Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101986/7/Sch/Rd

Linz, 07.07.1994

VwSen-101986/7/Sch/Rd Linz, am 7. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des J vom 12. Mai 1994 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 4. Mai 1994, III-St-3927/93/B, wegen mehrerer Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1. und 2.

Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesen Punkten behoben und das Verfahren eingestellt.

Im übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, daß hinsichtlich Faktum 3. der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wie folgt ergänzt wird: "... nicht beachtet haben, da Sie nach links in die Hamerlingstraße eingebogen sind." Im Zusammenhang mit den Fakten 4. und 5. hat jeweils die Wortfolge "... bzw. auf Verlangen eines Organes der öffentlichen Straßenaufsicht nicht ausgehändigt". zu entfallen.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Verfahrenskostenbeiträgen bezüglich der Fakten 1. und 2.

Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich sohin auf 100 S.

Bezüglich des abweisenden Teils der Berufung hat der Berufungswerber zusätzlich zu diesen Verfahrenskosten als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren den Betrag von insgesamt 200 S (20 % der diesbezüglich verhängten Geldstrafen) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z3 bzw.

§ 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Straferkenntnis vom 4. Mai 1994, III-St-3927/93/B, über Herrn J , wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) § 9 Abs.1 StVO 1960, 2) § 9 Abs.6 StVO 1960, 3) § 52 lit.a Z3a StVO 1960, 4) § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 und 5) § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 Geldstrafen von 1) 500 S, 2) 400 S, 3) 400 S, 4) 300 S und 5) 300 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) 24 Stunden, 2) 18 Stunden, 3) 18 Stunden, 4) 18 Stunden und 5) 18 Stunden verhängt, weil er am 30. August 1993 um 13.40 Uhr in Wels auf der Salzburger Straße in Richtung Westen fahrend das KFZ mit dem Kennzeichen gelenkt habe, wobei er im Bereich der Kreuzung mit der Hamerlingstraße 1) die Sperrlinie überfahren habe, 2) die auf der Fahrbahn aufgebrachten geradeaus weisenden Richtungspfeile nicht beachtet habe und nach links in die Hamerlingstraße eingebogen sei, 3) das auf der Salzburger Straße in Höhe des Hauses Nr. 30 angebrachte Vorschriftszeichen "Einbiegen nach links verboten" nicht beachtet habe. 4) Habe er während dieser Fahrt den Führerschein nicht mitgeführt bzw. auf Verlangen eines Organes der öffentlichen Straßenaufsicht nicht ausgehändigt und 5) habe er während dieser Fahrt den Zulassungsschein nicht mitgeführt bzw. auf Verlangen eines Organes der öffentlichen Straßenaufsicht nicht ausgehändigt.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von insgesamt 190 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.1 und Abs.2 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Zu den Verwaltungsübertretungen gemäß § 9 Abs.1 StVO 1960 und § 9 Abs.6 StVO 1960 (Fakten 1) und 2)):

Der Verfassungsgerichtshof hat mit seinem Erkenntnis vom 28. September 1989, G 52-54, 80/89, § 55 Abs.8 StVO 1960 aufgehoben. Begründend hat der Verfassungsgerichtshof ua folgendes ausgeführt:

"Bodenmarkierungen bilden ähnlich den Verkehrszeichen Symbole, mit deren Hilfe von der StVO 1960 vorgesehene Gebote oder Verbote ausgedrückt werden sollen. Insoweit § 55 Abs.8 StVO 1960 dazu ermächtigt, mit Hilfe von Bodenmarkierungen die gleichen Rechtswirkungen wie mit Hilfe förmlicher Verordnungen herbeizuführen, aber gleichzeitig ausschließt, daß diese Bodenmarkierungen als Kundmachungen von Verordnungen in Erscheinung treten, ist § 55 Abs.8 StVO 1960 mit Artikel 18 Abs.2 und Artikel 139 B-VG unvereinbar und als verfassungswidrig aufzuheben." Aus diesem Erkenntnis (die aufhebende Wirkung ist mit 1. Oktober 1990 eingetreten) ergibt sich sohin die Rechtsfolge, daß Bodenmarkierungen, die Verkehrsver- bzw. Verkehrsgebote beinhalten, einer Verordnung der zuständigen Behörde bedürfen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat die Erstbehörde eingeladen, die entsprechenden Verordnungen vorzulegen. Dieser Einladung hat die Erstbehörde - aus welchen Gründen auch immer - jedoch hinsichtlich der Bodenmarkierungen nicht entsprochen, sodaß der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich davon auszugehen hatte, daß die in den Fakten 1) und 2) angeführten Bodenmarkierungen (Sperrlinie bzw. Richtungspfeil) nicht verordnet sind.

Da sohin mangels einer zugrundeliegenden Rechtsvorschrift diesen Bodenmarkierungen die Rechtswirksamkeit fehlt, war das Verwaltungsstrafverfahren in diesen beiden Punkten einzustellen.

