Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-101831/12/Fra/Ka

Linz, 08.06.1994

VwSen-101831/12/Fra/Ka Linz, am 8. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Mag. C, vertreten durch die RAe Dr. H und Dr. H gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 31. Dezember 1993, Zl.VU/S/1140/93 L, betreffend Übertretungen der StVO 1960, nach der am 30. Mai 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 (§ 11 Abs.1 StVO 1960) stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich behoben und das Verfahren eingestellt.

Die Berufung wird hinsichtlich des Faktums 2 (§ 16 Abs.2 lit.c StVO 1960) als unbegründet abgewiesen; das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich vollinhaltlich bestätigt. Die Berufung wird hinsichtlich des Faktums 3 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) hinsichtlich der Schuldfrage als unbegründet abgewiesen; die verhängte Geldstrafe wird mit 700 S, die Ersatzfreiheitsstrafe mit 12 Stunden, neu bemessen.

II. Hinsichtlich des Verfahrens zum Faktum 1 hat der Berufungswerber keine Verfahrenskostenbeiträge zu zahlen.

Hinsichtlich des Verfahrens zum Faktum 2 hat der Berufungswerber einen Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren in Höhe von 200 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu zahlen.

Hinsichtlich des Verfahrens zum Faktum 3 entfällt die Verpflichtung zur Zahlung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 70 S.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 65 und 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 11 Abs.1 iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960, nach 2.) § 16 Abs.2 lit.c StVO 1960 und nach 3.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960, zu 1.) eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden), zu 2.) eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und zu 3.) eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 18. Februar 1993 um 13.45 Uhr in Mehrnbach, Oberinnviertler Landesstraße Nr.503 bei km.6,030, Abzweigung Käfermühl, in Fahrtrichtung Mettmach als Lenker des Kraftfahrzeuges , 1.) beim Fahrstreifenwechsel vom linken auf den rechten Fahrstreifen mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern, einen anderen Fahrzeuglenker (Kraftfahrzeug RI-518 N) gefährdet und behindert habe, da dieser von ihm überholte Fahrzeuglenker sein Fahrzeug auf Rollsplitt stark abbremsen habe müssen, 2.) ein anderes mehrspuriges Fahrzeug (Kraftfahrzeug) links auf einer Kreuzung Oberinnviertler Landesstraße 503 mit der Mehrnbacher Bezirksstraße 1083 überholt habe, obwohl diese Kreuzung nicht durch Arm- oder Lichtzeichen geregelt ist und es sich um keine Vorrangstraße handelt, 3.) die durch das Vorschriftszeichen gemäß § 52 Z10a StVO 1960 kundgemachte erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h erheblich überschritten habe.

Ferner wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Kostenbeitrages von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

I.2. Gegen das oa. Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebrachte Berufung. Die Erstbehörde sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt. Sie legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil 10.000 S übersteigende Strafen nicht verhängt wurden, durch eines seiner Mitglieder entscheidet (§ 51c VStG).

Beweis wurde aufgenommen durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. Mai 1994.

Bei dieser Verhandlung haben der Berufungswerber und der Belastungszeuge H teilgenommen. Der O.ö.

Verwaltungssenat hat weiters einen KFZ-technischen Amtssachverständigen beigezogen. Aufgrund der vom O.ö.

Verwaltungssenat durchgeführten Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungsrelevante Sachverhalt festgestellt:

I.3. Der Zeuge Heinrich Litzlbauer lenkte am 18.2.1993 gegen 13.45 Uhr seinen PKW, Marke Datsun, Kennzeichen , auf der Oberinnviertler Landesstraße Nr. L503 im Gemeindegebiet Mehrnbach von Ried/I. Richtung Mettmach mit einer Geschwindigkeit von ca. 70 km/h. Bei der Kreuzung (Abzweigung) mit der Mehrnbacher Bezirksstraße 1083 bei km 6,030 wurde er vom Lenker des PKW, Fiat Ritmo, Kz:, überholt. Zum Zeitpunkt des Überholbeginnes befand sich das Fahrzeug des Zeugen etwa auf Höhe des Strkm.5,930 und hielt dabei eine Geschwindigkeit von 70 km/h ein. Zum gleichen Zeitpunkt befand sich das Fahrzeug des Berufungswerbers ca.

auf Höhe des Strkm.5,890 und begann den Fahrstreifenwechsel nach links. Hiebei hielt dieser eine Geschwindigkeit von ca.

90 bis 100 km/h ein. Zum Zeitpunkt des Überholens befand sich der Zeuge mit seinem Fahrzeug etwa auf Höhe des Strkm.6,050, also unmittelbar nach der rechtsseitigen Einbindung der Mehrnbacher Bezirksstraße und hielt dabei immer noch eine Geschwindigkeit von 70 km/h ein. Der Berufungswerber befand sich zum gleichen Zeitpunkt gerade wieder auf dem rechten Fahrstreifen und hatte somit das Überholmanöver beendet. Dies erfolgte etwa auf Höhe des Strkm.6,080 bei einer Geschwindigkeit von noch immer 90 bis 100 km/h. Die Fahrbahn war trocken und der Himmel war bedeckt.

Der Beschuldigte bestritt nicht, das Fahrzeug des Zeugen überholt zu haben. Seiner Erinnerung nach war jedoch der Überholbeginn wesentlich vor der 70 km/h-Beschränkung in einem Bereich, wo 100 km/h gefahren werden darf. Seiner Erinnerung nach begann er den Überholvorgang bei Strkm.

5,658. Die Überholgeschwindigkeit betrug seines Wissens nach nicht einmal 100 km/h. Er habe den Überholvorgang noch vor Beginn der doppelten Sperrlinie beendet, könne jedoch nicht ausschließen, daß er die Sperrlinie dort, wo sie beginnt, noch etwas überfahren hat. Es sei für ihn wahrnehmbar gewesen, daß während des Überholvorganges der Zeuge seinen PKW wesentlich beschleunigt hat. Dies habe ihn geärgert. Die Geschwindigkeit des vom Zeugen gelenkten PKW's schätzte er auf ca. 70 km/h, seine Geschwindigkeit auf ca. 90 bis 100 km/h.

Insofern die Aussagen des Zeugen und des Berufungswerbers kontroversiell sind, folgt der unabhängige Verwaltungssenat den Aussagen des Zeugen. Sowohl der Berufungswerber als auch der Zeuge wirkten bei der Vernehmung ruhig und sachlich. Es ist jedoch zu bedenken, daß der Zeuge aufgrund seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliegt und bei deren Verletzung mit strafrechtlichen Sanktionen zu rechnen hat. Der Zeuge wurde vom Mitglied des O.ö. Verwaltungssenates zu Beginn seiner Vernehmung ausdrücklich an diese Wahrheitspflicht erinnert. Der O.ö.

Verwaltungssenat gewann nicht den Eindruck, daß der Zeuge den Beschuldigten zu Unrecht belasten will. Im übrigen ist zu bedenken, daß sich der Berufungswerber doch so verantworten kann, wie er es für ihn am günstigsten hält, ohne daß er deshalb rechtliche Nachteile zu befürchten hätte. Zudem ist nicht auszuschließen, daß der Berufungswerber einen anderen Überholvorgang in Erinnerung hat, da er sich an die Type und auch an den Lenker des überholten Fahrzeuges nicht mehr erinnern konnte.

Der vom Zeugen unter Zuhilfenahme der vom Amtssachverständigen festgestellten Positionen dargestellte Sachverhalt wird daher als erwiesen festgestellt.

I.4. In rechtlicher Hinsicht wurde erwogen:

Dieser vom O.ö. Verwaltungssenat aufgrund einer neuerlich durchgeführten Beweisaufnahme festgestellte Sachverhalt, erfüllt nicht den Tatbestand des § 11 Abs.1 StVO 1960, zumal aufgrund des bei der Berufungsverhandlung vom technischen Amtssachverständigen erstatteten nachvollziehbaren und schlüssigen Gutachtens davon auszugehen ist, daß der vom Berufungswerber durchgeführte Fahrstreifenwechsel vom linken auf den rechten Fahrstreifen zu keiner Gefährdung und Behinderung des überholten Fahrzeuglenkers geführt hat. Der dem Beschuldigten unter Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Tatbestand liegt daher nicht vor, weshalb diesbezüglich der Berufung Folge zu geben und das Verfahren einzustellen war.

Aufgrund der im oben angeführten Punkt dargelegten Sachverhaltsfeststellungen ist jedoch das im Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses dem Berufungswerber zur Last gelegte Verhalten eindeutig als erwiesen anzusehen, weshalb diebezüglich der Schuldspruch zu bestätigen war. Was die Straffrage betrifft, so kann eine Ermessensüberschreitung bei der Strafbemessung durch die Erstbehörde nicht konstatiert werden. Mit der verhängten Strafe wurde 10 % des gesetzlichen Strafrahmens ausgeschöpft. Die Erstbehörde hat die zur Strafbemessung führenden Erwägungen ausreichend in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses aufgezeigt.

Was den Punkt 3 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960) des angefochtenen Straferkenntnisses betrifft, ist festzustellen, daß aufgrund der unstrittigen Feststellungen des Amtssachverständigen bei der Berufungsverhandlung davon auszugehen ist, daß dem Zeugen eine Schätzung des überholenden Fahrzeuges im Hinblick auf die gefahrene Geschwindigkeit sicherlich nicht auf den Km/h genau möglich war, es einem Fahrzeuglenker jedoch zuzumuten ist, einen "Cirka-Geschwindigkeitsbereich" zu schätzen. Unter Zugrundelegung der im oben angeführten Punkt festgestellten Positionen der Fahrzeuge zu Überholbeginn und zu Überholende können die geschätzten Geschwindigkeiten aufgrund der Rückrechnung in einem Bereich von 20 bis 30 km/h bestätigt werden. Der O.ö. Verwaltungssenat nimmt daher eine Geschwindigkeitsüberschreitung von ca. 20 km/h an, was in der Straffrage aufgrund des geringeren Unrechts- und Schuldgehaltes der Übertretung (die Erstbehörde ist von einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h ausgegangen) zu einer entsprechenden Reduzierung der Strafe folgte. Die nunmehr verhängte Strafe ist unter Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten tat- und schuldangemessen festgesetzt. Eine weitere Herabsetzung der Strafe erschien insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Verschuldensgehaltes - da bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in Höhe von ca. 30 % wohl nicht mehr von einem geringfügigen Aufmerksamkeitsfehler auszugehen ist - nicht vertretbar.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Da der Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses zur Gänze behoben wurde, hat der Berufungswerber keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten. Der Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses wurde zur Gänze bestätigt, weshalb diesbezüglich vom Berufungswerber zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat ein Betrag von 200 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, zu zahlen ist. Hinsichtlich des Punktes 3 des angefochtenen Straferkenntnisses wurde zwar der angefochtene Schuldspruch bestätigt, die Strafe jedoch teilweise reduziert, was zur Folge hat, daß der Berufungswerber zum Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu zahlen hat und sich der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz auf 10 % der nunmehr bemessenen Strafe, ds 70 S, reduziert.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum