Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360385/12/WEI/Ba

Linz, 23.12.2013

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des J J G, geb. X, V, W, vertreten durch Dr. G S, Rechtsanwalt in L, M, gegen Spruchpunkt 1. lit a) bis h) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmanns von Braunau am Inn vom 30. August 2012, Zl. Pol96-813-2011-Bu, wegen Verwaltungsübertretungen nach § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses zur Gänze aufgehoben und die Verwaltungsstrafverfahren werden diesbezüglich gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.         Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 66 Abs 1 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt:

 

„Straferkenntnis

 

Taten (einschließlich Ort, Datum und Zeit der Begehung)

 

1. Die Firma T-HandelsgesmbH mit dem Sitz in W, B, hat jedenfalls im Zeitraum vom 31.8.2011 bis 3.9.2011 gegen 11.15 Uhr zur Teilnahme vom Inland aus im W T in S, N, mit den nachstehend angeführten betriebsbereit aufgestellten Glücksspielgeräten mit den Gehäusebezeichnungen

 

a) Nr. 1 Experience Ambassador-Excellence, Seriennummer XAR602558; Ambassador B, Versiegelungsplaketten-Nr. 11201

b) Nr. 2 Casino Multi Game, WEBAK GAMES, Versiegelungsplaketten-Nr. 11202

c) Nr. 3 Casino Multi Game, Seriennummer 505051 10/2005, WEBAK GAMES Austria, Versiegelungsplaketten-Nr. 11203

d) Nr. 4 Dollar Bill, Seriennummer XAR602547, Ambassador B,;Versiegelungsplaketten-Nr. 11204

e) Nr. 5 Ambassador Games Austria Internet Terminal, Seriennummer XAR601866, Ambassador B, Versiegelungsplaketten-Nr. 11205

f) Nr. 6 Ambassador Games Austria Internet Terminal, Seriennummer XAR601830, Ambassador B, Versiegelungsplaketten-Nr. 11206

g) Nr. 7 Ambassador Games Austria Internet Terminal, Seriennummer XAR602449, Ambassador B, Versiegelungsplaketten-Nr. 11207

h) Nr. 8 Ambassador Games Austria Internet Terminal, Seriennummer XAR602273, Ambassador B, Versiegelungsplaketten-Nr. 11208

 

verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 des Glücksspielgesetzes unternehmerisch zugänglich gemacht, da für die Ausspielungen keine Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz erteilt wurde und die Ausspielungen auch nicht gemäß § 4 vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

 

Bei den Ausspielungen handelte es sich um verschiedene Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen mit den Bezeichnungen Dollar Bill (Geräte .1 und 4), Megal Jungle (Gerät 2) Fruitstar Bonus (Gerät 3), Hot Joker (Gerät 5), Burning Star (Gerät 6) und Diamond Swipe (Geräte 7 und 8).

 

Die unternehmerische Zugänglichmachung bestand darin, die verbotenen Ausspielungen mittels obiger Glücksspielgeräte in der Betriebsstätte im W T zu dulden und. dafür zu sorgen, dass die Glücksspielgeräte täglich eingeschaltet den Spielern betriebsbereit zur Verfügung standen, dass den Spielern Auskunft über Fragen im Zusammenhang mit der Gerätebedienung erteilt wurde, dass den Spielern über deren Wunsch die erzielten Gewinne in Form von Bargeld ausbezahlt wurden und dass die ausgefolgten Gewinnbeträge in der Gerätebuchhaltung als Auszahlung verbucht wurden.

 

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ der Firma T-HandelsgesmbH mit dem Sitz in W, B, sind Sie für diese Zuwiderhandlungen verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

 

2. ...“

 

Wegen dieser im Spruchpunkt 1. lit a) bis h) angelasteten Verwaltungsübertretungen nach „§ 52 Abs. 1 Z. 1 und § 2 Abs. 4 Glücksspielgesetz iVm. § 9 Abs. 1 VStG 1991“ verhängte die belangte Behörde zu a) bis h) eine Geldstrafe von je 1.500 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit je 23 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe.

 

1.2. Zur Begründung führt die belangte Behörde wie folgt aus:

 

„Die Ihnen umseits zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sind durch die vorliegenden Anzeigen des Finanzamtes Braunau Ried Schärding vom 06.09.2011, Zahl: 041/74121/18/2011 und 041/74124/20/2011, insbesondere durch die von den Kontrollorganen getroffenen Feststellungen sowie, durch das durchgeführte Ermittlungsverfahren als erwiesen anzunehmen.

 

Ihr strafbares Verhalten wurde Ihnen mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30.07.2012 nachweislich zur Kenntnis gebracht. Mit Schreiben vom 01.08.2012 haben Sie im Wege Ihres ausgewiesenen Vertreters um Akteneinsicht ersucht. Am 12.09.2012 wurde Ihrem Vertreter bei der LPD Oberösterreich Akteneinsicht gewährt, wobei gleichzeitig bestätigt wurde, dass binnen drei Wochen eine diesbezügliche Stellungnahme an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn abgegeben wird. Auch wurde zur Kenntnis genommen, dass, falls die genannte Frist ungenützt verstreichen sollte, das Strafverfahren ohne weitere Anhörung fortgeführt wird. Die Tatsache, dass Sie bis dato keine diesbezügliche Gegenäußerung erstattet haben, wertet die Behörde gem. § 45 Abs.2 AVG 1991 (§ 24 VStG 1991) als Beweis dafür, dass Sie dem Sachverhalt nichts entgegen zu halten haben.

 

Wie aus den vorliegenden Anzeigen des Finanzamtes Braunau-Ried-Schärding vom 06.09.2011 hervorgeht, wurden die im Spruch näher bezeichneten Eingriffsgegenstände von den Kontrollorganen grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden.

 

Mit diesen Geräten wurden jedenfalls von 31.08.2011 (verdeckte Ermittlung) bis zur Beschlagnahme am 03.09.2011 wiederholt virtuelle Walzenspiele (zum Teil mit vorgeschaltenem Würfelspiel) durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind (vergleiche dazu die Ausführungen in der Fotodokumentation des Finanzamtes über die erfolgten Probespiele an den oben angeführten Geräten, sowie die Anzeige vom 06.09.2011, an deren Richtigkeit kein Grund zu Zweifeln besteht:

Mindesteinsatz von 0,25 Euro bis 0,50 Euro - in Aussicht gestellter Gewinn von 10 Euro bis 75 Euro + 1 oder mehrere SG (Supergames).

 

Der konkrete Spielablauf stellt sich unter Bezugnahme auf die Dokumentation in der Anzeige vom 06.09.2011, dessen Glaubwürdigkeit nicht zu beanstanden ist, wie folgt dar:

Es ist - wie sich aus dem Aktenvermerk des Finanzamtes vom 05.09.2011 ergibt - unstrittig, dass das Gerät mit der Finanzamt Nr. 4 nicht spielbereit gewesen ist. Festzuhalten ist jedoch, dass wie auch beim funktionsfähigen und bespielbaren Gerät mit der Finanzamt Nr. 1 auch beim Gerät mit der Finanzamt Nr. 4 das gleiche angebotene Spiel (Dollarbill) verfügbar war. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass technische Probleme - wie etwa die Nichtfunktion der Geldeingabefunktion am Gerät - insbesondere im Hinblick darauf, dass ein solcher Austausch der Komponenten ohne großen Aufwand zu bewerkstelligen ist, zu einem ‘Ausscheiden’ des Verdachts einer Übertretung nach dem Glücksspielgesetz führen.

 

Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des Spieles und Aufrufen zur Durchführung kann ein Spieleinsatz ausgewählt werden, dem jeweils ein entsprechender Gewinnplan mit den in Aussicht gestellten, unterschiedlich hohen Gewinnen in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen zugeordnet ist. Das Spiel wird mit der Starttaste ausgelöst. Damit wird zunächst der gewählte Einsatzbetrag vom Spielguthaben abgezogen und danach das Walzenspiel ausgelöst. Dabei werden die in senkrechten Reihen angeordneten Symbole so in ihrer Lage verändert, dass der optische Eindruck von rotierenden Walzen entsteht.

 

Die Einsatzsteigerung erfolgt durch Betätigung einer entsprechenden mechanischen oder einer virtuellen Bildschirmtaste. Ab einem gewählten Spieleinsatz von 50 Cent kann durch fortgesetzte Bedienung dieser Taste der Einsatz in Stufen weiter bis zum Programm bedingt höchstmöglichen Einsatz gesteigert werden. Wird der Einsatz über den Betrag von 50 Cent hinaus erhöht, werden mit jeder Tastenbetätigung in einem der kleinen, nebeneinander angeordneten Feldern in unmittelbarer Nähe des Einsatzbetragsfeldes am Bildschirm ‘Augen’ bis zu einer bestimmten Höchstzahl eingeblendet. Nach der ‘Augendarstellung’ bewirkt die weitere Tastenbedienung das Einblenden einer oder mehrerer Symbole. Damit wird dem Spieler verschlüsselt der ausgewählte Einsatzwert angezeigt.

 

Wurde ein solcher verschlüsselter Einsatz von mehr als 50 Cent vorgewählt, muss die Start-Taste solange wiederholt hintereinander betätigt werden, bis der vorgewählte Einsatzbetrag in mehreren Teil-Einsatzbeträgen vollständig vom Spielguthaben abgezogen worden ist, um das Spiel sodann auszulösen.

Bei Auslösung des Spiels im Wege der Automatik-Start-Taste muss diese Taste nur einmal betätigt werden um die beschriebenen Abläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen.

 

Der wechselnde Vorgang von Einsatzbuchungen vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt solange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

 

Mit jeder Steigerung des Einsatzbetrages werden auch sämtliche Werte im zugehörigen Gewinnplan erhöht.

 

Der Spielerfolg steht nach jedem Stillstand der Walzen in Form eines Gewinnes oder des Verlustes des getätigten Einsatzes fest.

Auf ‘vorgeschaltete Würfelspiele’ kann nicht verzichtet werden, wenn um entsprechend hohe in Aussicht gestellte Gewinne gespielt werden soll. Dieses ‘Würfelspiel’ kann auch nicht gesondert für sich alleine ausgewählt und zur Durchführung aufgerufen werden.

 

Ein Spiel im Sinne eines ‘Würfelspieles’ kann auch deshalb nicht vorliegen, weil bei einem Spiel der Spielerfolg entweder vorwiegend oder ausschließlich von der Geschicklichkeit der Spieler oder aber vorwiegend oder ausschließlich vom Zufall abhängt. Beim ‘vorgeschalteten Würfelspiel’ hingegen fällt einerseits jede Geschicklichkeitskomponente, andererseits trifft der gewünschte und erwartete Spielerfolg, nämlich der Walzenumlauf, nicht zufällig ein, sondern mit weitaus überwiegender Regelmäßigkeit nach vollständigem Abzug des verschlüsselt vorgewählten Spieleinsatzes.

 

Das ‘vorgeschaltete Würfelspiel’ stellt also nicht ein Spiel, sondern nur eine verschlüsselte Einsatzleistung in Form von Teileinsatzbeträgen dar.

 

Der Ausgang dieses Spiels konnte vom Spieler nicht beeinflusst werden. Die Entscheidung über das Spielergebnis hing somit jedenfalls vorwiegend vom Zufall ab.

 

Dem Akteninhalt zufolge hat die Fa. T- HandelsgesmbH als Betreiber des kontrollierten Lokales jedenfalls seit 31.08.2011 bis 03.09.2011 die im Spruch angeführten Eingriffsgegenstände mit dem Vorsatz unternehmerisch zugänglich gemacht, fortgesetzt Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen. Es ist als erwiesen anzunehmen, dass die T- HandelsgesmbH bzw. dessen Personal stets dafür gesorgt hat, dass die gegenständlichen Glücksspielgeräte täglich eingeschaltet den Spielern betriebsbereit zur Verfügung stehen, dass den Spielern Auskunft über Fragen im Zusammenhang mit der Gerätebedienung erteilt wurde, dass den Spielern über deren Wunsch die erzielten Gewinne in Form von Bargeld ausgezahlt wurden und dass die ausgefolgten Gewinnbeträge in der Gerätebuchhaltung als Auszahlung verbucht wurden.

 

Die Glücksspiele wurden in Form einer verbotenen Ausspielung durchgeführt, da für die Ausspielungen weder eine Konzession noch eine Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz erteilt wurde, noch solche Ausspielungen vom Glücksspielmonopol des Bundes gem. § 4 Glücksspielgesetz ausgenommen sind. Um eine Auszahlung handelt es sich bei den mit den betreffenden Geräten durchführbaren Glücksspielen deshalb, weil alle gesetzlichen Vorraussetzungen des § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetz erfüllt sind:

Veranstalten durch einen Unternehmer, Erbringen eines Einsatzes durch Spieler und in Aussicht stellen von Gewinnen.

 

Nach ho. Ansicht hat die Fa. T-HandelsgesmbH auch die im Punkt 2 zitierte Verwaltungsvorschrift eindeutig verletzt und zu verantworten. Mit der im Akt einliegenden Dienstanweisung wurde Ihr im Lokal anwesender Arbeitnehmer K S vorsätzlich zur Begehung einer Verwaltungsübertretung veranlasst, zumal ihm dadurch untersagt wurde, betriebsfremden Personen (auch Behördenvertretern) gegenüber Angaben oder Aussagen über Betriebsabläufe abzugeben.

 

Die für die Beurteilung der Rechtslage maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes werden auszugsweise wie folgt angeführt:

 

§ 1 Abs. 1 :   Ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt.

 

§ 2 Abs. 1: Ausspielungen sind Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine Vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Abs. 2: Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

 

Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit Vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z. 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.

 

Abs. 4: Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.

 

§ 50 Abs. 4: Veranstalter, Anbieter und Personen, die Glücksspieleinrichtungen bereithalten, haben der Behörde nach Abs. 1 , dem Amtssachverständigen (§ 1 Abs. 3) und den Organen der öffentlichen Aufsicht umfassend Auskünfte zu erteilen, umfassende Überprüfungen und Testspiele zu ermöglichen und Einblick in die geführten Aufzeichnungen sowie die nach diesem Bundesgesetz aufzulegenden Spielbeschreibungen zu gewähren.

 

§ 52 Abs. 1: Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

 

1.wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als, Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

 

5. wer gegen eine Duldungs- oder Mitwirkungspflicht nach § 50 Abs. 4 verstößt.

 

Zur Strafbemessung ist folgendes auszuführen:

Grundlage für die Bemessung der Strafe ist gemäß § 19 VStG 1991 stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Weiters sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

 

Dadurch, dass der Gesetzgeber ein sehr strenges Strafausmaß vorgegeben hat, gibt er zu erkennen, dass Übertretungen nach dem Glücksspielgesetz nicht als Bagatelldelikte anzusehen sind.

 

Die mit dem Gesetz angestrebten ‘ordnungspolitischen und fiskalischen Zielsetzungen des Staates durch ein Lenken des Spielbetriebes in geordneten und überwachten Bahnen‘ dienen dem Verbraucher vor Verschuldung und damit insgesamt dem Schutz der sozialen Ordnung. Es wird darauf hingewiesen, dass verbotenes Glücksspiel bereits zu einem ‘ernsthaften gesellschaftlichen Problem’ geworden ist. Die der Bestrafung zur Grunde liegende Handlung schädigte daher in erheblichem Maße den vom Gesetzgeber verfolgten Schutzzweck der Strafdrohung, weshalb der Unrechtsgehalt der Taten als schwerwiegend zu bezeichnen ist. Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung der Tatbestände nur schwer hätte vermieden werden können, ist nicht hervorgekommen und ist daher ihr Verschulden keineswegs als geringfügig anzusehen.

 

Bei der Übertretung zu Punkt 2 des Straferkenntnisses ist sogar von einer vorsätzlichen Begehung der Tat auszugehen.

 

Da Sie Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse trotz Aufforderung nicht bekanntgegeben haben, wurde bei der Strafbemessung von der Ihnen mitgeteilten Schätzung (2000 Euro monatliches Nettoeinkommen, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) ausgegangen.

 

Bei einem vorgegebenen Strafrahmen von bis zu 22.000,-- Euro erscheint das ausgesprochene Strafausmaß dem Unrechtsgehalt der Übertretungen angepasst und schuldangemessen.

Strafmildernde sowie -erschwerende Umstände lagen keine vor. Gegen eine niedrigere Straffestsetzung sprechen sowohl spezial- als auch generalpräventive Überlegungen.

 

Die Entscheidung über die Kosten des Strafverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.“

 

1.3. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtsfreundlich eingebrachte Berufung vom 5. September 2013, die rechtzeitig per Telefax am 6. September 2013 einlangte. Darin wird zu Spruchpunkt 1. im Wesentlichen vorgebracht, es sich bei den gegenständlichen Geräten 1a bis 1h um Glücksspielgeräte handle, bei denen grundsätzlich Einsätze von über 10 Euro und auch Serienspiele möglich seien. Eine Zuständigkeit der belangten Behörde scheide schon aus deshalb aus. Zuständig für ein strafrechtliches Verhalten iSd § 168 StGB sei allenfalls das Bezirksgericht M.

Der Bw beantragt, der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

1.4. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 12. September 2013 die Berufung dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vor.

2.1. Mit Schreiben vom 20. November 2013 hat der Oö. Verwaltungssenat gegen den Beschuldigten des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die zuständige Staatsanwaltschaft wegen Verdachts einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung erstattet.

Der beim Oö. Verwaltungssenat entstandene Verdacht einer gemäß § 168 StGB gerichtlich strafbaren Handlung wurde der zuständigen Staatsanwaltschaft mit dem genannten Schreiben wie folgt dargelegt:

„Sehr geehrte Damen und Herren!

Aufgrund der Ergebnisse einer am 3. September 2011 von den Organen der nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) zuständigen Abgabenbehörde durchgeführten Glücksspielkontrolle wurde von der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz gegen den Beschuldigten J J G, geb. X, ein Verwaltungsstrafverfahren nach § 52 Abs. 1 Z. 1 GSpG eingeleitet, welches nunmehr beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich anhängig ist.

Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 Glücksspielgesetz (GSpG) begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, ‘wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt’.

Nach § 168 Abs. 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der ‘ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird’.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ist im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs. 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des GSpG vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem GSpG wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl. VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, 2009/17/0181).

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs. 2 GSpG nunmehr eine ausdrückliche, an Wertgrenzen orientierte Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um ‘geringe Beträge’ i.S.d. § 168 Abs. 1 StGB, sodass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit gemäß § 168 Abs. 1 StGB zurücktritt.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs ist – sobald im Verwaltungsstrafverfahren der Verdacht entsteht, dass Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet wurden – das Verwaltungsstrafverfahren gem. § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen und gem. § 78 Abs. 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0233).

Gegenteilig dazu erkannte der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, B 422/2013, die Verfassungswidrigkeit dieser VwGH-Judikatur und sprach aus, dass die Strafbarkeit nicht an das Verhalten des konkreten Spielers – nämlich die tatsächliche Einsatzleistung – anknüpfe, sondern auf das Verhalten jener Person abstelle, die verbotene Ausspielungen ermöglicht. Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach dem GSpG und dem StGB sei bei einer verfassungskonformen, das Doppelbestrafungsverbot gemäß Art 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung darauf abzustellen, ob an einem Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm Einsätze von höchstens oder mehr als 10 Euro ermöglicht werden oder ob Serienspiele veranlasst werden können. Der Verfassungsgerichtshof löst somit auch die Konkurrenzsituation zu einer Versuchsstrafbarkeit gem §§ 15, 168 StGB.

Dieser Rechtsansicht schloss sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner bisherigen Rechtsansicht – an (VwGH 23.7.2013, 2012/17/0249).

Sobald daher die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen bei einem Spielgerät von über 10 Euro oder Serienspielen (Auto-Start-Taste!) iSd OGH-Judikatur besteht, liegt nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs – und dem folgend nunmehr auch des Verwaltungsgerichtshofs – somit eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gem § 168 StGB vor. 

Wie dem beigelegten Verfahrensakt zu entnehmen ist, hat sich nicht zuletzt aufgrund der Ermittlungen der einschreitenden Abgabenbehörde ergeben, dass hinsichtlich der im Strafbescheid der Behörde I. Instanz bezeichneten Glücksspielgeräte u.a. Einsätze bis zu 15 Euro pro Spiel möglich waren. Dies ergibt sich nicht zuletzt auch aus den Ausführungen des Beschuldigten in der Berufungsschrift selbst, wonach Einsätze über 10 Euro pro Spiel tatsächlich geleistet worden seien, da dem Beschuldigten eines Verwaltungsstrafverfahrens wohl nicht unterstellt werden kann, sich selbst ohne tatsächlichen Anlass einer gerichtlich strafbaren Handlung zu bezichtigen. Somit tritt nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung aber eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach dem StGB zurück.

Entsprechend dem oben dargestellten jüngsten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs – dem im Übrigen auch der Verwaltungsgerichtshof in Abkehr zu seiner bisherigen Rechtsansicht ausdrücklich folgt – ergibt sich nach Auffassung des UVS OÖ daher bei der bloßen Möglichkeit von Einsatzleistungen in dieser Höhe eine gerichtliche Strafbarkeit jedenfalls wegen versuchter Veranstaltung eines Glücksspiels gem. § 168 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 StGB. Wenngleich nämlich für die Vollendung der Tathandlung ‘Veranstalten’ gemäß § 168 Abs. 1 StGB ein Spiel auch tatsächlich stattgefunden haben muss, kann vor dem ersten Spielgeschehen jedenfalls ein strafbarer Versuch gegeben sein (vgl. Rainer in SbgK § 168 Rz. 12; Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz. 9) und somit die Anwendbarkeit der Verwaltungsstrafbestimmungen des GSpG zurückgedrängt werden.

Überdies ist eine Strafbarkeit nach § 168 StGB selbst bei Einsatzleistungen von unter 10 Euro pro Einzelspiel auch aus anderen Gründen in Betracht zu ziehen. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes – welcher sich auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, sowie vom 15. März 2013, 2012/17/0536, und der Verfassungsgerichtshof im oben dargestellten Erkenntnis (vgl. diesem folgend jüngst auch VwGH 23.7.2013, 2012/17/0249) angeschlossen haben – ist die Frage, ob um geringe Beträge gespielt wird, nämlich nur so lange am Einzelspiel orientiert zu lösen, als nicht der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Das diesbezügliche Korrektiv bildet die in § 168 Abs. 1 StGB negativ umschriebene Voraussetzung, dass bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Dies ist etwa dann nicht mehr der Fall, wenn das Gewinnstreben so weit in den Vordergrund tritt (z.B. bei zu Serienspielen verleitender günstiger Relation zwischen Einsatz und Gewinn), dass es dem Spieler darauf ankommt, Geld zu gewinnen, wenn er also in gewinnsüchtiger Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) spielt (vgl. Leukauf/Steininger in StGB3 § 168 Rz. 19; Rainer in SbgK § 168 Rz. 10). Des Weiteren ist eine strafbare Serienspielveranstaltung auch dann anzunehmen, wenn bei Spielautomaten ‘für die Höhe des Einzeleinsatzes zugunsten von Beträgen außerhalb der Geringfügigkeitsgrenze nicht einmal eine Einwurfmöglichkeit vorgesehen ist’ (vgl. OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02).

Die im vorliegenden Fall in Aussicht gestellten erreichbaren Supergames (bis zu 998), die vom Obersten Gerichtshof mit mindestens 10 Euro pro Supergame bewertet wurden (vgl OGH 20.3.2013, 6 Ob 118/12i) und die damit verbundene außergewöhnlich günstige Relation zwischen dem maximalen Einzeleinsatz und dem höchstmöglichen Gewinn indizieren die Möglichkeit eines besonderen Anreizes für Serienspiele mit gewinnsüchtiger Absicht i.S.d. höchstgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa OGH 20.4.1983, 11 Os 39/83, in welcher das Verhältnis von zehn Schilling Höchsteinsatz zu 600 Schilling Höchstgewinn als eine derartige außergewöhnlich günstige Relation erachtet wurde) und bewirken damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

Mit dieser Judikatur zeigt der Oberste Gerichtshof beispielhaft auf, welche Parameter zur Beurteilung der Serienspielqualität eines Glücksspielautomaten heranzuziehen sind und in welchen Fällen diese jedenfalls zu bejahen ist. Vor dem Hintergrund der Einzelfallbezogenheit der zitierten Entscheidungen sind darüber hinaus jedoch auch weitere Konstellationen denkbar, die eine vom jeweiligen Einzeleinsatz unabhängige gemäß § 168 StGB strafbare Serienspielveranstaltung begründen können. Allein die Möglichkeit, eine beliebige Anzahl von Spielvorgängen im Abstand von wenigen Sekunden jeweils neu zu starten, sowie der Umstand, dass das von den verfahrensgegenständlichen Glücksspielgeräten vermittelte Angebot primär in der Erzielung von Gewinnen besteht, belegen, dass das Gewinnstreben als Motivation des Spielers soweit in den Vordergrund tritt, dass nicht mehr von Spielen zum bloßen Zeitvertreib die Rede sein kann, sondern vielmehr eine gerichtlich strafbare Serienspielveranstaltung anzunehmen ist.

So indiziert etwa die technische Ausgestaltung der gegenständlichen Glücksspielgeräte mit einer sog. ‘Automatic-Start-Taste’, welche nur einmal betätigt werden muss, um eine beliebige Anzahl an Spielvorgängen mit jeweils zuvor bestimmten Teileinsatzbeträgen rasch hintereinander ablaufen zu lassen, nach Auffassung des UVS OÖ die vorsätzliche Veranstaltung von Serienspielen und bewirkt damit die Zurückdrängung der Strafbestimmungen des GSpG hinter jene des StGB.

Zum selben Ergebnis kam im Übrigen auch die LeiterInnenbesprechung bei der Oberstaatsanwaltschaft Linz vom 5. November 2012, bei der die grundsätzliche Anwendbarkeit der zitierten Serienspieljudikatur des OGH und damit des § 168 StGB auf derartige Sachverhalte bestätigt wurde.

Da nach Auffassung des UVS OÖ bei den in Rede stehenden Geräten sowohl Spieleinsätze je Einzelspiel von über 10 Euro möglich waren als auch Serienspiele an diesen Geräten veranstaltet werden konnten, ist von einer (ausschließlichen) Gerichtszuständigkeit auszugehen.“

2.2. Mit dem formularhaften Schreiben „Benachrichtigung von der Einstellung des Verfahrens“ vom 2. Dezember 2013 wurde der Oö. Verwaltungssenat von der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis (Der Bezirksanwalt) unter bloßer Verwendung des Gesetzestexts davon benachrichtigt, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten "gemäß § 190 Z 1 StPO, weil die dem Ermittlungsverfahren zu Grunde liegende Tat nicht mit gerichtlicher Strafe bedroht ist oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre" eingestellt wurde.

Die zuständige Bezirksanwältin gab auf telefonisches Ersuchen des Oö. Verwaltungssenats, den Einstellungsgrund zu präzisieren (vgl Aktenvermerk vom 11.12.2013), bekannt, dass die Einstellung nach dem § 190 Z 1 2. Fall („oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre“) im Hinblick auf eine aktuelle Entscheidung des Landesgerichts Feldkirch zu Zl. 25 Bl 32/12p wegen Unvereinbarkeit mit dem Unionsrecht erfolgt sei. Außerdem sei auch im Hinblick auf die Tatzeit im Jahr 2011 bereits Verjährung der Strafbarkeit nach § 57 StGB eingetreten.

2.3. Ferner ist festzuhalten, dass mit Bescheid vom 31. Juli 2012, VwSen-301115/3/MB/Wb, die Beschlagnahme der gegenständlichen Geräte vom Oö. Verwaltungssenat bestätigt wurde.

3. Nach Einsichtnahme in vorgelegte Aktenteile der belangten Behörde und ergänzender Beischaffung wesentlicher Beweismittel aus Parallelakten (vgl dazu ON 2 bis 5: Fotodokumentation der Finanzpolizei, Aktenvermerk vom 05.09.2011 über ggst. Kontrolle, GSp26-Dokumentation zu den Geräten und die Anzeige gegen den Bw vom 6.09.2011, Zl. 041/74121/18/2011) konnte der entscheidungswesentliche Sachverhalt geklärt werden.

Der Oö. Verwaltungssenat geht auf Grund der Aktenlage vom folgenden Sachverhalt aus:

 

3.1. Anlässlich einer von Organen der Abgabenbehörde am 3. September 2011 im W "T", N, S, durchgeführten Kontrolle wurden die im Spruch näher bezeichneten Walzenspielgeräte mit den FA-Nrn. 1 bis 8 allgemein zugänglich aufgestellt und grundsätzlich funktionsfähig vorgefunden und in der Folge vorläufig beschlagnahmt. Mit diesen Geräten wurden von zumindest 31. August 2011 (verdeckte Ermittlung) bis zur Beschlagnahme am 3. September 2011 wiederholt virtuelle Walzenspiele (zum Teil mit vorgeschaltetem Würfelspiel) durchgeführt, bei denen für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolen Gewinne in Aussicht gestellt worden sind

 

Auf Grund der Darstellung in der Anzeige, der GSp26-Dokumentationen über die Probespiele und des Aktenvermerks vom 6. September 2011 über die Kontrolle stellt sich für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates der Spielablauf generalisierend wie folgt dar:

Bei den Walzenspielgeräten mit den FA-Nrn. 1 bis 8 sind für einen bestimmten Einsatzbetrag in Verbindung mit bestimmten Symbolkombinationen Gewinne in Aussicht gestellt worden. Die virtuellen Walzenspiele konnten an jedem dieser Geräte durch Betätigung mechanischer Tasten oder virtueller Bildschirmtasten zur Durchführung aufgerufen werden. Nach Eingabe von Geld, Auswahl eines Einsatzbetrages mit der "Setzen"-Taste und Auslösung des Spieles durch die Start-Taste oder die Automatik-Start-Taste wurden die am Bildschirm dargestellten Symbole auf den virtuellen Walzen ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert, sodass der optische Eindruck von rotierenden, senkrecht ablaufenden Walzen entstand. Nach etwa einer Sekunde kam der "Walzenlauf" zum Stillstand. Ein Vergleich der nun neu zusammengesetzten Symbole mit den im Gewinnplan angeführten gewinnbringenden Symbolkombinationen ergab einen Gewinn oder den Verlust des Einsatzes.

Bei den Walzenspielen hatte man keinerlei Möglichkeit, gezielt Einfluss auf das Zustandekommen gewinnbringender Symbolkombinationen zu nehmen. Es war nur möglich, nach Eingabe eines Geldbetrages als Spielguthaben, ein Spiel auszuwählen und zur Durchführung aufzurufen, den Einsatz zu wählen, die Start-Taste so lange zu betätigen, bis das aufgerufene Walzenspiel ausgelöst wurde und nach etwa einer Sekunde den Verlust des Einsatzes oder einen Gewinn festzustellen.

 

An den Walzenspielgeräten wurden im Rahmen der Kontrolle von der Finanzpolizei Probespiele durchgeführt, bei denen nach den leider oberflächlichen GSp26-Dokumentationen nur gespielte (Mindest-) Einsätze, nicht aber tatsächlich mögliche Höchsteinsätze für das jeweilige Spielprogramm pro Gerät und nur die für diese Einsätze in Aussicht gestellten Gewinne angegeben werden. Die Anzeige spricht überhaupt im offenbaren Widerspruch zu den GSp26-Dokumenten bei angegebenen und gespielten Mindesteinsätzen auch gleichzeitig von „ Dabei festgestelltem Maximaleinsatz“, was evidenter Maßen nicht richtig sein kann. Aus den Angaben in den GSp26 Dokumentationsformularen ergibt sich folgende Tabelle:

 

Gerät gespielte Einsätze dazu in Aussicht gestellte Gewinne

(FA-Nr. lt. von von bis

Formular GSp26)

1 0,50 Euro 20 Euro + 998 SG bei Spiel „Dollar Bill“

2 0,45 Euro keine Angaben bei Spiel „Mega Jungle“

3 0,25 Euro 20 Euro + 3 SG bei Spiel „Fruitstar Bonus“

4 Banknoteneinzug defekt; Gerät wie FA-Nr. 1 mit Spiel „Dollar Bill“

5 0,50 Euro 10 Euro + 299 SG bei Spiel „Hot Joker“

6 0,50 Euro 10 Euro + 449 SG bei Spiel „Burning Star“

7 0,50 Euro 20 Euro + 8 SG bei Spiel „Diamond Swipe“

8 0,50 Euro 20 Euro + 8 SG bei Spiel „Diamond Swipe“

 

3.2. Eine genauere Betrachtung zeigt allerdings, dass die Angaben in den GSp26-Formularen und korrespondierend dazu in der Anzeige - wie aus der guten Fotodokumentation vom 3. September 2011 ersichtlich - teilweise unvollständig und unrichtig sind. Zu den einzelnen Geräten und den möglichen Gewinnen in Euro und SG (= Supergames) sind nach sorgfältiger Auswertung folgende wesentlichen Umstände festzuhalten:

 

Die Ambassador-Geräte FA-Nr. 1 und FA-Nr. 4 sind vom gleichen Gerätetyp und verfügen über das gleiche Walzenspiel „Dollar Bill“. Beim gespielten Mindesteinsatz von 0,50 Euro konnten laut GSp26-Dokument höchstens 20 Euro + 998 SG gewonnen werden. Tatsächlich zeigt der Gewinnplan beim Mindesteinsatz von 0,50 den höchstmöglichen Gewinn von 20 Euro + 8 SG (vgl Foto Nr. 6). Wesentlich höhere Einsatzmöglichkeiten mit korrespondierend noch weit höheren Gewinnplänen sind allerdings nicht nur wegen des sog. „Würfelspiels“, sondern auch im Hinblick auf die übergroße In-Aussicht-Stellung am Bildschirm „WIN UP TO 998 SUPERGAMES“ anzunehmen. Eine erhebliche Einsatzsteigerung im Wege des sog. „vorgeschalteten Würfelspiels“ (vgl 2 quadratische Felder mit Augendarstellung auf Fotos Nrn. 3 ff) war jedenfalls möglich.

 

Bei den Geräten FA-Nr. 2 und FA-Nr. 3 handelt es sich laut GSp26-Dokumenten um gleichartige Geräte mit der Bezeichnung „Casino Multi Game“ vom Typ „Webak Games“.

 

Beim Gerät FA-Nr. 2 mit vier möglichen Spielen (Mega Jungle, Bell Scatter, Neptune Pearle und Golden Island) wurde laut GSp26-Formular das Spiel „Mega Jungle“ gespielt (vgl dazu Fotos Nr. 11 und 12 ohne Gewinnplan). Aus der Fotodokumentation ergibt sich aber weiter, dass zusätzlich das Spiel „Golden Island“ mit einem Mindesteinsatz von 0,25 Euro (Foto Nr. 8) und einem dazu in Aussicht gestellten Höchstgewinn von 20 Euro + 48 SG nach dem dazugehörigen Gewinnplan (Foto Nr. 9) verfügbar war.

 

Beim Gerät FA-Nr. 3 mit zwei möglichen Spielen (Bell Scatter und Fruitstar Bonus) wurde laut GSp26-Formular das Spiel „Fruitstar Bonus“ gespielt. Aus dem Gewinnplan auf Foto Nr. 14 ergibt sich ein Höchstgewinn von 20 Euro + 48 SG und nicht bloß 3 SG (insofern unrichtig das GSp26-Formular). Außerdem zeigen die Fotos Nr. 15 und Nr. 16 für das Spiel „Bell Scatter“, welches auch beim Gerät FA-Nr. 2 möglich war, einen Mindesteinsatz von 0,25 Euro und dazu einen möglichen Höchstgewinn von 20 Euro + 48 SG.

 

Für die ebenfalls gleichen Ambassador-Geräte FA-Nr. 5 und FA-Nr. 6 waren sechs mögliche Spiele (Hot Joker, Gold of Fire, Burning Star, Golden Nugget, Princess of Nile und Safe Buster) verfügbar. Es wurden nur die Spiele „Hot Joker“ und „Burning Star“ und diese nur mit dem jeweiligen Mindesteinsatz von 0,50 Euro gespielt. Selbst dabei konnte man schon 10 Euro und unglaubliche 299 SG bei „Hot Joker“ (Foto Nr. 24) oder 449 SG bei „Burning Star“ (Foto Nr. 28) gewinnen. Ein höherer Einsatz mit sicher noch entsprechend höherem Gewinnplan wurde leider nicht aufgerufen und mit Foto dokumentiert. Zum Spiel „Safe Buster“ wurde Foto Nr. 26 gemacht, auf dem wenig erkennbar ist. Eine erhebliche Einsatzsteigerung mit dem sog. „vorgeschalteten Würfelspiel“ (vgl 3 quadratische Felder mit Augendarstellung auf Fotos Nrn. 22 ff) war jeweils möglich.

 

Schließlich sind auch die Ambassador-Geräte FA-Nr. 7 und FA-Nr. 8 mit dem jeweils möglichen Spiel „Diamond Swipe“ vergleichbar. Beim Mindesteinsatz von 0,50 Euro konnten höchstens 20 Euro + 8 SG gewonnen werden. Wesentlich höhere Einsatzmöglichkeiten mit korrespondierend noch weit höheren Gewinnplänen sind nicht nur wegen des sog. „Würfelspiels“, sondern auch im Hinblick auf die übergroße In-Aussicht-Stellung am Bildschirm „WIN UP TO 808 SUPERGAMES“ anzunehmen. Eine erhebliche Einsatzsteigerung mit sog. „vorgeschaltetem Würfelspiel“ (vgl 2 quadratische Felder mit Augendarstellung auf Fotos Nrn. 32 ff) war jedenfalls möglich.

 

Nach diesen aus der Fotodokumentation ableitbaren Ergänzungen ergibt sich auf Basis der finanzpolizeilichen Erhebungen folgende korrigierte Tabelle:

 

Gerät Mindesteinsätze dazu in Aussicht gestellte Gewinne

(FA-Nr. lt. von von

Formular GSp26)

1 0,50 Euro 20 Euro +   8 SG  bei „Dollar Bill“

2 0,25 Euro 20 Euro + 48 SG („Golden Island, Bell Scatter“)

3 0,25 Euro 20 Euro + 48 SG („Fruitstar Bonus, Bell Scatter“)

4 Banknoteneinzug defekt; Gerät wie FA-Nr. 1 mit Spiel „Dollar Bill“

5 0,50 Euro 10 Euro + 299 SG bei Spiel „Hot Joker“

6 0,50 Euro 10 Euro + 449 SG bei Spiel „Burning Star“

7 0,50 Euro 20 Euro + 8 SG bei Spiel „Diamond Swipe“

8 0,50 Euro 20 Euro + 8 SG bei Spiel „Diamond Swipe“

 

Mit jeder Steigerung des Einsatzwertes werden auch sämtliche Werte im dazugehörigen Gewinnplan erhöht! Die Einsatzsteigerung erfolgt durch Betätigung einer entsprechenden mechanischen oder einer virtuellen Bildschirmtaste.

 

Wie aus der Anzeige samt Dokumentation der Geräte hervorgeht, konnten die Einsätze bei den Walzenspielen auf den Ambassador-Gerätetypen (FA-Nrn. 1,4, 5 bis 8) durch ein sog. „vorgeschaltetes Würfelspiel“ gesteigert werden, auf das nicht verzichtet werden konnte, wenn um entsprechend hohe Gewinne gespielt werden sollte. Es handelt sich dabei in Wahrheit um kein Spiel, sondern um eine verschlüsselte Einsatzleistung in Form von (weiteren) Teileinsatzbeträgen, die in „Augendarstellung“ auf Feldern („Würfeln“) in der Nähe des Einsatzbetragsfeldes eingeblendet wird. Die Einsatzsteigerung erfolgt ab 50 Cent durch fortgesetzte Betätigung einer Taste bis zum programmbedingt höchstmöglichen Einsatz, wobei am Bildschirm „Augen“ bis zu einer bestimmten Höchstzahl eingeblendet werden und danach noch ein Symbol erscheint, mit dem der gewählte Einsatzwert verschlüsselt angezeigt wird.(vgl etwa Dollarsymbol auf einem Feld am Foto Nr. 22)

 

Wurde ein verschlüsselter Einsatz von mehr als 50 Cent vorgewählt, muss die Start-Taste solange hintereinander betätigt werden bis der vorgewählte Einsatzbetrag in Teileinsatzbeträgen vom Spielguthaben abgezogen worden ist, um dann das Spiel auszulösen. Unmittelbar danach wird in der finanzpolizeilichen Anzeige die Vereinfachung des geschilderten Vorganges durch die sog. Funktion Autostart prägnant wie folgt beschrieben:

"Bei Auslösung des Spieles im Wege der Automatic-Start-Taste muss diese Taste nur einmal betätigt werden um die beschriebenen Abläufe sehr rasch kontinuierlich hintereinander ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird."

Wie sich aus den finanzpolizeilichen Unterlagen eindeutig ergibt, waren sämtliche der in Rede stehenden Geräte mit einer funktionsfähigen Auto-Start-Taste ausgestattet.

 

Insbesondere vor dem Hintergrund der für den Spieler besonders attraktiven "Supergames" (vgl. dazu OGH 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i) verleiten diese Gewinn-Verlust-Relationen nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates unzweifelhaft zu Serienspielen iSd der OGH-Judikatur.

 

3.3. Folgende Begleitumstände und Rahmenbedingungen veranlassen zu Serienspielen:

 

Wie aus den GSp26-Dokumentationen hervorgeht, verfügten sämtliche Geräte über einen Banknoteneinzug zur Herstellung eines Spielguthabens. Laut Anzeige hat die lokalbetreibende Gesellschaft bzw der Bw als Organ iSd § 9 Abs 1 VStG dafür gesorgt, dass täglich die Geräte betriebsbereit zur Verfügung gestellt und Spielern auf Wunsch die erzielten Gewinne in Form von Bargeld ausbezahlt werden, was als Auszahlung in der Gerätebuchhaltung gebucht wurde. Bei verdeckten Vorerhebungen im Lokal am 31. August 2011 beobachteten zwei Ermittlungsbeamten der Finanzpolizei verbotene Ausspielungen und die Auszahlung eines Gewinnes an einen Spieler durch die Kellnerin (vgl dazu den der Anzeige angeschlossenen Aktenvermerk vom 5.09.2011). Die Geräte selbst zahlten demnach bestimmungsgemäß kein Geld aus.

 

Aus diesen Feststellungen ist zu schließen, dass ein Spieler mindestens eine Banknote in Höhe von 5 Euro einspeisen muss und dafür beim Mindesteinsatz von 0,50 Euro bereits 10 Einzelspiele und bei 0,25 Euro bereits 20 Einzelspiele durchführen kann. Da die Auszahlung von Guthaben einschließlich von erspielten Gewinnen nicht durch die Geräte selbst, sondern vom Lokalbetreiber erfolgt – somit organisatorisch nicht unerhebliche Zwischenschritte zur Restgelderlangung notwendig sind – ist es wahrscheinlich, dass Restbeträge eher wieder eingesetzt werden. Diese Situation und Geräteausstattung begünstigt demnach die Ketteneinsatzleistung.

Bei sämtlichen Geräten sind neben der „Würfelspielfunktion“ zusätzliche Gewinnmöglichkeiten durch Supergames im Gewinnplan vorgesehen, die bei steigenden Einsätzen auch vermehrt zur Verfügung stehen. Der Vorteil liegt darin, dass mit geringem Einsatz ein vergleichsweise hoher Gewinn erzielbar ist.

Beim vorgeschalteten „Würfelspiel“ wird durch minimale Einsätze und Gewinne bei bestimmten Symbolen suggeriert, dass es sich jeweils um eigenständige Spiele handeln soll. Es handelt sich aber in Wahrheit um einen versteckten „Einsatzmultiplikator“ in der Form von scheinbar vorgeschalteten Spielen, die im Wesentlichen der Einsatzsteigerung dienen und bei denen nach „Gewinn“ für erhöhte Einsätze auch erhöhte Gewinnlinien zur Verfügung stehen.

Diese Funktion schafft für den Spieler Rahmenbedingungen, die ihn durch einen möglichen höheren Gewinn in Relation zum geringen Einsatz zu Serienspielen veranlassen soll. Eine solche Verleitung zum Weiterspielen besteht für Spieler auch durch die sog. „Gamble-Funktion“ (vgl bspw Foto Nr. 35 bei „Diamond Swipe“) ab bestimmten erzielten Gewinnen, die als Einsatz mit der Möglichkeit zur Verdoppelung oder Vervielfachung riskiert werden können.

Noch mehr Anreize ergeben sich durch die regelmäßig gegebene Ausstattung der auf den Walzenspielgeräten verfügbaren Spielprogramme mit der Supergame-Option. Auch hier hat der Spieler beim „Gewinn eines Supergames“ mit einem geringen Einsatz die Möglichkeit in lukrativere (sei es „Gewinnwahrscheinlichkeit“ oder „Gewinnhöhe“) Gewinnautomatismen zu gelangen. Insofern ist ein Supergame auch mit dem Wert von 10 Euro zu bewerten (vgl ausdrücklich OGH vom 20.03.2013, Zl. 6 Ob 118/12i: „Ein Supergame ist im Ergebnis 10 EUR wert.“).

Der Anreiz durch diese in Aussicht gestellten höheren Gewinnmöglichkeiten bei „Supergames“ ist der Gleiche, wie bei einer Ausweisung der Gewinne in Geldbeträgen. Insofern ist es letztlich für den Spieler im Ergebnis von gleicher Bedeutung, wenn bspw. 20 Euro plus 100 Supergames oder 1.020 Euro an Gewinnmöglichkeit ausgewiesen wird (vgl dazu OGH vom 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i, Seite 4 aE).

Für die Geräte im konkreten Fall ergeben sich aus der oben dargestellten Tabelle mit bloßen Mindesteinsätzen und dazugehörigen Gewinnmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Supergames mit dem Wertansatz laut OGH-Entscheidung folgende attraktive Relationen:

 

FA-Nr. 1 0,50 Euro zu 20 Euro +   8 SG  (= 0,50 zu 100 oder 1:200)

FA-Nr. 2 0,25 Euro zu 20 Euro + 48 SG (= 0,25 zu 500 oder 1:2000)

FA-Nr. 3 0,25 Euro zu 20 Euro + 48 SG (= 0,25 zu 500 oder 1:2000)

FA-Nr. 4 Banknoteneinzug defekt; Gerät wie FA-Nr. 1

FA-Nr. 5 0,50 Euro zu 10 Euro + 299 SG (= 0,50 zu 3000 oder 1:6000)

FA-Nr. 6 0,50 Euro zu 10 Euro + 449 SG (= 0,50 zu 4500 oder 1:9000)

FA-Nr. 7 0,50 Euro zu 20 Euro + 8 SG (= 0,50 zu 100 oder 1:200)

FA-Nr. 8 0,50 Euro zu 20 Euro + 8 SG (= 0,50 zu 100 oder 1:200)

 

Es leuchtet ein, dass durch diese besonderen Einsatz- und Gewinnrelationen der gewinnsüchtige Spieler ganz bewusst zu Serienspielen veranlasst wird.

Für die von der Finanzpolizei nicht festgestellten Höchsteinsatzmöglichkeiten an den gegenständlichen Geräten wären die möglichen Relationen noch deutlich günstiger einzuschätzen, weil - wie auch die Anzeige ausführt - die Gewinnpläne mit jeder Steigerung des Einsatzbetrages erhöht werden. Eine gewisse Vorstellung von den möglichen Einsatz- und Gewinnhöhen gewinnt man, wenn man berücksichtigt, dass beim „Würfelspiel“ eine Augendarstellung von maximal 9 Augen pro „Würfel“ möglich ist und danach ein Symbol folgt, das für gewöhnlich dem höchsten Multiplikationsfaktor 10 pro „Würfel“ entspricht.

Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung ist insbesondere aus der Ausgestaltung mit „Würfelspielmultiplikatoren“ und der „Supergame-Funktion“ zu erkennen, dass die Spielprogramme an den Gerätschaften - wie dies schon per se aus dem Banknoteneinzug und der Autostart-Taste an sich abzuleiten ist - darauf ausgerichtet sind, dass der Spieler eine große Anzahl an Einzelspielen durchführen soll. Aus der Quantität der Spielabläufe können nämlich nicht nur direkt, sondern vielmehr auch indirekt Berechtigungen erworben werden, die es ermöglichen, besser bewertete Spiele durchzuführen (ob dies wiederum als ein Spiel im Spiel oder als einheitliches Spiel gesehen wird, ist für die Serienspielindikation nicht wesentlich). Das einfache Spiel stellt lediglich die Möglichkeit dar, den „Zugang“ zu weiteren „höherwertigen“ Spielen zu erlangen und muss wiederum zufallsabhängig gewonnen werden. Mit diesen „besseren“ Spielen wird der Spieler insofern an das Gerät gebunden, als entsprechend dem geräteinternen Spielplan die „Einsatzmultiplikation mit anschließenden höheren Gewinnplänen“ und/oder der Gewinn von Supergames vorgesehen sind und dem Spieler suggeriert wird, dass er lediglich diese Hürde überwinden muss, um in eine „Gewinnzone“ zu kommen. Nicht das einzelne Spiel wird dem Spieler „schmackhaft“ gemacht, sondern eine ganze Spielphase. Das zeigt allein der Umstand, dass eine Vielzahl von Supergame-Optionen als besonders attraktive Gewinne in Aussicht gestellt werden (konkret: zwischen 8 und 449 SG bei bloßen Mindesteinsätzen und bei Höchsteinsätzen bis 808 und sogar 998 SG), für die der Spieler nur einen „rabattiert“ geringen Einsatz bei dennoch hohen Gewinnchancen (vgl zur Illustration ON 11 „Screenshot“-Dokumentation, Seiten 15 f: Bei nur 0,10 Euro Einsatz besteht bspw mindestens eine vierfache Chance – bzw 50 % Gewinnwahrscheinlichkeit auf 10 Euro am Glücksrad mit insgesamt 8 Feldern bei nur 2 Verlustfeldern) leisten muss. Deshalb wird ein Spieler „einfache Games“ am Walzengerät vorwiegend mit der Intention spielen, möglichst viele Supergames erzielen und auch verwerten zu können. Seine Gerätenutzung ist intentional auf eine gewisse Dauer angelegt. Damit wird der Spieler auf derartigen Glücksspielgeräten absichtlich dazu veranlasst, „dabei“ zu bleiben und eben Serienspiele durchzuführen. Insofern wird auch durch die Ausstattung mit der Supergame-Option und der „Würfelfunktion“ der Unterhaltungsfaktor zu Gunsten der Gewinnerzielungsabsicht zur Gänze in den Hintergrund gedrängt.

Sämtliche Geräte waren mit einer funktionsfähigen Automatik-Start-Taste ausgestattet. Bei Auslösung einer Spielphase durch die Automatik-Start-Taste muss diese Taste nur einmal betätigt werden, um die einzelnen Spielabläufe („Würfelspiel“ und Walzenspiele) sehr rasch und kontinuierlich ablaufen zu lassen. Der wechselnde Vorgang von Einsatzabbuchung vom Spielguthaben und Walzenlauf erfolgt so lange fortgesetzt nacheinander, bis das Spielguthaben verbraucht ist, der Einsatz höher als das Spielguthaben ist oder die Taste vom Spieler erneut betätigt wird.

 

Auch in der einschlägigen Entscheidung des Obersten Gerichthofs vom 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i, wird die Automatik-Start-Taste – in Bezug auf den gegenständlichen Geräten vergleichbare Gerätschaften – wie folgt beschrieben:

 

"Durch Betätigung einer 'Automatiktaste' werden die Spielabläufe extrem verkürzt. Es sind zwei Spiele in fünf Sekunden möglich. Das Wort 'Game Over', das das Ende des Spiels anzeigt, leuchtet dann – wenn überhaupt – nur so kurz auf, dass es für den Spieler gar nicht wahrnehmbar ist. … Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigung der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."

 

Demnach stellt schon die Ausstattung mit dieser Taste offenbar eine wesentliche und auch hinreichende Rahmenbedingung zum alleinigen Zwecke dar, Spieler zu Serienspiele zu verleiten (zum Erfordernis der Rahmenbedingungen VwGH vom 7. Oktober 2013, Zl. 2013/17/0210 und 0211).

 

Dass der an sich schon zweifelhafte Unterhaltungswert von Walzenspielen spätestens durch die Verwendung der Automatik-Start-Taste zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund tritt, entspricht auch den Erfahrungen des Oö. Verwaltungssenats, der sich davon im Rahmen einer Probebespielung überzeugen konnte (dazu im Folgenden).

 

3.4. Alle diese Feststellungen und die darauf aufbauenden Schlussfolgerungen finden letztlich Bestätigung durch die Ergebnisse einer am 14. Februar 2013 durchgeführten Probebespielung durch den Oö. Verwaltungssenat von beschlagnahmten Glücksspielgeräten mit vergleichbaren Spielen (Ring of Fire).

Über diese Probebespielung durch ein Mitglied des Oö. Verwaltungssenats wurden Videoaufnahmen gemacht, die auf Daten-CD festgehalten sind, welche im Rahmen der gemeinsamen Berufungsverhandlung der 9. und der 11. Kammer des Oö. Verwaltungssenats vom 13. November 2013 in den verbundenen Verfahren zu Zlen. VwSen-360057 und VwSen-360049 vorgeführt und besprochen worden sind (vgl das im Akt unter ON 11 einliegende Verhandlungsprotokoll samt Beilage und Video-CD). Von den Verfahrensparteien und dem finanzpolizeilichen Zeugen wurde damals der am Beispiel eines Gerätes „KAJOT Multigame“ auf dem Video dokumentierte Spielablauf als dem für Walzenspiele üblichen Ablauf entsprechend angesehen. Das Video wurde auch in einer „Screen-Shot“-Dokumentation dargestellt und als Beilage zum Verhandlungsprotokoll genommen. In dieser werden die „Auto-Start-Taste“, die „Gamble-Funktion“, die „Würfelspielfunktion“ und die „Supergame-Funktion“ anschaulich erklärt und beschrieben. Außerdem werden die seriellen Veränderungen am Spielguthaben (Credit) bei aktivierter Auto-Start-Funktion dargestellt. Bei einem Einsatz von bloß 0,50 Euro reduzierte sich der Credit binnen etwa zwei Minuten von 613,5 auf 581 Euro (Verlust 32,50). Beim höchsten Spieleinsatz (= Superman-Symbol, was - wie aus der Video-CD ersichtlich - dem Faktor 10 entspricht) reduzierte sich der Credit binnen 1,5 Minuten von 581 Euro auf 506,5 Euro (Verlust 74,50) und nach wenigen weiteren Minuten sogar auf nur 126,5 Euro (Verlust 454,50). Damit zeigt sich eindrucksvoll, dass bei Serienspielen mit bloß einstelligen Einsätzen innerhalb einer einstelligen Minutenzahl leicht Beträge in Höhe von 450 bis 500 Euro verloren werden können.

Der monetäre Aspekt in Form des Gewinnstrebens verdeckt somit bei derartig ausgestalteten Gerätschaften selbstredend den Unterhaltungsaspekt zur Gänze.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, "wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt".

Nach § 168 Abs 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

4.2. Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsver­botes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspielgesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VfSlg 15.199/1998). Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem § 168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl. VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, Zl. 2012/17/0156 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134).

4.3. Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler vermögenswerte Leistungen von über 10 Euro pro Spiel geleistet werden, schon ex lege nicht mehr um "geringe Beträge" iSd § 168 Abs 1 StGB, sodass insoweit "eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz [GSpG] hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück[tritt]".

Mit Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, hat der Verwaltungsgerichtshof dazu festgehalten, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen habe, da § 52 Abs 2 GSpG auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 Euro übersteigt.

In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzten Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB ("oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge"). Da die Wendung "geringe Beträge" lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht "bloß zum Zeitvertreib" gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Auch der Verfassungsrechtler Heinz Mayer vertritt in seinem Beitrag: "Das Verbot der Doppelbestrafung im Glücksspielrecht", ecolex 2013, Seiten 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 52 Abs 2 GSpG nur das Merkmal "geringe Beträge" im § 168 Abs 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs (VfSlg 15.199 und VfSlg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält Mayer dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81 f):

"Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als Euro 10,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSlg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des 'geringen Betrages' des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stützen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNR 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu normieren.

Die vom VwGH im Erk 22.8.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GSpG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gem Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22. 8. 2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22)."

 

In seiner jüngsten Grundsatzentscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013, tritt der Verfassungsgerichtshof der beginnend mit dem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, geänderten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausdrücklich entgegen und führt zur Abgrenzung der verwaltungsrechtlichen von der gerichtlichen Strafbarkeit im Glücksspielrecht (Hervorhebungen nicht im Original) unter Punkt III. (RN 26 ff) Folgendes aus:

 

„[...]

Ungeachtet der Formulierung des § 52 Abs. 2 GSpG (iVm dem Straftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG) kann diesem nicht der (verfassungswidrige) Inhalt unterstellt werden, dass die Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörde nach dem Glücksspielgesetz und der Strafgerichte nach § 168 StGB nach den vom jeweiligen Spieler tatsächlich geleisteten Einsätzen (höchstens oder über € 10,-) abhängt. Der Verwaltungsstraftatbestand des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG erfasst nämlich das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG. Die Strafbarkeit knüpft somit nicht - wie dies aus der Textierung des § 52 Abs. 2 GSpG missverstanden werden könnte - an das Verhalten des konkreten Spielers - also daran, ob dieser im Einzelfall einen Einsatz von höchstens oder unter € 10,- an einem Glücksspielautomaten tatsächlich leistet - an, sondern stellt auf das Verhalten jener Person ab, die einem Spieler verbotene Ausspielungen ermöglicht ('wer ... veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht ...' - § 52 Abs. 1Z 1 GSpG). Bei der Abgrenzung der Strafbarkeit nach § 52 Abs. 1 (Z 1) GSpG und nach § 168 StGB sowie damit auch der Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden und der Strafgerichte ist somit - bei einer verfassungskonformen, das Verbot der Doppelbestrafung gemäß Art. 4 Abs. 1 7. ZPEMRK berücksichtigenden Auslegung (vgl. VfSlg. 15.199/1998 mwN) - darauf abzustellen, ob derjenige, der eine Ausspielung etwa mit einem Glücksspielapparat oder Glücksspielautomaten bzw. mit einem darauf installierten Spielprogramm veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht, der bzw. das Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als €10,- ermöglicht. Würde auf die tatsächlichen Einsätze des jeweiligen Spielers abgestellt (wie dies der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Rechtsprechung [Anm: VwGH vom 22.08.2012, 2012/17/0156, VwGH vom 27.02.2013, 2012/17/0342 und VwGH vom 15.03.2013, 2012/17/0365] und die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid tun), würde eine Tat, also ein Lebenssachverhalt bzw. dasselbe Verhalten einer Person (nämlich des in § 52 Abs. 1 [Z 1] GSpG und § 168 StGB umschriebenen Täterkreises), in mehrere strafbare Handlungen zerlegt, obwohl diese strafbaren Handlungen dieselben wesentlichen Elemente ('essential elements') aufweisen und die eine strafbare Handlung den Unrechtsgehalt der anderen in jeder Beziehung mitumfasst. Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu € 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über € 10,-.

 

Bei einer verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine 'Glücksspielveranstaltung' (also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über € 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens € 10,- oder mehr als € 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

 

3.4. Die belangte Behörde hat somit dem § 52 Abs. 2 (iVm § 52 Abs. 1 Z 1) GSpG einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt, indem sie nicht auf den maximal möglichen Einsatz der vom Beschwerdeführer betriebenen Glücksspielautomaten, sondern auf den jeweils von Spielern geleisteten Einsatz pro Spiel abstellte. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermaßen Ausspielungen mit zwei Glücksspielautomaten, welche einen Höchsteinsatz von € 10,50 pro Spiel ermöglichten, veranstaltete und deswegen auch in erster Instanz strafgerichtlich gemäß § 168 StGB verurteilt wurde, scheidet eine doppelte Bestrafung wegen ein und derselben Tat nach § 52 Abs. 1 Z 1 (iVm § 52 Abs. 2) GSpG aus.

 

3.5. Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs. 2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde - auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs. 1 GSpG besteht."

 

Dieser Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes schloss sich nunmehr auch der Verwaltungsgerichtshof – in ausdrücklicher Abkehr von seiner zuvor zitierten Rechtsansicht – an (vgl VwGH 23.7.2013, Zl. 2012/17/0249).

4.4. Zudem ist gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013, der mangels anderslautender Übergangsbestimmung auch für den vorliegenden Fall maßgeblich ist, soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit normiert werden und eine Tat "als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet" (vgl Erl RV BGBl I Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 "Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)".

Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen ("Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen") als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehen ("oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen"), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind.

Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch beim Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlungen die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen.

Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch – wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa "same essential elements" - Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörden entlastet werden.

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040 (= VwSlg 14.890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verhaltens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15.199/1998 und anschließend auch vom Verwaltungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134) angenommene verfassungskonforme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetzes gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14.890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Dies bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, mögen sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

Die ausdrückliche Subsidiarität setzt nur voraus, dass eine Tat (auch) den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Es ist gleichgültig, ob es dabei zu einer tatsächlichen Bestrafung des Täters durch ein Gericht kommt (vgl. Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN). Die Subsidiaritätsklausel verlangt dies nicht, sondern stellt ausschließlich auf die selbstständige Beurteilung durch die Verwaltungsstrafbehörde ab. Selbst wenn die gerichtliche Bestrafung mangels Zurechnungsfähigkeit, fehlenden Vorsatzes, Verjährung, Einstellung gemäß oder sogar aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Gerichtes oder der Staatsanwaltschaft nicht erfolgt, liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor (vgl. ausdrücklich Hauer/Keplinger, SPG-Kommentar4, 2011, Anm. 3 zu § 85 SPG mwN).

Außerdem hat der Verfassungsgerichtshof in der zitierten jüngsten Entscheidung zur bisher bloß stillschweigenden Subsidiarität – bei der gebotenen verfassungskonformen Interpretation – für die Abgrenzung von verwaltungsrechtlicher und gerichtlicher Strafbarkeit im Glücksspielrecht darauf abgestellt, ob an einem Glücksspielgerät Höchsteinsätze von über 10 Euro möglich sind bzw ob auch Serienspiele veranlasst werden können und bereits für diese Möglichkeiten, die auch die Versuchsstrafbarkeit einschließen, eine gerichtliche Strafbarkeit nach § 168 StGB angenommen.

 

Nichts Anderes kann insofern auch für die von § 22 Abs 1 VStG angeordnete ausdrückliche Subsidiarität gelten!

4.5. Da beim Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren – wie unter Punkt 2.1. dargelegt – der begründete Verdacht einer Strafbarkeit gemäß § 168 StGB entstanden ist, war der Oö. Verwaltungssenat verpflichtet, gemäß § 78 Abs 1 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu erstatten. Ab dem Zeitpunkt des Bestehens von Zweifeln an der verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit stand aber jede weitere Ermittlungstätigkeit seitens des Oö. Verwaltungssenates nicht nur im Widerspruch zu § 30 Abs 2 VStG, sondern auch zu Art. 4 7. ZPzEMRK, der neben einem Doppelbestrafungs- auch ein Doppelverfolgungsverbot normiert.

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in seinem zum Doppelbestrafungsverbot ergangenen Erkenntnis vom 2. Juli 2009, Zl. B 559/08, mit der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 4 7. ZPzEMRK, besonders mit dem Urteil der Großen Kammer vom 10. Februar 2009, Bsw. Nr. 14939/03, im Fall Zolotukhin, näher auseinandergesetzt und dabei weiterhin die "same essential-elements"-Doktrin vertreten. In diesem Zusammenhang stellt der Verfassungsgerichtshof im Abschnitt III.7. seines Erkenntnisses auf die Prüfung ab, ob der Beschwerdeführer für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, neuerlich verfolgt oder bestraft wurde. Dabei sei – unter Hinweis auf Materialien zur EMRK und Judikatur des EGMR – eine Entscheidung iSd Art 4 7. ZPzEMRK dann "rechtskräftig", wenn sie unwiderruflich sei, was im Wesentlichen der Fall ist, wenn keine Rechtsmittel (mehr) zur Verfügung stehen. Eine Einstellung gemäß § 227 StPO nach Zurückziehung des Strafantrags der Staatsanwaltschaft wurde vom Verfassungsgerichtshof als ein solcher "Freispruch" iSd des Art 4 7. ZPzEMRK gewertet.

In der reformierten StPO mit ihrem neu geregelten Vorverfahren ohne Untersuchungsrichter kommen dem öffentlichen Ankläger in seiner neuen Rolle als Organ der Gerichtsbarkeit (vgl Art 90a B-VG) auch erweiterte Befugnisse zur Einstellung des Strafverfahrens (§§ 190 ff StPO) und zum Rücktritt von der Verfolgung (§§ 198 ff StPO) zu. Die Möglichkeit der Fortführung eines Ermittlungsverfahrens nach staatsanwaltschaftlicher Einstellung ist nunmehr in § 193 StPO genau geregelt. Dabei ergibt sich aus § 193 Abs. 2 StPO, dass die Staatsanwaltschaft eine Fortführung von nach den §§ 190 oder 191 beendeten Ermittlungsverfahren nur unter weiteren in Ziffer 1 oder 2 genannten Voraussetzungen anordnen kann und dies außerdem nur möglich ist, solange die Strafbarkeit der Tat nicht verjährt ist. Ein Antrag des Opfers an das Gericht auf Fortführung des Ermittlungsverfahrens ist gemäß § 195 StPO ebenfalls nur zulässig, solange nicht Strafbarkeitsverjährung eingetreten ist.

4.6. Wie unter Punkt 2.2. dargelegt, stellte die zuständige Staatsanwaltschaft (Bezirksanwalt) das Ermittlungsverfahren gegen den Beschuldigten gemäß § 190 Z 1 StPO ein. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs hat die Verwaltungsbehörde im Falle einer Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, aber selbstständig zu beurteilen (vgl ua VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134). Diese Verpflichtung trifft im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren somit den UVS Oberösterreich.

