Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101924/6/Weg/Ri

Linz, 28.09.1994

VwSen-101924/6/Weg/Ri Linz, am 28. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des T vom 13. April 1994 gegen das Faktum 1 des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Linz vom 28. März 1994, St-15.167/93-S, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis unter Punkt 1 über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 64 Abs.1 iVm § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen verhängt, weil dieser am 16. November 1993 um 12.10 Uhr in Linz, Albert Schöpf Straße vor dem Hause Nr. 32, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ohne eine von der Behörde erteilte Lenkerberechtigung gelenkt hat.

Außerdem wurde hinsichtlich dieses Faktums ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 800 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz begründet dieses Straferkenntnis im wesentlichen damit, daß der dem Spruch zugrundeliegende Sachverhalt durch die dienstliche Wahrnehmung eines Organes der Straßenaufsicht zweifelsfrei erwiesen sei. Die im erstinstanzlichen Verfahren gemachte Einrede des Berufungswerbers, er sei zum Zeitpunkt der Anhaltung im Besitze eines tschechischen Führerscheines gewesen, sei deshalb nicht stichhältig, weil die Anwendung des § 64 Abs.5 KFG 1967 die Aufgabe des Wohnsitzes in Österreich, die Neubegründung eines Wohnsitzes im Ausland und die Wiederbegründung des Wohnsitzes in Österreich voraussetze.

Um eine mißbräuchliche Verwendung der Begünstigung nach § 64 Abs.5 KFG 1967 zu verhindern, sei bei der Beurteilung der Wohnsitzfrage ein strenger Maßstab anzulegen. Der polizeilichen Meldung komme in diesem Zusammenhang lediglich Indizfunktion zu. Im Hinblick auf die Lösung der Rechtsfrage des Bestehens eines ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet seien nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zwei Elemente wesentlich: einerseits ein tatsächliches Element, nämlich die Niederlassung einer Person an einem Ort, und zweitens ein psychisches Moment, nämlich die Absicht, diesen Ort zum Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu gestalten.

Die Erstbehörde ging davon aus, daß der Berufungswerber seinen ordentlichen Wohnsitz in Linz, Albert Schöpf Straße 32, wo sowohl dessen Gattin als auch dessen vier Kinder wohnhaft gewesen seien, schon aus familiären Gründen nicht aufgegeben habe. Somit sei er auch nicht berechtigt, von seiner im Ausland erworbenen Lenkerbrechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

3. Mit dem selben Straferkenntnis wurde gegen den Berufungswerber unter Punkt 2 eine Geldstrafe von 1.000 S (36 Stunden EFS) verhängt, weil er entgegen der Bestimmung des § 22 Abs.1 Z3 Meldegesetz eine Abmeldung vorgenommen habe, ohne daß dieser Abmeldung eine entsprechende Unterkunftaufgabe zugrundegelegen sei. Gemeint ist hier eine am 19. Februar 1993 erfolgte Abmeldung mit einer behaupteten Wohnsitzbegründung in der damaligen CSFR. Der Berufungswerber hat auch gegen diesen Punkt des Straferkenntnisses Berufung eingebracht, über welche der O.ö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 1. Juni 1994, VwSen-230299/5/Br, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung entschieden hat. Dabei wurde der Berufung Folge gegeben, das Faktum 2 des Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Ohne im einzelnen auf die Begründung dieses Erkenntnisses einzugehen, ist darin jedenfalls festgehalten, daß die Abmeldung vom 19. Februar 1993 keine Scheinabmeldung war und der Berufungswerber auf Grund einer Wohnsitzbegründung in "Sluneci stran 238, Svobod nad Upou" zur Abmeldung sogar verpflichtet gewesen sei. Nach diesem Erkenntnis des O.ö.

Verwaltungssenates sei es durchaus schlüssig und nachvollziehbar, daß der Berufungswerber etwa Mitte Dezember 1992 seinen gesamten Hausrat in Linz aufgelöst habe und nach Tschechien verzogen sei. Dem Berufungswerber seien unter der tschechischen Adresse Schriftstücke aus Österreich zugestellt worden und es habe der Berufungswerber glaubhaft dargelegt, daß in dieser Zeit familiäre Schwierigkeiten bestanden hätten, die trotz der in Österreich lebenden Familie als ein deutliches Indiz auch für die mentale Aufgabe der Unterkunft anzusehen gewesen sei. Daß die Abmeldung aus Österreich erst am 19. Februar 1993 erfolgt sei, während die Wohnsitzbegründung in Tschechien schon Mitte Dezember 1992 stattgefunden habe, sei kein Grund gewesen, der Berufung gegen das Straferkenntnis wegen Verletzung des Meldegesetzes den Erfolg zu versagen.

4. Zur gegenständlichen Entscheidung ist aus Geschäftsverteilungsgründen ein anderes Mitglied zuständig als zur Entscheidung über die angelastete Verletzung des Meldegesetzes. Die vorhin zitierte Entscheidung des O.ö.

Verwaltungssenates vom 1. Juni 1994 ist sowohl hinsichtlich des Spruches als insbesondere auch hinsichtlich der Begründung schlüssig und nachvollziehbar. Es wird daher unter Verweisung auf dieses Erkenntnis auch bei der gegenständlichen Entscheidung davon auszugehen sein, daß der Berufungswerber Mitte Dezember 1992 einen Wohnsitz in Tschechien begründete. Dort hat der Berufungswerber, wie dem erstbehördlichen Akt zu entnehmen ist, am 26. Jänner 1993 nach Besuch einer Fahrschule die Lenkerprüfung abgelegt und bestanden. Auf Grund dieser bestandenen Lenkerprüfung wurde ihm ein tschechischer Führerschein ausgestellt, wonach er ua berechtigt war, PKW's zu lenken.

Der Berufungswerber gab in der Folge den Wohnsitz in Tschechien wieder auf und zog wieder zu seiner Familie nach Linz. Der genaue Zeitpunkt für diese neuerliche Wohnsitzbegründung in Österreich spielt im Zusammenhang mit der Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage keine Rolle. Möglicherweise ist in dieser Handlung des Beschuldigten (insbesondere wegen der nicht erfolgten Anmeldung) ein Verstoß gegen das Meldegesetz zu sehen.

5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat wie folgt erwogen:

Gemäß § 64 Abs.5 KFG 1967 ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Grund einer im Ausland erteilten Lenkerberechtigung durch Personen mit dem ordentlichen Wohnsitz im Bundesgebiet zulässig, wenn seit der Begründung des ordentlichen Wohnsitzes im Bundesgebiet nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist.

Im Hinblick auf den Tatzeitpunkt (16. November 1993) ist seit der Wiederbegründung des Wohnsitzes in Österreich jedenfalls noch kein Jahr vergangen, auch wenn die Wiederbegründung datumsmäßig nicht genau eruierbar war.

Im Hinblick auf diese Ausnahmebestimmung des § 64 Abs. 5 KFG 1967 und im Hinblick auf die Entscheidung des O.ö.

Verwaltungssenates vom 1. Juni 1994, deren Sachverhaltsermittlung (auch aus Gründen der Einheitlichkeit und Konformität der Rechtsprechung) übernommen wurde, steht sohin fest, daß der Berufungswerber, obwohl er nicht im Besitze einer österreichischen Lenkerberechtigung war, auf Grund des § 64 Abs. 5 KFG 1967 (zumindest im Zweifel) berechtigt war einen PKW in Österreich zu lenken.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde (dazu zählt auch der unabhängige Verwaltungssenat) von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

Auf Grund des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes und im Grunde der Bestimmung des § 64 Abs.5 KFG 1967 war sohin iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG der Berufung Folge zu geben und die Einstellung zu verfügen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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