Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-360468/2/MK/Ba

Linz, 30.12.2013

E r k e n n t n i s

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Markus Kitzberger über die Berufung der P M O GmbH, B, W, vertreten durch Dr. P R, Rechtsanwalt, K, I, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, Dragonerstraße 29, 4600 Wels, vom 18.11.2013, AZ: S-18490/13, wegen einer Beschlagnahme nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) zu Recht erkannt:

Den Berufungen wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Polizeikommissariat Wels, Dragonerstraße 29, 4600 Wels, vom 18.11.2013, AZ: S-18490/13, der sowohl der Berufungswerberin (in der Folge: Bw) als auch dem Finanzamt Grieskirchen Wels zugestellt wurde, wurde wie folgt abgesprochen:

 

BESCHEID

 

Über die am 04.10.2013 durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen Wels im Lokal „C“,  W, A etabliert, gemäß § 53 Abs.2 GSpG durchgeführte vorläufige Beschlagnahme von Glücksspielgeräten ergeht von der Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Wels gegen die Eigentümer und Inhaber dieses Glücksspielgerätes folgender

 

Spruch:

 

Gemäß § 53 Abs.1 Z1 lit.a Glücksspielgesetz, BGBl. I Nr. 73/2010, wird von der Landespolizeidirektion Oberösterreich – Polizeikommissariat Wels zur Sicherung der Einziehung die Beschlagnahme des vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerätes mit der Gehäusebezeichnung

 

1. Kajot, Nr. JOT 1,

 

angeordnet.“

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

 

Begründung

 

Am 4.10.2013 haben Organe der Finanzpolizei des Finanzamtes Grieskirchen-Wels im Lokal „C", in W, A, ein Glücksspielgerät gemäß § 53 Abs.2 GSpG vorläufig in Beschlag genommen und Frau B H eine Bescheinigung über diese Beschlagnahme ausgestellt.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschlagnahme vorzunehmen war, um sicher zu stellen, dass mit den genannten Gegenständen nicht fortgesetzt oder wiederholt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs.1 GSpG verstoßen wird. Es sei ein Gerät mit der im Spruch angeführten Gehäusebezeichnung betriebsbereit und eingeschaltet vorgefunden worden. Mit diesem Glücksspielgerät wurde seit mindestens 04.04.2013 wiederholt Glücksspiele in Form von vorwiegend virtuellen Walzenspielen durchgeführt. Aufgrund der in Aussicht gestellten Gewinne in der Höhe des jeweils Mehrfachen des gewählten Einsatzes, bestand der Verdacht, dass mit dem Gerät durch das Veranstalten von verbotenen Ausspielungen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde, weil die dafür erforderliche Konzession des Bundesministerium für Finanzen nicht vorlag. Von den kontrollierenden Organen wurde daher das Glücksspielgerät gemäß § 53 Abs.3 Glücksspielgesetz vorläufig in Beschlag genommen.

 

Weiters wurde mit der genannten Bescheinigung ein Verfügungsverbot erlassen und wurde das Glücksspielgerät amtlich versiegelt und wurde auf die Straftatbestände des Verstrickungsbruches sowie des Siegelbruches ausdrücklich hingewiesen.

 

Des Weiteren wurde der Eigentümer der Geräte, der Veranstalter und der Inhaber aufgefordert, sich binnen vier Wochen bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich -Polizeikommissariat Wels, Dragonerstraße 29, 4600 Wels, zu melden.

 

Dieser Sachverhalt wurde der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat Wels mit der erwähnten Bescheinigung sowie einer Niederschrift mit B H am 09.10.2013 übermittelt.

 

Zur Einleitung des Beschlagnahmeverfahrens nach § 53 Abs.3 GSpG hat die Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat Wels mit Schreiben vom 14.10.2013 den Organen des Finanzamtes Grieskirchen-Weis den Auftrag erteilt, den Eigentümer, Inhaber und Veranstalter für die vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgeräte festzustellen und zu befragen. Weiters wurde der Auftrag erteilt, bei dem vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerät jeweils den maximal möglichen Einsatz für die nicht vom Testspiel umfassten installierten Spiele zu ermitteln. Laut Dokumentation der Überprüfung (GSp26) sind auf dem Gerät 8 Spiele installiert und es wurde nur auf dem Spiel mit dem Namen „MOKO MANIA" ein Testspiel durchgeführt.

 

Mit Schriftsatz vom 13.11.2013 hat das Finanzamt Grieskirchen-Wels der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat Weis bekannt gegeben, dass die beauftragten Erhebungen nicht durchgeführt werden. Es seien jedoch bei allen acht angebotenen Spielen Testspiele durchgeführt worden und es konnte bei keinem der angebotenen Spiele eine Einsatzleistung von über € 10,--festgestellt werden.

 

Der Rechtsvertreter der Fa. "E Ltd.", Dr. P R, gibt in seiner Stellungnahme vom 18.10.2013 zur Beschlagnahme der Spielapparat sinngemäß an, dass das gegenständliche Glücksspielgerät Eigentum der Fa. "E Ltd." sei. Weiters ersuchte der Rechtsvertreter um Akteneinsicht in den betreffenden Verfahrensakt. Eine Kopie des Verfahrensaktes wurde mit e-mail übermittelt.

 

Eine Überprüfung im elektronischen Firmenbuch der Republik Österreich hat ergeben, dass M P handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. "P M O GmbH" ist. Laut Meldung der Finanzpolizei ist die Fa. "P M O GmbH" Inhaberin des vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerätes.

 

Es waren keine weiteren Verfahrensschritte notwendig, zumal die Aktenlage als ausreichend für die Entscheidung der Behörde anzusehen war.

 

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat Wels hat folgende rechtliche Beurteilung vorgenommen:

 

Gemäß § 1 Abs.1 Glücksspielgesetz ist ein Glücksspiel im Sinne dieses Bundesgesetzes ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegenden vom Zufall abhängt.

 

Bei den auf dem vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerät angebotenen Spielen handelt es sich um virtuelle Walzenspiele. Die Spiele waren deshalb als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs.1 Glücksspielgesetz anzusehen, weil den Spielern keinerlei Möglichkeiten geboten wurde, bewusst auf das Zustandekommen eines bestimmten Spielergebnisses Einfluss zu nehmen. Die Spieler konnten nur einen Einsatz und den dazugehörigen Gewinnplan auswählen und die Start-Taste betätigen. Anschließend wurden für die Dauer von wenigen Sekunde die am Bildschirm dargestellten Symbole ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert. Die neue Symbolkombination konnte einer im Gewinnplan dargestellten Kombination entsprechen oder nicht. Nur wenn die neue Symbolkombination einer im Gewinnplan dargestellten Kombination entsprach, dann ist ein Gewinn eingetreten. Die Entscheidung über den Spielausgang hing daher ausschließlich vom Zufall ab.

 

Gemäß § 2 Abs. 1 Glücksspielgesetz sind Ausspielungen Glücksspiele,

1.      die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert oder zugänglich macht und

2.      bei denen Spieler oder andere eine Vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3.      bei denen vom Unternehmer, von Spieler oder von anderen eine Vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

4.       

Gemäß § 2 Abs.2 Glücksspielgesetz ist Unternehmer, wer selbständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

 

Gemäß § 2 Abs.4 Glücksspielgesetz sind Ausspielungen verboten, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 ausgenommen sind.

 

Gemäß § 3 Glücksspielgesetz ist das Recht zur Durchführung von Glücksspielen, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, dem Bund vorbehalten (Glücksspielmonopol).

 

Gemäß   §   4   Abs.1   Glücksspielgesetz   unterliegen   Glücksspiele   nicht   dem Glücksspielmonopol des Bundes, wenn sie

nicht in Form einer Ausspielung im Sinne des § 2 Abs.1 und

a)    bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge oder

b)    nur einmal zur Veräußerung eines körperlichen Vermögensgegenstandes durchgeführt werden.

 

Daneben unterliegen noch Landesausspielungen mit Glücksspielautomaten nach Maßgabe des § 5 Glücksspielgesetz sowie Warenausspielungen mit Glücksspielautomaten und Lebensversicherungsverträge, weiters Glückshäfen, Juxausspielungen und Tombolaspiele und Kartenspiele in Turnierform zum bloßen Zweitvertreib nicht dem Glücksspielmonopol.

 

Der Begriff „Inhaber" im Sinne des Glücksspielgesetzes definiert eine Person, die das Glücksspielgerät in ihrer Gewahrsame hat und dieses Glücksspielgerät den Spielern zugänglich macht, wie etwa der Wirt, der sich von der Aufstellung des Glücksspielgerätes durch den Betreiber lediglich eine Belebung seiner Getränkeumsätze erhofft oder vom Automatenbetreiber eine vom Ertrag unabhängige Miete erhält.

 

In der österreichischen Rechtsordnung bezeichnet Eigentum das dingliche, das heißt gegenüber jedermann durchsetzbare, Herrschaftsrecht einer Person über eine Sache. Der Eigentümer hat das alleinige Recht mit der Sache nach Belieben zu schalten und zu walten und jeden Dritten davon auszuschließen. Die gegenständlichen Glücksspielgeräte sind entsprechend dieser Definition Ihnen rechtlich zuzuordnen und Sie sind somit zweifelsfrei Eigentümer dieser Glücksspielgeräte, da Sie die beliebige Verfügungsgewalt über diese Glücksspielgeräte haben.

 

Die Eigentümer und Inhaber des gegenständlichen Glücksspielgerätes haben seit 04.04.2013 das im Spruch angeführte Glücksspielgerät im angeführten Lokal „C" selbständig zur Erzielung von Einnahmen betrieben. Die angeführten Beteiligten haben daher Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs.1 Glücksspielgesetz veranstaltet, da sie als Unternehmer Glücksspiele veranstaltet haben, bei denen die Spieler eine vermögenswerte Leistung mit der Teilnahme am Glücksspiel erbracht haben und eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt worden ist. Da für diese Ausspielungen keine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erteilt worden ist und eine Ausnahme gemäß § 4 Glücksspielgesetz nicht vorlag, waren diese Ausspielungen verboten.

 

Von den Organen der Finanzpolizei wurden an dem Glücksspielgerät Testspiele durchgeführt und auf Grund der bei den Testspielen getätigten Einsätze und der dazu in Aussicht gestellten Gewinne war in Verbindung mit der festgestellten Betriebsdauer der Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes erwiesen sowie der hinreichend begründete Verdacht eines fortgesetzten Verstoßes gegen § 52 Abs.1 Z1 GSpG gerechtfertigt.

 

Es besteht daher der Verdacht, dass mit dem angeführten Glücksspielgerät in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde und Verwaltungsübertretungen gemäß § 52 Abs.1 Z1 Glücksspielgesetz begangen wurden.

 

Gemäß § 52 Abs.1 Z1 Glücksspielgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 40.000,-- Euro zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs.4 veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht.

 

Gemäß § 53 Abs.1 Glücksspielgesetz kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, der sonstigen Eingriffsgegenstände und der technische Hilfsmittel anordnen und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn

1. der Verdacht besteht, dass

a. mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in
das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine
oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs.1 Glücksspielgesetz verstoßen wird
oder

b. durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs.1 Z7 verstoßen
wird oder

2.         fortgesetzt oder wiederholt mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen gemäß Z1 lit.a gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 verstoßen wird oder

3.         fortgesetzt oder wiederholt durch die Verwendung technischer Hilfsmittel gegen § 52 Abs.1 Z7 verstoßen wird.

 

Gemäß § 53 Abs. 2 Glücksspielgesetz können die Organe der öffentlichen Aufsicht die in Abs. 1 genannten Gegenstände auch aus eigener Macht vorläufig in Beschlag nehmen, um unverzüglich sicherzustellen, dass die Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs.1 Glücksspielgesetz nicht fortgesetzt begangen oder wiederholt werden.

 

Wie bereits angeführt wurde, bestand der Verdacht, dass mit dem vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerät in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde und gegen die Bestimmung des § 52 Abs.1 Z1 Glücksspielgesetz verstoßen wurde. Die Organe der Abgabenbehörde waren daher befugt, das Glücksspielgerät aus eigener Macht vorläufig in Beschlag zu nehmen.

 

Gemäß § 50 Abs.1 Glücksspielgesetz sind für Strafverfahren und Betriebsschließungen nach diesem Bundesgesetz in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Landespolizeidirektion diese zuständig.

 

Da von den Organen der Abgabenbehörde die vorläufige Beschlagnahme im örtlichen Wirkungsbereich der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat Wels erfolgte, ist die Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat Wels gemäß § 50 Abs.1 Glücksspielgesetz zuständige Behörde zur Anordnung der Beschlagnahme gemäß § 53 Abs.1 Glücksspielgesetz.

 

Gemäß § 54 Abs.1 Glücksspielgesetz sind Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs.1 verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs.1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

 

Für die Beschlagnahme von Glücksspielgeräten gemäß § 53 Abs.1 Glücksspielgesetz genügt der Verdacht einer Übertretung nach § 52 Abs.1 Glücksspielgesetz. Zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung muss für die Behörde somit feststehen, dass der Verdacht des Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes sowie zum Zeitpunkt der Kontrolle und vorläufigen Beschlagnahme gemäß § 53 Abs.2 Glücksspielgesetz immer noch gegeben ist. Eine Detailprüfung aller Sachverhaltselemente sowie ein formelles Parteiengehör über die beabsichtigte Beschlagnahme hat daher zu diesem Stadium des Verfahrens zu unterbleiben. Es ist vom Beteiligten auch keine Stellungnahme einzuholen.

 

Von der Landespolizeidirektion Oberösterreich - Polizeikommissariat Wels wurde daher die Beschlagnahme des vorläufig beschlagnahmten Glücksspielgerätes gemäß § 53 Abs.1 Z1 lit.a Glücksspielgesetz zur Sicherung der Einziehung angeordnet, weil für diese die Einziehung gemäß § 54 Abs.1 Glücksspielgesetz vorgesehen ist und der begründete Verdacht besteht, dass mit diesen Glücksspielgeräten, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine Bestimmung des § 52 Abs.1 Glücksspielgesetz verstoßen wird.

 

Der konkrete Verdacht des Eingriffes in das Glücksspielmonopol des Bundes, ergab sich dadurch, weil bei dem betreffenden Glücksspielgerät vorwiegend virtuelle Walzenspielen angeboten wurden. Die Spiele waren deshalb als Glücksspiele im Sinne des § 1 Abs.1 Glücksspielgesetz anzusehen, weil den Spielern keinerlei Möglichkeiten geboten wurde, bewusst auf das Zustandekommen eines bestimmten Spielergebnisses Einfluss zu nehmen.

 

Die Spieler konnten nur einen Einsatz und den dazugehörigen Gewinnplan auswählen und die Start-Taste betätigen. Anschließend wurden für die Dauer von wenigen Sekunden die am Bildschirm dargestellten Symbole ausgetauscht oder in ihrer Lage verändert. Die neue Symbolkombination konnte einer im Gewinnplan dargestellten Kombination entsprechen oder nicht. Nur wenn die neue Symbolkombination einer im Gewinnplan dargestellten Kombination entsprach, dann ist ein Gewinn eingetreten. Diese Glücksspiele wurden in Form einer Ausspielung von einem Unternehmer veranstaltet, der nicht über die dafür erforderliche Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz verfügte. Somit wurde fortgesetzt gegen die Bestimmung des § 52 Abs.1 Z1 Glücksspielgesetz verstoßen.

 

Es haben sich im Beschlagnahmeverfahren noch keine Anhaltspunkte für eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit ergeben. Konkrete, einem im Verwaltungsstrafverfahren verpflichtend zu führenden Erhebungen gleichkommende Ermittlungsschritte hinsichtlich eines konkreten Verstoßes gegen das GSpG sind im Beschlagnahmeverfahren noch nicht zwingend notwendig. In diesem Verfahrensstadium reicht der begründete Verdacht einer Verwaltungsübertretung aus.

 

Bei den auf dem gegenständlichen Gerät verfügbaren Spielen scheint nicht ausgeschlossen, dass das dem Verdacht im Sinne des § 53 Abs.1 Z1 lit.a GSpG zugrundeliegende Verhalten den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Handlung bildet und infolge der Subsidiarität der Verwaltungsstraftatbestände nicht von der Verwaltungsbehörde zu ahnden wäre. Die Erhebungen im Hinblick auf eine gesicherte Abgrenzung zum Gerichtsdelikt nach § 168 StGB werden im Rahmen eines folgenden Verwaltungsstrafverfahrens Gegenstand sein müssen.

 

Es sind somit die gesetzlichen Voraussetzungen sowohl für die vorläufige Beschlagnahme des Glücksspielgerätes nach § 53 Abs. 2 Glücksspielgesetz als auch die Beschlagnahme der Glücksspielapparate durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich Polizeikommissariat Wels gemäß § 53 Abs. 1 Glücksspielgesetz vorgelegen. Der Eingriff in das Eigentumsrecht erfolgte daher in einem Fall und in der Art wie durch das Glücksspielgesetz bestimmt und steht daher im Einklang mit Artikel 5 des Staatsgrundgesetzes vom 21.12.1867, RGBl. Nr. 142 idF BGB. Nr. 684/1988 über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes und der durchgeführten Ermittlungen war für die erkennende Behörde erwiesen, dass die gesetzlichen Vorausaussetzungen für eine Beschlagnahme vorliegen, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.“

 

 

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 02.12.2013 (Datum des Schriftsatzes und des Einlangens), mit der dieser in seinem gesamten Inhalt angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird.

 

Begründend führt die Bw im Wesentlichen wie folgt aus:

 

„Mit Bescheid der der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 18.11.2013, Zl. S-18490/13, wurde gegenüber den Einschreitern die Beschlagnahme von einem vorläufig beschlagnahmten „Glücksspielgerät“ mit der Gehäusebezeichnung Kajot, Nr. JOT 1, gemäß § 53 Abs.1 Z1 lit.a GSpG ausgesprochen.

