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des Landes Oberösterreich
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VwSen-106277/16/BR

Linz, 20.05.1999

VwSen-106277/16/BR Linz, am 20. Mai 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 17. März 1999, Zl. VerkR96-5521-1998, nach der am 17. Mai 1999 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straf-erkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 158/1998 VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Von der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis wurde mit dem obbezeichneten Straferkenntnis gegen die Berufungswerberin wegen der Übertretung nach § 1 Abs.3 iVm § 37 Abs.3 Z1 Führerscheingesetz, BGBl.Nr. I 120/1997 idgF - FSG und nach § 21 Abs.1 StVO, BGBl.Nr.1959/1960 idgF Geldstrafen (5.000 S und 1.000 S für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von fünf und einen Tag(en) verhängt und folgendes Verhalten zur Last gelegt:

"1. Sie lenkten am 26.8.1998 ca. zwischen 23.50 Uhr und 23.55 Uhr den PKW von der B 143 kommend auf der Herbiger Gemeindestraße bis zur Kreuzung mit der Mörschwanger Landesstraße und weiter auf dieser bis zu Km 2,7, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung für die Klasse B zu sein.

2. Weiters haben Sie am 26.8.1998 um ca. 23.55 Uhr als Lenkerin des PKW diesen auf der Mörschwanger Landesstraße bei Km 2,7 jäh und für den Lenker des nachfolgenden Fahrzeuges BG überraschend abgebremst, sodass dieser behindert wurde, obwohl die Verkehrssicherheit dies nicht erfordert hatte."

1.2. Begründend folgte die Erstbehörde im Ergebnis den glaubwürdigen Angaben der Meldungsleger hinsichtlich deren augenscheinlichen Wahrnehmungen. Dabei würdigte sie die unmittelbar nach dem Anhalten im Vorderfahrzeug gesichteten Bewegungen als Tausch der Sitzpositionen. Auch wurde das nicht sofortige Platzmachen gegenüber dem Einsatzfahrzeug, sondern das Beschleunigen des Fahrzeuges des G. U, als guter Grund für die Annahme gewertet, daß der Lenker dieses Fahrzeuges etwas zu verbergen gehabt habe. Ebenfalls sei das nachfolgende plötzliche Abbremsen unter Erzeugung einer 32,5 m langen Blockierspur und das nachfolgende Zurückrollen des so plötzlich zum Stillstand gebrachten Fahrzeuges als Indiz für besondere Eile in diesem Fahrzeug zu werten gewesen die den Tausch des Sitzplatzes zum Gegenstand gehabt hätte. Die Erstbehörde hielt letztlich den nachfolgenden Platzwechsel bis zum Öffnen der Fahrzeugtür durch die Gendarmeriebeamten für möglich.

Rechtlich verwies die Erstbehörde auf die einschlägigen Rechtsnormen und die bezughabenden Strafbestimmungen.

2. In der dagegen fristgerecht der ihre Rechtsvertreter erhobenen Berufung führt die Berufungswerber folgendes aus:

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebe ich durch meine ausgewiesenen Vertreter gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i. I. vom 17.03.1999, VerkR96-5521-1998, welches meinen ausgewiesenen Vertretern am 19.03.1999 zugestellt wurde, innerhalb offener Frist nachstehende

BERUFUNG

an den unabhängigen Verwaltungssenat für das Bundesland Oberösterreich in Linz.

Der genannte Bescheid bzw. das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten, also insbesondere insofern bekämpft, als das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren nicht gemäß § 45 Abs. 1 VStG eingestellt wurde.

Als Berufungsgründe werden geltend gemacht:

a) unrichtige rechtliche Beurteilung,

b) Mangelhaftigkeit des Verfahrens,

c) unrichtige und mangelhafte Tatsachenfeststellungen sowie unrichtige und mangelhafte Beweiswürdigung und

d) unrichtige Strafbemessung.

Zu den einzelnen Berufungsgründen ist folgendes auszuführen:

a) Unrichtige rechtliche Beurteilung:

Mir wird im genannten Straferkenntnis zur Last gelegt, am 26.08.1998 zwischen 23:50 und 23:55 Uhr den PKW von der B 143 kommend auf der Herbiger Gemeindestraße bis zur Kreuzung Mitte Mörschwanger-Landesstraße und weiter auf dieser bis zu km 2,7 gelenkt zu haben, ohne im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Klasse B zu sein.

Weiters wird mir angelastet, am selben Tag um ca. 23:55 Uhr als Lenkerin des genannten PKW auf der Mörschwanger-Landesstraße bei km 2,7 jäh und für den Lenker des nachfolgenden Fahrzeuges BG überraschend abgebremst zu haben, sodaß dieser behindert wurde, obwohl die Verkehrssicherheit dies nicht erfordert hatte.

Hiedurch hätte ich zum einen die Verwaltungsübertretung nach § 1 Abs. 3 iVm § 37 Abs. 3 Z 1 FSG und zum anderen die Verwaltungsübertretung nach § 21 Abs. 1 StVO iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO begangen.

Mit Schreiben der Erstbehörde vom 08.10.1998 wurde ich zu einer Rechtfertigung aufgefordert, und zwar ausschließlich wegen des Sachverhaltes des Lenkens eines Fahrzeuges ohne hiefür erforderliche Lenkerberechtigung. In dieser Aufforderung zur Rechtfertigung ist in keiner Weise auch die Verwaltungsübertretung nach § 21 Abs. 1 iVm § 99 Abs. 3 lit. a StVO angelastet worden.

Erstmals im Straferkenntnis vom 17.03.1999 wird mir jetzt zu Pkt. 2 des Straferkenntnisses auch dieser weitere Tatbestand zur Last gelegt. Hinsichtlich dieser Verwaltungsübertretung wird aber nunmehr eingewendet, daß die Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs. 1 VStG bereits abgelaufen ist, zumal hier innerhalb der 6-Monatsfrist keine geeignete Verfolgungshandlung von Seiten der Behörde vorgenommen worden ist.

In meiner Rechtfertigung vom 20.10.1998 habe ich mich ausschließlich zum Vorwurf des Lenkens ohne gültigen Führerschein geäußert und ist auch lediglich hinsichtlich dieses angelasteten Tatbestandes dann das weitere Verwaltungsstrafverfahren abgeführt worden.

b) Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

Zum Beweise meines Vorbringens in der Rechtfertigung vom 20.10.1998 und vom 01.03.1999 habe ich die Aufnahme und Durchführung folgender Beweismittel beantragt:

1. zeugenschaftliche Einvernahme des G, Fleischhauer, F,

2. die Einholung eines kfz-technischen Gutachtens,

3. die zeugenschaftliche Einvernahme der R

Die Aufnahme dieser Beweise ist in erster Instanz unterblieben, wobei die Erstbehörde zur unterbliebenen Zeugeneinvernahme des Herrn U ausgeführt hat, daß ohnedies gegen diesen wegen desselben Vorfalls ein Verwaltungsstrafverfahren als Beschuldigter anhängig sei und er in diesem Verfahren praktisch eine gleichlautende Stellungnahme zu meinen Angaben abgegeben habe. Es sei nicht anzunehmen, daß er nunmehr als Zeuge in dem gegen mich geführten Strafverfahren etwas anderes aussagen werde.

Die Behörde nimmt aber hier in unzulässiger Weise eine vorgreifende Beweiswürdigung vor. Bekanntermaßen kann sich ein Beschuldigter nicht nur in einem gerichtlichen Verfahren sondern auch in einem Verwaltungsstrafverfahren verantworten wie er will, ohne daß dies irgendeine Sanktion für ihn haben darf. Anders verhält es sich natürlich bei einer Zeugeneinvernahme. Gemäß § 19 AVG ist der Zeuge verpflichtet, einer behördlichen Ladung Folge zu leisten und eine wahrheitsgemäße, vollständige Aussage abzulegen. Im Zuge seiner Einvernahme ist er ja auf die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage (§ 289 StGB) aufmerksam zu machen und ausdrücklich zur Angabe der Wahrheit zu verpflichten (§ 50 Abs. 1 AVG). Somit muß natürlich auch im Zuge der freien Beweiswürdigung einer unter Zeugenpflicht gemachten Aussage eine andere Beweiskraft zukommen, als einer bloßen Beschuldigteneinlassung in einem anderen Verwaltungsverfahren.

Somit hat die Erstbehörde in einer unzulässigen vorgreifenden Beweiswürdigung die zeugenschaftliche Einvernahme des Herrn U nicht durchgeführt, womit das erstinstanzliche Verfahren mit einer erheblichen Mangelhaftigkeit belastet ist. Es erscheint nicht nur denkbar sondern sogar naheliegend, daß bei einer Durchführung dieses Beweises die Erstbehörde zu einem anderen, für mich günstigen Ergebnis, somit zu einer Einstellung des Verfahrens gelangt wäre.

Die zeugenschaftliche Einvernahme von Frau Sr hat das Gericht mit der Begründung unterlassen, daß diese Zeugin lediglich Aussagen darüber tätigen könne, wer in Ort im Innkreis vor dem Haus Nr. als Lenker mit dem gegenständlichen PKW weggefahren sei. Angaben zum Lenken am gegenständlichen Tatort könne sie naturgemäß nicht machen, sodaß ihre Einvernahme nicht zielführend sei.

Dem ist aber nun entgegenzuhalten, daß es natürlich schon sehr lebensnah und auch logisch und nachvollziehbar ist, daß eine Person, die vor dem Haus Ort Nr. als Lenker mit dem gegenständlichen PKW weggefahren ist, auch dann zum inkriminierten Zeitpunkt und am angelasteten Tatort den PKW gelenkt hat. Aus dem gesamten Akteninhalt ergeben sich ja keinerlei Anhaltspunkte, daß nach dem Wegfahren von Frau S noch ein Fahrerwechsel durchgeführt worden sei. Auch ergeben sich hiefür keinerlei Gründe oder Veranlassungen. Die Erwägungen, die hier die Erstbehörde anstellt, sind bloß unstatthafte Vermutungen zum Nachteil der Beschuldigten und rechtfertigen unter keinen Umständen die unterbliebene Durchführung dieses Beweismittels.

Bei Frau S handelt es sich um eine enge Bekannte bzw. Freundin der Beschuldigten, die auch die Taufpatin des Kindes der Beschuldigten ist und die eben an diesem Abend von ihr und von Herrn U besucht worden ist. Selbst wenn also die Beschuldigte den PKW auf der Heimfahrt gelenkt hätte, würde wohl keinerlei Veranlassung bestehen, dies zunächst vor Frau S zu verheimlichen und dann erst später - außerhalb des Wahrnehmungsbereiches von Frau S - wiederum einen Wechsel beim Lenken des Fahrzeuges durchzuführen.

Darüberhinaus stellen auch die hiezu angeführten Erwägungen der Erstbehörde wiederum ohne vorgreifende Beweiswürdigung dar.

Wenn Frau S in ihrer zeugenschaftlichen Einvernahme bestätigen kann, daß eben tatsächlich Herr U beim Wegfahren das Fahrzeug gelenkt hat, die Beschuldigte am Beifahrersitz saß und auf ihrem Schoß das Kind sich befand, so ist damit wohl in wesentlichen Bereichen auch die Beschuldigtenverantwortung bestätigt und erhärtet, sodaß eben hier nicht von vornherein gesagt werden kann, diese Zeugeneinvernahme wäre "nicht zielführend" und für die Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes nicht von Bedeutung. Vielmehr ist es so, daß diese Zeugeneinvernahme sehr wohl abstrakt geeignet erscheint, eine für die Beschuldigte positive Entscheidung herbeizuführen, sodaß in diesem Zusammenhang jedenfalls eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens vorliegt.

Illustrativ sei hier auch darauf verwiesen, daß auch die beiden Gendarmeriebeamten nach ihren eigenen Angaben nicht gesehen haben, daß die Beschuldigte im Zeitpunkt der Anhaltung am Fahrersitz saß. Sie schließen dies ja auch nur daraus, daß sie eben einen Platzwechsel (in der Nacht!) wahrgenommen haben wollen. Somit erscheint sehr wohl auch die Aussage der Zeugin S von Bedeutung, die eben bestätigen kann, daß beim Wegfahren das Fahrzeug von Herrn U gelenkt worden ist.

Weiters ist auch die Einholung eines kfz-technischen Gutachtens unterblieben, was ebenfalls eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründet.

Die nachfahrenden Gendarmeriebeamten wollen eindeutig im Fahrgastraum des PKW des Herrn U erkannt haben, daß am Beifahrersitz "ein Mann saß", somit eben ich, die Beschuldigte, den PKW gelenkt haben muß. Ich habe nun in diesem Zusammenhang in meinen Rechtfertigungen vorgebracht, daß die nachfahrenden Gendarmeriebeamten aufgrund des an ihrem Fahrzeug eingeschalteten Abblendlichtes und aufgrund des von ihnen angegebenen Tiefenabstandes von ca. 30 in gar nicht die objektive Möglichkeit hatten, den Fahrgastraum des PKW U in ausreichender Weise zu beobachten, um mit Sicherheit die von ihnen behaupteten Beobachtungen gemacht haben zu können. Es muß in diesem Zusammenhang ja berücksichtigt werden, daß es Nacht war und keinerlei sonstige Beleuchtungseinrichtungen vorhanden war. Erfahrungsgemäß leuchtet der Scheinwerferkegel des Abblendlichtes einen Fahrbahnbereich zwischen 30 und 40 m vor dem PKW in ausreichender Weise aus. Es ist auch eine Erfahrungstatsache und wohl als notorisch vorauszusetzen, daß das Abblendlicht so eingestellt sein muß, daß eben bei einem ausreichenden Tiefenabstand (30 m Tiefenabstand ist hier wohl als solcher anzusehen) eine Ausleuchtung des Fahrgastraumes des Vorderfahrzeuges unmöglich macht, da es ja ansonsten zu erheblichen Blendwirkungen im Bereich der beiden Außenspiegel und des Innenspiegels kommt.

Durch die Einholung des beantragten kfz-technischen Gutachtens hätte also jedenfalls geklärt werden können, daß unter den gegebenen Prämissen es für die nachfahrenden Gendarmeriebeamten gar nicht möglich gewesen wäre, aufgrund der bestehenden Dunkelheit und der mangelnden Ausleuchtung des Fahrgastraums des PKW U die für ein Strafverfahren erforderlichen und sicheren Beobachtungen hinsichtlich der Person des Lenkers und des Beifahrers und hinsichtlich eines allfälligen Platzwechsels zu machen.

Auch hier hat sich die Erstbehörde ausschließlich wieder auf die "glaubwürdigen" Angaben der Gendarmeriebeamten gestützt, somit wiederum in vorgreifender Weise die Beweiswürdigung zum Nachteil der Beschuldigten vorgenommen. Damit ist ebenso wie in den oben angeführten Fällen eine gravierende Mangelhaftigkeit des Verfahrens begründet worden.

Bei Einholung des beantragten kfz-technischen Gutachtens wäre jedenfalls eine andere und für die Beschuldige günstige Entscheidung der Behörde denkbar und nachvollziehbar.

Es erscheint überhaupt geboten, zum Zwecke einer abschließenden Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes einen Ortsaugenschein zur Nachtzeit durchzuführen, wobei im Zuge einer gleichzeitig durchzuführenden Stellprobe der Fahrzeuge hier leicht nachgewiesen werden kann, daß bei eingeschaltetem Abblendlicht keinesfalls eine Ausleuchtung des Innenraums des PKW U erfolgen kann. Damit ist es aber auch absolut unmöglich, hier eine ausreichende Identifikation von Personen vornehmen zu können, da hier nicht einmal Konturen, wie dies von den Gendarmeriebeamten behauptet wird, erkennbar gewesen sind.

Aus dem Umstand, daß bei der Person auf dem Beifahrersitz der Kopf über die Kopfstütze hinausragte und beim Lenker wohl eben nicht (Zeuge Insp. S) zu schließen, daß folglich ein Mann auf dem Beifahrersitz gesessen sein muß, läßt sich wohl keinesfalls eine für ein Strafverfahren ausreichende und eindeutige Identifikation ableiten. Daß der Kopf einer Person die Kopfstütze am Beifahrersitz überragt und am Lenkersitz nicht, läßt sich ja auch ganz klar auf unterschiedlich eingestellte Kopfstützen zurückführen. Aus einer solchen Beobachtung ist also nichts gewonnen.

In diesem Zusammenhang ist auch entgegen den Ausführungen der Erstbehörde in der Beweiswürdigung schon jetzt darzulegen, daß keinesfalls beide Gendarmeriebeamten gesehen haben, wie sich der Beifahrer (angeblich ein Mann) mehrmals umgedreht hat. Zumindest konnte dies im Gegensatz zu Insp. P Insp. S nicht bestätigen.

Im Hinblick auf die - meiner Beurteilung nach - vagen Beobachtungen der beiden Gendarmeriebeamten erscheint jedenfalls die Durchführung der oben angeführten und von der Erstbehörde unterlassenen Beweise unbedingt erforderlich. Zweckmäßig erscheint auch die Durchführung des Ortsaugenscheins zur Nachtzeit unter Durchführung entsprechender Stellproben. Letzteres wird hiermit ausdrücklich zum Beweise dafür noch beantragt, daß eben die von den Gendarmeriebeamten angegeben Wahrnehmungen unmöglich sind bzw. daß eben nicht ich sondern vielmehr Herr U den PKW zur angelasteten Tatzeit am Tatort gelenkt hat.

c) Unrichtige und mangelhafte Tatsachenfeststellungen sowie unrichtige und mangelhafte Beweiswürdigung:

Vorweg ist zur Tatsachen- und Beweisrüge auf meine Ausführungen in den Rechtfertigungen vom 20.10.1998 und vom 01.03.1999 zu verweisen. Diese Ausführungen und dieses Vorbringen werden auch zum Inhalt der gegenständlichen Beweisrüge erhoben.

Ergänzend hiezu und unter Eingehen auf die Beweiswürdigung der Erstbehörde ist aber noch folgendes auszuführen:

Die Erstbehörde hat in ihrer Begründung im wesentlichen ausgeführt, daß eben ich tatsächlich das Fahrzeug ohne Lenkerberechtigung gelenkt hätte und auch die beiden nachfahrenden Gendarmeriebeamten schon während des Nachfahrens erkennen konnten, daß es sich beim Beifahrer um einen Mann gehandelt habe, da sich diese Person mehrmals umgedreht habe und deutlich größer war als jene auf dem Fahrersitz. Zwar räumt die Erstbehörde in diesem Zusammenhang ein, daß es zur Vorfallszeit dunkel war und mit dem Abblendlicht eines nachfahrenden Fahrzeuges der Innenraum des vorausfahrenden PKW nicht direkt ausgeleuchtet wird, dennoch aber wird ausgeführt, daß zumindest die Konturen der im Fahrzeug sitzenden Personen problemlos erkennbar gewesen wären.

Die Argumentation der Erstbehörde im Zuge der Beweiswürdigung ist aber hier unrichtig und entspricht nicht den Gesetzen und der Logik. Außer Streit steht wohl jedenfalls, daß es vollkommen dunkel war und auch keine Straßenbeleuchtung etc. vorhanden war. Der Scheinwerferkegel eines PKW ist nun technisch so gestaltet, daß tatsächlich keine Ausleuchtung des Fahrgastraumes eines vorausfahrenden PKW erfolgen darf, da ansonsten ja massive Blendungen über die beiden Außenspiegel und den Innenspiegel erfolgen würden. Der Lichtkegel des Abblendlichtes leuchtet erfahrungsgemäß einen Bereich von 30-40 m vor dem PKW in ausreichender Weise aus. Durch die vorhandenen Kopfstützen und die bestehende Dunkelheit im Fahrgastraum des PKW U war es demnach unmöglich, hier eine solche Beobachtung machen zu können, die eine ausreichende Identifizierung möglich machen.

Auch der Umstand, daß beim Beifahrer der Kopf über die Kopfstütze geragt hätte, läßt noch nicht den Schluß zu, daß hier ein Mann gesessen sein muß. Eine solche, wohl notwendigerweise bloß schemenhafte Beobachtung hängt ja auch entsprechend von der Einstellung der Kopfstütze ab. Überdies wohl auch von der Steilheit der Rückenlehne etc.

In diesem Zusammenhang sei also nochmals betont, daß die nachfahrenden Gendarmeriebeamten bei richtiger Beurteilung der Sichtmöglichkeiten keinesfalls in ausreichender und auch sicherer Weise feststellen konnten, wer nun gefahren ist. So könnte beispielsweise der Beifahrer auch einen Hut, eine Pelzmütze etc. aufgehabt haben und wäre dies bei der herrschenden Dunkelheit gar nicht erkennbar gewesen. Damit würde sich aber wieder klar erklären, daß eben der Kopf (allenfalls mit Kopfbedeckung) den oberen Rand der Kopfstütze entsprechend überragt hat. Auch auftoupierte Haare können wohl den gleichen Effekt erzielen, wenn eben bei bestehender Dunkelheit bloße Konturen erkennbar sind. Die Erstbehörde räumt im Zuge der Beweiswürdigung selbst ein, daß bei der bestehenden Dunkelheit vom nachfahrenden Gendarmerieauto aus bloß Konturen im Fahrzeug des Herrn U erkennbar waren. Wenn aber hier nur schattenhafte Konturen zu erkennen sind, läßt sich auch nicht mit ausreichender Sicherheit sagen, ob eben die Person, die den Kopf zurückdreht, jetzt ein Mann oder eine Frau ist. Hiefür wurde schon eine entsprechende und ausreichende Ausleuchtung dieses Bereiches erforderlich sein, was aber unbestrittenermaßen nicht der Fall war.

Richtig ist, daß der PKW des Herrn U, nachdem ein PKW längere Zeit nachgefahren war, beschleunigt worden ist. Als dann das Blaulicht eingeschaltet wurde, war klar, daß das nachfahrende Fahrzeug ein Gendarmerieauto sein mußte.

Ich saß am Beifahrersitz und hatte mein Kind auf dem Schoß, das eingeschlafen war. Herr U hat dann deshalb nicht sofort angehalten, damit ich eben das Kind nach hinten legen könne, somit uns die Gendarmerie nicht dabei erwischt, wie ich das Kind unzulässigerweise bei mir auf dem Schoß auf dem Beifahrersitz mitführe. Insofern erklärt sich also auch, warum Herr U den PKW nicht gleich angehalten hat. Auch diese Erklärung erscheint wohl genauso plausibel, wie die Mutmaßung der Erstbehörde im Zuge der Beweiswürdigung, daß nur deshalb nicht angehalten worden wäre, da eben ich das Fahrzeug gelenkt hätte und mich eben einer Kontrolle zu entziehen versucht habe. Es ist schon richtig, wenn in diesem Zusammenhang die Erstbehörde anfährt, daß ich "etwas zu verbergen hatte". Allerdings war dies nicht der Umstand, daß ich selbst das Fahrzeug gelenkt hätte, sondern vielmehr eben jener Umstand, daß eben mein Kind unzulässigerweise am Beifahrersitz bei mir am Schoß mitgeführt wurde.

Das unvermittelte Abbremsen, sowie das darauffolgende Zurückrollen des Fahrzeuges ist für die Erstbehörde nur so erklärbar, daß eben tatsächlich ein Platzwechsel durchgeführt worden sei. Dieser Schluß ist aber keinesfalls zwingend und logisch. Ich habe bereits mehrmals in meinen Rechtfertigungen dargelegt, daß ich eben das bei mir am Schoß eingeschlafene Kind auf die Rücksitzbank legen wollte. Dabei hat das Kind schlaftrunken um sich geschlagen und ist auch zu Herrn U auf den Fahrersitz hinübergeraten. Dieser hat daraufhin die Vollbremsung eingeleitet, damit ihm das Kind nicht auch noch in das Lenkrad greift. Auch das Zurückrollen erklärt sich daraus, daß eben wir beide dann versucht haben, meinen schlaftrunkenen Sohn entsprechend zu beruhigen und auf die Rücksitzbank zu legen. Diese Vorgänge haben natürlich bewirkt, daß vielleicht schemenhaft irgendwelche Bewegungen im Bereich zwischen Fahrersitz und Beifahrersitz wahrzunehmen waren. Diese schemenhaften Bewegungen wurden eben von den Gendarmeriebeamten als Platzwechsel gewertet, ein solcher hat aber tatsächlich nie stattgefunden und wäre auch in der Kürze der Zeit dies gar nicht durchführbar gewesen, wenn man eben die Platzverhältnisse im PKW konkret berücksichtigt, genauso wie die pyhlsognomischen Verhältnisse bei mir und bei Herrn U. Ein "Übereinanderklettern", wie es die Erstbehörde bezeichnet, hat tatsächlich nie stattgefunden und wäre in der Kürze der Zeit bei den gegebenen Verhältnissen gar nicht möglich gewesen. Darüberhinaus hätte ein solcher Platzwechsel in der Nacht auch von den beiden Gendarmeriebeamten gar nicht ausreichend beobachtet werden können, dies aufgrund der herrschenden Dunkelheit.

Beweis: zeugenschaftliche Einvernahme des G; zeugenschaftliche Einvernahme der R; kfz-technisches SV-Gutachten; Ortsaugenschein zur Nachtzeit unter gleichzeitiger Durchführung einer Stellprobe.

In meiner letzten Rechtfertigung habe ich noch dargelegt, daß aufgrund der physignomischen Verhältnisse bei mir und bei Herrn U und bei den eingeschränkten Platzverhältnissen im PKW (Gangschaltung in der Mitte, Mittelkonsole, Lenkrad am Fahrersitz) ein derart rascher Platzwechsel in Form eines Übereinanderkletterns gar nicht möglich gewesen wäre. Nun wurden von der Behörde in keiner Weise die Körpergrößen, das Körpergewicht etc. erhoben. Dies wäre aber unabdingbare Voraussetzung dafür gewesen, um eben annehmen zu können, daß ein solches Übereinanderklettern überhaupt möglich gewesen wäre. Insofern ist das Verfahren zusätzlich mangelhaft geblieben, was ergänzend zum vorausgegangenen Berufungsgrund noch geltend gemacht wird.

Es mag schon sein, daß beide Gendarmeriebeamten angeben, sie hätten einen Fahrerwechsel aufgrund der wahrnehmbaren Konturen im Fahrzeug beobachtet. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, daß die Zeugenaussagen der Gendarmeriebeamten in weiten Bereichen auch von diesen getroffene Rückschlüsse enthalten, also nicht bloß objektive Wahrnehmungen wiedergeben.

Das Bestreben der beiden Beamten war meiner Beurteilung nach wohl jenes, daß die anonyme Anzeige, wonach ich "schwarzfahren" würde, eben endlich einmal bestätigt werden könne. So wurden eben gewisse schemenhafte Bewegungen im PKW als Platzwechsel gedeutet. Ein solcher hat aber tatsächlich nie stattgefunden.

Auch ist in diesem Zusammenhang zu betonen, daß keinesfalls die beiden Aussagen der Gendarmeriebeamten vollkommen übereinstimmen würden.

In diesem Zusammenhang darf ich nochmals ausdrücklich auf meine Ausführungen in der Rechtfertigung vom 01.03.1999 verweisen, die hiermit nochmals zum Inhalt dieser Beweisrüge erhoben werden.

Jedenfalls konnten die beiden Gendarmeriebeamten nicht schildern, wie der angebliche Platzwechsel konkret stattgefunden hat. Welche Person befand sich unten, welche oben, haben sie zurückgeschaut oder wurde den beiden Beamten jeweils der Rücken zugedreht, wo waren die Arme etc.? Dies alles hätten sie aber wohl beobachten können müssen, wenn tatsächlich ein Platztausch stattgefunden hat.

Daß all diese Umstände von den Beamten nicht geschildert werden konnten, läßt eben nur den einen Schluß zu, daß tatsächlich hier eben eine Täuschung der beiden Beamten vorgelegen hat. Die schemenhaften Bewegungen im Fahrgastraum des PKW U (durch das Zurücklegen des Kindes, das schlaftrunken war und daher auch entsprechend um sich geschlagen hat), wurde eben im Lichte der Erwartung der beiden Gendarmeriebeamten falsch gedeutet. Sowohl ich als auch Herrn U waren den Gendarmeriebeamten ja bekannt und ist ihnen schon im Zuge der Nachfahrt aufgefallen, daß es sich eben um den PKW des Herrn U handelt. Im Zusammenhang mit der vom Zeugen Insp. S angeführten anonymen Mitteilung, wonach eben der Verdacht bestand, daß ich den PKW des Herrn U öfter lenken würde, ist eben diese Erwartungshaltung durchaus nachvollziehbar, zu objektivieren ist sie bei Einhaltung der Denkgesetze und bei Durchführung einer richtigen Beweiswürdigung allerdings nicht.

Es sei in diesem Zusammenhang nochmals zu betonen, daß im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" gilt. Im oben aufgezeigten Sinne bestehen in mehrfacher Hinsicht Zweifel, daß tatsächlich ein solcher Platzwechsel, wie er eben geschildert worden ist, überhaupt durchführbar war, bzw. als solcher erkennbar war etc.

Diese Zweifel müssen jedenfalls zu meinen Gunsten ausschlagen und wäre daher das Verwaltungsstrafverfahren zur Gänze einzustellen gewesen.

d) Unrichtige Strafbemessung.

Die verhängte Geldstrafe sowie die Ersatzfreiheitsstrafe für beide Delikte wurde zu hoch festgesetzt. Insbesondere sind auch die Vermögensverhältnisse insofern zu berücksichtigen, als ich ja bloß Hausfrau bin und kein gesondertes Einkommen habe. Dem gegenüber bin ich für mehrere Kinder sorgepflichtig. Angesichts des vorliegenden Sachverhaltes und der in besonderer Weise zu berücksichtigenden eingeschränkten Vermögensverhältnisse wird auch die Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung beantragt. Somit möge die verhängte Geldstrafe und auch die Ersatzfreiheitsstrafe angemessen reduziert werden.

Aus all den oben dargelegten Gründen stelle ich daher nachstehende

ANTRÄGE:

1. auf Vorlage des Aktes VerkR96-5521-1998 der Bezirkshauptmannschaft Ried i. I. an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, welcher

2. meiner Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i. I. vom ab 17.03.1999, Zahl: VerkR96-5521-1998, Folge geben und dessen Bescheid dahingehend ändern möge, daß das gegen mich geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 VStG zur Gänze eingestellt werde.

3. in eventu

möge das genannte Straferkenntnis aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstinstanz zurückverwiesen werden.

4. In eventu

möge das Verfahren zu Pkt. 2 des Straferkenntnisses wegen eingetretener Verfolgungsverjährung eingestellt werden.

5. In eventu

wolle die verhängte Geldstrafe und die Ersatzfreiheitsstrafe angemessen herabgesetzt werden.

Weiters stelle ich den

ANTRAG,

der UVS möge über diese Sache in einer mündlichen Berufungsverhandlung entscheiden und somit eine solche Verhandlung anberaumen.

R, 01.04.1999 M

S/T"

3. Die Bezirkshauptmannschaft Ried hat den Verwaltungsakt vorgelegt. Somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war hier schon wegen des diesbezüglich gesonderten Antrages erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

Die gemeinsame Durchführung der Berufungsverhandlungen, in den hier verschiedenen und nach der Geschäftsverteilung in die Zuständigkeit verschiedener Einzelmitglieder des Oö. Verwaltungssenates fallenden jedoch im sachlichen Zusammenhang stehenden Verwaltungsstrafverfahren, war hier insbesondere aus verfahrensökonomischen Aspekten indiziert (§ 51e Abs.7 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in die von der Erstbehörde vorgelegten Verwaltungsakte. Anläßlich der Berufungsverhandlung wurden die beiden einschreitenden Gendarmeriebeamten, GrInsp. P und RevInsp. S, sowie Frau R als Zeugen und die Berufungswerberin sowie der mit dieser Fahrt gleichzeitig wegen Überlassung des Fahrzeuges an die Berufungswerberin ebenfalls zur Anzeige gelangte G. U als Beschuldigte einvernommen. Ebenfalls wurde im Rahmen eines Augenscheines von der Berufungswerberin und G. U ein Wechsel der Sitzposition an den Vordersitzen im damals verwendeten und am Verhandlungstag vor der Bezirkshauptmannschaft Ried abgestellten (geschlossenem) Kfz (Mazda 626 und nicht wie in der Anzeige angeführt ein Mazda 323) demonstriert.

5. Die Berufungswerberin war am 26. August 1998 nach 23.30 Uhr, nach einem Besuch bei der Patentante ihrer Kinder, der Zeugin R, in Begleitung ihres Ex-Gatten G. U und eines Kleinkindes, im Mazda 626 des Herrn U, von Ort im Innkreis in Richtung St. Georgen b. Obernberg unterwegs. Im Ortschaftsbereich Kammer stieß zufällig eine Sektorstreife auf dieses Fahrzeug. Die Nachfahrt erfolgte anfänglich aus einem anderen Grund, wurde jedoch nach Identifizierung des Fahrzeuges als jenes des Herrn U im Hinblick auf eine zu vermutende Lenkereigenschaft der Ex-Gattin des G. U - der Berufungswerberin die nicht im Besitz einer Lenkberechtigung ist - fortgesetzt.

Vorerst war der Sicherheitsabstand zum Vorderfahrzeug normal, wobei die Gendarmeriebeamten im Scheinwerferlicht auf Grund der sichtbaren Konturen im Kfz zu erkennen glaubten, daß es sich bei der auf dem Beifahrersitz befindlichen Person, die sich mehrfach umdrehte, um einen Mann handelte.

In der Folge wurde dann zwecks Anhaltung die Nachfahrt unter Verwendung des Blaulichtes fortgesetzt. Daraufhin wurde das verfolgte Fahrzeug stark beschleunigt und schließlich so scharf abgebremst, daß hierdurch eine 32,5 m lange Blockierspur die Folge war. Etwa fünf Meter hinter dem anhaltenden Fahrzeug kam auch das Dienstfahrzeug gerade noch rechtzeitig zum Stillstand. Bis zum Aussteigen des Beifahrers aus dem Dienstfahrzeug - des GrInsp. P - konnten im Vorderfahrzeug hektische Bewegungen wahrgenommen werden. Als jedoch nach etwa zehn Sekunden der Zeuge P an der Beifahrertür des angehaltenen Fahrzeuges eintraf, fand er die Berufungswerberin am Beifahrersitz und den Zulassungsbesitzer U am Fahrersitz vor. Am Boden hinter dem Fahrer- oder Beifahrersitz befand sich das Kleinkind, welches durch die Bremsung zu Boden geschleudert vermutet wurde. Beide Fahrzeuginsassen bestritten über Vorhalt, daß ein Fahrerwechsel stattgefunden gehabt hätte.

5.1. Diesen Wahrnehmungen ist ergänzend hinzuzufügen, daß es sich bei der Berufungswerberin um eine 1,63 cm große und 87 kg schwere Person handelt. G. U ist laut seinen glaubhaften Angaben 1,85 cm groß und 90 kg schwer. Der anläßlich der Berufungsverhandlung von der Berufungswerberin und G. U freiwillig demonstrierte Wechsel der Sitzposition vom Fahrer- auf dem Beifahrersitz nahm bei durchaus als ernsthaft bezeichenbarer Anstrengung vor den Augen sämtlicher Verhandlungsteilnehmer im Rahmen der Berufungsverhandlung eine Zeit von 30 Sekunden in Anspruch.