Zur Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit.a Z3a StVO 1960 (Faktum 3)):

Diesbezüglich ist auszuführen, daß vom Berufungswerber nicht bestritten wurde, an der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher umschriebenen Stelle nach links eingebogen zu sein. Er führt lediglich aus, daß das Verkehrszeichen zum Tatzeitpunkt noch nicht aufgestellt gewesen sei.

Diesbezüglich ist festzuhalten, daß das gegenständliche Vorschriftszeichen mit Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 22. Juli 1993, GZ: MA11-VerkR-1131-1993, ordnungsgemäß verordnet wurde und daher als rechtswirksam anzusehen ist. Überdies wurde das Verkehrszeichen laut Aktenvermerk des Magistrates der Stadt Wels vom 11. August 1993 am selben Tag um 11.00 Uhr aufgestellt, sodaß für den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich keine Zweifel dahingehend entstanden sind, ob das Verkehrsverbot zur Tatzeit ordnungsgemäß kundgemacht gewesen ist. Gegen ein solches Beweismittel müssen die Behauptungen des Berufungswerbers, der sich auf - nicht näher benannte Hausbewohner beruft, in den Hintergrund treten.

Die Ergänzung des erstinstanzlichen Bescheidspruches erschien dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich deshalb erforderlich, da zwar nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unter dem Begriff "mißachten" das Nichteinhalten einer Vorschrift zu verstehen ist, für die Umschreibung eines pönalisierten Verhaltens dieser Begriff jedoch nicht ausreicht. Es wäre nämlich durchaus denkbar, daß jemand Verkehrszeichen nicht beachtet und sich dennoch diesen konform verhält. Zur Ergänzung dieses Spruchteils war die Berufungsbehörde berechtigt, da fristgerechte Verfolgungshandlungen vorlagen (dieser Spruchteil ist im Kontext mit dem Faktum 2) zu lesen).

Zu den Verwaltungsübertretungen gemäß § 102 Abs.5 lit.a KFG und § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 (Fakten 4) und 5)):

Es wird vom Berufungswerber nicht bestritten, daß er diese beiden Dokumente während der Fahrt nicht mitgeführt hat, vielmehr hätten sich diese in der in der Nähe des Tatortes gelegenen Wohnung des Berufungswerbers befunden. Unter Mitführen kann aber nicht verstanden werden, daß diese Dokumente in der Wohnung aufbewahrt werden, vielmehr hat sie der Lenker eines Fahrzeuges bei sich zu führen.

Es kann daher kein Zweifel daran bestehen, daß der Berufungswerber diese Übertretungen zu verantworten hat.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei den Übertretungen gemäß § 102 Abs.5 lit.a bzw.

lit.b um jeweils zwei Delikte, die getrennt von einander begangen werden können. Da nach dem allgemeinen Sprachgebrauch dem Wort "beziehungsweise" die Bedeutung von "oder" zukommt, kann die von der Erstbehörde gewählte Diktion das inkriminierte Verhalten des Berufungswerbers nicht zweifelsfrei ausdrücken. Nach der Aktenlage und auch nach den Angaben des Berufungswerbers selbst war jedoch davon auszugehen, daß der erste der beiden Tatbestände, nämlich jeweils das Nichtmitführen des entsprechenden Dokumentes, erfüllt worden ist.

Zur Strafzumessung ist folgendes auszuführen:

Die von der Erstbehörde festgesetzten Geldstrafen bewegen sich jeweils im untersten Bereich des Strafrahmens (bis zu 10.000 S bzw. bis zu 30.000 S), sodaß sie schon aus diesem Grunde nicht als überhöht angesehen werden können.

Übertretungen von Verkehrsverboten (Faktum 3)), die offensichtlich der Verkehrssicherheit bzw. der Flüssigkeit des Verkehrs dienen, können nicht mit "symbolischen" Strafen abgetan werden. Die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe von 400 S kann in diesem Zusammenhang nicht als unangemessen hoch bezeichnet werden. Abgesehen davon hat der Berufungswerber eine für das gegenständliche Delikt als einschlägig anzusehende Verwaltungsstrafvormerkung zu verantworten, was einen Erschwerungsgrund darstellt.

Die wegen des Nichtmitführens von Führerschein und Zulassungsschein verhängten Geldstrafen in der Höhe von 300 S erscheinen auch tat- und schuldangemessen. Es besteht ein öffentliches Interesse daran, daß an Ort und Stelle festgestellt werden kann, ob der Lenker zum Lenken eines Kraftfahrzeuges berechtigt ist oder nicht bzw. ob ein Fahrzeug ordnungsgemäß zugelassen ist oder nicht. Durch diese Bestimmungen sollen weitere Erhebungen, mögen sie auch aufgrund technischer Hilfsmittel auch keinen größeren Zeitaufwand bedeuten, hintangehalten werden.

Auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers war angesichts der relativen Geringfügigkeit der verhängten Geldstrafen nicht näher einzugehen. Es kann erwartet werden, daß der Berufungswerber zur Bezahlung der verhängten Geldstrafe ohne Beeinträchtigung seiner Lebensführung in der Lage sein wird.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n

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