Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102017/17/Bi/Fb

Linz, 12.01.1995

VwSen-102017/17/Bi/Fb Linz, am 12. Jänner 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger, über die Berufung des Herrn Mag. A, vom 26.

Mai 1994 gegen die Punkte 2) und 3) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 16. Mai 1994, VerkR96/7311/1991/Or/Mu, wegen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes 1967 zu Recht erkannt:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis in den Punkten 2) und 3) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 31 Abs.3 und 45 Abs.1 Z3 VStG, §§ 134 Abs.1 iVm 36 lit.a und lit.d KFG 1967.

zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis in den Punkten 2) und 3) über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 2) §§ 134 Abs.1 iVm 36 lit.a KFG 1967 und 3) §§ 134 Abs.1 iVm 36 lit.d KFG 1967 Geldstrafen von 2) 3.000 S 3) 3.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 2) 72 und 3) 72 Stunden verhängt, weil er am 11. Dezember 1991 um 3.35 Uhr den PKW Alfa Romeo auf der Eschelberger-Bezirksstraße vom Haus Eschelbergstraße 4 Richtung St. Gotthard gelenkt habe, 2) obwohl dieser PKW nicht zum Verkehr zugelassen und 3) nicht haftpflichtversichert gewesen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein anteiliger Verfahrenskostenbeitrag von 600 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber beruft sich im wesentlichen darauf, daß er zum Tatzeitpunkt unzurechnungsfähig gewesen sei. Das von der Erstinstanz zur Beurteilung dieser Frage herangezogene Gutachten vom 6. Juli 1992 von Herrn Prim. Dr.

A sei seinem gesetzlichen Vertreter nicht zur Stellungnahme zur Kenntnis gebracht worden, sodaß das Parteiengehör nicht gewahrt worden sei. Aus verschiedenen anderen medizinischen Gutachten ergebe sich aber tatsächlich, daß die Erstinstanz nicht von seiner Zurechnungsfähigkeit ausgehen hätte dürfen. Er beantrage daher ausdrücklich die Einholung eines anderen medizinischen Sachverständigengutachtens nach Einsicht in den Sachwalterschaftsakt bzw die darin erliegenden Sachverständigengutachten.

Die Behörde habe seinem gesetzlichen Vertreter gegenüber keine Verfolgungshandlungen gesetzt, sodaß die Übertretungen außerdem verjährt seien.

Da im übrigen die angeblich vorliegenden Vormerkungen aufgrund seiner Unzurechnungsfähigkeit nicht erschwerend gewertet hätten werden dürfen, seien die festgesetzten Strafen bei weitem überhöht. Im übrigen beantrage er die Einstellung des Verfahrens.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz, in den Sachwalterschaftsakt des Bezirksgerichtes Urfahr-Umgebung sowie in das vom Rechtsmittelwerber vorgelegte Gutachten von Herrn Univ.-Prof. Dr. K vom 12. Juni 1989, 23 Vr 2136/88.

Grundlage für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren war ein Vorfall vom 11. Dezember 1991 um ca 3.35 Uhr, bei dem zwei Gendarmeriebeamte des Gendarmeriepostens Ottensheim den Rechtsmittelwerber als Lenker eines nicht zum Verkehr zugelassenen PKW Alfa Romeo (abgelaufenes Kennzeichen ESW-CT 80) auf der Eschelberg-Bezirksstraße vom Haus Eschelberg 4 Richtung St. Gotthard fahrend im Ortsgebiet von Rottenegg anhielten, wobei der Rechtsmittelwerber nicht im Besitz einer entsprechenden Lenkerberechtigung war.

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, daß die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 19. Dezember 1991 an den Rechtsmittelwerber zu Handen seiner Sachwalterin Dr. M gerichtet war. Das Schriftstück wurde von der Post retourniert mit dem Bemerken, daß der Empfänger bis Jänner 1992 verreist sei.

Im Akt befindet sich eine fachärztliche Stellungnahme vom 6.

Juli 1992, in der Prim. Dr. A, Wagner-Jauregg-Krankenhaus Linz, die Zurechnungsfähigkeit des Rechtsmittelwerbers iSd § 3 VStG für den Zeitpunkt der Übertretung bestätigt und dies damit begründet, daß sich bei einem Gespräch mit dem Rechtsmittelwerber erwiesen habe, daß sich dieser über das Verbotene seines Tuns im klaren gewesen sei und die Unterredung selbst mit den Worten beendet habe:

"Schreiben Sie, daß ich zurechnungsfähig war, trotz Legierungspsychose".

Der damalige Sachwalter, Herr W, wurde mit Schreiben der Erstinstanz vom 13. Juli 1992 vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, hat aber keine Stellungnahme dazu abgegeben, sodaß das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erging.

Seitens des unabhängigen Verwaltungssenates wurde die Amtsärztin der Abteilung Sanitätsdienst beim Amt der o.ö.

Landesregierung, Frau Dr. S Abgabe eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Rechtsmittelwerbers zum Tatzeitpunkt ersucht, jedoch hat diese nach Durchsicht der Aktenunterlagen und der Krankengeschichte über die stationären Aufenthalte des Rechtsmittelwerbers in der Landesnervenklinik Wagner-Jauregg festgestellt, daß dezidierte Aussagen über die Zurechnungsfähigkeit rückblickend nicht möglich seien. Begründet wurde dies damit, daß derartige Krankheitsbilder, wie sie beim Rechtsmittelwerber vorliegen, die Zurechnungsfähigkeit beeinträchtigen oder aufheben könnten, dies müsse aber nicht der Fall sein. Eine dezidierte Beurteilung der Zurechnungsfähigkeit zu einem bestimmten Zeitpunkt könne nur durch einen entsprechenden Facharzt abgegeben werden.

Weiters wurde in Erfahrung gebracht, daß im Verfahren 2C 609/93 B beim Bezirksgericht Urfahr-Umgebung zur Frage der Zurechnungsfähigkeit des Rechtsmittelwerbers ein Gutachten vom medizinischen Gerichtssachverständigen Univ.-Prof. Dr. D erstellt wird. Dieses Gutachten liegt aber noch nicht vor.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, daß gemäß § 31 Abs.3 VStG, wenn seit dem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist, drei Jahre vergangen sind, ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden darf.

Bis zum Eintritt der Verjährung am 11. Dezember 1994 war mangels Gutachtens eine konkrete Aussage darüber, ob der Rechtsmittelwerber zum Tatzeitpunkt als zurechnungsfähig und damit für sein Handeln iSd § 3 Abs.1 VStG verantwortlich anzusehen war, nicht möglich. Die fachärztliche Stellungnahme Primaris Tahedl vermag dieses Gutachten nicht zu ersetzen, wobei dieser an der Mitwirkung im Rechtsmittelverfahren als nichtamtlicher Sachverständiger im Grunde des § 7 Abs.1 Z5 AVG iVm § 24 VStG ausgeschlossen ist, zumal die fachärztliche Stellungnahme Grundlage für die Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses in erster Instanz war.

Aus diesen Überlegungen war spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall der Verfahrenskosten ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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