Es finden sich keine objektiven Anhaltspunkte dafür, daß anläßlich der hier verfahrensgegenständlichen Anhaltung - deren vorangegangene Verhaltensweise des Fahrzeuglenkers wohl geradezu zwingend den Verdacht von "Unregelmäßigkeiten" aufkommen lassen mußte - dieser Wechsel innerhalb von zehn Sekunden vorgenommen werden hätte können. Empirisch besehen kann dies nahezu ausgeschlossen werden. In diesem Punkt muß auch davon ausgegangen werden, daß die Fahrzeuginsassen zusätzlich im angegurteten Zustand angetroffen worden sein dürften. Widrigenfalls wäre dies dem Zeugen GrInsp. P gemäß dem selektiven Wahrnehmungshorizont eines Straßenaufsichtsorganes wohl aufgefallen. In diesem wesentlichen Punkt sind auch die Angaben der Meldungsleger im Hinblick auf die verstrichene Zeitspanne vom Zeitpunkt des Anhaltens bis zum Öffnen der Beifahrertür durch GrInsp. P am angehaltenen Fahrzeug nicht ganz einhellig. Während RevInsp. S diese Spanne mit vielleicht drei Sekunden bezeichnete, vermeinte GrInsp. P, daß etwa zehn Sekunden verstrichen sein könnten bis er zur Beifahrertür kam. Unbestritten und den Denkgesetzen entsprechend ergibt sich jedoch, daß der Dienstwagen unmittelbar hinter dem verfolgten Fahrzeug zum Stillstand gekommen sein muß. Dies muß aus dessen starken Bremsung und der unmittelbaren im angemessenen Sicherheitsabstand seitens des Einsatzfahrzeuges erfolgten Nachfahrt angenommen werden. Ein größerer Zeitraum bis zum Aussteigen, der gleichsam einem unmotivierten Zuwarten gleichkäme, muß zumindest als unwahrscheinlich erachtet werden. Hiefür finden sich neben den ohnedies anderslautenden Angaben der einschreitenden Gendarmeriebeamten auch keinerlei Anhaltspunkte. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, daß der beifahrende Beamte unnötig Zeit verstreichen lassen hätte sollen, ehe er sich aus dem Fahrzeug begab um das sofort nach der Anhaltung wahrgenommene hektische Treiben in diesem Fahrzeug aufzuklären. Wenn nun die Berufungswerberin bereits nach zehn Sekunden am Beifahrersitz angetroffen wurde, so könnte die vorher festgestellte Hektik im Fahrzeug tatsächlich seine Ursache im plötzlich vom Fond nach vorne krabbelnden und von der Mutter wieder nach hinten beförderten Kind gehabt haben. Dies wurde von der Berufungswerberin und von G. U anläßlich deren Verantwortung zumindest in nachvollziehbarer und weitgehend übereinstimmender Weise ausgeführt. Auch nicht koordinierbare spontane Zwischenfragen konnten von beiden Beschuldigten unmittelbar und logisch richtig beantwortet werden.

Die Aussage von Frau S, welche bestätigte, die Berufungswerberin nach dem Aufbruch vom Besuch bei ihr, auf der Beifahrerseite einsteigen gesehen zu haben, konnte für dieses Verfahren wohl nichts entscheidendes beitragen, weil sich diese Zeugin offenbar hinsichtlich des Datums um ein halbes Jahr geirrt haben dürfte. Von den häufigen Besuchen seitens der Berufungswerberin und des G. U bezog sich ihre geschilderte Erinnerung offenbar auf eine spezifische Situation ein halbes Jahr früher, nämlich den März 1998. Dennoch kann diese nicht sehr authentisch wirkende aber den Tatvorwurf nur indirekt relativierende Aussage die Berufungswerberin im Ergebnis nicht belasten oder ihre Verantwortung als unglaubwürdig erscheinen lassen.

Abschließend läßt sich folgern, daß die hier wohl auf durchaus logischen Schlußfolgerungen fußenden Anzeigefakten, die zusätzlich ihre Verstärkung im geradezu als absurd wie gefährdend zu qualifizierenden Bremsverhalten erfahren haben mögen, letztlich nicht als Beweis der Lenkeigenschaft der Berufungswerberin herhalten können. Da die Berufungswerberin von den Beamten tatsächlich nicht einmal zehn Sekunden nach der Anhaltung mehr am Fahrersitz betreten werden konnte, verbleiben hier zumindest erhebliche Zweifel am Beweis des Tatvorwurfes, sodaß der Verantwortung der Berufungswerber gefolgt und zumindest im Zweifel davon ausgegangen werden muß, daß sie nicht gelenkt hat. Auch das vermeintliche Erkennen von Konturen am Beifahrersitz und dessen Deutung als männliche Gestalt seitens der Gendarmeriebeamten ist zu vage, darin einen Beweis in dieser Wahrnehmung erblicken zu können. Diesbezüglich wäre auch die damalige Sitzposition und deren Höheneinstellung von Bedeutung gewesen. Diese wurde jedoch nicht festgestellt. Die Konturen der Schulterbreite und die Kopfform alleine scheinen im gegenständlichen Fall kein ausreichendes Unterscheidungskriterium zu bilden. Hiezu muß doch der Nachfahrabstand von 30 bis 50 m, die Leuchtstärke des Abblendlichtes und die herrschende Dunkelheit nahezu bei Neumond bedacht werden. Dahingestellt kann bleiben, ob letztlich einer wohl nicht routinierten und lenkberechtigungslosen Person ein solches Fahr- und Bremsverhalten überhaupt zugesonnen werden könnte.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

6.1. Als Konsequenz dieses Beweisergebnisses folgt daher in rechtlicher Hinsicht, daß, wenn ein eindeutiges Beweisergebnis nicht vorliegt, selbst wenn bloß Zweifel am Tatvorwurf bestehen, der Tatnachweis eben nicht erbracht ist und von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, 84/03/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

 

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