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VwSen-101945/4/Ki/Shn

Linz, 21.07.1994

VwSen-101945/4/Ki/Shn Linz, am 21. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. E, vom 18. Jänner 1994, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 31. Dezember 1993, Zl.St-11.993/93-In, zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird keine Folge gegeben. Die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafe wird bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.

II: Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von 1.800 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 31. Dezember 1993, Zl.St.11.993/93-In, über den Beschuldigten unter anderem wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 9.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe neun Tage) verhängt, weil er am 10. September 1993 um 22.10 Uhr in Linz, Kreuzung Altstadt-Klosterstraße (nächst dem Haus Klosterstraße Nr.7) ein Fahrrad in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG (in bezug auf die gegenständliche Verwaltungsübertretung) zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Strafe (900 S) sowie zur Leistung von 10 S (Ersatz der Barauslagen für Alkomat) verpflichtet.

Eine weitere mit dem gegenständlichen Straferkenntnis ausgesprochene Bestrafung nach dem Sicherheitspolizeigesetz ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens und wird gesondert erledigt.

I.2. Der Berufungswerber erhebt gegen dieses Erkenntnis mit Schriftsatz vom 18. Jänner 1994 rechtzeitig Berufung.

Bezüglich der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung rügt er, daß die Erstbehörde als Milderungsgrund einzig den Umstand, daß es sich bei ihm um einen Schüler handelt, der offensichtlich über kein oder nur ein geringes Einkommen verfügt, gewürdigt habe. Laut § 20 VStG könne die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen. Auf die Anwendung dieser Bestimmung bestehe nach der Rechtsprechung des VwGH ein Rechtsanspruch. Trotz dem der Behörde die Mittel- und Einkommenslosigkeit bekannt gewesen sei, sei von ihr eine Geldstrafe ausgesprochen worden, welche samt den Verfahrenskosten annähernd ein zweifaches monatliches Existenzminimum ausmache.

Dessen ungeachtet wären wesentliche Umstände der Tat von der Behörde nicht gewürdigt worden. Der Gesetzgeber habe wohl bei der Bemessung des Strafrahmens die Verwendung eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand im Auge gehabt.

Die Höhe des Gefährdungsgrades der Verkehrssicherheit sei wohl ein wesentliches Kriterium bei der Strafbemessung. So werde wohl ein Unterschied zu machen sein, ob ein alkoholisierter Schulbuschauffeur eine Vielzahl ihm anvertrauter Personen gefährde oder ob ein alkoholisierter Fahrradlenker zu Fall komme. Im letzteren Falle sei wohl kaum von einer Gefährdung der Verkehrssicherheit zu sprechen, bestenfalls von Selbstgefährdung. Zudem sei von der Behörde nicht gewürdigt worden, daß keine nachteiligen Folgen der Tat zu verzeichnen gewesen wären und der Täter in keinen Verkehrsunfall verwickelt worden sei.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hat, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der Berufungswerber beantragt zwar das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos zu beheben, der Wortlaut der Berufung zielt aber ausschließlich dahin, daß lediglich die Strafhöhe angefochten wird. Dieser Umstand wurde dem Einschreiter mit Schreiben vom 11. Mai 1994 zur Stellungnahme bekanntgegeben, wobei er darauf hingewiesen wurde, daß, falls innerhalb der festgelegten Frist keine Stellungnahme abgegeben wird, aufgrund des vorliegenden Verfahrensaktes davon ausgegangen wird, daß sich die Berufung im Hinblick auf die vorgeworfene Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 ausschließlich gegen die Höhe der Strafe richtet. Nachdem bis dato keine Stellungnahme abgegeben wurde, geht der O.ö. Verwaltungssenat davon aus, daß sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet.

Nachdem die Durchführung einer Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht anzuberaumen.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung, durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann gemäß § 20 VStG die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

Dazu ist zunächst der Auffassung des Berufungswerbers beizupflichten, daß auf die Anwendung der Bestimmung des § 20 VStG ein Rechtsanspruch besteht. Eine außerordentliche Milderung der Strafe käme im vorliegenden Fall, da der Beschuldigte kein Jugendlicher ist, nur dann zum Tragen, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen würden.

Der Berufungswerber vermeint in diesem Zusammenhang, daß der Gesetzgeber bei der Bemessung des Strafrahmens die Verwendung eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand im Auge gehabt hätte und es ist aus dieser Argumentation zu schließen, daß das ledigliche Lenken eines Fahrrades einen entsprechenden Milderungsgrund darstellt.

Dieser Auffassung ist nicht zu folgen, zumal der Gesetzgeber durch § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 generell das Lenken eines Fahrzeuges pönalisiert hat. Entsprechend der Gesetzesdefinition des § 2 Abs.1 Z19 StVO 1960 gilt auch ein Fahrrad als Fahrzeug.

Dadurch, daß der Gesetzgeber in der zitierten Bestimmung des § 99 Abs.1 StVO 1960 generell einen Strafrahmen von 8.000 S bis 50.000 S für den Fall des Lenkens oder der Inbetriebnahme eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand festgelegt hat, bringt er zum Ausdruck, daß eine Übertretung der entsprechenden Gesetzesbestimmung grundsätzlich schlechthin mit einer Mindestgeldstrafe von 8.000 S zu ahnden ist. Innerhalb des festgelegten Strafrahmens hat die Strafbehörde natürlich das Ermessen, die Art des jeweilig verwendeten Fahrzeuges bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, wobei die Verwendung eines Fahrrades grundsätzlich ein eher geringer bemessenes Strafausmaß rechtfertigt.

Durch die generelle Festlegung des Strafrahmens hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, daß, entgegen der Auffassung des Berufungswerbers, auch von einem alkoholisierten Radfahrer auf öffentlichen Verkehrsflächen eine gravierende Gefährdung der Verkehrssicherheit ausgehen kann. Durch die Androhung einer entsprechend hohen Bestrafung soll diese Gefährdung (einschließlich einer Selbstgefährdung) hintangehalten werden.

Entsprechend der obigen Darlegungen ist daher zunächst davon auszugehen, daß die ledigliche Verwendung eines Fahrrades für sich für die Beurteilung, ob eine außerordentliche Milderung der Strafe vorzunehmen ist, jedenfalls im Hinblick auf § 5 StVO 1960 nicht zu berücksichtigen ist.

Was nun weitere Erschwerungs- bzw Milderungsgründe anbelangt, ist zunächst festzustellen, daß die in der Straßenverkehrsordnung 1960 festgelegten "Alkoholdelikte" zu den gröbsten Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung zählen, weil sie in besonderem Maße geeignet sind, die durch die Strafdrohung geschützten Interessen der Verkehrssicherheit zu schädigen. Der erhebliche Unrechtsgehalt dieser Übertretung spiegelt sich im bereits oben aufgezeigten Strafrahmen wider.

Was den Verschuldensgehalt der verfahrensgegenständlichen Übertretung anbelangt, so ist festzustellen, daß der Beschuldigte laut durchgeführter Atemalkoholuntersuchung einen Atemluftalkoholgehalt von 0,89 mg/l (ds 1,78 %o Blutalkoholgehalt) hatte. Dieser Alkoholisierungsgrad liegt beträchtlich über dem gesetzlich festgelegten Grenzwert von 0,8 %o.

Ein beträchtlich über den Grenzwert von 0,8 %o gelegener Blutalkoholgehalt darf laut Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 12.9.1986, 85/18/0053) zu Recht als Erschwerungsgrund gemäß § 19 Abs.2 VStG angenommen werden.

Weiters ist als erschwerend zu werten, daß der Rechtsmittelwerber bereits einmal einschlägig bestraft werden mußte, weil er in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt hat.

Als mildernd hat die Erstbehörde gewürdigt, daß der Beschuldigte als Schüler offensichtlich über kein oder nur ein geringes Einkommen verfügen dürfte. Dazu kommt noch, daß die Tat keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen hat.

Bei Abwägung der dargelegten Erschwerungs- bzw Milderungsgründe gelangt jedoch der O.ö. Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe nicht beträchtlich überwiegen. Wohl ist auf die Einkommensverhältnisse bei der Strafbemessung Bedacht zu nehmen, doch ist im vorliegenden konkreten Fall zu berücksichtigen, daß dem Beschuldigten offensichtlich keine Sorgepflichten treffen. Darüber hinaus steht es dem Beschuldigten frei, wenn ihm aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, einen angemessenen Aufschub oder eine Teilzahlung zu beantragen (§ 54b Abs.3 VStG). Eine Anwendung des § 20 VStG ist somit im vorliegenden Falle auszuschließen.

Es ist daher festzustellen, daß die belangte Behörde bei der Strafbemessung von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Die verhängte Strafe wurde im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens festgesetzt, obwohl der Umstand, daß der Beschuldigte bereits einmal wegen Lenkens eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand bestraft wurde, eindeutig zeigt, daß er rechtlich geschützten Werten eher gleichgültig gegenüber steht. Aus spezialpräventiven Gründen ist daher die von der Erstbehörde festgelegte Strafe keineswegs unangemessen.

Darüberhinaus ist zu berücksichtigen, daß gerade in Kreisen der Fahrradlenker verbreitet die Tendenz besteht, die "Alkoholbestimmungen" der Straßenverkehrsordnung 1960 nicht ernst zu nehmen. Da aber auch, wie bereits dargelegt wurde, Fahrradlenker eine gravierende Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellen können, ist unbedingt die nötige Bewußtseinsbildung bei diesem Kreis der Verkehrsteilnehmer anzustreben. Es ist daher auch aus generalpräventiven Gründen eine Herabsetzung der verhängten Strafe im vorliegenden Falle nicht vertretbar.

Im Hinblick auf die oben dargelegten Erwägungen kann somit eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung nicht festgestellt werden und es war spruchgemäß zu entscheiden.

II: Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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