Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-101947/2/Ki/Bk

Linz, 18.05.1994

VwSen-101947/2/Ki/Bk Linz, am 18. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 5.

April 1994, Zl. 1929/93, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1.1. Die Bundespolizeidirektion Salzburg hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 5. April 1994, Zl.

1929/93, über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 58 Abs.1 Z1 KDV gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: ein Tag) verhängt, weil er am 13.4.1993 um 11.00 Uhr in Linz, Aigengutstraße, auf der Höhe der Überführung der B3 in Fahrtrichtung stadtauswärts, als Lenker des LKW die für Kraftwagen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3.500 kg normierte Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen von 80 km/h überschritten hat. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Strafe (100 S) verpflichtet.

1.2. Dagegen hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Vertreter fristgerecht bei der Erstbehörde berufen und einen Antrag auf Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend gestellt, daß das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn eingestellt und sein bevollmächtigter Rechtsvertreter von der Einstellung benachrichtigt werde.

1.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hat, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da sich bereits aus der Aktenlage eindeutige Anhaltspunkte für die spruchgemäße Entscheidung ergeben (§ 51e Abs.1 VStG).

1.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Der Bestrafung des nunmehrigen Berufungswerbers liegt eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz (Verkehrsabteilung) vom 19. April 1993 zugrunde, wonach der Beschuldigte am 13.

April 1993 um 11.00 Uhr am spruchgemäßen Tatort im Zuge einer schwerpunktmäßigen Kontrolle von Schwerverkehrsfahrzeugen sowie von GGST und ADR-Transporten zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten wurde. Bei der Kontrolle sei festgestellt worden, daß bei der eingelegten Tagesdiagrammscheibe des Tachographen in der Zeit zwischen 6.30 Uhr und 7.30 Uhr eine konstante Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h und darüber aufgezeichnet war. Da der Berufungswerber angegeben habe, die Geschwindigkeit auf der Westautobahn gefahren zu sein, habe er somit im Hinblick auf das Fahrzeug (LKW, Mercedes Benz 1217, Kennzeichen S ) die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um mindestens 20 km/h überschritten. Angaben dahingehend, daß eine entsprechende Geschwindigkeitsüberschreitung auch noch in der Zeit nach 7.30 Uhr erfolgt wäre, sind weder aus der Anzeige noch aus den sonstigen Verfahrensunterlagen zu entnehmen. Damit ist jedenfalls davon auszugehen, daß der Berufungswerber die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht am im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Tatort (Linz Aigengutstraße, Überführung der B3 in Fahrtrichtung stadtauswärts) begangen hat.

Dadurch, daß dem Schaublatt eines Fahrtenschreibers zwar leicht der Zeitpunkt einer Geschwindigkeitsüberschreitung, nicht jedoch der Ort zu entnehmen ist, hat der Gesetzgeber abweichend von den Grundsätzen des Verwaltungsstrafverfahrens, wonach die zur Last gelegte Tat auch hinsichtlich des Tatortes eindeutig umschrieben sein muß, dahingehend eine Fiktion des Tatortes vorgenommen, daß aufgrund der Aufzeichnungen auf dem Schaublatt ein Strafverfahren eingeleitet werden kann, um Schwierigkeiten der Feststellung zu vermeiden, im Gebiet welcher Behörde die Tat begangen wurde.

Gemäß § 134 Abs.3a in der zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung geltenden Fassung des KFG 1967 können zur Feststellung einer Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten Höchstgeschwindigkeit auch Aufzeichnungen der Schaublätter vom Fahrtschreiber herangezogen werden. Dabei gilt der Ort der Aushändigung des im Fahrtschreiber eingelegten Schaublattes gemäß § 102 Abs.1 dritter Satz, zweiter Halbsatz als Ort der Begehung der Übertretung, wenn a) die Übertretung mit dem Fahrtschreiber festgestellt wurde und b) aus dem Schaublatt ersichtlich ist, daß sie nicht früher als zwei Stunden vor seiner Aushändigung begangen wurde.

Nach der genannten Bestimmung ist sohin eine Fiktion des Tatortes nur dann zulässig, wenn aus dem ausgehändigten Schaublatt ersichtlich ist, daß die Übertretung nicht früher als zwei Stunden vor seiner Aushändigung begangen wurde.

Im vorliegenden Falle wurde laut der Anzeige vom 19. April 1993 das Schaublatt anläßlich einer schwerpunktmäßigen Kontrolle von Schwerverkehrsfahrzeugen um 11.00 Uhr einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes ausgehändigt, welches dann festgestellt hat, daß in der Zeit zwischen 6.30 Uhr und 7.30 Uhr eine konstante Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h und darüber aufgezeichnet war. Zwischen dem Zeitpunkt der festgestellten Geschwindigkeitsüberschreitung einerseits und der Aushändigung des Schaublattes andererseits sind somit mehr als zwei Stunden vergangen und es war daher eine Tatortfiktion im Sinne des zitierten § 134 Abs.3a KFG 1967 nicht mehr zulässig, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Zu II.:

Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum