Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101957/11/Weg/Km

Linz, 25.10.1994

VwSen-101957/11/Weg/Km Linz, am 25. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des Ing. A L vom 15. Mai 1994 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 6. Mai 1994, VU/S/513/93 L, nach der am 21. Oktober 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen verhängt, weil dieser am 11. Jänner 1993, 18.45 Uhr, in Linz, Kreuzung Roseggerstraße - Kapuzinerstraße, als Lenker des PKW's nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden die nächste Sicherheitsdienststelle nicht ohne unnötigen Aufschub verständigt hat, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten unterblieben ist. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 150 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Erstbehörde begründet ihre Entscheidung nach durchgeführtem ordentlichen Verfahren im wesentlichen mit einem Kfz-Sachverständigengutachten, wonach der Berufungswerber den Verkehrsunfall hätte bemerken müssen.

3. Der Berufungswerber wendet dagegen ein, er habe den gegenständlichen Verkehrsunfall (es handelte sich um einen Bagatellschaden) nicht verursacht, sodaß ihn die Verpflichtungen, die sich aus § 4 StVO 1960 ergeben, nicht treffen könnten.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung des Beschuldigten, durch Vernehmung des Zeugen Rüdiger Weidinger (Unfallgegner) und durch Befragung des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen Ing.

K anläßlich der mündlichen Verhandlung am 21. Oktober 1994. Dabei war insbesondere zu klären, ob der Beschuldigte den Verkehrsunfall einerseits verursacht hat und wenn ja, ob er diesen andernfalls bemerkt hat oder aufgrund objektiver Umstände hätte bemerken müssen.

Der Zeuge Weidinger führte aus, daß das Beschuldigtenfahrzeug im Bereich einer Kreuzung, wo wegen des Nachranges angehalten werden mußte, zurückgerollt sei.

Es handelte sich dort um eine leicht abschüssige Strecke.

Das Zurückrollen erfolgte aus dem Stande und war die zurückgelegte Strecke während dieses Zurückrollens auf ca.

1-2 Meter einzugrenzen. Die Geschwindigkeit während dieses Zurückrollens war somit maximal im Bereich der Schrittgeschwindigkeit anzusetzen. Der Zeuge sah dieses zurückrollende Fahrzeug, konnte jedoch selbst nicht zurückfahren, weil auch hinter ihm bereits Fahrzeuge angehalten hatten. Er betätigte deshalb noch die Hupe, was jedoch nichts mehr fruchtete. Es kam zu einem Anstoß, wobei die Kontaktstellen einerseits die Anhängekupplung des zurückrollenden Fahrzeuges und andererseits die Stoßstange des Zeugenfahrzeuges gewesen sein müssen. Dabei wurde die Kunststoffstoßstange des Zeugenfahrzeuges leicht beschädigt.

Es entstand ein Haarnadelriß. Der Zeuge führte auch aus, daß der leichte Anstoß von ihm als Stoßreaktion zwar wahrgenommen wurde, daß aber im Moment des Anstoßes gleichzeitig die abrupte Abbremsung des zurückrollenden Fahrzeuges erfolgte.

Im Hinblick auf die zuletzt gemachten Ausführungen des Zeugen, nämlich der Gleichzeitigkeit des Anstoßes und des Abbremsens, relativierte der technische Amtssachverständige das im erstinstanzlichen Verfahren abgegebene Gutachten, wonach nämlich die durch den Anstoß entstehende Erschütterung vom Beschuldigten wahrgenommen werden mußte.

Er kommt aufgrund der Schilderungen des Zeugen nunmehr zum Ergebnis, daß der Anstoß in Form einer Erschütterung nicht unbedingt wahrnehmbar sein mußte. Auch optisch oder akkustisch mußte - so der Sachverständige - der Unfall nicht wahrgenommen werden. Insgesamt kommt der Sachverständige zum Schluß, daß selbst bei der geforderten Aufmerksamkeit, die ein Kraftfahrzeuglenker an den Tag zu legen hat, der Verkehrsunfall vom Beschuldigten nicht unbedingt wahrgenommen werden mußte.

Im Hinblick auf die Sachverständigenäußerung kann somit dem Beschuldigten mit einer für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit nicht zur Last gelegt werden, daß er den Unfall bemerkt hat bzw. daß er ihn bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte bemerken müssen. Es war daher im Zweifelsfall der Version des Berufungswerbers beizutreten.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die sich aus § 4 StVO 1960, insbesondere auch aus Abs.5, ergebenden Verpflichtungen setzen die Kenntnis vom Unfall voraus. Nach der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes setzen die Verpflichtungen, die sich aus § 4 StVO 1960 ergeben, auch dann ein, wenn dem Täter objektive Umstände zum Bewußtsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zum Bewußtsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Unfalles zu erkennen vermocht hätte. Nachdem im Hinblick auf die Sachverständigenausführungen dem Beschuldigten auch letzteres nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, war - in dubio pro reo - spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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