Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102103/11/Ki/Shn

Linz, 20.09.1994

VwSen-102103/11/Ki/Shn Linz, am 20. September 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des A, vom 1. Juli 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 21. Juni 1994, Zl.VerkR96-2947/1993, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 16. September 1994 zu Recht erkannt:

I. a) Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 2 stattgegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

b) Die Berufung wird hinsichtlich der Fakten 1, 3, 4 und 5 als unbegründet abgewiesen. Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. a) Hinsichtlich Faktum 2 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

b) Hinsichtlich der Fakten 1, 3, 4 und 5 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag von insgesamt 3.000 S, ds jeweils 20 % der verhängten Strafen, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I a): § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z2 VStG b): § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG zu II a): § 66 Abs.1 VStG b): § 64 Abs.1 und 2 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 21. Juni 1994, Zl.VerkR96-2947/1993, dem Berufungswerber vorgeworfen, daß er am 13.3.1993 gegen 16.35 Uhr den PKW auf der A1, in Richtung Wien gelenkt hat, wobei er 1. bei Strkm 232.800, Gemeindegebiet Schörfling, es unterließ, vom vor ihm fahrenden Fahrzeug einen solchen Abstand einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, da er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 130 km/h einen Sicherheitsabstand von lediglich vier Meter einhielt; 2. auf Höhe des Strkm 232.800 zwei mehrspurige Kraftfahrzeuge vorschriftswidrig auf der rechten Seite überholte; 3. es im Gemeindegebiet von Regau bei Strkm 225.200 und 4. im Gemeindegebiet von Ohlsdorf bei Strkm 221.700 es neuerlich unterließ, vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einen solchen Sicherheitsabstand einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst worden wäre, da er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 140 km/h einen Sicherheitsabstand von lediglich vier Meter einhielt und 5. bei Strkm 219.000 und 217.500 die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h erheblich überschritt.

Weiters wurde ihm spruchgemäß vorgeworfen, daß, da zum Tatzeitpunkt starker Fahrzeugverkehr herrschte, die unter Pkt.1, 3, 4 und 5 angeführten Verwaltungsübertretungen unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen wurden.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn folgende Strafen verhängt:

1. 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960; 2. 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960; 3. 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960; 4. 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO; 5. 6.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage) gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens von insgesamt 1.600 S verpflichtet.

I.2. Der Berufungswerber erhebt gegen dieses Erkenntnis mit Schriftsatz vom 1. Juli 1994 rechtzeitig Berufung und beantragt, den Sachverhalt noch einmal zu überprüfen und die Strafe neu zu bemessen. Er begründet diese Berufung wie folgt:

zu Punkt 1: Wie groß der Abstand seines Fahrzeuges zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug war, sei durch die Beamten gar nicht feststellbar gewesen. Er werde mit vier Meter angegeben, doch diese Behauptung sei eine reine Vermutung.

Tatsächlich sei der Sicherheitsabstand, den er gehalten habe, immer bedeutend größer gewesen.

zu Punkt 2: Er habe dem in der linken Spur vor ihm fahrenden Kraftfahrzeug seine Absicht zu überholen, mehrmals deutlich durch Blinken mitgeteilt, doch der Lenker habe nicht in die rechte Spur gewechselt, obwohl diese frei gewesen wäre. Daher habe er notgedrungen die freie Spur benutzt, um die beiden Fahrzeuge zu überholen.

zu den Punkten 3 und 4: Nochmals möchte er sich gegen die Behauptung der Beamten verwehren, er hätte den notwendigen Sicherheitsabstand nicht eingehalten. Die wiederholte Angabe von gerade vier Metern in allen drei Fällen zeuge allein schon von der Unglaubhaftigkeit dieser Aussagen. Diese Angaben entsprechen nicht der Wahrheit. Würde es seinem Fahrstil entsprechen, keinen Sicherheitsabstand zu halten, hätte er wohl schon einige Auffahrunfälle haben müssen.

zu Punkt 5: Er gebe zu, die Höchstgeschwindigkeit überschritten zu haben.

