Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-102133/9/Bi/Fb

Linz, 03.11.1994

VwSen-102133/9/Bi/Fb Linz, am 3. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn JH, vom 1. Juli 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 20. Juni 1994, VerkR96/3606/1993, wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, aufgrund des Ergebnisses der am 19. Oktober 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 80 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i und 19 VStG, §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 eine Geldstrafe von 400 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden verhängt, weil er am 3. Dezember 1993 um 5.00 Uhr mit dem PKW RO-348 K auf der Rohrbacher Bundesstraße 127 im Bereich von Strkm 43,100 bis 42,900 in Getzing, Gemeinde Arnreit, die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit um 25 km/h überschritten habe. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 40 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung erhoben, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).

Am 19. Oktober 1994 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers sowie der beiden Meldungsleger VB/S K M und VB/S M Ö durchgeführt. Ein Vertreter der Erstinstanz ist nicht erschienen.

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, es könne nicht richtig sein, daß er sechseinhalb Monate nach Zurücknahme der Anzeige wegen Geschwindigkeitsüberschreitung im Ausmaß von 80 km/h nun wegen Überschreitung im Ausmaß von 75 km/h, die er ebenfalls nicht begangen habe, angezeigt werde. Er verweise auf seinen Einspruch vom 6. Jänner 1994 und ersuche das Verfahren einzustellen, da er keinen Tatbestand gesetzt habe.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Rechtsmittelwerber gehört und die angeführten Vertragsbediensteten, die mit dem Grenzüberwachungsdienst beim Gendarmeriepostenkommando Ulrichsberg beschäftigt sind, zeugenschaftlich einvernommen wurden.

4.1. Folgender Sachverhalt wird der Rechtsmittelentscheidung zugrundegelegt:

Die beiden Zeugen befanden sich am 3. Dezember 1993 gegen 5.00 Uhr mit einem nach außen hin erkennbaren Gendarmeriefahrzeug, das vom Zeugen Ö gelenkt wurde, auf einem Parkplatz neben der B127 beim Gasthaus "Grill", als ihnen der auf der B127 in Richtung Rohrbach fahrende PKW wegen überhöhter Geschwindigkeit auffiel. Bei der anschließenden Nachfahrt konnte der PKW kurz vor dem Ortsgebiet von Getzing eingeholt werden. Beide Zeugen gaben an, es hätte sich nie zwischen ihnen und dem PKW ein Fahrzeug befunden und sie hätten diesen auch nie aus den Augen verloren. Vor dem Ortsgebiet Getzing schloß das Gendarmeriefahrzeug in einer Enfernung von ca 70 m auf den PKW des Rechtsmittelwerbers auf, wobei der Zeuge Ö angab, er sei dem PKW ab der Fahrbahnkuppe, die sich ca 200 m bis 300 m vor dem Ortsgebiet von Getzing befindet, in annähernd gleichbleibendem Abstand nachgefahren. Der Zeuge M gab an, sie hätten bereits 500 m bis 600 m vor dem Ortsbeginn von Getzing auf den PKW des Rechtsmittelwerbers aufgeschlossen und seien ihm in annähernd gleichbleibendem Abstand von ca 70 m, was anhand der Leitpflöcke geschätzt worden sei, nachgefahren.

Beide Zeugen bestätigten, daß der Rechtsmittelwerber vor dem Ortsgebiet Getzing eine Geschwindigkeit von annähernd 100 km/h einhielt, das Fahrzeug in das Ortsgebiet hineinrollen ließ, ohne zu bremsen, und im Ortsgebiet eine Tachogeschwindigkeit von 80 km/h konstant einhielt. Die Fahrtstrecke im Ortsgebiet von Getzing betrage von Ortstafel zu Ortstafel genau 200 m und auch dort habe sich kein Fahrzeug zwischen ihnen befunden.

Aufgrund einer vor dem Vorfall mittels Lasermeßgerät durchgeführten Tachoüberprüfung beim Gendarmeriefahrzeug, einem Toyota mit 106 PS, hätten beide Zeugen gewußt, daß der Tacho des Gendarmeriefahrzeuges bei 80 km/h 5 km/h zuviel anzeige, sodaß sie davon ausgegangen seien, daß der Rechtsmittelwerber im gesamten Ortsgebiet Getzing auf einer Strecke von 200 m eine tatsächliche Geschwindigkeit von 75 km/h eingehalten habe.

Aufgrund der örtlichen Umstände sei der PKW erst kurz nach dem Ortsgebiet von Arnreit mittels Blaulicht angehalten worden, wobei der die Amtshandlung durchgeführt habende Zeuge Öller angab, der Rechtsmittelwerber hätte die Bezahlung eines Organmandates mit der Begründung abgelehnt, es sei kein Meßgerät verwendet worden und eine Geschwindigkeitsüberschreitung daher gar nicht feststellbar.

Der Rechtsmittelwerber hat den Vorfall so geschildert, daß er auf der Rohrbacher Umfahrungsstraße einen PKW mit Anhänger mit ca 130 km/h überholt habe, was ihm bei der Anhaltung durch die beiden Zeugen sofort vorgeworfen worden sei. Das Gendarmeriefahrzeug sei im übrigen nicht auf dem Parkplatz des Gasthauses "Grill", sondern erst in Rohrbach auf der Umfahrungsstraße gestanden. Kurz vor dem Ortsgebiet Getzing sei ihm in einer Entfernung von 150 bis 200 m hinter seinem PKW ein anderer PKW aufgefallen; ein Gendarmeriefahrzeug habe sich nie in einer Entfernung von 70 m hinter ihm befunden.

Beide Zeugen haben eine Anhaltung wegen eines Überholmanövers auf der B127 bestritten, wobei sich an ein solches Überholmanöver keiner der Zeugen erinnern konnte. Zum Standort des Gendarmeriefahrzeuges wurde eingewendet, es könne sein, daß auf der Umfahrungsstraße im Bereich von Rohrbach ein weiteres Gendarmeriefahrzeug der gleichen Art wie das verwendete Fahrzeug gestanden sei, da es im Bezirk Rohrbach vier Gendarmeriefahrzeuge der Marke Toyota gebe.

Außerdem betonten beide Zeugen, der von ihnen eingehaltene Nachfahrabstand von 70 m sei anhand der Leitpflöcke geschätzt worden und habe nie 150 m bis 200 m betragen.

Seitens des unabhängigen Verwaltungssenates bestehen keine Anhaltspunkte für Zweifel am Wahrheitsgehalt der Aussagen der beiden Zeugen, die bei ihren Einvernahmen auf die Bestimmung des § 289 StGB hingewiesen wurden. Die Aussagen des Rechtsmittelwerbers im Hinblick auf das behauptete Überholmanöver sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Zur Möglichkeit der Geschwindigkeitsfeststellung durch die geschilderte Nachfahrt ist ausführen, daß die Nachfahrtstrecke im Ortsgebiet Getzing 200 m und vor dem Ortsgebiet Getzing unter Zugrundelegung der Aussage des Zeugen Ö jedenfalls 200 m bis 300 m betragen hat. Daraus ergibt sich aber auch, daß die Nachfahrtstrecke vor Beginn des Ortsgebietes Getzing ausreichend lang war, um die langsame Geschwindigkeitsreduzierung des PKW des Rechtsmittelwerbers - dieser hat laut Aussage des Lenkers des Gendarmeriefahrzeuges, des Zeugen Ö, vor dem Ortsgebiet nicht abgebremst, sondern den PKW in das Ortsgebiet hineinrollen lassen - entsprechend zuordnen und den Nachfahrabstand anpassen zu können. Das Ortsgebiet Getzing selbst ist auf der B127 genau 200 m lang. Unter Zugrundelegung eines jedenfalls 9 sec dauernden Zeitraumes, den ein nachfahrender PKW-Lenker braucht, um den gleichbleibenden Abstand zum Vorderfahrzeug samt zweimaliger Tachokontrolle der Nachfahrgeschwindigkeit unter gleichbleibendem Nachfahrabstand benötigt, ergibt sich bei einer Geschwindigkeit von 75 km/h ein Weg von jedenfalls 188 m, der in dieser Zeit zurückgelegt wird. Da dieser Weg innerhalb der zur Verfügung stehenden Fahrstrecke im Ortsgebiet liegt, besteht seitens des unabhängigen Verwaltungssenates kein Zweifel an der tatsächlichen Möglichkeit der beiden Zeugen zur Geschwindigkeitsfeststellung beim PKW des Rechtsmittelwerbers.

Daß eine Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand ein ausreichendes Beweismittel darstellt, wird vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung bestätigt (vgl ua Erkenntnis vom 16. Dezember 1992, 92/02/0238).

Zu den Berufungsausführungen ist zunächst zu bemerken, daß seitens der Erstinstanz in der Strafverfügung irrtümlicherweise angeführt wurde, die Geschwindigkeitsfeststellung sei mittels Meßgerät erfolgt, obwohl bereits in der Anzeige sichergestellt war, daß ein Meßgerät, unter dem üblicherweise ein Radar, eine Laserpistole oder ähnliches zu verstehen ist, nicht verwendet wurde. Aus diesem Grund erfolgte im Spruch des Straferkenntnisses diesbezüglich eine Änderung, ebenso wie die dem Tatvorwurf nunmehr zugrundegelegte und auf den Angaben der beiden Zeugen basierende Geschwindigkeit um 5 km/h niedriger angenommen wurde. Eine Einschränkung des Tatvorwurfs in dieser Hinsicht ist im Hinblick auf die Bestimmung des § 44a Z1 VStG jederzeit möglich; Hinweise auf eine bereits eingetretene Verjährung sind aus dem Akt nicht ersichtlich, zumal weder die Anzeige "zurückgenommen" noch seitens der Erstinstanz ein Verfahren eingestellt wurde.

Das Argument des Rechtsmittelwerbers, der Sachbearbeiter der Erstinstanz habe am 20. Juni 1994 ihm gegenüber geäußert, er werde den beiden Vertragsbediensteten der Gendarmerie klarmachen, daß eine Nachfahrt auf diese Weise kein taugliches Beweismittel zur Geschwindigkeitsfeststellung sei, weil kein Meßgerät verwendet worden sei, geht nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates schon deshalb ins Leere, weil seitens der Erstinstanz am 20. Juni 1994 ein den Schuldspruch der Strafverfügung grundsätzlich bestätigendes Straferkenntnis erlassen und auch von der Möglichkeit der Berufungsvorentscheidung nicht Gebrauch gemacht wurde. Die vom Rechtsmittelwerber zum Ausdruck gebrachte Rechtsansicht wird vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht geteilt.

Es ist daher davon auszugehen, daß der Rechtsmittelwerber den ihm nunmehr zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Zur Strafbemessung ist auszuführen:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Der unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, daß die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum überschritten hätte. Insbesondere wurde die nunmehr zugrundegelegte niedrigere Geschwindigkeit und die Einschränkung des Tatvorwurfs im Hinblick auf das Meßgerät entsprechend bei der Strafbemessung berücksichtigt.

Auch auf die finanziellen Verhältnisse des Rechtsmittelwerbers wurde Bedacht genommen (15.000 S monatlich, sorgepflichtig für die Gattin und ein Kind). Die Strafe wurde gegenüber der in der Strafverfügung ausgesprochenen um mehr als die Hälfte reduziert; eine weitere Herabsetzung war unter Bedachtnahme darauf, daß die im Ortsgebiet erlaubte Höchstgeschwindigkeit immerhin um 25 km/h, sohin um die Hälfte, überschritten wurde, nicht gerechtfertigt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum