder einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

Nach § 2 Abs.2 AuslBG gilt als Beschäftigung die Verwendung

a)    in einem Arbeitsverhältnis,

b)    in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis,

c)    in einem Ausbildungsverhältnis, einschließlich der Tätigkeiten nach § 3 Abs.5 leg.cit.

d)    nach den Bestimmungen des § 18 leg.cit. oder

e)    überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs.4 des Arbeitskräfte­überlassungsgesetzes, BGBl.Nr. 196/1988.

 

Gemäß § 2 Abs.4 erster Satz AuslBG ist für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs.2 vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Nach § 28 Abs.1 Z1 lit.a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs.5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine "Rot-Weiß-Rot – Karte plus" (§ 41a NAG) oder ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt-EG" (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde, und zwar bei ungerechtfertigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

5.2. Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1)  die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2)  die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Der im Straferkenntnis enthaltene Tatvorwurf der Beschäftigung zumindest seit vier Jahren entspricht in dieser Form nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG. Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens kann daher nur die am 23.3.2011 angelastete Beschäftigung der beiden ausländischen Staatsangehörigen auf der Baustelle P in L sein. Im Berufungsverfahren war daher nur zu prüfen, ob an diesem Tag – wie von der Erstinstanz angenommen – ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis der beiden ausländischen Staatsangehörigen zur S GmbH bestanden hat oder nicht.

 

5.3. Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 2007, Zl. 2005/08/0003, mwN).

 

Fest steht, dass die beiden slowakischen Staatsangehörigen über die notwendigen Anerkennungsbescheide zur Ausübung selbstständiger Tätigkeiten in Österreich verfügen. Es spricht grundsätzlich nicht gegen die Annahme eines Werkvertrages, wenn der Werkbesteller entweder nur telefonisch oder sodann vor Ort auf einer konkreten Baustelle mit den Werknehmern den Umfang der Arbeiten bespricht. Eine organisatorische Eingliederung der beiden slowakischen Staatsangehörigen in den Arbeitsbetrieb der S GmbH ist insofern nicht erwiesen, als am Tag der Kontrolle gemäß den Ausführungen im Strafantrag keine weiteren Arbeiter der S GmbH vor Ort angetroffen wurden. Festzustellen ist, dass Fliesenverlegearbeiten bzw. Spenglerarbeiten Gegenstand eines Werkvertrages bilden können. Für die Beurteilung, ob gegenständlich ein Werkvertrag vorliegt oder nicht ist auch nicht von entscheidender Bedeutung, von wem das Material für die Errichtung des eigenständigen Werkes gestellt wird. Auch wenn vom Werkbesteller selbst die Materialien zur Verfügung gestellt werden, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass von keinem Werkvertrag auszugehen ist. Für das Vorliegen eines Werkvertrages spricht auch, dass die beiden slowakischen Staatsangehörigen auch gewährleistungspflichtig gegenüber der S GmbH gewesen sind und wurde dies auch in einfacher Form vom bei der Kontrolle einvernommenen slowakischen Staatsangehörigen bestätigt, indem er meinte, dass er auf seine Kosten zu reparieren hat, wenn etwas nicht korrekt ist. Gegen das Vorliegen eines Werkvertrages spricht auch nicht der Umstand, dass nach Fertigstellung der Arbeiten diese vom Polier bzw. Bauleiter der S GmbH kontrolliert wurden. Aufgrund der Tatsache, dass die S GmbH ihrem Auftraggeber gegenüber für die einwandfreie Ausführung der Arbeiten verantwortlich ist, besteht vielmehr für den redlichen Unternehmer die Pflicht, die fachtechnisch einwandfreie Ausführung durch den Subunternehmer zu kontrollieren. Jedenfalls kann aus den vorliegenden Beweisergebnissen nicht abgeleitet werden, dass eine ständige laufende Kontrolle der Arbeiten der beiden slowakischen Staatsangehörigen erfolgt wäre. Ebenso bestehen keine Belege dahingehend, dass den beiden Arbeitern die Arbeitszeiten vorgegeben wurden. Auch der Arbeitsort ist bedingt durch die Baustelle der S GmbH vorgegeben und wird den Subunternehmern lediglich weitergegeben, ohne dass hier eine Bindung an den Arbeitsort anzunehmen wäre.

 

All diese Umstände führen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise des Sachverhalts zum Ergebnis, dass gegenständlich ein arbeitnehmerähnliches Verhältnis der beiden slowakischen Staatsangehörigen zur S GmbH nicht angenommen werden kann, sondern die beiden slowakischen Staatsangehörigen in selbstständiger Weise als beauftragte Subunternehmer auf der Baustelle in L, P, tätig geworden sind. In diesem Sinne war daher den Ausführungen in der Berufung zu folgen, weshalb dieser stattzugeben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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