Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101826/5/Br

Linz, 11.04.1994

VwSen - 101826/5/Br Linz, am 11. April 1994 DVR. 0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn Werner R, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Urfahr - Umgebung vom 21. Februar 1994, Zl. VerkR96/6597/1993-Stei/Ga, wegen Übertretung der StVO 1960 zu Recht:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben als die verhängte Geldstrafe auf 300 S ermäßigt wird. Im übrigen wird das Straferkenntnis bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm. §19, §24,§51 Abs.1, §51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 30 S. Für das Berufungsverfahren wird ein Kostenbeitrag nicht auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1und 2 u.§65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach§24 Abs.1 lit. c iVm.§99 Abs.3 lit. a StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 24. September 1993 um 14.10 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in Linz, Promenade 27 innerhalb von fünf Meter vor dem Schutzweg aus der Sicht des ankommenden Verkehrs abgestellt habe, obwohl die Benutzung des Schutzweges nicht durch Lichtzeichen geregelt gewesen sei.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die von ihr nur zu prüfen gewesen sei, daß bei der Straffestsetzung die Bestimmung des§19 VStG eingehalten worden sei. Die Strafe von 500 S sei aus dieser Sicht angemessen zu erachten gewesen.

2.1. Dagegen wird in der fristgerecht erhobenen Berufung neben umfangreicher Schilderung von Details, wie etwa einer Personsbeschreibung des einschreitenden Sicherheitswachebeamten und von persönlichen Motiven welche zu einem Abstellen seines Fahrzeuges an der fraglichen Stelle geführt haben, im wesentlichen vorgebracht, daß sein Fahrzeug nur wenige Minuten vorschriftswidrig abgestellt worden sei. Es liege keine vorsätzliche Begehung vor, weil er sich ja bemüht habe in der Umgebung einen geeigneten Parkplatz zu finden. Es sei daher für ihn eine Notsituation vorgelegen, sodaß bei seiner bisherigen Unbescholtenheit mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden hätte können. Auch die Strafe mit 200 S sei daher bereits zu hoch bemessen gewesen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, weil vom Berufungswerber lediglich das Ausmaß der verhängten Strafe angefochten worden ist (ü 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Urfahr - Umgebung, VerkR96/6597/1993-Stei/Ga. Daraus ergibt sich der für die Entscheidung erforderliche Sachverhalt.

5. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen.

5.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß §19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis §35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

Eine Ermahnung im Sinne des§21 VStG kann schon deshalb nicht in Betracht kommen, zumal einerseits die Folgen derÜbertretung durch die Herbeiführung eines nicht bloß unerheblichen Gefahrenmomentes, keineswegs unbedeutend geblieben sind. Mit dem Abstellen eines Fahrzeuges weniger als fünf Meter vor einem Schutzweg aus der Sicht des anflutenden Verkehrs wird die Sicht auf den Schutzweg schwer beeinträchtigt und hiedurch insbesondere Kinder gefährdet. Andererseits ist auch im Gegensatz zur Ansicht des Berufungswerbers, durch die sehr wohl "vorsätzliche Begehungsweise" - der Berufungswerber hat sein Fahrzeug, wohl mangels einer anderen Abstellmöglichkeit, wissentlich vor einem Schutzweg abgestellt - das Verschulden nicht bloß geringfügig. 5.1.1. Bei der Strafzumessung ist aber auf die vom unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im Erkenntnis vom 4. 12. 1991, Zl. 100236 gebildeten Judikatur und damit ständig vertretenen Rechtsansicht zu verweisen. Demgemäß kann die Behörde laut§49a Abs.1, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, durch Verordnung zur Verfahrensbeschleunigung einzelne Tatbestände von Verwaltungsübertretungen bestimmen, für die sie durch Anonymverfügung eine unter Bedachtnahme auf §19 Abs.1 im vorhinein festgesetzte Geldstrafe bis zu 1.000 S vorschreiben. Laut Abs.2 leg.cit. ist normiert, "wenn die Behörde durch Verordnung gemäß Abs.1 eine Geldstrafe im vorhinein festgesetzt hat, von der Ausforschung des unbekannten Täters vorerst Abstand nehmen und die Geldstrafe ohne Festsetzung einer Ersatzstrafe durch Anonymverfügung vorschreiben kann, wenn 1. die Anzeige auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und 2. sowohl das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, als auch die nachteiligen Folgen, welche die Tat sonst nach sich gezogen hat, keine Bedachtnahme auf die Person des Täters erfordern".

Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Verordnung vom 28. Mai 1993, Zl. P-4046, den Tatbestand des§24 Abs.1 lit.c StVO 1960 als anonymverfügungsfähig bestimmt und für die Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 300 S festgelegt und damit der objektive Unrechtsgehalt mit diesem Betrag bewertet. Zur Tatzeit stand diese Verordnung in Geltung. Auch wenn nun die Behörde infolge Nichteinzahlung der Anonymstrafe im gegenständlichen Fall eine Ausforschung des Täters erforderlich wurde, lagen keine objektiven Gründe dafür vor vom Strafsatz gemäß dem mit §49a Abs.2 VStG objektiv vertypten Unwertgehalt - auch wenn darauf kein Rechtsanspruch besteht - abzuweichen. Jedenfalls kann durch die Nichteinzahlung kein Rechtsnachteil für den Beschuldigten in der Form entstehen, daß in der schließlich ergangenen Strafverfügung die Geldstrafe mehr als verdoppelt wurde. Nachdem die für die Festsetzung der Strafhöhe maßgebliche Rechtsvorschrift des §19 Abs.1 VStG auch bei der verordnungsmäßigen Festsetzung der Strafhöhe in einer Anonymverfügung Grundlage ist (....die durch Anonymverfügung festgesetzte Geldstrafe hat gemäߧ49a Abs.1 VStG unter Bedachtnahme auf §19 Abs.1 VStG zu erfolgen) und ferner sowohl bei der Anonymverfügung als auch bei der Strafverfügung die Tat hinsichtlich der festzusetzenden Strafe ohne Ansehung der Person für sich alleine zu bewerten ist, erscheint es sohin nicht gesetzeskonform, wenn in der Strafverfügung für dasselbe Delikt eine höhere Geldstrafe verhängt wird als in der Anonymverfügung. Dies gilt auch für die Erlassung des Straferkenntnisses, wenn dort keine Gründe im Sinne des§19 Abs.2 für ein Abgehen von der "für den vertypten Unwertgehalt einerÜbertretung vorgesehenen Strafe" angeführt werden. Dies trifft für das angefochtene Straferkenntnis nicht zu.

Eine andere Betrachtungsweise hätte das aus der Sicht des Rechtsschutzes unbefriedigende und nicht akzeptable Ergebnis, daß ein die materielle Wahrheit und somit das ordentliche Verfahren suchender Bürger von diesen Verteidigungsschritten vorerst einmal durch eine beträchtliche Erhöhung der Geldstrafe abgeschreckt werden soll. Das zöge - aus der Sicht des Bürgers - den Verdacht nach sich, daß die Behörde auf diese Weise eventuell Rechtsmittel und der damit verbundenen Arbeit erwehren will. Oder: Wenn für eine behördliche Maßregelung mehrere Wege offen stehen, so darf alleine durch den Umstand, daß der eine und nicht der andere Weg gewählt wurde, das Ergebnis nicht beeinflußt werden.

Zusammenfassend sei daher festgestellt, daß bei Tatbeständen, die eher geringfügigeÜbertretungen betreffen, wenn die Voraussetzung für die Erlassung einer Anonymverfügung vorliegen, in der Strafverfügung und darüber hinaus im Straferkenntnis - wenn hier nicht die entsprechenden Gründe vorliegen - die Strafe nicht höher sein darf, als sie in der Verordnung für Anonymstrafen vorgesehen ist.

Die Strafe war daher entsprechend dem Anonymstrafsatz zu ermäßigen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen: Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. B l e i e r

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