Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102003/8/Weg/Ri

Linz, 20.12.1994

VwSen-102003/8/Weg/Ri Linz, am 20. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des A, vom 28. April 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 13.

April 1994, VerkR96-4959/1993, nach der am 15. Dezember 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung hinsichtlich des Faktums 1 wird mit der Maßgabe Folge gegeben, daß der Schuldvorwurf anstatt 70 km/h nunmehr "ca. 70 km/h" zu lauten hat, ansonsten jedoch der Schuldspruch bestätigt wird. Die Geldstrafe hinsichtlich des Faktums 1 wird gemäß § 19 VStG auf 3.000 S reduziert. Die Ersatzfreiheitsstrafe ermäßigt sich auf 3 Tage.

II. Der Berufung hinsichtlich des Faktums 2 wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG behoben und eingestellt.

III. Der Kostenbeitrag zum Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 300 S. Ein Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren war nicht vorzuschreiben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51 Abs.1, § 51i und hinsichtlich des Spruchteiles III. §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 20 Abs.2 StVO 1960 und 2.) § 7 Abs.1 StVO 1960 in Anwendung des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 5.000 S (im NEF 5 Tage) und 2.) 1.000 S im NEF (1 Tag) verhängt, weil dieser am 25.

April 1993 gegen 9.00 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der Westautobahn A1 in Richtung Salzburg gelenkt hat, wobei er zwischen Straßenkilometer 210,500 und 213,000 1.) die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 70 km/h überschritten hat und 2.) nicht so weit rechts fuhr, wie ihm dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und ohne Beschädigung von Sachen möglich war, da er permanent am linken Fahrstreifen fuhr, obwohl der rechte frei war.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von insgesamt 600 S in Vorschreibung gebracht.

2. Das angefochtene Straferkenntnis stützt sich im wesentlichen auf eine Anzeige zweier Gendarmeriebeamter, die die angeführten Übertretungen durch Nachfahren mit einem Zivilpatrouillenfahrzeug in annähernd gleichem Abstand festgestellt hätten. Anläßlich dieser Nachfahrt sei die zur Anzeige gebrachte Geschwindigkeit vom eingestellten Geschwindigkeitsmesser des Dienstfahrzeuges abgelesen worden.

3. Der Berufungswerber bringt sinngemäß vor, die ihm zum Vorwurf gemachte Geschwindigkeitsüberschreitung sei in diesem Ausmaß nicht erwiesen, zumal in der Anzeige von einem annähernd gleichbleibenden Abstand sowie von etwa 200 km/h die Rede ist. Eine Geschwindigkeitsüberschreitung von exakt 70 km/h könne ihm nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Hinsichtlich des Faktums 2 führt der Berufungswerber aus, daß im verfahrensgegenständlichen Zeitraum mehrere Fahrzeuge überholt worden seien und daher die Notwendigkeit der Benützung des Überholfahrstreifens bestanden habe.

Sicherheitshalber wird Verjährung eingewendet.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch Vernehmung der Gendarmeriebeamten Rev.Insp. R und Rev.Insp. V als Zeugen, durch Einsichtnahme in ein von den Gendarmeriebeamten vorgelegtes Überprüfungsprotokoll des Geschwindigkeitsmessers des zur Verwendung gestandenen Dienstkraftfahrzeuges sowie durch Einsichtnahme in eine vom Rechtsfreund des Berufungswerbers vorgelegte Urkunde, aus dem sich ein monatliches Nettoeinkommen von 1.146,80 DM ergibt.

Die Gendarmeriebeamten führten glaubwürdig und trotz differierender Angaben hinsichtlich des Nachfahrabstandes (50 m bis 70 m bzw. 100 m bis 150 m) auch schlüssig aus, daß der Beschuldigte das Zivilpatrouillenfahrzeug, welches ca.

mit 120 km/h gelenkt wurde, mit einer wesentlich überhöhten Geschwindigkeit überholt wurde, sodaß in der Folge die Verfolgung aufgenommen wurde. Nach einer Fahrstrecke von ca.

1,5 km bis 2 km wurde dann ein annähernd gleicher Abstand zum verfolgten Fahrzeug hergestellt, der ein sicheres Feststellen der gefahrenen Geschwindigkeiten möglich machte.

Das Nachfahren in annähernd gleichem Abstand erfolgte über eine Strecke von ca. 2,5 km. Dabei wurde am Tacho des Dienstkraftfahrzeuges eine Geschwindigkeit von 200 km/h abgelesen. Wie dem vorgelegten Überprüfungsprotokoll des in Verwendung gestandenen Tachos zu entnehmen ist, weist der gegenständliche Geschwindigkeitsmesser eine zu vernachlässigende Abweichung auf. Während dieser Nachfahrt benutzte der Berufungswerber ständig den linken Fahrstreifen. Abweichend von der Anzeige führten beide Meldungsleger aus, daß während dieser 2,5 km langen Nachfahrt mehrere Fahrzeuge überholt wurden. Rev.Insp.

V meinte dazu, daß ein Aufsuchen des rechten Fahrstreifens in Anbetracht der gefahrenen Geschwindigkeit kaum möglich gewesen sei.

In Anbetracht der zeugenschaftlichen Aussagen der Gendarmeriebeamten und der Plausibilität des Tachoüberprüfungsprotokolles schränkte der Rechtsfreund des Berufungswerbers hinsichtlich des Faktums 1 seine Berufung auf das Strafausmaß ein und legte eine Bestätigung vor, wonach der Berufungswerber monatlich lediglich 1.146,80 DM verdient. Außerdem wird als erwiesen angenommen, daß der Berufungswerber für eine zuckerkranke Tochter und für seine Gattin sorgepflichtig ist und im übrigen verwaltungsstrafrechtlich nicht vorgemerkt aufscheint.

Hinsichtlich des Faktums 2 beantragt der Rechtsfreund des Berufungswerbers die Aufhebung des Strafverfahrens und die Einstellung desselben, und begründet dies mit im Verfahren aufgetretenen Zweifeln an der Tatbestandsmäßigkeit.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zum Faktum 2:

Nachdem anläßlich der mündlichen Verhandlung beide Meldungsleger zum Ausdruck brachten, daß der Berufungswerber zwischen Autobahnkilometer 210,500 und 213,000 mehrere Fahrzeuge, die den rechten Fahrstreifen der Autobahn benutzten, überholt hat und nach Aussage eines Meldungslegers ein Aufsuchen des rechten Fahrstreifens eher nicht möglich war, war dem Grundsatz in dubio pro reo folgend im Sinne des § 45 Abs.1 Z1 VStG zum Faktum 2 dem Berufungsantrag stattzugeben.

Zum Faktum 1:

Es ist von einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von ca. 70 km/h auszugehen. Es ist möglich und während einer 2,5 km langen Fahrstrecke wahrscheinlich, daß der Berufungswerber die Geschwindigkeit minimal änderte, sodaß gefahrene 195 km/h genauso möglich erscheinen, wie gefahrene 205 km/h. Dies hat auf die Verwirklichung des Tatbestandes allerdings keinen Einfluß.

Zur Strafhöhe:

Neben dem im Materiengesetz normierten Strafrahmen ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Mildungerungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.

Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen reicht bis zu 10.000 S. Die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe von 5.000 S wäre - wenn keine Milderungsgründe bzw sonstige berücksichtigungswürdige Umstände hinzutreten würden - angemessen. Im Hinblick auf die glaubhaft gemachten Einkommensverhältnisse und die Sorgepflichten und in Anbetracht des Umstandes, daß der Berufungswerber verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist was einen gewichtigen Milderungsgrund darstellt - war jedoch der Strafberufung antragsgemäß stattzugeben und die Strafhöhe spruchgemäß zu reduzieren.

6. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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