4.6.1. Die selbstständige strafrechtliche Beurteilung durch den Oö. Verwaltungssenat ergibt Folgendes:

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013-9, abschließend festhält, kommt es bei verfassungskonformer Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs 2 GSpG allein darauf an, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele veranlasst werden können. Sobald daher bei einem Spielgerät die bloße Möglichkeit von Höchsteinsätzen von über 10 Euro oder die Möglichkeit der Abhaltung von Serienspielen im Sinne der OGH-Judikatur besteht, liegt daher nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB vor. Unter Zugrundelegung dieser Judikatur ergibt sich im gegenständlichen Verfahren Folgendes:

 

Durch den festgestellten Sachverhalt wird eindeutig belegt, dass nach der Funktionsweise der Walzenspielgeräte Begleitumstände und Rahmenbedingungen vorlagen, die zu Serienspielen veranlasst haben (vgl näher die Feststellungen in den Punkten 3.2 bis 3.4).

 

Neben der Ausstattung der Geräte mit Banknoteneinzug und funktionsfähiger Automatik-Start-Taste waren außergewöhnlich günstige Gewinn-Verlust-Relationen (bis 1:9000) festzustellen, die im ungünstigsten Fall noch immer einer sehr guten Relation von 1:200 entsprachen (vgl näher Punkt 3.3.). Überhaupt ist nach der Ausgestaltung der Walzenspielabläufe mit besonderen Dauerspielanreizen für Spieler durch attraktivere Gewinnlinien nach jeder Einsatzsteigerung beim „Würfelspiel“, durch Gamble-Funktion (Gewinnverdoppelung oder -vervielfachung) und besonders durch die Supergame-Optionen und deren eklatant gesteigerte Häufigkeit je nach Einsatzerhöhung zu rechnen. Beim Gewinn eines Supergames bestehen besondere Gewinnchancen trotz minimaler Einsätze (vgl unter 3.3. u 3.4.). Die Spielprogramme auf den Walzenspielgeräten sind nach den festgestellten Umständen darauf ausgelegt, den gewinnsüchtigen Spieler am Gerät zu „halten“ und zu Serienspielen zu veranlassen. Dem gewöhnlichen Einzelspiel kommt dabei kaum eigenständige Bedeutung zu. Es muss nur immer wieder gespielt werden, um den Einstieg in höhere Gewinnlinien und damit in eine attraktivere Spielphase mit erhöhten Gewinnchancen zu schaffen.

 

Diese günstigen Gewinn-Verlust-Relationen in Verbindung mit einer funktionsfähigen Automatik-Start-Taste bzw der Funktion AUTOSTART belegen bei den gegenständlichen Walzenspielgeräten eindeutig einen besonderen Anreiz für Serienspiele iSd Judikatur des Obersten Gerichtshofs, die in gewinnsüchtiger Absicht und nicht „bloß zum Zeitvertreib“ gespielt werden (vgl etwa OGH 20.04.1983, Zl. 11 Os 39/83, wo bereits ein Verhältnis von 1:60 als sehr günstig beurteilt wurde). In der Zusammenschau von Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofs mit der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 13. Juni 2013 ist zweifelsfrei erkennbar, dass der Betrieb der gegenständlichen Walzenspielgeräte auf Grund ihrer Funktionsweise gerichtlich strafbar erscheint, zumal keinesfalls bloß Spiele zum Zeitvertreib veranlasst oder ermöglicht werden. Letzteres bestätigte der Oberste Gerichtshof einmal mehr in der einschlägigen Revisionsentscheidung vom 20. März 2013, Zl. 6 Ob 118/12i, in der festgehalten wird (Hervorhebungen nicht im Original): "Der Unterhaltungswert tritt – insbesondere bei Betätigen der 'Automatiktaste' – zu Gunsten des Gewinnstrebens völlig in den Hintergrund."

 

4.6.2. Auf Grund der dargelegten Funktionsweise der Walzenspielgeräte werden nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenats erwerbsmäßig Serienspiele des Spielers veranlasst bzw. ermöglicht. Entsprechend dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013 (ebenso nunmehr VwGH 23.07.2013, Zl. 2012/17/0249), ist somit die oben zitierte Serienspieljudikatur des Obersten Gerichtshofs weiterhin anzuwenden.

 

Im gegebenen Zusammenhang liegt durch die eindeutig belegten Anreize, mit den gegenständlichen Geräten Serienspiele durchzuführen, zumindest der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, da allein schon das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw. Zur-Verfügung-Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (vgl dazu § 168 Abs 1 StGB 2. Tatbildvariante) und überhaupt das vorsätzliche Verschaffen einer Spielgelegenheit – etwa durch den "Spielautomatenaufsteller" oder einen "die Gewinnabgeltung besorgenden Gastwirt" (Kirchbacher/Presslauer in WK² § 168 Rz 14 uHa Rainer, SbgK § 168 Rz 12) – auf mit Automatik-Start-Taste ausgestatteten Glücksspielgeräten schon vor dem ersten Spielgeschehen den strafbaren Versuch der Veranstaltung von Serienglücksspielen im Sinne der 1. Tatbildvariante des § 168 Abs 1 StGB darstellt (vgl allgemein zu den Begehungsweisen Kirchbacher/Presslauer in WK2 § 168 Rz 14 ff, die etwa die Förderung einer Glücksspielzusammenkunft schon "durch Beistellung entsprechender Räume oder Spielutensilien, durch Werbung oder durch sonstige Dienstleistungen" bejahen, und Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3 §168 Rz 9 ff). Allein der Umstand etwa des Zur-Verfügung-Stellens derartiger Gegenstände stellt bei entsprechendem Tatvorsatz somit jedenfalls schon den strafbaren Versuch der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft (§ 168 Abs 1 2. Tatbildvariante) sowie allenfalls auch die strafbare Beteiligung am Versuch der Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 168 Abs 1 1. Tatbildvariante) dar.

Mit anderen Worten: Bereits durch die Beistellung, betriebsbereite Aufstellung und öffentliche Zugänglichmachung eines der gegenständlichen Glücksspielgeräte, an denen die Spieler zu Serienspiele veranlasst werden, wird der strafbare Versuchsbereich der Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB als Ausführungshandlung oder zumindest ausführungsnahe Handlung in Bezug auf die Veranstaltung von Serienglücksspielen und die Förderung der Abhaltung von Serienglücksspielen beschritten.

Eine der jüngeren (überholten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entsprechende – im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens nach § 52 Abs 1 Z 1 GSpG nur theoretisch denkbare – zusätzliche Anlastung einzelner Glücksspiele mit Einsätzen unter 10 Euro würde einen einheitlichen Lebenssachverhalt in mehrere strafbare Handlungen zerlegen, obwohl sie dieselben wesentlichen Elemente aufweisen. Dies führte aber zufolge der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 13.6.2013, Zl. B 422/2013, zu einer im Grunde der Subsidiarität des Verwaltungsstraftatbestands verfassungsrechtlich unzulässigen Doppelgleisigkeit, weshalb insofern eine Zergliederung des maßgeblichen Sachverhalts nach Einzelspielen bis 10 Euro und über 10 Euro für die Lösung der Frage der Identität der Tat zwingend ausscheidet.

4.6.3. Darüber hinaus ist nach den gegebenen Umständen zu erkennen, dass der Bw im Sinne des § 5 Abs 1 2. Halbsatz StGB die Verwirklichung des Tatbildes ernstlich für möglich gehalten und sich damit auch abgefunden hat:

Schon die Tatsache, dass auf den mit "Automatik-Start-Taste" ausgestatteten Walzenspielgeräten Glücksspiele im Sekundentakt ablaufen können zeigt ganz offensichtlich, dass solche Ausspielungen sowohl vom Veranstalter als auch vom Lokalbetreiber und Inhaber ebenso wie von sonstigen unternehmerisch Beteiligten (etwa dem beteiligten Geräteeigentümer) in gewinnbringender Absicht beigestellt, betrieben bzw. veranstaltet werden. Dies indiziert mindestens den erforderlichen dolus eventualis in Bezug auf die beiden Tatbilder des § 168 Abs 1 StGB. So ist im Regelfall davon auszugehen, dass Veranstalter und/oder Lokalbetreiber ebenso wie sonstige unternehmerisch Beteiligte (etwa der beteiligte Geräteeigentümer) es für möglich halten und sich auch damit abfinden, dass mit der Verschaffung einer Spielgelegenheit bzw. der Zugänglichmachung von entgeltlichen Glücksspielen auf entsprechend ausgestatteten Geräten ebenso wie schon mit der erwerbsmäßigen Beistellung solcher Geräte auf unrechtmäßige (monopolwidrige) Art und Weise Geld verdient wird. Dementsprechend gehen auch Kirchbacher/Presslauer im Wiener Kommentar zum StGB (vgl dieselben in WK² § 168 Rz 13) unter Hinweis auf eine "realistische Sicht" davon aus, dass wohl "jedem Automatenbetreiber, der keine Vorkehrung gegen 'Serienspiele' trifft, ein entsprechender dolus eventualis unterstellt werden" müsse.

Beim Einsatz von Walzenspielgeräten mit Automatik-Start-Taste werden aber nicht nur keine Vorkehrungen gegen Serienspiele getroffen, sondern solche Serienspiele geradezu provoziert. Im Fall der Betätigung der Automatik-Start-Taste durch den Spieler wird – wie oben dargelegt – der wechselnde Vorgang der Einsatzabbuchung mit anschließendem Walzenlauf so lange selbsttätig fortgesetzt, bis das gesamte Spielguthaben verbraucht, der Einsatz höher als das (verbleibende) Spielguthaben ist oder die Taste erneut betätigt wird.

Schließlich liegen bei sämtlichen Geräten – insbesondere unter Berücksichtigung der für den Spieler besonders attraktiven „Supergame“– Optionen (vgl abermals OGH 20.03.2013, Zl. 6 Ob 118/12i) – zu Serienspielen verleitende, sehr günstige Gewinn- und Verlustrelationen iSd OGH-Judikatur vor. Die in Aussicht gestellten Gewinnchancen sind offenkundig darauf ausgerichtet, einen besonderen Anreiz für den gewinnsüchtigen Spieler zu Serienspielen zu bieten. Der Spieler kann dadurch nicht nur sein Gewinnstreben an sich ausleben, sondern auch bei bereits eingetretenen Verlusten eine gute Chance sehen, diese durch wenige Einzelspiele wieder ganz oder teilweise wettzumachen. Die Gewinnerzielungsabsicht tritt somit in den Vordergrund und das Kriterium des bloßen Zeitvertreibs muss verneint werden. Dadurch liegt der strafbare Versuch einer gemäß § 168 iVm § 15 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor, weil auch das unternehmerische Zugänglichmachen ebenso wie das Aufstellen bzw Zur-Verfügung-Stellen von Glücksspielgeräten eine Versuchshandlung iSd § 15 Abs 2 StGB hinsichtlich des Tatbildes der Förderung einer Glücksspielzusammenkunft darstellt.

4.6.4. Außerdem räumt der Bw in seiner Berufung sogar selbst ein, dass bei sämtlichen Geräten Einsätze über 10 Euro und Serienspiele möglich gewesen seien. Abgesehen davon, dass dem Beschuldigten eines Verwaltungsstrafverfahrens nicht unterstellt werden kann, sich selbst einer gerichtlich strafbaren Handlung ohne Grund zu bezichtigen, reicht nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs allein die Möglichkeit von Höchsteinsätzen von über 10 Euro oder zum Abhalten von Serienspielen bei einem Glücksspielgerät bereits aus, um die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs 2 GSpG hinter die Zuständigkeit der Gerichte gemäß § 168 StGB zurücktreten zu lassen.  Dadurch liegt jedenfalls der strafbare Versuch einer gemäß § 168 StGB iVm § 15 Abs 2 StGB mit gerichtlicher Strafe bedrohten Glücksspielveranstaltung vor.

4.7. Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ist nach der selbstständigen Beurteilung grundsätzlich dem Tatbestand des § 168 StGB zu unterstellen und zumindest gemäß § 168 Abs 1 iVm § 15 Abs 2 StGB gerichtlich strafbar. Zu diesem Schluss führt auch die oben zitierte Entscheidung vom 13. Juni 2013, Zl. B 422/2013-9, in der der Verfassungsgerichtshof unter Randnummer 14 festhält, dass § 168 StGB seit Erlassung des Strafgesetzbuches, BGBl. 60/1974 unverändert besteht. Da somit auch dem Verfassungsgerichtshof zufolge die strafrechtliche Gesetzeslage (§ 168 StGB) seit 1974 keine Änderung erfahren hat. Der bisherigen Judikaturlinie des Obersten Gerichtshofs zu § 168 StGB in Bezug auf Serienspiele ist daher weiterhin zu folgen. Ach bei einem Unterschreiten der Geringfügigkeitsgrenze beim Einzeleinsatz ist die gerichtliche Strafbarkeit gegeben, wenn nicht „bloß zum Zeitvertreib“ gespielt wird.

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann auf Grund des § 52 Abs 2 GSpG in Verbindung mit der nunmehr durch § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ausdrücklich geregelten generellen Subsidiarität, aber auch in Verbindung mit der vormals von den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts judizierten stillschweigenden Subsidiarität der glücksspielrechtlichen Verwaltungsstrafbestimmungen und der aktuellen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs keine strafbare Verwaltungsübertretung vorliegen. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primären Straftatbestand des § 168 StGB (etwa durch den Strafaufhebungsgrund der Verjährung gemäß § 57 StGB, die im vorliegenden Fall bereits am 3. September 2012 eingetreten ist) kann nach der zutreffenden, eine verbotene Doppelverfolgung vermeidenden Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes des § 52 Abs 1 GSpG nicht neu begründen (vgl VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134 und VwGH 8.9.2009, Zl. 2009/17/0181).

Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung nicht strafbar, weil sie den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

4.8. Darüber hinaus wäre die vorgeworfene Tat - ungeachtet der Frage der Subsidiarität des Verwaltungsstrafrechts – im Grunde der Sperrwirkung der Erledigung des gerichtlichen Strafverfahrens nicht verwaltungsbehördlich strafbar:

Aus der Einstellung des Verfahrens gemäß § 190 Z 1 StPO durch die zuständige Staatsanwaltschaft mit der mitgeteilten Begründung „Unvereinbarkeit mit Unionsrecht“ unter Hinweis auf eine Rechtsmittelentscheidung und auch wegen eingetretener Verjährung der Strafbarkeit (vgl dazu Punkt 2.2.), kann abgeleitet werden (und wurde auch fernmündlich von der Bezirksanwältin bestätigt), dass der gegenständlich angezeigte Sachverhalt grundsätzlich dem Straftatbestand des § 168 StGB unterstellt wurde und die Einstellung auf § 190 Z 1 2. Fall StPO („oder sonst die weitere Verfolgung aus rechtlichen Gründen unzulässig wäre“) beruht. Die Einstellung aus dem rechtlichen Grund der Unionsrechtswidrigkeit- ob zu Recht oder nicht kann dahingestellt bleiben – ist ebenso wie die Einstellung wegen Verjährung der Strafbarkeit einem Freispruch des Angeklagten gleichzuhalten.

Gemäß § 57 Abs 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist ein Jahr, wenn die Handlung – wie im Fall des § 168 StGB – mit nicht mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe oder nur mit Geldstrafe bedroht ist. Die Tathandlungen wurden im konkreten Fall im Jahr 2011 gesetzt und sind somit iSd § 57 Abs 3 StGB nunmehr jedenfalls gerichtlich verjährt. Eine Fortführung von dem nach § 190 StPO beendeten Ermittlungsverfahren ist somit ausgeschlossen, da die Strafbarkeit der Tat gegenständlich bereits verjährt ist. Im Ergebnis kommt der verfahrensgegenständlichen staatsanwaltschaftlichen Einstellung auch vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich eingetretenen gerichtlichen Verjährung daher jedenfalls die Bedeutung eines "Freispruchs" iSd Art. 4 7. ZPzEMRK zu.

Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates stellt unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Zolotukhin nunmehr auch die Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens durch den öffentlichen Ankläger in der hier vorliegenden Form eine rechtskräftige und somit "unwiderrufliche" Erledigung im weit zu verstehenden Sinn des Art 4 7. ZPzEMRK dar (vgl EGMR v. 10.2.2009, Bsw.Nr. 14939/03, RN 107 f), die eine weitere Verfolgung oder Bestrafung eines Beschuldigten wegen einer Tat, die im Wesentlichen auf ein und demselben Sachverhalt gründet, ausschließt, zumal in diesem Fall unabhängig von der Einstellungsvariante bereits Verjährung gemäß § 57 Abs 3 StGB eingetreten ist und daher eine Fortführung des Ermittlungsverfahrens gemäß dem § 193 StPO nicht mehr möglich ist. Im Ergebnis liegt daher eine mit der oa. Judikatur vergleichbare Situation vor.

Eine erneute Verfolgung würde § 17 StPO und Art 4 7. ZPzEMRK verletzen (vgl Nordmeyer, WK-StPO § 190 Rz 20). Eine nicht mehr formlos fortführbare Einstellung nach § 190 StPO entfaltet auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs Sperrwirkung und bedeutet ein Verfolgungshindernis durch Verrauch des Anklagerechts (vgl jüngst OGH 21.08.2013, Zlen. 15 Os 94/13g. 15 Os 95/13d und 15 Os 96/13a).

Demzufolge erscheint auch die überkommene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof (vgl zB VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233) zur selbstständigen Beurteilung der Strafbarkeit durch die Verwaltungsbehörde im Falle eines Freispruchs (iwS) vom Gerichtsdelikt vor dem Hintergrund dieser Rechtsentwicklung im Rahmen des Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbotes der EMRK jedenfalls teilweise überholt.

Der Oö. Verwaltungssenat hatte gegenständlich allein die vom Verfassungsgerichtshof nach Art. 4 7. ZPzEMRK geforderte Prüfung vorzunehmen, ob der Betroffene für dasselbe (in den wesentlichen Elementen) strafbare Verhalten, für das er bereits rechtskräftig freigesprochen oder verurteilt wurde, nunmehr neuerlich verfolgt oder bestraft werden soll. Im Rahmen dieser Prüfung ist die Identität der gerichtlich strafbaren Handlung (Serienspiel mit Glücksspielgeräten bzw. jedenfalls strafbarer Versuch) mit den gegenständlich angelasteten Verwaltungsdelikten aber jedenfalls zu bejahen (vgl oben Punkt 4.6).

4.9. Da der vorliegenden Einstellung des Staatsanwaltes die Bedeutung eines Freispruchs zukommt, war die weitere verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung wegen derselben Tat nicht mehr zulässig. Daraus ergibt sich weiter, dass der Oö. Verwaltungssenat nach der durch die zuständige Staatsanwaltschaft verfügten Einstellung des gerichtlichen Strafverfahrens (= "final decision" iSd EGMR-Urteils vom 10.2.2009, Bsw.Nr. 14939/03, RN 107 f) nicht mehr befugt war, weitere Ermittlungstätigkeiten zu setzen. Davon abgesehen ist auch nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle der Tateinheit einer unter beide Strafdrohungen fallenden Handlung davon auszugehen, dass das Delikt des Glücksspieles gemäß § 168 Abs 1 StGB den Unrechts- und Schuldgehalt der einschlägigen Verwaltungsstrafbestimmung des Glücksspielgesetzes vollständig erschöpft und daher unter Berücksichtigung des Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbotes gemäß Art 4 Abs 1 7. ZPzEMRK eine verfassungskonforme Interpretation insofern geboten ist, als eine Bestrafung nach § 168 Abs. 1 StGB eine solche nach dem Glücksspielgesetz wegen desselben Verhaltens ausschließt (vgl VfSlg 15.199/1998; VwGH 22.3.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH 8.9.2008, Zl. 2009/17/0181). Mit Blick auf das erwähnte Doppelverfolgungsverbot hat daher überdies auch bereits jede weitere Verfolgung des Beschuldigten zu unterbleiben.

Dieses Ergebnis wird im Übrigen auch durch die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Grundsatz "ne bis in idem" vom 11. Dezember 2012, Asadbeyli et al v. Azerbaijan, bestärkt. In diesem Fall wurde in der rechtskräftigen strafrechtlichen Erstentscheidung keinerlei (detaillierte) Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts getroffen, anhand derer beurteilt werden hätte können, ob das zweite Verfahren dieselben oder im Wesentlichen übereinstimmende Fakten betraf. Unter Hinweis auf das Urteil im Fall Zolotukhin konstatierte der Gerichtshof, dass in einer solchen Fallkonstellation von einer Vermutung für eine – unzulässige – zweifache Bestrafung, die sich auf dieselben Vorgänge bezieht, auszugehen ist. Im Zweifel geht der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte somit zugunsten des Betroffenen von einem identischen oder im Wesentlichen gleichen Sachverhalt aus. Schon allein aufgrund der von der Staatsanwaltschaft im vorliegenden Fall pauschal ausgesprochenen Verfahrenseinstellung gegenüber dem Beschuldigten stellte somit jede weitere verwaltungsstrafbehördliche Verfolgung eine Verletzung des Art. 4 7. ZPzEMRK dar.

5. Auf Grund der – in § 52 Abs 2 GSpG teilweise normierten bzw. sich im Lichte des verfassungsgesetzlich verankerten Doppelbestrafungs- und –verfolgungs-verbots gemäß Art 4 des 7. ZPzEMRK stillschweigend ergebenden – Subsidiarität sowie nunmehr auch auf Grund der in § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 gesetzlich vorgesehenen generellen Subsidiarität hat somit eine Verfolgung wegen des verdrängten Verwaltungsstraftatbestands des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG zu unterbleiben (zur Reichweite und Wirkung der ausdrücklichen Subsidiarität siehe unter Pkt. 4.4.).

Im Hinblick auf die im vorliegenden Fall grundsätzlich gegebene gerichtliche Strafbarkeit des angelasteten Sachverhalts kann im Ergebnis keine strafbare Verwaltungsübertretung mehr vorliegen und war das angefochtene Straferkenntnis daher aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

6. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

 

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G

 

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

 

H I N W E I S

 

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

Dr. W e i ß

 

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