 

Die erstinstanzliche Behörde führte im Wesentlichen aus, dass der begründete Verdacht eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs.1 des Glücksspielgesetzes vorliege.

 

Dem ist zu entgegnen:

 

1.)

Mit gegenständlichem Gerät kann nicht in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen werden.

 

Der im Bescheid wiedergegeben Spielverlauf trifft nicht zu, insbesondere kann bewusst und gezielt auf den Spielverlauf Einfluss genommen werden. Glücksspiel iSd GSpG wurden keine angeboten.

 

Es wird beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und alle bei der Kontrolle anwesenden Kontrollorgane sowie die allenfalls betretenen Spieler einzuvernehmen, dies zum Beweis dafür, dass kein Verdacht einer Übertretung des Glücksspielgesetzes vorliegt.

 

2.)

Die belangte Behörde war zur Entscheidung in der Sache unzuständig.

 

Auf dem verfahrensgegenständlichen Gerät könne Einsätze von über 10,- Euro pro Spiel geleistet werden.

Soweit dies von den Kontrollorganen des Finanzamtes Grieskirchen Wels verneint wird, wurden die Einsätze offenkundig falsch erhoben.

 

Dessen ungeachtet können auf dem verfahrensgegenständlichen Spielapparat Serienspiele durchgeführt werden und besteht jeweils eine Gamble-Möglichkeit. Insbesondere ob Serienspiel veranlasst werden können, ist dem angefochtenen Bescheid trotz diesbezüglich offenkundigen Akteninhalt nicht zu entnehmen!

 

Gamble-Funktion;

Der Spieler hat immer die Möglichkeit, einen von ihm erzielten Gewinn (z.B. einen Gewinn von € 20,- + Supergames) in voller Höhe bei einem weiteren „Gamble-Spiel" einzusehen, verbunden mit der Möglichkeit, entweder den Einsatz zu verlieren oder den Gewinn zu verdoppeln, Dieses Spiel wird durch Drücken der „Gamble-Taste" ausgelöst und endet eben in der beschriebenen Form entweder durch Gewinn oder Verlust.

 

Zum Automatikmodus:

Das heißt, dass die Starttaste nur 1 x gedrückt wird und dann automatisch ein Spiel nach dem anderen abläuft, ohne dass jedes einzelne Spiel neu gestartet werden müsste. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in früherer Judikatur entschieden, dass bei der Durchführung solcher Serienspiele eben verwaltungsstrafrechtlich nicht jeder einzelne Spielvorgang und jeder einzelne Einsatz relevant ist, sondern im Hinblick auf die rasche Abfolge, auf die der Spieler auch keinen Einfluss nehmen kann, dessen Gesamteinsatz maßgeblich ist. Ferner kann nicht ein einzelnes Spiel herausgegriffen werden, da es sich bei einem derartigen Serienspiel nur um ein einziges Spiel handelt, das mit dem Drücken der Starttaste beginnt und erst mit Beendigung des Automatikmodus endet.

 

Aufgrund offensichtlich gegebener Gerichtszuständigkeit verbleibt kein Platz einer verwaltungsbehördlichen Zuständigkeit.

 

Der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13.06.2013, Zl.  B 422/2013-9, mit der Auslegung der Abgrenzungsbestimmung des § 52 Abs.2 GSpG (Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte) befasst und auszugsweise ausgeführt:

 

„Das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen, bei denen Einsätze bis zu EUR 10,- pro Spiel geleistet werden können, erschöpft sich vollständig in dem gemäß § 168 Abs. 1 StGB strafbaren Verhalten in Bezug auf (Automaten)Glücksspiele bzw. die darauf installierten Spielprogramme mit Einsätzen über EUR 10,-.

Bei eine verfassungskonformen Interpretation des § 52 Abs.2 (iVm § 52 Abs.1 Z1) GSpG hinsichtlich der Abgrenzung der Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden von jener der Strafgerichte darf es somit nur darauf ankommen, ob eine „Glücksspielveranstaltung“(also das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen von verbotenen Ausspielungen mit Spielautomaten über einen bestimmten Zeitraum) mit einem Einsatz von über EUR 10,- pro Spiel ermöglicht wird, und nicht darauf, ob der jeweilige Spieler Einsätze von höchstens EUR 10,- oder mehr als EUR 10,- tatsächlich leistet. Dabei umfasst das Veranstalten, Organisieren, Anbieten oder unternehmerisch Zugänglichmachen jeweils nur einen konkreten Spielautomaten und nicht mehrere Spielautomaten (gemeinsam).

[…]

Aus der dargelegten verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs.2 GSpG ergibt sich im Übrigen die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde -auch nach Maßgabe der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art. 7 B-VG bzw. Art. 2 StGG und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs.2 B-VG - stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielautomat geleistet werden kann (bzw. ob Serienspiele veranstaltet werden können), um derart beurteilen zu können, ob eine Gerichtszuständigkeit gemäß § 168 StGB oder die Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden gemäß § 52 Abs.1 GSpG besteht."

 

Mit Erkenntnis vom 23.07.2013, Zl. 2012/17/0249, hat sich der Verwaltungsgerichtshof der im obzitierten Erkenntnis dargelegten Rechtsansicht des VfGH angeschlossen und diese Rechtsansicht mittlerweile wiederholt bestätigt. Für das Beschlagnahmeverfahren gilt nichts anderes (VwGH vom 07.10.2013, Zl. 2012/17/0507).

 

In konkretem Fall, steht ausschließliche Gerichtszuständigkeit fest und hat die belangte Behörde sohin eine ihr nicht zustehende Kompetenz in Anspruch genommen.

 

3.)

Die Beschlagnahme des verfahrensgegenständlichen Gerätes gemäß § 53 GSpG stellt eine gegen das unionsrechtlich begründete Anwendungsverbot verstoßende Sanktion dar.

 

Am 09.09.2010 wurde das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft in der Rechtssache C-64/08 (Engelmann) verkündet. Ausgangsfall für die Entscheidung „Engelmann" war ein Strafverfahren nach § 168 StGB, weil Herr Engelmann, ein deutscher Staatsbürger, in Linz und Schärding Spielcasinos betrieb. Herr Engelmann verfügte über keine Konzession für den Betrieb einer Spielbank in Österreich. Er bestritt auch nicht, eine solche gar nicht beantragt zu haben, brachte aber vor, dass er eine Konzession aufgrund zahlreicher unionsrechtswidriger Bestimmungen im österreichischen Glücksspielgesetz auch gar nicht hätte erlangen können. In erster Instanz wurde er noch zu einer Geldstrafe von EUR 2.000,- verurteilt. Das Landesgericht Linz als Berufungsgericht hatte allerdings erhebliche unionsrechtliche Zweifel

·                     an dem Erfordernis einer Niederlassung in Form einer Aktiengesellschaft in Österreich,

·                     an der Kohärenz und Systematik der österreichischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels,

·                     sowie an der Vorgangsweise des Bundesministeriums für Finanzen bei der Vergabe von Glücksspielkonzessionen in Österreich.

 

Bezüglich des in der Rechtssache C-64/08 (Engelmann) ergangenen Urteiles des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ist zunächst auf die auf die Randnr. 24 und 26 hinzuweisen, wonach es dem vorlegenden Landesgericht Linz zufolge von der - in Übereinstimmung auch mit dem Unionsrecht - Zulässigkeit des Ausschlusses von Herrn Engelmann vom Erhalt einer Spielbankkonzession abhing, ob Herr Engelmann den Tatbestand des unerlaubten Glücksspiel nach § 168 StGB verwirklicht hat. Daher waren nach Ansicht des Europäischen Gerichthofes zuerst die erste und die dritte Vorlagefrage der Randnr. 25 zu prüfen.

 

Zur erfolgten Vergabe der Spielbankkonzessionen nimmt der Gerichtshof dann in Randnr. 49-57 Stellung und kommt in Randnr. 58 zum Ergebnis, dass das Transparenzgebot, das sich aus den Art. 43 EG und 49 EG sowie aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz und dem Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit ergibt, einer Vergabe sämtlicher Konzessionen für den Betrieb von Spielbanken im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates, die ohne Ausschreibung erfolgt, entgegensteht.

 

Da sich aus der Beantwortung der ersten und dritten Vorlagefrage bereits ergeben hat, dass der Ausschluss von Herrn Engelmann vom Erhalt einer Spielbankkonzession gegen das Unionsrecht verstoßen hat und unrechtmäßig war, erachtete der Gerichtshof in Randnr. 59 die Beantwortung der zweiten Vorlagefrage - Vereinbarkeit/Zulässigkeit eines innerstaatlichen Monopols für den Betrieb von Spielbanken, wenn es im Mitgliedsstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt,  weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an Glücksspielen ermuntern - für nicht mehr notwendig.

 

Ebensowenig wie Herr Engelmann verfügen die Einschreiter über eine Konzession für den Betrieb einer Spielbank oder von Glücksspielautomaten in Österreich, da sie von der Möglichkeit eine solche zu erlangen, gemeinschaftsrechtswidrigerweise ausgeschlossen ist, zumal sämtliche Konzessionen vom Bundesministerium für Finanzen unter Verstoß gegen das im Gemeinschaftsrecht verankerte Transparenzgebot ohne Ausschreibung und unter Vermeidung einer transparenten Interessentensuche an die C A AG vergeben wurden.

 

In einem solchen Fall dürfen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Sanktionen gegen Betreiber, die infolge des gemeinschaftsrechtswidrigen Ausschlusses Über keine Konzession verfügen, nicht verhängt werden.

 

Zum unrechtmäßigen, gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Ausschluss von
Wirtschaftsteilnehmern vom Erhalt einer Konzession in einem Mitgliedsstaat
hat der
Europäische Gerichtshof im Urteil vom 05. März 2007 (Strafverfahren gegen
Massimiliano Placanica) für Recht erkannt (Punkt 3.), dass die Art. 43 EG und 49 EG
dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den
Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die Wirtschaftsteilnehmer mit der
Rechtsform von Kapitalgesellschaften, deren Anteile auf reglementierten Märkten
gehandelt werden, vom Glücksspielsektor ausschließt
und darüber hinaus im
Sinne
eines solchen Ausschlusses fortwirkt.

 

Zu den Folgen des unrechtmäßigen, gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Ausschluss von Wirtschaftsteilnehmern vom Erhalt einer Konzession in einem Mitgliedsstaat nimmt der Gerichtshof in Randnr. 63 Stellung, wobei im letzten Satz festgehalten wird, dass in jedem Fall festzustellen ist, dass in Ermangelung eines Verfahrens der Konzessionsvergabe, das auch den bei der letzten Ausschreibung rechtswidrig von einem möglichen Konzessionserhalt ausgeschlossenen Wirtschaftsteilnehmern offensteht, der Umstand, dass sie keine Konzession besitzen, nicht zum Anlass für die Verhängung einer Sanktion gegen sie genommen werden darf. (Generelles Sanktionsverbot)

 

Zu strafrechtlichen Sanktionen im speziellen wird in diesem Zusammenhang in Randnr. 69 festgehalten, dass sich aus der Rechtsprechung ergibt, dass ein Mitgliedsstaat keine strafrechtlichen Sanktionen wegen einer nicht erfüllten Verwaltungsformalität verhängen darf, wenn er die Erfüllung dieser Formalität unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt oder vereitelt hat (vgl. in diesem Sinn Urteil vom 15. Dezember 1983, Rienks, 5/83, Slg 1983, 4233, Randnr. 10 und 11).

 

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften gilt sowohl für die Vergangenheit als auch bis zur Herstellung einer unionsrechtskonformen Rechtslage der Grundsatz, dass Sanktionen jenen Anbietern, die bisher aufgrund unionsrechtswidriger Umstände von vornherein keine Konzession erhalten konnten, nicht entgegengehalten werden dürfen (dazu auch EuGH vom 08,09.2010, Markus Stoß u.a. C-316/07 unter anderem RN 115 iVm 19), sowie

 

Stadler/Arzt in ecolex 2010, 617 ff,

Talos/Stadler in ecolex 2010,1006 ff, mwN,

Franz Leidenmühler in medien und recht 5/2010, 247 ff. mwN,

Franz Koppensteiner in RdW 2011,134 ff. mwN, und

Franz Leidenmühler in medien und recht 5/2011, 243 ff. mwN

 

In den Urteilen Carmen Media und Markus Stoß hat der EuGH zudem klargestellt, dass das von einem Mitgliedsstaat verfolgte ordnungspolitische Ziel des Spielerschutzes (als alleinig übrig gebliebenes Monopolargument) tatsächlich auch in kohärenter und systematischer Weise verfolgt werden muss. Die in obigen Fällen für Deutschland bestimmten Regeln gelten naturgemäß auch für Österreich. Der EuGH legt auch hinsichtlich Glücksspielwerbung Kriterien fest: Die Werbung muss maßvoll und strikt auf das begrenzt sein, was erforderlich ist, um die Verbraucher zu den genehmigten Spielnetzwerken zu lenken. Hingegen darf eine solche Werbung insbesondere nicht darauf abzielen, den natürlichen Spieltrieb der Verbraucher dadurch zu fördern, dass sie zu aktiver Teilnahme und zum Spielen angeregt werden etwa indem das Spiel verharmlost oder ihm ein positives Image verliehen wird, das daran anknüpft, dass die Einnahmen für Aktivitäten im Allgemeininteresse verwendet werden, oder indem die Anziehungskraft des Spiels durch zugkräftige Werbebotschaften erhöht wird, die bedeutende Gewinne vorspiegeln (EuGH 08.09.2010, Markus Stoß u.a., C-316/07 u.a. RN 103). Daraus folgt, dass der Ist-Zustand in Österreich mit omnipräsenter Casino- und Lottowerbung - auch nach den Glücksspielgesetznovellen 2008 und 2010 - nach wie vor EU-widrig ist.

 

Schließlich ist desweiteren auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 08.09.2010, C-409/06, W GmbH hinzuweisen, wonach jedes nationale Gericht verpflichtet ist, das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die Rechte die es den Einzelnen verleiht, zu schütten, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechtes unangewendet lässt (EuGH Winner Wetten, C-409/06 RN 55).

 

Unter Berufung auf den Europäischen Gerichtshof vertritt auch Koppensteiner (Der EuGH und das Glücksspiel, RdW 2011, 134), dass „im Fall eines unionsrechtswidrigen Marktzugangsregimes das dieses Marktzugangsregime strafrechtlich absichernde Sanktionsrecht unanwendbar zu bleiben hat".

 

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtschutzes ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechtes. Die Gerichte der Mitgliedsstaaten haben insoweit den Schutz der Rechte zu gewährleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen (EuGH, Winner Wetten, C-409/06 RN 58).

 

Auch in der Entscheidung vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer betont der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Rn 32 und 43 abermals und unzweideutig, dass der Verstoß gegen eine Regelung im Glücksspielbereich nicht zu strafrechtlichen Sanktionen führen darf, wenn diese Regelung unionsrechtswidrig ist. Diese Rechtsfolge haben die Österreichischen Gerichte und Behörden größtenteils trotz ihrer aus Art. 4 Abs.3 des Vertrages über die Europäische Union entspringenden Pflicht zur Anwendung der EuGH-Rechtsprechung ignoriert.

 

Stellt sich in einem Verfahren eine vom Gemeinschaftsrecht vorgegebene Vorfrage im Rahmen der zu treffenden Entscheidung, so kann diese Vorfrage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung vorgelegt werden.

 

Die Unionsrechtswidrigkeit der intransparenten Vergabe bezieht sich nicht nur auf den Zeitpunkt der Vergabe, sondern dauerhaft bis zur Neuausschreibung und korrekten Vergabe der Konzession. Es steht im groben Widerspruch zu der Rechtsprechung des EuGH und der effektiven Durchsetzung der europarechtlichen Grundfreiheiten, im Falle einer Vergabe der Konzessionen "unter der Hand" von mitgliedstaatlichen Anbietern die Erfüllung der Konzessionsvoraussetzungen vor einer europarechtskonformen, rechtmäßigen Ausschreibung zu verlangen. Vielmehr liegt es am jeweiligen Mitgliedstaat die fehlende Rechtfertigung der Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit zu sanieren. Bis dahin schlagen aber die Grundfreiheiten durch.

 

Angesichts der eindeutigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und der übereinstimmenden Literatur ist es daher - sollten für die erkennende Behörde noch Zweifel am Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG bestehen - dringend geboten dem i europäischen Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

 

"Sind die Art. 49 und 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Artikel 4 des Vertrages über die Europäische Union sowie die zum Glücksspielrecht ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes dahingehend auszulegen, dass gegen einen Glücksspielanbieter, der über keine nach nationalem Recht des Mitgliedsstaates erteilte Konzession verfügt, auch dann wegen des Fehlens dieser Konzession keinerlei Strafsanktionen verhängt werden dürfen, wenn dieser Glücksspielanbieter nicht sämtliche, nach dem nationalen Recht des Mitgliedsstaates vorgeschriebenen Konzessionsvoraussetzungen erfüllt, wenn bei der Vergabe sämtlichen, nach dem nationalen Recht des Mitgliedsstaates zu vergebenden Konzession jegliche Transparenz gefehlt hat und der Glücksspielanbieter schon aufgrund dieser unionsrechtswidrigen Vergabe der Konzession für den Zeitraum bis zumindest 31.12.2012 von der Möglichkeit ausgeschlossen ist, sich um eine solche Konzession zu bewerben?"

 

Die Einschreiter weisen insbesondere darauf hin, dass alle Beschränkungen an den europarechtlichen Grundfreiheiten zu messen sind und die österreichische Glücksspielpolitik nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes insgesamt kohärent und systematisch auf im zwingenden Allgemeininteresse liegende Rechtfertigungsgründe ausgerichtet sein muss. Bemerkenswerterweise ist der Europäische Gerichtshof in der Rechtssache Engelmann nicht mehr auf die ihm gestellte Frage nach der (In)Kohärenz der österreichischen Glücksspielpolitik eingegangen, da er dies aufgrund der bereits festgestellten Unionsrechtswidrigkeiten für nicht mehr erforderlich hielt (vgl. Koppensteiner, Der Europäische Gerichtshof und das Glücksspiel, RdW 2011,134 (136)). Das bedeutet aber gerade nicht, dass österreichische Gerichte und Behörden auf die Kohärenzprüfung verzichten könnten, zumal an der Erfüllung dieses Erfordernisses nach wie vor erhebliche Zweifel bestehen (vgl. bspw Tabs/Stadler, EuGH kippt österreichisches Glücksspielmonopol, ecolex 2010, 1006 (1008); Leidenmühler, Das „Engeimann“-Urteil des EuGH - Rien ne va plus für das österreichische Glücksspielgesetz, Medien und Recht2010, 247).

 

Der Europäische Gerichtshof hat jüngst klargestellt, dass bei jeder nationalen Beschränkung der Grundfreiheiten im Glücksspielbereich zu prüfen ist, ob sie tatsächlich dem Anliegen entspricht, die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern und die Tätigkeiten in diesem Bereich in kohärenter und systematischer Weise zu begrenzen (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 56), Insbesondere hat der Europäische Gerichtshof auch Präzisierungen dahingehend vorgenommen, dass zur Rechtfertigung der Errichtung eines Monopols der Mitgliedstaat ein besonders hohes Schutzniveau verfolgen muss, da es sich um eine besonders schwere Restriktion handelt (EuGH vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 48, 71). Die nationalen Gerichte haben dabei zu prüfen, "ob die nationalen Behörden im entscheidungserheblichen Zeitraum tatsächlich bestrebt waren, im Hinblick auf die geltend gemachten Ziele ein besonders hohes Schutzniveau zu gewährleisten, und ob die Errichtung eines Monopols im Licht dieses angestrebten Schutzniveaus tatsächlich als erforderlich angesehen werden konnte" (EuGH vom 15,09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 54). Der Europäische Gerichtshof bestätigt in diesem Zusammenhang, dass die tatsächliche Verhältnismäßigkeit der restriktiven Regelung vom Mitgliedstaat bewiesen werden muss (EuGH vom 15.09.2011. Rs C-347/09 Dickinger und Ömer, Rn 54) und dass es grundsätzlich Feststellungen geben muss, dass kriminelle und betrügerische Aktivitäten im Zusammenhang mit den Spielen und die Spielsucht im betreffenden Mitgliedstaats ein Problem darstellen (EuGH vom 15.09.2011. Rs C-347/09 Dickinger und Ömer. Rn 66 und 100).

 

Dieser Nachweis wurde bis heute vor keinem Österreichischen Gericht und vor keiner österreichischen Behörde erbracht. Ebensowenig wurden derartige Feststellungen bis dato in keiner einzigen Entscheidung eines österreichischen Gerichtes und in keiner einzigen Entscheidung einer österreichischen Behörde jemals getroffen.

 

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 15.09.2011, Rs C-347/09 Dickinger und Ömer enthält weiters Präzisierungen zum zulässigen Umfang der vom Monopolisten betriebenen Werbung. Nach dem Europäische Gerichtshof ist zwischen Strategien des Monopolinhabers zu unterscheiden, die nur die potenzielle Kunden über die Existenz der Produkte informieren und durch Lenkung der Spieler in kontrollierte Bahnen einen geordneten Zugang zu Glücksspielen sicherstellen sollen, und Strategien, die zu aktiver Teilnahme an Glücksspielen auffordern, anregen oder anreizen. Es müsse zwischen einer restriktiven Geschäftspolitik, die nur den vorhandenen Markt für den Monopolinhaber gewinnen oder die Kunden an ihn binden soll, und einer expansionistischen Geschäftspolitik, die auf das Wachstum des gesamten Marktes für Spieltätigkeiten abzielt, differenziert werden (EuGH vom 15.09 2011, Rs C-3477Ö9 Dickinger und Ömer, Rn 69).

 

Angesichts der gängigen exzessiven Werbepraxis der österreichischen Monopolisten wird diesen europarechtlichen Anforderungen für die Rechtfertigung einer Monopolstellung nicht genügt, was auch jüngst vom Landesgericht Linz (als Zivilgericht erster Instanz) in seinem Urteil vom 22. März 2012, 1 Cg 190/11V-14, bestätigt wurde.

 

Zuvor hatte das Landesgericht Linz, das selbst das Vorlageverfahren in der Rechtssache Engelmann initiiert hatte, Herrn E noch - ohne weitere Feststellungen zur Werbestrategie des Monopolinhabers und zur (In)Kohärenz der österreichischen Glücksspielpolitik getroffen zu haben - verurteilt. Das Bezirksgericht  Zell am See hingegen hat bereits die richtige Konsequenz der Sanktionsfreiheit für Herrn E gezogen und ihn aufgrund der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vom Strafantrag freigesprochen.

 

Das Sanktionsverbot wurde jüngst auch vom Landesgericht Ried im Inn kreis in seinem Berufungsurteil vom 23.04.2012 - als letztinstanzliches Gericht - bestätigt, in dem es ausführt:

Zur Frage der Konsequenzen des Urteils des EuGH vom 09. September 2010 in der RsC 64/08 „E“ für die Anwendung des § 168 StGB liegt bislang, soweit auch unter Einsatz von RIS-Justiz überschaubar, eine Entscheidung des OGH nicht vor.

 

Vielmehr ist hiezu eine kontroversielle Diskussion zwischen Vertretern der Lehre einerseits und einer gemeinsamen Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen andererseits entstanden.

 

Dabei schließt sich das Berufungsgericht den Vertretern der Lehre an, wobei Univ.-Prof. DDr. Peter Lewisch im Rahmen dessen Rechtsgutachtens vom 04. November 2010 am überzeugendsten erscheint. Danach kommt Lewisch, der sich unter anderem auch ausführlich mit der gemeinsamen Stellungnahme des Bundesministeriums für Justiz und des Bundesministeriums für Finanzen auseinandergesetzt hat, zum Ergebnis, dass sich aus dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Engelmann die EU-Rechtswidrigkeit der österreichischen glücksspielrechtlichen Marktzugangsregeln in den entscheidenden Fragen des Sitzerfordernisses und der intransparenten Vergabe der Konzessionen ohne Ausschreibung ergibt. Die diesbezüglichen Regeln des österreichischen Glücksspielrechts haben daher gegen die Artikel 43 und 49 EG - nunmehr Artikel 49 und 56 AEUV - verstoßen. Diese EU-Rechtswidrigkeit im Bezug auf das österreichische Marktzugangsrecht schlägt auf das strafrechtliche Rechtsdurchsetzungsregime durch: Sind die glücksspielrechtlichen Marktzugangsregeln EU-rechtswidrig, dürfen diese auch nicht im Wege eines Strafverfahrens gemäß § 168 StGB durchgesetzt werden. Es gilt infolge der Vorrangwirkung des EU-Rechts ein unmittelbar EU-rechtlich begründetes Anwendungsverbot konfligierenden Strafrechts.

 

Darauf, ob sich das maßgebliche Sachrecht auch EU-konform ausgestalten ließe, kommt es nicht an. Maßgeblich ist der Verstoß gegen das EU-Recht hier und jetzt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass im Fall E und auch in allen vergleichbaren Konstellationen § 168 StGB unangewendet zu bleiben hat.

 

Mehr noch: Angesichts der eindeutigen Rechtslage wäre eine Anwendung des § 168 StGB rechtlich unvertretbar!

 

Angesichts der in obigen Ausführungen dargestellten Kontroverse zwischen Lehre und - einem Teil - der Rechtsprechung ist es - sollten für die erkennende Behörde noch Zweifel am Anwendungsverbot der §§ 52 bis 54 GSpG bestehen - dringendst geboten, beim Europäischen Gerichtshof über obige Vorlagefrage möglichst rasch die Klarstellung der Rechtsfolgen festgestellter Unionsrechtswidrigkeiten im Glücksspielsektor, insbesondere zum Fehlen einzelner, mehrerer oder auch aller nach nationalem Recht gesetzlich vorgeschriebener Konzessionsvoraussetzungen nach erfolgter unionsrechtswidriger Konzessionsvergabe ohne jeglicher Transparenz einer Ausschreibung herbeizuführen.

 

Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtschutzes als allgemeiner Grundsatz des Unionsrechtes sowie der Grundsatz, dass die Gerichte der Mitgliedsstaaten den Schutz der Rechte zu gewährleisten haben, die dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen, gilt im Übrigen auch für reine Inlandssachverhalte, da es an einer sachlichen Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung von österreichischen Gesellschaften gegenüber ausländischen Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union fehlt. Dies insbesondere deshalb, weil im vergleichbaren Fall Engelmann Herr Engelmann eine Spielbankkonzession nicht nur wegen seiner deutschen Staatsangehörigkeit, sondern auch deshalb nicht erlangen könnte, weil er nicht das Erfordernis einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Österreich erfüllt hat, und sämtliche Konzessionen für den Betrieb einer Spielbank und Glücksspielautomaten in Österreich vom Bundesministerium für Finanzen unter Verstoß gegen das in Gemeinschaftsrecht verankerte Transparenzgebot ohne Ausschreibung und unter Vermeidung einer transparenten Interessentensuche an die Casinos Austria AG vergeben wurden.

Von den beiden letzteren Ausschlussgründen sind Inländer in gleicher Weise betroffen wie andere Unionsbürger, so dass eine Ungleichbehandlung mangels sachlicher Rechtfertigung gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen würde.

 

Die Frage der Anwendung des Unionsrechtes auf Österreicher ist vergleichbar mit den Lockerungen im Bereich des österreichischen Grundverkehrsrechtes, die erst durch die EuGH-Urteile zugunsten von Gebietsfremden zustande kamen (EuGH 0106.1999, Konle, C-302/97, Slg. 1999, I-3099; EuGH 15.05.2003, Salzmann, C-300/0, Slg. 2003, I-4899; EuGH 23.09.2003, Ospelt, C-452/01, Slg. 2003,1-9743).

 

Die darauffolgenden Begünstigungen von Gebietsfremden und Diskriminierung von Inländern konnten folglich dem Gleichheitsgrundsatz nicht mehr standhalten (Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10, RZ 1355, Seite 647 mwH auf VfSLG 17.150; 17.422; VfGH 08.06.2005, G 163/04; VfGH 08,06.2005, G 159/04; VwGH 28.07.2004, 2002/04/0173).

 

4.)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Schriftsatz vom 10.08.2012 an den Gerichtshof der Europäischen Union einen Antrag auf Vorentscheidung gem. Art. 267 AEUV gestellt. Ausgangslange ist ein Sachverhalt, der mit dem gegenständlichen vergleichbar ist.

 

Wie der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich schreibt, stellt sich die Frage, ob die dem österreichischen Glückspielgesetz zugrunde liegende Systematik der lückenlos strafsanktionierten (Quasi-)Monopolregelung generell bzw. hinsichtlich ihrer konkreten Ausgestaltung mit den Grundsätzen der Europäischen Grundrechtcharta vereinbar ist.

 

Dem UVS Oberösterreich ist nämlich aufgefallen, dass die Behörden bislang in keinem bekannten Fall iS des Urteils des EuGH vom 15.09.2011, C-347/09 (Dickinger/Ömer) auch nur ansatzweise versucht haben nachzuweisen, dass die Kriminalität und/oder die Spielsucht im präjudiziellen Zeitraum tatsächlich ein erhebliches Problem darstellte(n) und bejahendenfalls, dass diesem insbesondere nur durch ein Monopolsystem mit kontrollierter Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten hätte abgeholfen werden können, sowie, dass tatsächlich die Kriminalitätsbekämpfung und der Spielerschutz - und nicht etwa bloß eine Maximierung oder massive Erhöhung der Staatseinnahmen - das wahre Ziel der Monopolregelung bildeten, und dass sich die Geschäftspolitik der Monopolisten ohnehin bloß auf eine kontrolliertere Expansion mit einer maßvollen, eng auf die Zielerreichung begrenzten, nicht zu aktiver Spielteilnahme anregender oder in Verbindung mit karitativen Zwecken ein positives Image kreierender Werbung beschränkt hat - was insbesondere schon angesichts der aus den Gesetzesmaterialien resultierenden fiskalpolitischen Intentionen und des Gerichts bekannten „enormen" und aggressiven Werbeaufwandes. Aus diesem Grunde ist der UVS Oberösterreich der Ansicht, dass die im Glückspielgesetz konkret normierte Ausgestaltung des Glückspielmonopol des Bundes schon dem Grunde nach nicht mit den in den Art. 56ff AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit vereinbar ist.

 

Die Regelungen im Glückspielgesetz sind - nach Ansicht des UVS Oberösterreich in ihrer Zusammenschau nicht geeignet, die in der Rechtsprechung des EuGH geforderte Gesamtkohärenz auch tatsächlich zu gewährleisten, sind somit im Ergebnis überschießend und damit inadäquat.

 

Der UVS Oberösterreich kritisiert auch die höchst unbestimmten Gesetzesbegriffe im Hinblick auf die systematisch nahezu lückenlose strafrechtliche Sanktionierung nicht bloß unmittelbarer Täter.

 

Das Beispiel wendet sich zudem gegen die unklare Abgrenzung zwischen Verwaltungsdelikt und Strafdelikt, dies insbesondere auch im Hinblick auf das Doppelbestrafungs- und Verfolgungsverbot.

 

Der UVS Oberösterreich stellt daher dem Gerichtshof der Europäischen Union nachstehende Fragen:

 

1.)

Steht das in Art. 56 AEUV und in den Art. 15 bis 17 EGRC zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den in den Ausgangsverfahren maßgeblichen Bestimmungen der §§ 3 bis 5 sowie §§ 14 und 21 GSpG, die die Durchführung von Glückspielen mittels Automaten nur unter der - sowohl strafsanktionierten als auch unmittelbar sacheingriffsbedrohten - Voraussetzungen der Erteilung einer vorangehenden, jedoch nur in begrenzter Anzahl verfügbaren Erlaubnis ermöglicht, obwohl bislang - soweit ersichtlich - von staatlicher Seite in keinem einzigen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren nachgewiesen wurde, dass eine damit verbundene Kriminalität und/oder Spielsucht tatsächlich ein erhebliches Problem, dem nicht durch eine kontrollierte Expansion von zugelassenen Spieltätigkeiten auf viele Einzelanbieter, sondern nur durch eine kontrollierte, mit bloß maßvoller Werbung verbundene Expansion eines Monopolisten (bzw. sehr weniger Oligopolisten) abgeholfen werden kann, darstellen, entgegen?

 

2.)

Für den Fall, dass diese erste Frage zu verneinen ist: Steht das in Art. 56 AEUV und in Art. 15 bis 17 EGRC zum Ausdruck kommende Verhältnismäßigkeitsprinzip einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und § 168 StGB, durch die im Wege unbestimmter Gesetzesbegriffe im Ergebnis eine nahezu lückenlose Strafbarkeit auch vielfältiger Formen von nur sehr entfernt beteiligten (u.U. in anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union ansässigen) Personen (wie bloßen Vertreibern, Verpächtern oder Vermietern von Glückspielautomaten) eintritt, entgegen?

 

3.)

Für den Fall, dass auch die zweite Frage zu verneinen ist: Stehen die demokratisch-rechtsstaatlichen Anforderungen, wie diese offenkundig dem Art. 16 EGRC zu Grunde liegen, und/oder das Fairness- und Effizienzgebot des Art. 47 EGRC und/oder das Transparenzgebot des Art. 56 AEUV und/oder das Doppelverfolgungs- und -bestrafungsverbot des Art. 50 EGRC einer nationalen Regelung wie den §§ 52 bis 54 GSpG, § 56a GSpG und §168 StGB, deren wechselseitige Abgrenzung mangels eindeutiger gesetzlicher Regelung für einen Bürger ex ante kaum vorhersehbar und berechenbar, sondern im konkreten Einzelfall jeweils erst im Wege eines aufwändigen förmlichen Verfahrens klärbar ist, an die sich jedoch weitreichende Unterschiede hinsichtlich der Zuständigkeiten (Verwaltungsbehörde oder Gericht), der Eingriffsbefugnisse, der damit jeweils verbundenen Stigmatisierung und der prozessualen Stellung (z.B. Beweislastumkehr) knüpfen, entgegen?

 

4.)

Für den Fall, dass eine dieser drei ersten Fragen zu bejahen ist: Steht Art. 56 AEUV und/oder Art. 15 bis 17 EGRC und/oder Art 50 EGRC einer Bestrafung von Personen, die in einer der in § 2 Abs.1 Z1 und § 2 Abs.2 GSpG genannten Nahebeziehung zu einem Glückspielautomaten steht, und/oder einer Beschlagnahme bzw. Einziehung dieser Geräte und/oder einer Schließung des gesamten Unternehmens solcher Personen entgegen?

 

Inhaltlich soll dabei vom Gerichtshof der Europäischen Union beurteilt werden, ob das dem österreichischen Glücksspielgesetz zu Grunde liegende Monopol bei der Vergabe von Lizenzen zur Durchführung verschiedener Glücksspielarten (wie zum Beispiel Lotterien, Spielbanken, Pokersalons, Automatenglücksspiel) dem Verhältnismäßigkeits- und Kohärenzgebot des Art. 56 AEUV entspricht und ob die darauf aufbauenden Straf- und Sicherheitsbefugnisse der Behörden (Beschlagnahme, Einziehung und Betriebsschließung) durch den Rahmen der Europäischen Grundrechtscharta gedeckt sind. Es soll möglichst rasch Rechtsklarheit und damit auch Rechtssicherheit geschaffen werden. Das Verfahren ist beim Gerichtshof der Europäischen Union zu C-390/12 anhängig.

 

Beweis:      Info Curia Abfrage vom 10.11.2012 (Beilage ./1 - als Kopie beigeschlossen)

 

In den Schlussanträgen schlägt die Generalanwältin dem EuGH folgende Beantwortung der ersten Vorlagefrage des UVS Oberösterreich vor:

 

Art. 56 AEUV steht einer nationalen Regelung wie der in Ausgangsverfahren fraglichen entgegen, wonach nur eine begrenzte Anzahl von Konzessionsinhabern Glücksspiele durchführen darf, es sei denn, diese Beschränkung ist aufgrund eines zwingenden im Allgemeininteresse liegenden Ziels wie des Verbraucherschutzes und/oder der Verbrechensprävention gerechtfertigt, verfolgt diese Ziel unter Berücksichtigung der Geschäftspolitik der Konzessionsinhaber kohärent und widerspruchsfrei und ist verhältnismäßig. Ob diese Kriterien erfüllt sind, ist vom nationalen Gericht zu entscheiden. Sofern eine Beschränkung diese Kriterien erfüllt, stehen ihr die Art. 15, 16 und 17 der Charta der Grundrecht der Europäischen Union (im Folgende: Charta) nicht entgegen.

 

Dass Diese Beschränkungen diesem Maßstab nicht gerecht werden, wurde bereits vom vorlegenden Gericht, dem UVS , im Vorlageantrag als offensichtlich nicht vorliegend verneint und ist dies notorisch.

 

Es wird beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und sämtliche bei der Kontrolle anwesenden Beamten sowie die bei der Kontrolle allfällig anwesend gewesenen Spieler als Zeugen einzuvernehmen, dies zum Beweis dafür, dass kein Verdacht des Verstoßes gegen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes vorliegt.

 

Sodann wird beantragt der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.“

 

 

3.           Mit Schreiben vom 02.12.2013 legte die belangte Behörde dem Oö. Verwaltungssenat die Berufung und ihren Verwaltungsakt zur Entscheidung vor, ohne eine Gegenschrift zu erstatten.

 

Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie die Dokumentation (Niederschriften, [Test-]Spiele, Quittungen bzw. Belege) der einschreitenden Organe des Finanzamtes.

 

4.1. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung nicht nur gemäß § 51e Abs.4 VStG (vgl. dazu VwGH 14.12.2011, 2011/17/0171; ebenso VwGH vom 27.04.2012, 2011/17/0313, sowie 2011/17/0315) sondern auch gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG entfallen.

 

Zudem stellt die Entscheidung über eine Beschlagnahme einen verfahrensrechtlichen Bescheid dar, weshalb der Unabhängige Verwaltungssenat unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 14.12.2011, 2011/17/0171; ebenso jüngst VwGH 27.4.2012, 2011/17/0313 sowie VwGH 27.4.2012, 2011/17/0315) gemäß § 51e Abs.4 VStG ungeachtet eines Parteienantrages von einer Verhandlung absehen kann, zumal eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Verfahrensangelegenheit "Beschlagnahme" nicht erwarten lässt und dem auch nicht Art. 6 EMRK entgegensteht. Mit anderen Worten: Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen, der dafür entscheidungswesentliche Sachverhalt war aufgrund der Aktenlage eindeutig geklärt. Die Beurteilung der Glücksspielnatur des in Rede stehenden Spieltyps und der vorliegenden Verdachtslage iSd § 53 Abs.1 Z1 lit.a) GSpG war unzweifelhaft möglich, weshalb auch die Beiziehung eines Sachverständigen und die Einvernahme von Zeugen oder die Beischaffung von Akten entbehrlich waren.

 

5.           Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1.      Zur Zulässigkeit der – rechtzeitig erhobenen – Berufung:

 

Aus § 53 Abs.3 GSpG ergibt sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.6.1997, 94/17/0388), dass der Beschlagnahmebescheid jedenfalls einer der genannten Personen, also dem Eigentümer, dem Veranstalter oder dem Inhaber zuzustellen ist.

 

Der bekämpfte Bescheid wurde der Bw gegenüber – als Inhaberin des beschlagnahmten Gegenstandes – durch Zustellung am 19.11.2013 erlassen. Der Bw kommt daher als Inhaberin Parteistellung im Beschlagnahmeverfahren zu (vgl. VwGH 14.12.2011, 2011/17/0084 mwN; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 1502, Anm. 3a. zu § 39 VStG).

 

Die Berufungen gegen den Beschlagnahmebescheid sind daher zulässig.

 

5.2. In der Sache:

 

5.2.1. Mit der Novelle BGBl. I Nr. 73/2010 wurde das Glücksspielwesen einem grundsätzlich neuen System unterstellt, und zwar derart, dass neben den dem Monopol des Bundes unterliegenden Ausspielungen in Form von Lotterien und Spielbanken nunmehr auch das für vergleichsweise geringere Einsätze und Gewinne konzipierte sog. "kleine Glücksspiel" mittels Automaten explizit einer Konzessionspflicht unterstellt und damit für zulässig erklärt ist, wobei die darauf bezüglichen Vorschriften vom Landesgesetzgeber zu erlassen sind; hinsichtlich derartiger "Landesausspielungen" besteht sohin (mangels eines entsprechenden Kompetenztatbestandes in Art. 12 B-VG) eine ergänzende, inhaltlich allerdings auf jener des Bundes notwendig aufbauende Regelungszuständigkeit der Länder (die jedoch – im Gegensatz zum Verhältnis zwischen Grundsatz- und Ausführungsgesetz gemäß Art. 12 B-VG – von Letzteren nicht in Anspruch genommen werden muss, also auch ungenutzt bleiben kann).

 

Im Besonderen gilt nunmehr Folgendes:

 

5.2.2. Gemäß § 53 Abs.1 Z1 lit.a Glücksspielgesetz – GSpG, BGBl. Nr. 620/1989 idgF, kann die Behörde die Beschlagnahme von Glücksspielautomaten, sonstigen Eingriffsgegenständen und technischen Hilfsmitteln anordnen, und zwar sowohl wenn der Verfall als auch wenn die Einziehung vorgesehen ist, wenn der Verdacht besteht, dass mit Glücksspielautomaten oder sonstigen Eingriffsgegenständen, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, fortgesetzt gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs.1 GSpG verstoßen wird.

 

Gemäß § 54 Abs.1 GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen Bestimmungen des § 52 Abs.1 leg.cit. verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß Bestimmungen des § 52 Abs.1 leg.cit. einzuziehen, es sei denn, der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs.3 letzter Satz GSpG unterliegen Gegenstände, mit deren Hilfe eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs.4 GSpG durchgeführt oder auf andere Weise in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, sofern diese nicht gemäß § 54 leg.cit. einzuziehen sind, dem Verfall.

 

Nach § 52 Abs.1 Z1 GSpG begeht ua. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe zu bestrafen, der verbotene Ausspielungen iSd § 2 Abs.4 GSpG veranstaltet, organisiert, anbietet oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer iSd § 2 Abs.2 leg.cit. daran beteiligt.

 

Ebenso begeht eine Verwaltungsübertretung und ist gemäß § 52 Abs.1 Z6 GSpG mit einer Geldstrafe zu bestrafen, wer die Teilnahme an verbotenen Ausspielungen iSd § 2 Abs.4 GSpG – insbesondere durch die Vermittlung der Spielteilnahme, das Bereithalten von anderen Eingriffsgegenständen als Glücksspielautomaten oder die unternehmerische Schaltung von Internet-Links – fördert oder ermöglicht.

 

Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs.1 GSpG Glücksspiele (das sind gem. § 1 Abs.1 leg.cit. Spiele, bei denen die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt),

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

 

Unternehmer ist gemäß Abs.2 leg.cit., wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

 

Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten liegt gemäß § 2 Abs.3 leg.cit. vor, wenn die Entscheidung über das Spielergebnis nicht zentralseitig, sondern durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung im Glücksspielautomaten selbst erfolgt.

 

Gemäß § 2 Abs.4 GSpG sind verbotene Ausspielungen solche Ausspielungen, für die einerseits eine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG nicht erteilt wurde und die andererseits auch nicht iSd § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen sind.

 

Gemäß § 12a Abs.1 GSpG sind elektronische Lotterien Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird.

