Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102074/2/Ki/Shn

Linz, 05.07.1994

VwSen-102074/2/Ki/Shn Linz, am 5. Juli 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des K W, W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. L P und Dr. P L, vom 9. Juni 1994 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 19. Mai 1994, VerkR96-833-1994, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 51, § 51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat gegen den Berufungswerber eine Strafverfügung (VerkR96-833-1994 vom 24. Februar 1994) wegen einer Verwaltungsübertretung (§ 84 Abs.2 StVO) erlassen. Gegen diese Strafverfügung hat der Antragswerber mit Schreiben vom 8. März 1994 - rechtzeitig Einspruch erhoben. Die Eingabe weist die Unterschriftsklausel "Dr. K W Geschäftsführer" auf, unterfertigt wurde die Eingabe jedoch mit dem Hinweis "i.A." von einer anderen Person.

In der Folge wurde die Bundespolizeidirektion ersucht, die eigenhändige Unterfertigung des Einspruches zu veranlassen.

Nach einem Bericht der ersuchten Stelle hat der Rechtsmittelwerber die Einspruchsangaben nicht unterschreiben wollen, da er darin durch seine Unterschrift ein Schuldeingeständnis sehe.

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat darauf hin mit Schreiben vom 12. April 1994 Herrn K W mit dem Hinweis, da das Schriftstück nicht originalunterfertigt ist, ersucht, innerhalb einer Woche ab Zustellung dieses Schreibens entweder bei der Bezirkshauptmannschaft Perg vorzusprechen und den Einspruch zu unterschreiben oder eine Vollmacht derjenigen Person vorzulegen, welche den Einspruch unterfertigt hat. Er wurde darauf hingewiesen, daß, sollte er die angeführte Frist fruchtlos verstreichen lassen, sein Einspruch als "nicht eingebracht" gewertet werden müßte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 19. Mai 1994, VerkR96-833-1994 (zugestellt am 26. Mai 1994) hat die belangte Behörde den Einspruch gegen die Strafverfügung vom 24. Februar 1994, GZ:VerkR96-833-1994, zurückgewiesen. In der Bescheidbegründung wurde unter Hinweis auf § 13 Abs.3 AVG argumentiert, daß das Anbringen keine eigenhändige und urschriftliche Unterschrift aufgewiesen habe, weshalb ersucht wurde, das Formgebrechen (Unterschrift) innerhalb einer Woche ab Zustellung zu beheben. Das Schreiben sei am 15. April 1994 durch Hinterlegung beim Postamt in Linz zugestellt worden. Da der Beschuldigte die eingeräumte Frist fruchtlos verstreichen ließ, sei der Einspruch zurückzuweisen.

Dagegen hat der Antragswerber, rechtsfreundlich vertreten, mit Schriftsatz vom 9. Juni 1994 ein Rechtsmittel erhoben, welches er als Einspruch gegen die Strafverfügung bezeichnet. In der Begründung wird der angefochtene Bescheid als Strafverfügung der BH-Perg vom 19. Mai 1994, GZ:VerkR96-8331994, bezeichnet und argumentiert, daß ein Verfolgungshindernis bestehe. Der Rechtsmittelwerber sei als Bundesrat entsprechend den Bestimmungen der Verfassung immun, sodaß vor einer Bestrafung jedenfalls die Zustimmung der zuständigen Gremien zu holen sei. Dazu komme, daß zumindest in einem dieser Fälle es sich um eine politische Werbung handle, sodaß hier jedenfalls Straflosigkeit bestehe. Es werde daher der Antrag gestellt, das Strafverfahren einzustellen.

2. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, das Rechtsmittel samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hat, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung war nicht anzuberaumen, da sich bereits aus der Aktenlage eindeutige Anhaltspunkte für die spruchgemäße Entscheidung ergeben (§ 51e Abs.1 VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Vorweg ist festzustellen, daß das Rechtsmittel mit "Einspruch gegen die Strafverfügung" bezeichnet wird. Andererseits wird in diesem Rechtsmittelantrag ausdrücklich die "Strafverfügung der BH-Perg vom 16. Mai 1994, GZ:VerkR96-833-1994", die am 26. Mai 1994 zugestellt wurde, bezeichnet.

Dazu vertritt der unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, daß in Anlehnung an die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Eingabe im Hinblick auf die Begriffsmerkmale eines begründeten Berufungsantrages nicht formalistisch ausgelegt werden darf. Die Eingabe läßt erkennen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt, nämlich letztlich die Einstellung des Strafverfahrens. Unter diesem Aspekt ist davon auszugehen, daß eine ordnungsgemäße Berufung eingebracht wurde (vgl VwGH 15.9.1987, 87/04/0020).

Allerdings hat sich der unabhängige Verwaltungssenat nicht mit der Argumentation des Berufungswerbers auseinanderzusetzen, zumal Verwaltungssache im vorliegenden Berufungsverfahren ausschließlich die - formelle - Frage ist, ob die fehlende Unterschrift die belangte Behörde dazu berechtigt hat, die rechtzeitig vorgebrachte Einwendung gegen die gegenständliche Strafverfügung zurückzuweisen. Dabei ist davon auszugehen, daß letztlich, wie aus der Begründung des angefochtenen Bescheides hervorgeht, ausschließlich die fehlende Unterschrift als Formgebrechen angesehen wurde.

Weist ein schriftliches Anbringen keine eigenhändige und urschriftliche Unterschrift auf, so kann die Behörde gemäß § 13 Abs.4 AVG, wenn sie Zweifel darüber hat, ob das Anbringen von der darin genannten Person stammt, eine Bestätigung durch ein schriftliches Anbringen mit eigenhändiger und urschriftlicher Unterschrift auftragen, und zwar mit der Wirkung, daß das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist nicht mehr behandelt wird.

Durch diese mit Wirkung vom 1. Jänner 1991 in Kraft getretene Bestimmung ist eine Änderung zur früheren Rechtslage (§ 13 Abs.3 AVG 1950) dahingehend erfolgt, daß nunmehr das Fehlen einer eigenhändigen und urschriftlichen Unterschrift nicht schlechthin ein Formgebrechen darstellt.

Lediglich wenn Zweifel darüber bestehen, ob das Anbringen tatsächlich von der darin genannten Person stammt, ist die Behörde berechtigt, eine entsprechende Bestätigung aufzutragen. Dies aber dann mit der Wirkung, daß nach fruchtlosem Ablauf der gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist das Anbringen nicht mehr behandelt wird.

Einer formellen Zurückweisung der Eingabe, wie im gegenständlichen Falle, bedarf es dann im Regelfall nicht mehr. Die als Rechtsgrundlage im angefochtenen Bescheid angeführte Bestimmung des § 13 Abs.3 AVG ist sohin in bezug auf Argumentation der belangten Behörde im vorliegenden Falle nicht anzuwenden.

Was nun den Auftrag zur Nachholung der Unterschriftsleistung anbelangt, so hat die belangte Behörde in keiner Weise dargelegt, warum sie Zweifel darüber hat, ob das Anbringen tatsächlich vom Beschuldigten stammt. Im Gegenteil, durch die formelle Zurückweisung der Eingabe hat sie zum Ausdruck gebracht, daß diese tatsächlich vom Antragsteller stammt und sie daher diesem zuzurechnen ist. Demnach ist davon auszugehen, daß die gegenständliche Eingabe vom 8. März 1994 ordnungsgemäß eingebracht wurde und es ist das ordentliche Strafverfahren - allenfalls nach Maßgabe des Art.39 L-VG 1991 bzw Art.96 iVm Art.57 und 58 B-VG - einzuleiten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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