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VwSen-101985/2/Ki/Bk

Linz, 30.05.1994

VwSen-101985/2/Ki/Bk Linz, am 30. Mai 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 18.

Februar 1994, Zl. VerkR-96/13781/1992-Mr, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 18. Februar 1994, VerkR-96/13781/1992-Mr, zugestellt am 10. Mai 1994, über die Berufungswerberin wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs.3 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) bzw wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 erster Satz StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt, weil sie am 24. September 1992 um ca.

14.00 Uhr im Ortsgebiet von Traun, auf dem Parkplatz der Firma C, gelenkt hat, wobei sie 1) sich beim Rückwärtsfahren nicht von einer geeigneten Person einweisen ließ, obwohl es die Verkehrssicherheit erfordert hätte; 2) es unterlassen hat, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem ihr Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift unterblieben ist. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Strafe (250 S) verpflichtet.

I.2. Dagegen hat die Berufungswerberin am 13. Mai 1994 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mündlich Berufung erhoben und argumentiert, daß sie sich nicht schuldig fühle.

Sie habe sicherlich nichts von einem Anstoß an einen PKW bemerkt. Da an ihrem PKW auch keinerlei Spuren ersichtlich gewesen wären, sei sie sich sicher, daß sie nicht für den Schaden am anderen KFZ verantwortlich sei. Da sie keinen anderen PKW beschädigt habe, habe sie auch keinen Einweiser nötig gehabt.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hat, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da sich bereits aus der Aktenlage eindeutige Anhaltspunkte für die spruchgemäße Entscheidung ergeben (§ 51e Abs.1 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Der Bestrafung der nunmehrigen Berufungswerberin liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Traun vom 5. Oktober 1992 zugrunde. Danach ist die Beschuldigte verdächtig, am 24.

September 1992, kurz nach 14.00 Uhr mit dem im Spruch des Straferkenntnisses angeführten PKW am vorgeworfenen Tatort einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und anschließender Fahrerflucht begangen zu haben, indem sie während des Ausfahrens aus der Parklücke und dem beabsichtigten Einbiegen nach rechts, wobei sie reversieren mußte, zweimal gegen den von S dort ebenfalls geparkten Kombi, Kz. , rechts rückwärts im Bereich der Stoßstange angestoßen ist und diesen dadurch beschädigt haben soll. Sie habe es anschließend unterlassen sich mit dem Geschädigten ins Einvernehmen zu setzen bzw, da dieser nicht anwesend war, unverzüglich bei der Gendarmeriedienststelle die Anzeige zu erstatten. Als Beweismittel wurde angeführt, daß der Geschädigte am 25. September 1992 persönlich die Anzeige erstattet habe, daß sein PKW, den er am 24. September 1992 in der Zeit von 14.00 bis 20.00 Uhr auf dem Parkplatz Carrera in Traun abgestellt hatte, offensichtlich durch die unbekannte Lenkerin des PKW Mercedes (weiß) Kz. , die zweimal an den PKW rechts rückwärts angefahren sei, beschädigt worden wäre. Seinen Verdacht begründet der Geschädigte damit, daß er einen entsprechenden Hinweis auf einem Zettel, der an der Windschutzscheibe angebracht gewesen sei, vorgefunden habe. Bei einer durchgeführten Überprüfung des vom Geschädigten vorgeführten Fahrzeuges konnte festgestellt werden, daß an der rechten rückwärtigen Stoßstangenecke auf einer Fläche von 5 bis 6 cm2 leichte Kratzspuren sichtbar waren. Jene unbekannte Auskunftsperson, die dem Geschädigten die Nachricht an der Windschutzscheibe seines PKW hinterlassen hatte, habe nicht eruiert werden können. Bei der Überprüfung des Zulassungsbesitzers am 26.

September 1992 habe die Beschuldigte angegeben, daß sie das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt gelenkt habe. Bei der Überprüfung des Tatfahrzeuges durch einen Gendarmeriebeamten konnten von diesem keinerlei Hinweise vorgefunden werden, die darauf schließen lassen konnten, daß die Beschuldigte mit dem von ihr gelenkten Fahrzeug gegen den abgestellten PKW des Geschädigten gestoßen wäre.

Die Beschuldigte hat bereits anläßlich ihrer Einvernahme am 26. September 1992 angegeben, daß sie kurz nach 14.00 Uhr mit dem PKW weggefahren sei, beim Ausfahren aus der Parklücke habe sie zwar reversieren müssen, sie sei aber an keinem Fahrzeug angestoßen bzw habe nichts bemerkt.

Der Geschädigte hat anläßlich seiner Einvernahme am 13. Mai 1993 angegeben, daß bei seinem PKW seitlich die Stoßstange verschoben wurde und weiters Lackabschürfungen an der Stoßstange entstanden sind. Die Versicherung habe einen Betrag von ca. 3.048 S überwiesen.

In der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses wird im wesentlichen ausgeführt, daß die Beschuldigte im konkreten Fall keinerlei ihrer Entlastung dienliche Beweise vorbringen konnte und daher für die Behörde keinerlei Veranlassung besteht, an den Angaben des unbekannten Auskunftsgebers zu zweifeln, umso mehr als die Beschuldigte zur Tatzeit am Tatort anwesend war, den PKW am Tatort gelenkt hat und die Beschädigungen am PKW des Geschädigten offensichtlich waren.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

Dem Tatvorwurf liegt nun der Sachverhalt zugrunde, daß der PKW des Geschädigten, Herrn S, Beschädigungen aufwies bzw daß laut Angaben einer nicht mehr eruierbaren unbekannten Person die Beschuldigte zweimal an der Stoßstange des Geschädigten angefahren wäre. Da die Beschuldigte keinerlei ihrer Entlastung dienlichen Beweise vorbringen konnte und sie überdies zur Tatzeit am Tatort anwesend war und den PKW am Tatort gelenkt hat sei die Verwaltungsübertretung zweifelsfrei erwiesen.

Dieser Argumentation der Erstbehörde vermag der unabhängige Verwaltungssenat im vorliegenden Fall nicht zu folgen.

Grundsätzlich ist nämlich davon auszugehen, daß eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine entsprechende Schlußfolgerung liefern. Es wird nicht verkannt, daß nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch im Verwaltungsstrafverfahren die Beschuldigte eine Mitwirkungspflicht trifft (vgl. etwa VwGH vom 16.9.1987, 86/03/0236) doch kann diese Mitwirkungspflicht nicht so weit gehen, daß sie aufgrund einer Vermutung der Strafbehörde hin verpflichtet werden kann, Entlastungsbeweise vorzubringen.

Im gegenständlichen Fall liegt zwar eine Beschädigung eines anderen PKW vor und hat die Beschuldigte ihren PKW auch tatsächlich am Tatort ausgeparkt, doch liegt letztlich dem Strafvorwurf lediglich ein auf einem Zettel von einer unbekannten und nicht mehr eruierbaren Person gegebener Hinweis, daß die Beschuldigte zweimal hinten an der Stoßstange des Fahrzeuges des Geschädigten angefahren wäre, zugrunde.

Ohne es dem Geschädigten unterstellen zu wollen ist es aber im vorliegenden Falle nicht auszuschließen, daß dieser Vorfall letztlich auch vom Geschädigten - allenfalls in Zusammenarbeit mit einer weiteren Person - fingiert worden sein könnte und der an seinem PKW festgestellte Schaden etwa bereits vor dem Wegfahren der Beschuldigten gegeben war. Im Hinblick darauf, daß die Beschuldigte bereits anläßlich ihrer ersten Einvernahme den Tatvorwurf bestritten hat, könnte dieser im konkreten Falle ausschließlich auf eine entsprechende zeugenschaftliche Einvernahme der unbekannten Person, welche die Nachricht hinterlassen hat, gestützt werden. Nachdem diese Person nicht eruierbar ist, ist es sohin auch der Berufungsbehörde nicht möglich, der Beschuldigten die Beschädigung des fremden Fahrzeuges mit der zur Bestrafung erforderlichen Sicherheit nachzuweisen.

Dies umso mehr, als - nach Angaben des Anzeigers - am Tatfahrzeug keinerlei Hinweise vorgefunden werden konnten, die darauf schließen lassen konnten, daß das von der Beschuldigten gelenkte Fahrzeug gegen den abgestellten PKW gestoßen wäre.

Nachdem die erkennende Behörde nicht mit Sicherheit von der Richtigkeit des Tatvorwurfes der Unterlassung der nach § 4 Abs.5 StVO gebotenen Meldepflicht überzeugt werden kann, kann auch die der Beschuldigten zur Last gelegten Tat nicht erwiesen werden.

Was den Vorwurf anbelangt, die Beschuldigte habe sich beim Rückwärtsfahren nicht von einer geeigneten Person einweisen lassen, obwohl es die Verkehrssicherheit erfordert hätte, ist festzustellen, daß in der Begründung des Straferkenntnisses zwar richtig argumentiert wurde, daß die Bestimmung des § 14 Abs.3 StVO 1960 sich nicht nur auf die Gefährdung von Personen bezieht, da der Begriff Verkehrssicherheit auch den Schutz von Sachen gegen Beschädigung umfaßt, was konsequenterweise zur Folge hat, daß auch gegebenenfalls beim Rückwärtsfahren aus einem Parkplatz die Verkehrssicherheit eine Einweisung erfordert hätte, daß letztlich aber nicht jedes Ausparken aus einer Parklücke schlechthin zur Beiziehung eines Einweisers verpflichtet (VwGH vom 30.1.1979, 27/27/78). Letztlich ist diese Frage im Einzelfall zu beurteilen und es muß für die Verpflichtung eine vom Normalfall abweichende besondere Situation vorliegen. Diese besondere Situation ist zwar nicht auszuschließen, wenn beim Rückwärtsfahren aus einem Parkplatz ein anderer abgestellter PKW gestreift und beschädigt wird, nachdem aber, wie oben bereits dargelegt wurde, dieser Umstand nicht erwiesen werden kann, ist auch eine Beurteilung, ob im gegenständlichen Fall sich die Beschuldigte im Interesse der Verkehrssicherheit beim Rückwärtsfahren von einer geeigneten Person einweisen hätte lassen müssen, nicht möglich. Demnach kann auch diese der Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden.

Nachdem gemäß der obzitierten Bestimmung des § 45 Abs.1 Z1 VStG die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen hat, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann, war spruchgemäß zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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