 

5.2.3. Nach der bisherigen stRsp des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. VwGH 27.4.2012, 2011/17/0046 uHa VwGH 20.7.2011, 2011/17/0097; ebenso nunmehr auch VfGH 14.06.2012, G 4/12-10 ua) ist grundsätzlich von der Zulässigkeit einer verwaltungsbehördlichen Beschlagnahme auch in Fällen der Subsidiarität des verwaltungsbehördlichen Straftatbestandes auszugehen. Denn die Notwendigkeit der Sicherung des Verfalls oder der Einziehung sei im Fall eines subsidiären Verwaltungsstraftatbestandes in gleicher Weise gegeben wie im Fall eines kumulativ neben einem gerichtlichen Straftatbestand anwendbaren Straftatbestandes oder im Falle des gänzlichen Fehlens eines gerichtlichen strafbaren Tatbestandes, der durch die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Handlungen verwirklicht sein könnte. Da nach dieser Entscheidung und der bisherigen (überholten) Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes eine verwaltungsbehördliche Beschlagnahme auch dann zulässig war, "wenn wegen der inkriminierten Handlungen gleichzeitig ein gerichtliches Strafverfahren geführt wird bzw. zu führen ist", stellte sich prima vista auch nicht die Frage, "welcher Grad der Wahrscheinlichkeit der Erfüllung eines gerichtlichen Straftatbestandes vorliegen muss, um die Beschlagnahme unzulässig zu machen". Diese Ansicht vertritt auch die belangte Behörde in ihrem Beschlagnahmebescheid.

 

5.2.4. In diesem Zusammenhang ist aber auf die aktuelle Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 13.6.2013, B 422/2013, sowie die diesbezügliche Folgejudikatur [u.a. VfGH 26.6.2013, B 63/2013]) hinzuweisen, in der sich das Höchstgericht ausdrücklich gegen die o.a. neuere Judikaturlinie des Verwaltungsgerichtshofes ausspricht. In dieser Entscheidung konstatiert der Verfassungsgerichtshof, dass sich aus der verfassungskonformen Interpretation der Abgrenzungsregelung des § 52 Abs.2 GSpG die Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde ergibt, stets zu ermitteln, welcher mögliche Höchsteinsatz an einem Glücksspielgerät geleistet werden kann bzw. ob Serienspiele iSd OGH-Judikatur veranlasst werden können.

 

Die Erstbehörde hat daher im Zuge des Verwaltungsstrafverfahren (und daher auch im Zusammenhang mit der Beschlagnahme von Eingriffsgegenständen) zu ermitteln, wie hoch die möglichen Höchsteinsätze an den in Rede stehenden Geräten sind bzw. ob an den Geräten die Möglichkeit besteht, dass Serienspiele iSd OGH-Judikatur veranlasst werden können. Nicht relevant sind demgegenüber – in Abkehr zu der vom Verfassungsgerichtshof als verfehlt qualifizierten neueren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – die tatsächlich geleisteten Spieleinsätze.

 

Sollten die erstbehördlichen Ermittlungsergebnisse ergeben, dass Spieleinsätze je Einzelspiel von über 10 Euro möglich sind bzw. dass Serienspiele iSd der OGH-Judikatur veranlasst werden können, liegt nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit vor, was auch für die Maßnahme der Beschlagnahme im Strafverfahren von entscheidender Bedeutung ist.

 

Eben dies ist im gegenständlichen Fall aber anzunehmen. Die Kontrollorgane der Finanzpolizei haben im Zuge der Durchführung von Testspielen zwar festgestellt, dass ein Höchsteinsatz von über 10,- Euro nicht festgestellt werden konnte (sehr wohl aber die Möglichkeit der Einsatzsteigerung durch ein vorgeschaltetes Würfelspiel). Diese Feststellung bedeutet aber nicht, dass ein solcher Einsatz nicht möglich war, da sich die Angaben im Erhebungsformular GSp26 lediglich auf den „festgestellten, beim Testspiel/beobachteten Spiel gespielten Höchsteinsatz“ beziehen. Daraus ist also zu folgern, dass eine konkrete, „ausreizende“ Beweisaufnahme in diesem Zusammenhang nicht durchgeführt wurde, zumal von den auf dem in Rede stehenden Glücksspielgerät installierten 8 Spielen lediglich eines bespielt wurde. Es reicht aber aus, wenn auf einem Gerät und sei es auch nur bei einem der möglichen Spiele, ein Einsatz von mehr als 10,- Euro möglich ist. Im Ergebnis blieben die zuständigkeitsbegründenden Erhebungen daher unvollständig und stehen vollinhaltlich im Widerspruch zum Vorbringen der Bw, die darüber hinaus auch auf die Möglichkeit von Serienspielen im Zusammenhang mit der „Gamble-Funktion“ und dem „Automatikmodus“ verweist.

 

Aufträge an die belangte Behörde, gemäß § 66 Abs. 1 AVG iVm § 24 VStG ergänzende Ermittlungen im Zusammenhang mit den möglichen Höchsteinsätzen durchzuführen blieben in der Vergangenheit trotz zahlreicher Versuche  ohne Ergebnis, da sie de facto nach der Beschlagnahme des Gerätes bzw. der damit  verbundenen Außerbetriebnahme ohne (nicht erzwingbare) Mithilfe der Bw nicht durchgeführt werden können. Ein derartiger Auftrag ist daher auch im gegenständlichen Verfahren nicht nur nicht zielführend, sondern auf der Grundlage der nachstehenden Ausführungen auch überflüssig. Denn schon aus einer möglichen „Gamble-Funktion“ lässt sich ableiten, dass ein 10,- Euro überschreitender Betrag (nämlich der Gewinn eines vorangegangenen Spiels nunmehr) als Einsatz für ein (neues) Spiel („doppelt oder nichts“) gesetzt werden kann. Eben diese Einsatzsteigerung durch ein vorgeschaltetes Würfelspiel wurde aber im GSp26 Formular festgehalten und ergibt in Kombination mit den in Aussicht gestellten Gewinnen von (bis zu) 20,- Euro bei vorangegangenen Spielen mögliche Einsätze von mehr als 10,- Euro.

 

Darüber hinaus ist im Zusammenhang auch auf die Funktionsweise der Automatik-Starttaste hinzuweisen, wonach die Starttaste nur einmal gedrückt wird und dann automatisch ein Spiel nach dem anderen abläuft, ohne dass jedes einzelne Spiel neu gestartet werden müsste. In  ständiger Rechtsprechung entscheidet der Obersten Gerichtshofs, dass dadurch der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, 15 Os 27/91). Dieser Rechtsansicht hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen. Durch diese Funktionsweise (rasche Abfolge der [Einzel-]Spiele, keine Einflussnahme auf diese) treten die einzelnen Spielvorgänge und die einzelnen Einsätze zu Gunsten des Gesamteinsatzes in den Hintergrund. Bei einem derartigen Serienspiel handelt es sich um ein einziges (Gesamt-)Spiel, das mit dem Drücken der Automatik-Starttaste beginnt und erst mit der Beendigung des Automatikmodus endet.

 

5.2.5. Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu den Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

 

Im Sinne der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde dem von der belangten Behörde aber keine StGB-Relevanz zuerkannt, da – wie oben bereits ausgeführt – hiefür die konkrete (in der konkreten Kontrollsituation aber faktisch unmögliche) Feststellung notwendig war, dass ein derartiger Einsatz über 10,- Euro auch tatsächlich (und zwar außerhalb von Testspielen) gespielt wurde. Ungeachtet dieser (nun nicht mehr zutreffenden) Einschätzung steht aber ein unzweifelhafter (erwiesener) Sachverhalt im Hinblick auf die Möglichkeit zur Einsatzleistung über 10,- Euro bzw. zur Durchführung von Serienspielen fest. Dies insbesondere deshalb, da die einen wesentlichen Aspekt der Sachverhaltsannahme darstellenden (selbstbezichtigenden) Angaben der Bw selbst (an deren Richtigkeit im Ergebnis nicht zu zweifeln ist) in Zusammenschau mit den Erhebungen der Finanzbehörde ein eindeutiges Bild ergeben.

 

In konsequenter Anwendung der Judikaturlinie des VfGH ist daher davon auszugehen, dass auf der Basis dieses Ermittlungsergebnisses die ausschließliche Gerichtszuständigkeit feststeht. Dies bedeutet schließlich auch, dass – selbst bei Vorliegen aller weiteren gesetzlichen Tatbestandselemente – die Befugnis der Verwaltungsstrafbehörde zur Beschlagnahme des konkreten Eingriffsgegenstandes nicht (mehr) besteht und eine allenfalls dennoch durchgeführte Sicherungsmaßnahme unzulässiger Weise und damit rechtswidrig erfolgt.

 

Im Weiteren erübrigen sich somit auch alle weiteren Ausführungen zum Berufungsvorbringen, insbesondere im Zusammenhang mit den umfangreich dargelegten unionsrechtlichen Bedenken.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann jedoch innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Sie muss  – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigen Rechtsanwältin eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin keine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann vom 1. Jänner bis zum Ablauf des 12. Februar 2014 eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Läuft die Beschwerdefrist mit Ende des 31. Dezember 2013 noch und wurde bis dahin eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bzw. als rechtzeitig erhobene Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

 

Würde der Bescheid nach den Bestimmungen des Zustellgesetzes erst nach Ablauf des 31. Dezember 2013 als zugestellt gelten, kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

 

Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und die Revision an den Verwaltungsgerichtshof müssen – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abgefasst und eingebracht werden. Die dafür zu entrichtende Eingabegebühr beträgt jeweils 240,-- Euro.

Mag. Markus Kitzberger

 

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