Er weise jedoch entschieden die Verantwortung für jene Verwaltungsübertretungen zurück, die ihm unter den Punkten 1, 3 und 4 zur Last gelegt werden. Die Darstellungen entsprechen nicht den Tatsachen. Wenn zum betreffenden Zeitpunkt starker Fahrzeugverkehr geherrscht hätte, hätte es tatsächlich zu einem Auffahrunfall kommen müssen, falls er sich so, wie es ihm hier zur Last gelegt wird, verhalten hätte. Er sei sicherlich nicht lebensmüde und nicht daran interessiert besonders gefährliche Verhältnisse weder vorsätzlich noch fahrlässig herbeizuführen.

Die Widersprüchlichkeit der Aussage der Beamten sei auch daraus ersichtlich, daß eine Feststellung der Geschwindigkeitsübertretung bei solch starkem Verkehr und vor allem bei den riskanten Manövern, die er angeblich durchgeführt haben soll, schlicht unmöglich wäre. Außerdem wäre es bei derart regem Verkehrsaufkommen undurchführbar, die Geschwindigkeitsbeschränkung so erheblich zu überschreiten.

I.3. Die Erstbehörde hat ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da hinsichtlich der einzelnen Verwaltungsstrafen weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung Beweis erhoben. Bei dieser Verhandlung wurden der Beschuldigte sowie als Zeugen BI Martin Hartl und RI Gerald Kampenhuber einvernommen. Ein Vertreter der belangten Behörde hat an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen.

I.5. Der Beschuldigte hat bei seiner Einvernahme ausdrücklich außer Streit gestellt bzw anerkannt, daß der Vorwurf hinsichtlich Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit (bis zu 230 km/h) zutrifft.

An den Vorfallszeitpunkt könne er sich nicht mehr genau erinnern, aber es stimme schon, daß er den erforderlichen Sicherheitsabstand (Reaktionsweg) nicht eingehalten habe. Er bestreite jedoch, daß der Abstand tatsächlich lediglich vier Meter betragen hätte, er habe denselben Abstand eingehalten, wie die übrigen Fahrzeuge (etwa zwei Fahrzeuglängen). Ihm sei zum Vorfallszeitpunkt aufgefallen, daß ein Fahrzeug, nämlich ein Mercedes sehr knapp hinter ihm nachgefahren sei, er habe jedoch nicht erkannt, daß es sich dabei um ein Dienstfahrzeug der Gendarmerie gehandelt habe und er habe versucht zu diesem Fahrzeug einen größeren Abstand herzustellen. Er habe das Verhalten dieses nachfahrenden Fahrzeuges als provokant empfunden.

Bezüglich des Verkehrsaufkommens führte der Beschuldigte aus, daß seiner Ansicht nach mittelstarker Verkehr herrschte.

Unter mittelstarkem Verkehr verstehe er, daß etwa vier Fahrzeuge eine Kolonne bildeten, dann wieder ein größerer Abstand von etwa 1 bis 1,5 km gewesen sei und dann wiederum ein Block von vier Fahrzeugen hintereinander gefahren wären.

Auf dem linken Fahrstreifen sei noch weniger Verkehr gewesen.

Er habe die Verwaltungsübertretungen nicht unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen, er habe weder andere noch sich selbst gefährdet.

BI Hartl führte nach Belehrung als Zeuge aus, daß er sich an den damaligen Vorfall noch ganz genau erinnern könne, weil ihm eine derart brutale Fahrweise in seiner bisher zehnjährigen Dienstzeit als Autobahngendarmeriebeamter noch nicht untergekommen sei. Er sei damals Fahrer des Dienstfahrzeuges gewesen. Zum Vorfallszeitpunkt sei er mit etwa 120 km/h im Rahmen des fließenden Verkehrs am rechten Fahrstreifen Richtung Wien unterwegs gewesen. Zum Vorfallszeitpunkt habe sehr dichter (starker) Verkehr geherrscht und es sei ihm der Beschuldigte bereits durch Blick in den Rückspiegel aufgefallen, daß er sich sehr schnell nähere. Er sei am linken Fahrstreifen fahrend sehr knapp auf ein Fahrzeug aufgefahren und er habe daraufhin ebenfalls auf ca 130 km/h beschleunigt und auf den linken Fahrsteifen gewechselt um ihm nachzufahren. Schon vorher vom rechten Fahrstreifen aus hätte er gesehen, daß der Beschuldigte sehr knapp auf das vor ihm fahrende Fahrzeug aufgefahren sei und er habe seinen Abstand auch, nachdem er ihm nachgefahren ist, nicht verringert. Die Feststellung des Abstandes von ca vier Meter könne er deshalb genau angeben, weil er bei der Schätzung von einer Fahrzeuglänge ausgehe.

