Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102123/2/Bi/Km

Linz, 25.08.1994

VwSen-102123/2/Bi/Km Linz, am 25. August 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des J vom 29. Juni 1994, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn, vom 30. Mai 1994, VerkR96/19304/1993/Ga/Zö, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das erstinstanzliche Straferkenntnis hinsichtlich des Schuldspruches bestätigt, jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen wird.

II. Verfahrenskostenbeiträge sind nicht zu entrichten.

Rechtsgrundlage:

zu I.:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 21 Abs.1 VStG.

zu II.:

§§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 24 Abs.3d iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 300 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden verhängt, weil er am 9. November 1993 zwischen 17.40 Uhr und 18.15 Uhr den Kombi im Ortsgebiet von Eggelsberg auf der öffentlichen Siedlungsstraße vor dem Haus Eggelsberg Nr. 56 auf einer Fahrbahn mit Gegenverkehr geparkt habe, obwohl nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr freigeblieben seien (das Fahrzeug sei ca. 1,05 m in die Fahrbahn geragt, sodaß nur mehr eine Fahrbahnbreite von ca. 2,95 m für den fließenden Verkehr frei geblieben sei). Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 30 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden, wobei sich die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte, weil in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und die Strafhöhe angefochten, jedoch keine mündliche Berufungsverhandlung beantragt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, in diesem Sonderfall hätte von einer Bestrafung abgesehen werden können, selbst wenn der Tatbestand verwirklicht worden wäre. In seiner Zwangslage habe er die Verkehrssituation so belassen, um den aufnehmenden Gendarmeriebeamten zu demonstrieren, daß bei dieser Verkehrssituation eine Ausfahrt von seinem PKW-Abstellplatz nicht möglich sei. Gleichzeitig wolle er anführen, daß seine Gattin zur Zeit an einer Herzerkrankung leide, sodaß eine eventuelle rasche ärztliche Hilfe benötigt werden könnte, die in dieser Situation nicht gegeben sei. Da sich sein Vergehen in einer Sackgasse zugetragen und er niemanden behindert habe, sei kein öffentliches Interesse an einer Bestrafung gegeben, sodaß er um Nachsicht ersuche und beantrage, das Verfahren einzustellen.

Der Berufung beigelegt ist ein Arztbrief der Landeskrankenanstalt in Salzburg betreffend Frau MH vom März 1994.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt festgestellt:

Der Rechtsmittelwerber bewohnt mit seiner Gattin das linksseitig am Ende der unbenannten, 4 m breiten, als Sackgasse erkennbaren Siedlungsstraße gelegene Haus Eggelsberg Nr. 56, wobei aus den Lichtbildern hervorgeht, daß dieses Haus über eine Garage verfügt, deren Einfahrt sich am äußersten Ende der Sackgasse befindet. Gegenüber dieser Garageneinfahrt ist das etwas höher gelegene Grundstück des H S (Haus Nr. 63) durch eine Mauer von der Straße abgegrenzt, dessen Hauszufahrt sich vis-a-vis vom Haus Eggelsberg Nr. 56 ein Stück vor der Garagenzufahrt des Rechtsmittelwerbers befindet. Am 9. November 1993 hatte Horst Stadler seinen Kombi ganz am Ende der Sackgasse gegenüber der Garageneinfahrt vom Haus Nr. 56 parallel zur Mauer geparkt und H P, der zu diesem Zeitpunkt im Haus S zu Besuch war, hatte seinen Kombi gegenüber der Hauszufahrt des Hauses Nr. 56 kurz vor der Garagenzufahrt des Hauses Nr. 63 am rechten Fahrbahnrand abgestellt.

Aus dem Verfahrensakt geht hervor, daß der Rechtsmittelwerber um ca. 17.40 Uhr des 9. November 1993 mit seinem Kombi nach Hause kam, feststellte, daß seine Garagenzufahrt durch den Kombi des H S verstellt war und daraufhin seinen Kombi im Bereich der in seiner Fahrtrichtung links befindlichen Hauszufahrt vor dem Haus Nr. 56 in der Weise abstellte, daß er rückwärts in die Hauszufahrt fuhr und den Kombi so zum Stillstand brachte, daß die Vorderfront 1,05 m in die Siedlungsstraße hineinragte.

Die unbenannte Siedlungsstraße weist eine Straßenbreite von 4 m auf und gegenüber dem abgestellten Kombi des Rechtsmittelwerbers befand sich der Kombi des H P, der parallel zum Fahrbahnrand in der Weise geparkt war, daß er mit der gesamten Fahrzeuglänge 1,25 m in die unbenannte Siedlungsstraße hineinragte. Sohin verblieb nur mehr eine befahrbare Straßenbreite von 1,70 m für den zur Anzeige gebrachten Zeitraum von 17.40 Uhr bis 18.50 Uhr des 9.

November 1993.

Nach dem Abstellen seines Kombi verständigte der Rechtsmittelwerber die Gendarmerie und zeigte dort an, daß die Fahrzeuge des Horst S bzw. des Horst P widerrechtlich abgestellt worden seien. Die Meldungsleger Rev.Insp. B und Insp. A des Gendameriepostens Eggelsberg führten die in der Anzeige zusammengefaßten Erhebungen durch, wobei auch die unbenannte Siedlungsstraße vermessen und die der Anzeige angeschlossene Übersichtsskizze samt Lichtbildern angefertigt wurde.

Der Rechtsmittelwerber hat bereits im Einspruch gegen die Strafverfügung darauf hingewiesen, ihm werde ständig die Ausfahrt aus der Garage sowie die Ausfahrt aus seinem vor dem Haus liegenden Parkplatz von einem Nachbarn und seinen Besuchern in böswilliger Absicht verstellt, sodaß die Ausfahrt nur schwer möglich sei. Aus diesem Grund habe er am 9. November 1993 den Gendarmerieposten Eggelsberg um Aufklärung ersucht. Da er dabei seinem Unmut freien Lauf gelassen habe, habe sich der Meldungsleger in seiner Ehre verletzt gefühlt und ihn zur Anzeige gebracht.

In rechtlicher Hinsicht ist von Seiten des unabhängigen Verwaltungssenates auf die Bestimmung des § 24 Abs.3 lit.d StVO 1960 zu verweisen, wonach das Parken auf Fahrbahnen mit Gegenverkehr verboten ist, wenn nicht mindestens zwei Fahrstreifen für den fließenden Verkehr frei bleiben.

Sowohl der Verwaltungsgerichtshof als auch der Oberste Gerichtshof haben in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, daß vom Freibleiben zweier Fahrstreifen nur dann gesprochen werden kann, wenn die restliche Fahrbahnbreite mehr als 5 m beträgt (vergl. ua. VwGH vom 20. Mai 1968, 1352/67). Da beim gegenständlichen Fall die unbenannte Siedlungsstraße nur eine Gesamtbreite von 4 m hat, kann daher nur von einer Fahrbahn mit Gegenverkehr gesprochen werden, weil es sich dabei um eine Sackgasse handelt.

Auf den gegenständlichen Fall bezogen ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates zweifelsfrei davon auszu gehen, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zu Last gelegten Tatbestand erfüllt hat, weil aus keiner Bestimmung der Straßenverkehrsordnung abgeleitet werden könnte, daß der Eigentümer einer Liegenschaft ein Recht darauf hat, in unmittelbarer Nähe der Liegenschaft einen Parkplatz für sein Fahrzeug zu beanspruchen. Der Rechtsmittelwerber hätte daher entweder im Bereich seiner Hauseinfahrt so parken müssen, daß sein Fahrzeug nicht 1,05 m in die Fahrbahn hineinragt, oder er hätte einen anderen Parkplatz - notfalls außerhalb der Siedlungsstraße - suchen müssen.

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind.

Im gegenständlichen Fall ist das Verschulden des Rechtsmittelwerbers deshalb als geringfügig anzusehen, weil dieser ganz offensichtlich bereits vor dem 9. November 1993 in Streitigkeiten mit seinem Nachbarn H S verwickelt war, wobei es auch dabei um den Abstellort der Kraftfahrzeuge ging. Diesbezüglich wurde auch in der Anzeige bestätigt, daß der Rechtsmittelwerber bereits bei der ersten Instanz in dieser Angelegenheit vorgesprochen hat. Am 9.

November 1993 beabsichtigte der Rechtsmittelwerber offensichtlich, die Gendarmerie von der vorgefundenen Situation zu benachrichtigen, um sich von den Beamten entsprechende Ratschläge oder Hilfe zu holen, und hat offensichtlich deshalb sein Fahrzeug in der beschriebenen Weise in der Hauseinfahrt abgestellt, um seine Probleme entsprechend demonstrieren zu können. In diesem Zusammenhang ist die Feststellung der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses, der Grund, warum die Gendarmeriebeamten zum Tatort gekommen seien, sei für Strafbarkeit dieser Übertretung "jedenfalls unerheblich", nicht nachvollziehbar. Weiters ist darauf hinzuweisen, daß die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren und die Verhängung von Verwaltungsstrafen nicht der geeignete Weg ist, rechtliche Probleme zu lösen.

Tatsache ist, daß der Rechtsmittelwerber in seinem Haus eine Garage integriert hat, deren Zweck es selbstverständlich ist, das Kraftfahrzeug dort abzustellen. Voraussetzung dafür ist die ungehinderte Zufahrtsmöglichkeit zur Garage, das heißt, daß auf der unbenannten Siedlungsstraße ausreichend Platz vorhanden sein muß, um ein entsprechendes Einbiegen nach links und Einparken in der Garage ohne Beschädigung des Fahrzeuges möglich zu machen. Voraussetzung dafür ist wiederum, daß das Fahrzeug des H S nicht parallel zur Mauer am Ende der Sackgasse abgestellt ist, weil dadurch das Linkseinbiegen in die Garageneinfahrt gänzlich unmöglich wird. Auch muß gesichert sein, daß der Rechtsmittelwerber jederzeit die Möglichkeit hat, die Garage mit dem Kraftfahrzeug in der dafür vorgesehenen Weise zu verlassen, was durch die Vorgangsweise des H S ebenfalls fraglich ist.

Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates bleibt dem Rechtsmittelwerber nur die rechtliche Möglichkeit im Fall der Behinderung der Zufahrt durch den Nachbarn Horst S, diesen auf Unterlassung zu klagen bzw. unter Einhaltung der vorgesehenen Fristen gegen diesen eine Besitzstörungsklage einzubringen. Eine Informationsmöglichkeit darüber besteht beim zuständigen Bezirksgericht.

Im gegenständlichen Fall gelangt der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung, daß die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe unter Berücksichtigung der Situation, in der sich der Rechtsmittelwerber am 9. November 1993 befunden hat, gerechtfertigt ist, wobei sich aus dem Verfahrensakt nicht ergibt, daß die Übertretung irgendwelche Folgen gehabt hätte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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