Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-101836/10/Weg/Ri

Linz, 13.12.1994

VwSen-101836/10/Weg/Ri Linz, am 13. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung der E, vom 8. März 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 24. Februar 1994, VerkR96/5430/1992/Stei/He, nach der am 7. Dezember 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z.1, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung als im Wege des § 29 a VStG zuständig gewordene Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über die Berufungswerberin wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 17 Abs.3 StVO 1960 und 2.) § 9 Abs.2 StVO 1960, jeweils in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 500 S und 2.) 500 S, sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 12 Stunden verhängt, weil diese am 6. Oktober 1992 um 8.20 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in Linz, Kärntnerstraße, von der Waldeggstraße kommend, in Richtung Blumau gelenkt hat und dabei im Bereiche des Schutzweges, der vom Bahnhofplatz über die Kärntnerstraße Nr. 16 führt 1.) an Fahrzeugen, die vor diesem Schutzweg angehalten haben, um Fußgängern das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen, vorbeigefahren ist und 2.) Fußgängern auf diesem Schutzweg nicht das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 100 S in Vorschreibung gebracht.

2. Dieses Straferkenntnis gründet auf einer Anzeige eines Straßenaufsichtsorganes sowie auf das auf Grund dieser Anzeige durchgeführte ordentliche Verfahren. Die Behörde kam dabei zur Ansicht, daß den Ausführungen des Meldungslegers mehr Glaubwürdigkeit beigemessen wird, als der Beschuldigten, die sich in jede Richtung straffrei verantworten könne.

3. Die Berufungswerberin hingegen bestreitet die Tatvorwürfe und führt an, daß auf dem Schutzweg zum Zeitpunkt des Passierens desselben sich keine Fußgänger befunden hätten.

Fußgänger hätten sich vielmehr auf jenem Schutzweg befunden, der vom ABC-Bufett zur Parkanlage des Hauptbahnhofes führt.

Durch diese Fußgänger seien einige PKWs verhalten gewesen, anzuhalten und hätten die anhaltenden bzw sich noch leicht bewegenden Fahrzeuge bis vor jenen Schutzweg zurückgereicht, wo der Meldungsleger die Verwaltungsübertretungen beobachtet haben will. Diese möglicherweise schon angehalten habenden Fahrzeuge vor dem verfahrensgegenständlichen Schutzweg hätten aber nicht deswegen angehalten, um auf diesem Schutzweg einem Fußgänger das Überqueren zu ermöglichen, sondern deshalb, weil sie an der Weiterfahrt durch nach diesem Schutzwege stehende Fahrzeuge gehindert worden seien.

Zur Abklärung der zwischen Meldungsleger und Berufungswerberin divergierenden Angaben wolle eine öffentliche mündliche Verhandlung und ein Lokalaugenschein durchgeführt werden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme sowie Verlesung des Verwaltungsstrafaktes im Rahmen der am 7. Dezember 1994 stattgefundenen öffentlichen mündlichen Verhandlung, bei der auch die Beschuldigte und der Meldungsleger (dieser zeugenschaftlich) einvernommen wurden. Ein Vertreter der belangten Behörde ist nicht erschienen.

Dabei schildert der Meldungsleger den Vorfall, der sich schon vor länger als zwei Jahren zugetragen hat, in einigen Dingen von der Anzeige abweichend. So führt er an, er habe der Berufungswerberin die Bezahlung eines Organmandates angeboten, diese hätte jedoch die Bezahlung abgelehnt und sei uneinsichtig gewesen. In der Anzeige ist festgehalten, daß von der Verhängung eines Organmandates deswegen abgesehen worden sei, weil die Lenkerin ein rücksichtsloses Verhalten an den Tag gelegt habe. In der Anzeige ist noch festgehalten, daß wegen dieses rücksichtslosen Verhaltens ein Lenkerüberprüfungsantrag gemäß § 66 KFG 1967 gestellt werde.

Ein weiterer Widerspruch ergibt sich aus der Beschreibung des Beobachtungsstandortes. Während im erstinstanzlichen Verfahren als Standort auf einem Plan der Gehsteig rechts neben der Bushaltestelle eingezeichnet ist, erklärte der Meldungsleger anläßlich der mündlichen Verhandlung, er habe den Vorfall auf der Schutzinsel des Schutzweges zwischen ABC-Bufett und Parkanlage des Hauptbahnhofes beobachtet. Im erstinstanzlichen Verfahren führt der Meldungsleger desweiteren aus, daß ihm die Beschuldigte gänzlich unbekannt gewesen sei, während bei der mündlichen Verhandlung zutage trat, daß ihm die Beschuldigte zwar vom Namen her nicht bekannt gewesen sei, er sie jedoch "vom Sehen her" gekannt habe.

Die angeführten Widersprüche sind keine solchen, die die Glaubwürdigkeit des Meldungslegers in Frage stellen, sondern sind darauf zurückzuführen, daß sich der Vorfall schon vor länger als zwei Jahren ereignet hat und ein derart exaktes Erinnerungsvermögen nicht verlangt werden kann.

Hinsichtlich der Fahrgeschwindigkeit gab der Meldungsleger an, die Beschuldigte habe den Schutzweg mit einer Geschwindigkeit von ca. 40 km/h bis 50 km/h überfahren. Im erstinstanzlichen Verfahren gab der Meldungsleger zeugenschaftlich zu Protokoll, daß sich die Beschuldigte ca. 1 1/2 PKW-Längen vom Schutzweg entfernt befand, als die Fußgänger aus Richtung ABC-Bufett den Schutzweg betraten. 1 1/2 Fahrzeuglängen sind ca. 7 Meter. Aus dieser kurzen Distanz erleuchtet, daß ein Anhalten innerhalb von 7 m bei einer Geschwindigkeit von 40 km/h bis 50 km/h nicht möglich ist.

Wenn man den Ausführungen des Meldungslegers hinsichtlich der Geschwindigkeit beitritt, so steht jedenfalls fest, daß die Berufungswerberin sich dem Schutzweg mit einer überhöhten Geschwindigkeit näherte. Diesfalls hätte sie gegen § 9 Abs.2 2.Satz StVO 1960 verstoßen, wo festgehalten ist, daß sich der Lenker eines Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern darf, daß er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann.

Wenn die Berufungswerberin indirekt eingesteht, sie sei an vor dem Schutzweg möglicherweise schon angehalten habenden PKW's vorbeigefahren, so ist diese Vorbeifahrt nur dann strafbar, wenn diese PKW's deswegen angehalten haben, um Fußgängern das Überqueren zu ermöglichen. Sie führte nicht unglaubwürdig aus, daß diese Fahrzeuge deswegen vor dem Schutzweg anhielten bzw. noch langsam rollten, weil nach dem Schutzweg zumindest ein weiterer PKW stand, der wiederum deswegen angehalten hat, um einen Fußgänger auf dem nächsten Schutzweg (dieser verläuft im rechten Winkel und unmittelbar nach dem ersten Schutzweg) das Überqueren zu ermöglichen.

Die Aussage der Berufungswerberin ist deshalb nicht unglaubwürdig, weil erfahrungsgemäß um diese Zeit ein reger Fußgängerverkehr herrscht. Die Berufungswerberin führt desweiteren aus, daß ihre Geschwindigkeit wesentlich geringer gewesen sei (sie spricht von ca. 25 km/h) wozu vorweg auszuführen ist, daß sie diese Aussage insofern selbst belasten würde, als dann - folgt man den Angaben des Meldungslegers hinsichtlich des Entferntseins vom Schutzweg (ca. 7 m) zum Zeitpunkt des Betretens des Schutzweges durch einen Fußgänger - möglicherweise ein Anhalten noch möglich gewesen wäre. Die übrigen Aussagen zwischen Berufungswerberin und Meldungsleger waren so divergierend, daß der Eindruck entstand, es rede jeder von einem anderen Vorfall.

Welche der divergierenden Aussagen nunmehr die konkrete Situation wahrheitsgetreu widergibt, ließ sich anläßlich der mündlichen Verhandlung nicht klären. Die erkennende Berufungsbehörde kann und will niemandem die Glaubwürdigkeit absprechen, auch nicht der Berufungswerberin, die durchaus lebensnah und mit Details ausgeschmückt den Vorfall so schilderte, wie er sich auch tatsächlich zugetragen haben kann. Umgekehrt hat auch der Meldungsleger trotz kleiner Widersprüche (die wegen der verstrichenen Zeit nur allzuverständlich sind) den Vorfall so geschildert, wie er sich auch zugetragen haben könnte. Letztlich gab den Ausschlag für das Vorhandensein von zumindest leichten Zweifeln an der Schuld der Berufungswerberin der Umstand, daß - folgt man der Standortangabe des erstinstanzlichen Verfahrens - ein Angehaltenwerden der Berufungswerberin möglich gewesen und in Anbetracht der gesetzten Übertretungen fast zwingend gewesen wäre. Eine derartige Anhaltung hat jedoch nach Angaben des Meldungslegers nicht stattgefunden. Auch die angegebene Geschwindigkeit der Berufungswerberin durch den Meldungsleger scheint übertrieben zu sein, weil es sonst unweigerlich zu einem Unfall gekommen wäre. Der Meldungsleger hat nämlich während der mündlichen Verhandlung ausgeführt, daß sich eine ältere Dame zum Überqueren des Schutzweges anschickte und bereits im Fahrstreifenverlauf der Berufungswerberin gegangen sei.

Diese Passantin habe daraufhin einen Schritt oder zwei Schritte zurückgemacht, dies jedoch nicht in besonderer Eile und auf keinen Fall seien diese Rückwärtsschritte sprunghaft gewesen. Bei einer Geschwindigkeit von nahezu 50 km/h und einer Entfernung von 7 m wäre eine Verhinderung eines Unfalles aber nur durch reaktionsschnellstes Zurückspringen möglich gewesen. Im übrigen widerspricht diese Aussage hinsichtlich der älteren Dame, die sich also bereits fast in der Mitte des Schutzweges befunden haben soll, jener, wonach die Berufungswerberin vom Schutzweg noch 1 1/2 PKW-Längen entfernt gewesen sei, als der offenbar erste von mehreren Fußgängern den Schutzweg betrat.

Insgesamt gesehen ergeben sich also zumindest solche Zweifel an der Schuld, daß die der Berufungswerberin zum Vorwurf gemachten Verwaltungsübertretungen nicht als erwiesen anzusehen sind.

6. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG ist von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann.

Da - wie oben ausgeführt - dieser Nachweis nicht mit einer derartigen Sicherheit erbracht werden konnte, war - in dubio pro reo - zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum