Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101813/9/Br

Linz, 22.03.1994

VwSen - 101813/9/Br Linz, am 22. März 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 14. September 1993, Zl.: VerkR96/6040/1992/Stei/Mu, wegen Übertretung der StVO - 1960, nach der am 22. März 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungs-strafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19, § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 14. September 1993, Zl.: VerkR96/6040/1992/Stei/Mu wegen der Übertretungen nach § 52a Z10a, StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 1.600 S und für den Nichteinbringungsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 10. November 1992 um 23.45 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen, auf der B 127 in Richtung Ottensheim gelenkt und dabei bei Str.km 6,8 die durch Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 34 km/h überschritten habe.

1.1. Begründend führt die Erstbehörde sinngemäß aus, daß die Übertretung auf Grund der Angaben der Gendarmeriebeamten, welche auch als Zeugen vernommen worden seien, erwiesen sei. Sie hätten übereinstimmend angegeben, daß sie zur Tatzeit Lasermessungen hinsichtlich der aus Richtung kommenden Fahrzeuge vorgenommen hätten. Dabei hätten sie das Fahrzeug des Berufungswerbers mit 108 km/h messen können, was unter Abzug einer Verkehrsfehlergrenze eine Geschwindigkeit von 104 km/h ergebe. Zu diesem Zeitpunkt sei der Berufungswerber im Begriff gewesen, auf die vor ihm fahrenden Fahrzeuge aufzuschließen. Bei den Meldungslegern habe es sich um geschulte Organe, denen eine Geschwindigkeitsmessung mittels Lasermessgerät zugemutet werden könne und welche bei einer zeugenschaftlichen Aussage an den Diensteid und an die Wahrheitspflicht gebunden seien. Dem vom Berufungswerber namhaft gemachten Zeugen sei demgegenüber diese Qualifikation nicht zugekommen. 2. In der dagegen fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertetung und bezeichnet die Angaben der Gendarmeriebeamten als nicht stichhaltig und wendet Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens ein. Im wesentlichen wird in der Sache ausgeführt, daß er sich in einer Kolonne befunden habe, welche sich mit gleicher Geschwindigkeit und im gleichen (gemeint wohl gleichbleibenden) Tiefenabstand fortbewegt hätte. Für die Richtigkeit seines Vorbringens verweise er auf die schriftliche Aussage des Zeugen. Zum Beweis der Richtigkeit seines Vorbringens beantrage er unter Beiziehung eines technischen Sachverständigen, seine Angaben und die seines Zeugen mit den Angaben der Gendarmeriebeamten überprüfen zu lassen. Das abgeführte Verfahren habe auch dem Grundsatz einer fairen Verfahrensdurchführung nicht entsprochen. Die durchgeführten Anhaltungen seien "Anhaltungen im Akkord" gewesen. Es würden hintereinander Messungen durchgeführt, ohne daß die einzelnen Amtshandlungen abgeschlossen würden und den Betroffenen die Möglichkeit gegeben würde, die Meßdaten einzusehen. Schließlich sei dann ein unabhängiger Zeuge in einer Art und Weise einvernommen worden, welche kaum zur Wahrheitsfindung geeignet gewesen sei. Die Aussage des Zeugen habe eindeutig die Aussagen der Gendarmeriebeamten widerlegt. Ebenfalls sei die Aussage des Zeugen in keiner Weise gewürdigt worden. 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war anzuberaumen, weil vom Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Übertretung dem Grunde nach bestritten wurde (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Zl.: VerkR96/6040/1992-Stei/Ga, die zeugenschaftlichen Angaben der Zeugen, RevInsp. J und Insp. C sowie die Vernehmung des Berufungswerbers als Beschuldigten.

5. Im Hinblick auf die im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung durchgeführten Beweisaufnahme steht wohl fest, daß eine Messung eines sich dem Standort der Gendarmeriebeamten annähernden Fahrzeuges erfolgt ist wobei die Fahrgeschwindigkeit dieses Fahrzeuges wesentlich überhöht gewesen ist. Die Messung ist aus einer Entfernung von etwa 280 Metern erfolgt, wobei sich mehrere Fahrzeuge innerhalb dieser "Meßdistanz" befunden haben. Zum Zeitpunkt der Messung herrschte Dunkelheit. Technisch bedingt erfolgte die Messung in einem flachen Winkel. Der Berufungswerber fuhr während der Annäherung an den Anhalteort hinter dem Fahrzeug des Zeugen. Bei der Anhaltung des Berufungswerbers glaubte vorerst der vor ihm fahrende Zeuge D, daß ihm diese Anhaltung gelten könnte und wollte anhalten. Seine Fahrgeschwindigkeit soll durch eine offenbar vor der hier verfahrensgegenständlichen Messung mit 83 km/h festgestellt worden sein. Zwei Fahrzeuge haben sich noch vor dem Fahrzeug von D befunden. Er wurde vom Zeugen A per Handzeichen angewiesen weiterzufahren, zumal das Haltezeichen eben nicht ihm gegolten hatte. Nach der Anhaltung des Berufungswerbers hat dieser die ihm vorgehaltene Übertretung energisch bestritten. Die gewünschte und vorerst zugesagte Einsichtnahme auf die Displayanzeige des Lasermeßgerätes ist nicht möglich gewesen, weil diese zwischenzeitig infolge einer neuerlich vorgenommenen Messung durch den Zeugen RevInsp. R schon gelöscht wurde.

5.2. Unter realistischer Würdigung der Aussagen sämtlicher Zeugen und der durchaus glaubwürdig wirkenden Verantwortung des Berufungswerbers konnte wenigstens im Zweifel nicht ausgeschlossen werden, daß im Zuge dieser Messung ein Irrtum in Form der Zuordnung des Meßergebnisses an einen anderen Fahrzeuglenker unterlaufen ist. Diese Annahme stützt sich insbesondere darauf, daß der Zeuge D durchaus einleuchtend darzulegen vermochte, daß er glaube, der Berufungswerber sei in einem eher geringen Abstand hinter ihm hergefahren. Sie seien zu einem gemeinsamen Ziel nach Ottensheim unterwegs gewesen. Ebenfalls wird diese Annahme dadurch unterstützt, daß auf diesem Straßenzug ein Audi ziemlich weit in die Fahrbahn hineingefahren war, um sich in den fließenden Verkehr einordnen zu können. Wäre der Abstand zwischen ihm und dem Berufungswerber ein größerer gewesen, dann hätte sich dieser Audi wohl zwischen ihm und dem Berufungswerber in den fließenden Verkehr eingereiht. Da dies nicht der Fall war, ist durchaus wahrscheinlich, daß der Abstand des nachfahrenden Fahrzeuges eher gering gewesen ist. Dies ist jedenfalls ein Indiz dafür, daß die beiden Fahrzeuge eher keine derart große Differenz in der Fahrgeschwindigkeit gehabt haben dürften. Wird schließlich bedacht, daß die Messung des Fahrzeuges in einer Entfernung von etwa 280 Meter und bei Dunkelheit erfolgt ist, wobei sich mit Sicherheit mehrere Fahrzeuge innerhalb des Bereiches bis zu den Meldungslegern befunden haben, ist es im gegenständlichen Fall jedenfalls nicht mit Sicherheit auszuschließen, daß nicht der Berufungswerber mit einem anderen Fahrzeug verwechselt wurde. Die Messung hat frontal in einem möglichst flachen Winkel zu erfolgen, sodaß in einer Entfernung von fast 300 Meter von mehreren hintereinanderfahrenden Fahrzeugen ein bestimmtes Fahrzeug bis zur Annäherung an den Anhalteort durchaus schwer fixierbar ist. Der Zeuge RevInsp. R gab dazu an, daß er nach erfolgter positiver Messung das gemessene Fahrzeug nicht weiter im Sucher des Meßgerätes "verfolge", sondern an den Anhalter durch Zuruf weitergebe, welches Fahrzeug anzuhalten sei.

Aus der Summe der in diesem Beweisverfahren geschilderten Abläufe kann daher nicht mit einer für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit von der Tatbegehung ausgegangen werden. Mit der hier getroffenen Beweiswürdigung wird jedoch keinesfalls eine Qualifizierung einer dem Stand der Technik entsprechenden Meßmethode und ebenfalls nicht der Arbeit der hier dienstversehenden Gendarmeriebeamten vorgenommen. Dem Beweisergebnis der hervorgenommenen widrigen Umstände folgend, konnte hier ein unterlaufener Irrtum aber nicht mit solcher Deutlichkeit ausgeschlossen werden, wie dies für einen Schuldspruch eben erforderlich ist. 6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

6.1. Die Behörde hat von der Einleitung und Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann (§ 45 Abs.1 Z1 VStG). Dies gilt ebenso für das Berufungsverfahren, weil eine entsprechende nachvollziehbare Beweisführung nicht möglich war (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251 u.a. in ZfVB 1991/3/1122). Es war daher "im Zweifel für den Beschuldigten" zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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