Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-200399/2/Kü/KHu/Ba

Linz, 23.12.2013

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn DI F M, H, P, vom 20. Mai 2013 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 15. Mai 2013, GZ Agrar96‑12‑2‑2012, wegen Übertretung des Oö. Bodenschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs 1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 10. Jänner 2013, Agrar96-12-2012, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 2 1. Satz iVm § 49 Abs. 1 Z 5 Oö. Bodenschutzgesetz 1991 eine Geld- sowie Ersatzfreiheitsstrafe verhängt. Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben am 27.06.2012 von 16:30 Uhr bis 17:30 Uhr vom Ortschaftsweg T – E aus nach der Ortschaft T Richtung E neben dem Ortschaftsweg vom Fahrbahnrand bis ins angrenzende Maisfeld, Grundstück Nr. X, KG U, auf einer Länge von 180 m und einer Breite von 3 – 5 m mit einem 4000 l Güllefass 4 Fuhren also insgesamt 16000 l Senkgrubeninhalte aus der Senkgrube des Hauses T, Gemeinde T, ausgebracht und damit die höchstzulässige Aus­bringungsmenge von 50 m3 Senkgrubeninhalte pro Hektar und Jahr über­schritten."

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde vom Bw Berufung erhoben, mit der beantragt wurde, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstraf­verfahren einzu­stellen.

 

Dieser Berufung wurde vom Unabhängigen Verwaltunssenat mit Erkenntnis vom 4. April 2013, VwSen-200394/2/Kü/Ba Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt. Begründend führte der UVS in seinem Erkenntnis aus:

 

„Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit verst Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2003], 1522, Anm 2 zu § 44a VStG).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 19.5.1993, Zl. 92/09/0360; VwGH 25.3.1994, Zl. 93/02/0228; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheids beschränkt. Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.A. VwGH 24.3.1994, Zl. 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, Zl. 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, Zl. 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, Zl. 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, Zl. 97/06/0170).

 

Dem Bw wird angelastet, zu einem bestimmten Zeitpunkt 16000 l Senkgruben­inhalte (somit 16 m3) auf einer näher genannten Fläche ausgebracht zu haben und damit die höchst­zulässige Ausbringungsmenge von 50 m3 Senkgrubeninhalt pro Hektar und Jahr überschritten zu haben. Zu diesem Tatvorwurf ist festzuhalten, dass durch die im Spruch enthaltene Ausbringungsmenge von 16 m3 Senkgrubeninhalten jedenfalls die von der Behörde erster Instanz gezogene Schlussfolgerung, dass damit die höchstzulässige Ausbringungsmenge von 50 m3 Senkgrubeninhalt überschritten wurde, nicht nachvollziehbar ist. Auch aus der im Spruch enthaltenen Flächen­angabe bzw. der Tatzeit von einem Tag ist nicht erkennbar, dass vom Bw mit dem Ausbringen der Senkgrubeninhalte einerseits die mengenmäßige Beschränkung pro Hektar andererseits die zeitmäßige Vorgabe von einem Jahr überschritten worden sei. Mithin stellt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Tatbeschreibung in der angelasteten Form nicht als Verwaltungsübertretung dar. Die Ausbringung von 16 m3 Senkgrubeninhalten ohne nähere Konkretisierungen widerspricht nicht den Vorgaben des § 7 Abs.2 1. Satz Oö. Bodenschutzgesetz.

 

Aufgrund dieser Überlegungen sah sich der Unabhängige Verwaltungssenat veranlasst, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.“

 

In Folge wurde über den Bw mit Straferkenntnis vom 15. Mai 2013, Agrar96-12-2-2012, von der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 7 Abs. 2 1. Satz iVm § 49 Abs. 1 Z 5 Oö. Bodenschutzgesetz 1991 eine Geldstrafe von 100 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Stunden verhängt. Ferner wurde der Bw verpflichtet, einen Verfahrenskostenbeitrag von 10 Euro zu leisten.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben am 27.06.2012 von 16:30 Uhr bis 17:30 Uhr vom Ortschaftsweg T – E aus nach der Ortschaft T Richtung E neben dem Ortschaftsweg vom Fahrbahnrand bis ins angrenzende Maisfeld, Grundstück Nr. X, KG U, auf einer Länge von 180 m und einer Breite von 3 – 5 m, also auf einer Fläche von 900 (0,09 ha) mit einem 4000 l Güllefass 4 Fuhren also insgesamt 16000 l (16 m³) Senkgrubeninhalte aus der Senkgrube des Hauses T, Gemeinde T, ausgebracht und damit im Jahr 2012 die höchstzulässige Aus­bringungsmenge von 4,5 m³ Senkgrubeninhalte auf der 0,09 ha großen Teilfläche des Grundstückes X, KG U überschritten und somit hochgerechnet 177,8 m³ Senkgrubeninhalte pro Hektar und Jahr ausgebracht, obwohl auf bewirtschaftete landwirtschaftliche Kulturflächen höchstens 50 m³ Senkgrubeninhalte pro Hektar und Jahr ausgebracht werden dürfen.“

 

Die Begründung des Straferkenntnisses entspricht dabei weitestgehend jener des Straferkenntnisses, das der Entscheidung VwSen-200394/2/Kü/Ba zugrunde lag. Die Behörde führte jedoch im nunmehr bekämpften Straferkenntnis begründend zusätzlich aus, dass „die Tat unter Bedachtnahme auf die Erwägungen des UVS über den Inhalt des Spruchs neuerlich zur Last gelegt [wird]“ sowie dass „sich der UVS nicht damit auseinandergesetzt hat, ob die Tat begangen wurde und ob diese Tat eine Übertretung der angeführten Bestimmungen des Oö. Bodenschutzgesetzes darstellt, sondern er hat das Straferkenntnis wegen eines Spruchmangels aufgehoben. Da die Verjährungsfrist für diese Übertretung des Oö. Bodenschutzgesetzes 2 Jahre beträgt, war Ihnen daher mit Strafverfügung vom 11.04.2013 die Tat unter Bedachtnahme auf die Erwägungen des UVS über den Inhalt des Spruchs neuerlich zur Last zu legen.“

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde zunächst ausgeführt, dass der Tatvorwurf des neuerlichen Straferkenntnisses derselbe sei, wie bei jenem, das der Entscheidung VwSen-200394/2/Kü/Ba zugrunde liegt; es handle sich „um dieselbe Sache, um dieselbe Tat und dieselbe unterstellte Rechtsverletzung“. Folglich beantragte er die „Abweisung des Straferkenntnisses vom 15. Mai 2013, weil dieses keine Deckung durch das Verwaltungsverfahrensgesetz findet und ganz grundsätzlich dem rechtsstaatlichen Prinzip der ‚res judicata‘ widerspricht“. Inhaltlich verweist der Bw auf sein Berufungsvorbringen im Erstverfahren.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis hat die Berufung samt Bezug habenden Verfahrensakt mit Schreiben vom 11. Juni 2013, eingelangt am 13. Juni 2013, vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Aktenein­sichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit der Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 45 VStG kann unter bestimmten Voraussetzungen die Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens verfügt werden, wobei diese insbesondere von den Unabhängigen Verwaltungssenaten per Bescheid zu erfolgen hat (vgl Fister in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG § 45 Rz 5). Mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 4. April 2013, VwSen-200394/2/Kü/Ba, wurde das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 10. Jänner 2013, Agrar96-12-2012, aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Rechtsfolge einer solchen Einstellung ist, dass von der Durchführung bzw. Weiterführung des Strafverfahrens abgesehen werden muss. Eine Bestrafung wegen derselben Tat (ggf. auch unter Anwendung einer anderen Verwaltungsvorschrift) verletzt den Grundsatz „ne bis in idem“ und ist deshalb inhaltlich rechtswidrig (vgl. etwa VwGH 8.11.2000, Zl. 99/04/0115; VwGH 10.10.2006, Zl. 2002/03/0240).

 

Dem Bw wird im nunmehr bekämpften Straferkenntnis vom 15. Mai 2013, Agrar96-12-2012, dieselbe Tat wie im ersten Verfahrenslauf vorgeworfen: Hinsichtlich Tatort, Tatzeit und Tathandlung besteht keinerlei Abweichung im Vergleich zur im Erstverfahren vorgeworfenen Tat (insbesondere enthielt der im Erstverfahren gestellte Tatvorwurf bereits die Tatsache, dass die Ausbringung auf „auf einer Länge von 180 m und einer Breite von 3-5 m erfolgt und die höchstzulässige jährliche Ausbringungsmenge überschritten worden wäre). Vielmehr wurde dem Bw dasselbe von ihm gesetzte Verhalten erneut zur Last gelegt und unter dieselbe gesetzliche Strafbestimmung subsumiert. Darin ist jedoch eine Verletzung des Grundsatzes „ne bis in idem“ zu erblicken, was die Behörde im Übrigen im angefochtenen Bescheid auch selbst zum Ausdruck bringt („... wurde Ihnen die Tat ... neuerlich zur Last gelegt“). Der Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

 

An dieser Überlegung ändert sich nichts, wenn die Behörde nunmehr annimmt, dass dem Bw bei Ausbringung von Senkgrubeninhalten auf einem schmalen Grundstücksstreifen die auf Hektar bezogenen maximalen jährlichen Ausbringungsmengen bloß aliquot zustehen würden; dies stellt nämlich bloß eine Rechtsfrage hinsichtlich der Auslegung des § 7 Abs 2 Oö. Bodenschutzgesetzes dar, ändert aber nichts am eigentlichen Tatvorwurf.

 

Aufgrund dieser Überlegungen sah sich der Unabhängige Verwaltungssenat veranlasst, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Aufgrund der Einstellung des Strafverfahrens entfällt gemäß § 66 Abs. 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

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