Der Abstand könnte auch geringer gewesen sein, zumal er weniger als eine Fahrzeuglänge betragen habe. In der Folge habe der Beschuldigte auf den rechten Fahrstreifen übergewechselt und zwei sich am linken Fahrstreifen bewegende PKW rechts überholt. In der Folge hätte er sich wieder auf den linken Fahrstreifen begeben und dabei den vorderen der beiden überholten Fahrzeuge geschnitten. Am linken Fahrstreifen sei dann etwas weniger Verkehr gewesen, zwischen dem zuletzt überholten Fahrzeug und dessen Vorderfahrzeug glaublich ca 100 bis 200 m.

Er habe daraufhin das Blaulicht eingeschaltet, worauf die beiden vom PKW überholten Fahrzeuge sofort Platz gemacht hätten und er sei in einem Abstand im Ausmaß des Reaktionsweges hinter dem Beschuldigten nachgefahren. In der Folge hätte er noch zweimal feststellen können, daß der Beschuldigte lediglich einen Sicherheitsabstand von ca vier Meter zu einem vor ihm fahrenden Fahrzeug eingehalten habe.

Der Beschuldigte sei extrem auf seine Vorderfahrzeuge aufgefahren, offensichtlich mit der Absicht, daß das Vorderfahrzeug Platz machen würde.

In der Folge habe dann etwas aufgelockerter Verkehr geherrscht, sodaß der linke Fahrstreifen frei gewesen wäre, wobei er die Geschwindigkeitsüberschreitung festgestellt habe. Zum Vorfallszeitpunkt habe am verfahrensgegenständlichen Autobahnbereich starker Verkehr geherrscht, jedenfalls am rechten Fahrstreifen. Der Umstand, daß der Beschuldigte die Möglichkeit hatte, die festgestellte Geschwindigkeit zu fahren, erscheine ihm eher rein zufällig gegeben zu sein. Die Fahrzeuge am rechten Fahrstreifen hätten sich im normalen Sicherheitsabstand mit einer Geschwindigkeit von etwa 120 km/h bewegt. Ansich habe es sich dabei um eine geschlossene Kolonne gehandelt. Am linken Fahrstreifen habe eher aufgelockerter Kolonnenverkehr geherrscht.

RI Kampenhuber führte nach Belehrung als Zeuge aus, daß er zum Vorfallszeitpunkt Beifahrer im Dienstfahrzeug gewesen sei. Er sei auf den Beschuldigten aufmerksam geworden, als er das Dienstfahrzeug am linken Fahrstreifen überholt habe.

Er sei aufgefallen, zumal er den Sicherheitsabstand zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug am linken Fahrstreifen nicht eingehalten habe. Der Abstand dürfte sicher weniger als eine Fahrzeuglänge (Durchschnitt vier Meter) betragen haben. Er habe dies aus schrägem Winkel noch vom rechten Fahrstreifen aus feststellen können. Ob mit dem Dienstfahrzeug zu diesem Zeitpunkt bereits auf den linken Fahrstreifen übergewechselt wurde, könne er nicht mehr sagen. In der Folge führt er aus, daß sie zunächst am rechten Fahrstreifen weitergefahren wären und von dort die Verwaltungsübertretungen festgestellt hätten. Auf beiden Fahrstreifen der A1 Richtung Wien habe zum Vorfallszeitpunkt Kolonnenverkehr geherrscht, welcher jedoch nicht sehr dicht gewesen wäre. Er könne jedoch hinsichtlich der exakten Abstände der einzelnen Fahrzeuge sich heute nicht mehr festlegen.

I.6. In freier Beweiswürdigung gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die Aussagen der Zeugen, insbesondere des BI H, bedenkenlos der Entscheidung zugrundegelegt werden können. Die Aussagen wurden unter Wahrheitspflicht getätigt und sind in sich schlüssig und den Denkgesetzen nachvollziehbar. Wohl ist ein Widerspruch in den beiden Aussagen in bezug auf die Nachfahrt festzustellen, nämlich auf welchem Fahrstreifen die Nachfahrt tatsächlich durchgeführt wurde. Hiebei ist aber zu berücksichtigen, daß RI K lediglich Beifahrer im Dienstfahrzeug war und sich doch nicht mehr so exakt an den Vorfall erinnern kann. BI H hingegen hat ausdrücklich ausgeführt, daß er sich an den damaligen Vorfall noch ganz genau erinnern könne und er hat auch plausibel dargelegt, auf welche Weise er anläßlich einer Nachfahrt den Abstand eines Fahrzeuges zu dessen Vorderfahrzeug schätzen kann.

Dem Beschuldigten ist einzuräumen, daß es ihm im Verwaltungsstrafverfahren freisteht, sich nach jeder Richtung hin zu verteidigen. Wenn dieser Umstand dem Beschuldigten auch nicht schlechthin angelastet werden darf, so ist im konkreten Falle doch den Meldungslegern mehr Glauben zu schenken. Wie auch der VwGH in seiner ständigen Judikatur (vgl VwGH vom 28.9.1988, 88/02/0007) ausspricht, muß den zur Wahrnehmung der Vorgänge des öffentlichen Straßenverkehrs bestellten und geschulten Organen der Sicherheitswache zugebilligt werden, daß sie in der Lage sind, Verkehrssituationen zu erkennen und wiederzugeben.

Insbesondere BI H, hat, wie bereits ausgeführt wurde, den Ablauf der festgestellten Verwaltungsübertretungen glaubwürdig und nicht mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen in Widerspruch stehend beschrieben.

Andererseits hat der Beschuldigte in seiner Rechtfertigung anläßlich seiner Einvernahme ausgeführt, daß er sich durch das nachfahrende Dienstfahrzeug provoziert gefühlt hätte und er daher den Abstand zu diesem vergrößern wollte, dh, daß er auch letztlich die Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit dazu in Kauf genommen hat. Von einem verantwortungsbewußten Kraftwagenlenker ist jedoch zu erwarten, daß er sich in einer derartigen Situation nicht provozieren läßt und sich defensiv verhält (vgl auch § 3 StVO 1960). Das Verhalten des Beschuldigten rechtfertigt den Schluß, daß er, jedenfalls wenn er provoziert wird, rechtliche Anordnungen zu ignorieren im Stande ist.

Es ist daher als erwiesen anzunehmen, daß das von den Zeugen festgestellte Verhalten des Beschuldigten zum Vorfallszeitpunkt der Tatsache entspricht und daß darüber hinaus zu diesem Zeitpunkt auf dem gegenständlichen Autobahnstück starker Verkehr, nämlich mehr oder minder Kolonnenverkehr auf beiden Fahrstreifen, geherrscht hat.

I.7. Unter Zugrundelegung des sich aus dem vorliegenden Beweisergebnis resultierenden Sachverhaltes hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich rechtlich erwogen:

I.7.1. Gemäß § 15 Abs.1 StVO 1960 darf der Lenker eines Kraftfahrzeuges grundsätzlich nur links überholen.

Gemäß § 2 Abs.1 Z29 leg.cit. gilt als Überholen das Vorbeibewegen eines Fahrzeuges an einem auf derselben Fahrbahn in der gleichen Richtung fahrenden Fahrzeug; nicht als Überholen gilt ua das Nebeneinanderfahren von Fahrzeugreihen, auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, auf Fahrbahnen mit mehr als einem Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung (vgl § 7 Abs.3 StVO 1960).

Wie das Ermittlungsverfahren ergeben hat, herrschte zum Vorfallszeitpunkt (jedenfalls hinsichtlich Faktum 2) auf beiden Fahrstreifen der gegenständlichen Richtungsfahrbahn der A1 Kolonnenverkehr, sodaß im Interesse der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs Lenker mehrspuriger Kraftfahrzeuge neben anderen Fahrzeugen fahren durften. Das diesbezügliche Verhalten des Beschuldigten ist somit nicht als Überholen iSd § 15 StVO 1960 zu werten, weshalb er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat. Das Verwaltungsstrafverfahren war daher in diesem Punkt einzustellen.

Dazu ist zu bemerken, daß auch dieses Verhalten des Beschuldigten eine Verwaltungsübertretung darstellt, zumal gemäß § 7 Abs.3 StVO 1960 die Lenker nebeneinander fahrender Fahrzeuge beim Wechsel des Fahrstreifens den übrigen Verkehr weder gefährden noch behindern dürfen. Dieser Umstand wurde ihm jedoch nicht vorgeworfen, sodaß diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

I.7.2. Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

Der Sicherheitsabstand gemäß § 18 Abs.1 wird gewöhnlich der Länge des Reaktionsweges entsprechen, sofern nicht Umstände dazukommen, die einen größeren Sicherheitsabstand fordern (vgl etwa OGH 24.4.1975, ZVR 1976/3). Bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h würde demnach der erforderliche Sicherheitsabstand iSd zitierten Gesetzesbestimmung etwa 39 Meter betragen.

Nach dem vorliegenden Beweisergebnis hat der Beschuldigte, jedenfalls bei Strkm 232.800, bei Strkm 225.200 und bei Strkm 221.700 diesen erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, weshalb er sein Verhalten verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten hat.

I.7.3. Gemäß § 20 Abs.2 StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges grundsätzlich auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

Diesbezüglich stellt der Beschuldigte den Tatvorwurf außer Streit, sodaß auch dieses Verhalten als erwiesen anzunehmen ist.

I.7.4. Gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 500 S bis zu 30.000 S, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, zB beim Überholen, als Wartepflichtiger oder im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt, insbesondere Fußgänger, die Schutzwege vorschriftsmäßig benützen, gefährdet oder behindert.

Diese Bestimmung ist dann anzuwenden, wenn zu dem an sich strafbaren Verhalten des Täters noch zusätzliche Sachverhaltselemente hinzukommen, wenn also angenommen werden soll, daß die Tat etwa unter besonders gefährlichen Verhältnissen begangen wurde. Als "besonders gefährliche Verhältnisse" iSd zitierten Bestimmung kommt ua laut Rechtsprechung des VwGH (vgl VwGH 22.2.1990, ZVR 1991/6) ein starkes Verkehrsaufkommen in Betracht. Gerade bei starkem Verkehr wie zB Kolonnenverkehr, führen Auffahrunfälle durch Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes bzw Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit immer wieder zu gravierenden Verkehrsunfällen bis hin zu Massenkollisionen, sodaß die belangte Behörde völlig zu Recht im vorliegenden Falle besonders gefährliche Verhältnisse zugrundegelegt hat, zumal, wie oben bereits dargelegt wurde, zum Vorfallszeitpunkt dichter (starker) Verkehr auf beiden Fahrstreifen der Richtungsfahrbahn herrschte.

I.7.5. Was die Strafbemessung anbelangt, so ist gemäß § 19 Abs.1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung, durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung die persönlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten berücksichtigt und festgestellt, daß weder mildernde noch erschwerende Umstände vorgelegen sind.

Bei dem gegebenen Strafrahmen (bis zu 30.000 S Geldstrafe) erscheinen die festgelegten Geldstrafen angemessen und notwendig, dem Beschuldigten sein Fehlverhalten vor Augen zu führen und ihn vor weiteren Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Im Hinblick auf die gravierende Unterschreitung des erforderlichen Sicherheitsabstandes bzw die eklatante Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit erscheint eine Herabsetzung der festgelegten Geldstrafen nicht vertretbar.

Darüber hinaus ist im Hinblick auf die bereits dargelegten möglichen Folgen derartiger Verwaltungsübertretungen auch aus generalpräventiven Gründen eine entsprechend strenge Bestrafung derartiger Delikte unabdingbar.

Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung kann aus den dargelegten Gründen ebenfalls nicht festgestellt werden, es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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