Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101840/7/Kei/Shn

Linz, 28.04.1995

VwSen-101840/7/Kei/Shn Linz, am 28. April 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Michael Keinberger über die Berufung des S, vertreten durch den Rechtsanwalt Dr. P R, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 15. Februar 1994, Zl.VerkR96/1355/1993-Stei/Mu, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. April 1995 und mündlicher Verkündung der Entscheidung am 27. April 1995, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG), § 45 Abs.1 Z2 und § 51 VStG.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil er "am 09.03.1993 um 07.45 Uhr den PKW, Kennzeichen , auf der B 127 von Ottensheim in Richtung Linz gelenkt und dabei in Puchenau, bei Str.km 8,85 überholt" habe, "obwohl er nicht einwandfrei erkennen" habe können, "ob er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Verkehr einordnen werde können". Dadurch habe er eine Übertretung des § 99 Abs.3 lit.a iVm § 16 Abs.1 lit.c StVO begangen, weshalb er gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses dem Berufungswerber am 16. Februar 1994 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 2. März 1994 der Post zur Beförderung übergebene und fristgerecht erhobene Berufung.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in den Verwaltungsakt der BH Urfahr-Umgebung vom 10. März 1994, Zl.VerkR96/1355/1993-Stei/Ga, Einsicht genommen und am 27. April 1995 einen Lokalaugenschein und eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG mit Einvernahme des Zeugen Inspektor C und des Berufungswerbers und unter Beiziehung eines Sachverständigen durchgeführt.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1. Gemäß § 16 Abs.1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges nicht überholen, wenn (lit.c) er nicht einwandfrei erkennen kann, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern.

Gemäß § 99 Abs.3 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer (lit.a) als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs.1, 2 oder 4 zu bestrafen ist.

4.2. Der Zeuge Inspektor C konnte sich in der öffentlichen mündlichen Verhandlung an den Vorgang nicht erinnern und hat auf die Anzeige verwiesen. In dieser sind (wie auch in der mit ihm am 27. April 1993 durch die belangte Behörde aufgenommenen Niederschrift) nur wenige konkrete Angaben enthalten. Der Berufungswerber selbst legte im Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat eine andere Variante des Überholvorganges dar als diejenige, die den Ausführungen des Zeugen Inspektor Auer zu entnehmen ist. Bei beiden Varianten des Überholvorganges - bei der Variante, der die Ausführungen des Zeugen Inspektor A zugrunde gelegt werden und auch bei der Variante des Berufungswerbers - hat der Berufungswerber zu Beginn des Überholvorganges einwandfrei erkennen können, daß er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang in den Verkehr einordnen kann, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden oder zu behindern. Es wird festgehalten, daß sowohl der Zeuge Inspektor A als auch der Berufungswerber einen glaubwürdigen Eindruck gemacht haben. Der Berufungswerber hat die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.

Im Zusammenhang mit den dürftigen Angaben in der Anzeige vom 9. März 1993, die (ua) dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde gelegt wurde, wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. März 1986, Zl.85/03/0152, hingewiesen. Darin kommt zum Ausdruck: "Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Überholmanövers aus der Sicht des § 16 Abs.1 lit.c setzt grundsätzlich die Feststellung jener Umstände voraus, die für die Länge der für den geplanten Überholvorgang benötigten Strecke von Bedeutung sind, das sind in erster Linie die Geschwindigkeiten des Überholenden und des zu überholenden Fahrzeuges, bei mehreren zu überholenden Fahrzeugen deren Anzahl und Tiefenabstand.

Ferner sind Feststellungen über die dem Lenker des überholenden Fahrzeuges zur Zeit des Beginnes des Überholvorganges zur Verfügung stehenden Sichtstrecke erforderlich. Schließlich sind noch Feststellungen über das Vorhandensein allfälliger bereits im Zeitpunkt des Beginnes des Überholmanövers dem Lenker erkennbarer Hindernisse zu treffen, die unter Berücksichtigung der erforderlichen Überholstrecke einem gefahrlosen Wiedereinordnen in den Verkehr entgegenstehen könnten. " 4.3. Aus den angeführten Gründen war der Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem O.ö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Keinberger

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