Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102142/11/Sch/Rd

Linz, 04.10.1994

VwSen-102142/11/Sch/Rd Linz, am 4. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Hans S, vom 19. Juli 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. Juni 1994, VerkR-96/15842/1993-Hu, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 30. September 1994 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 5.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf fünf Tage herabgesetzt werden.

Im übrigen wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, daß im Spruch des Straferkenntnisses die Wortfolge "...

unter besonders gefährlichen Verhältnissen, nämlich mit einer weit überhöhten Geschwindigkeit von 130 km/h ..." zu entfallen hat und die Wortfolge "... um 80 km/h ..." mit "... um 70 km/h ..." ersetzt wird.

Bei der übertretenen Verwaltungsvorschrift entfällt die Zitierung des § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960. Die Strafnorm lautet: § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960.

II. Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 500 S.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64ff VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 27. Juni 1994, VerkR-96/15842/1993-Hu, über Herrn Hans S, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs.2 iVm § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe von 6.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von acht Tagen verhängt, weil er am 5. Juli 1993 um 15.39 Uhr im Ortsgebiet von Traun, Johann-Roithnerstraße, ab dem Haus Nr. 108 bis in Höhe des Hauses Johann-Roithnerstraße 30, Fahrtrichtung stadteinwärts, das Kraftrad mit dem Kennzeichen unter besonders gefährlichen Verhältnissen, nämlich mit einer weit überhöhten Geschwindigkeit von 130 km/h, gelenkt und dadurch die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 80 km/h überschritten habe.

Überdies wurde der Berufungswerber zu einem Kostenbeitrag zum Verfahren in der Höhe von 600 S verpflichtet.

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat folgendes erwogen:

Eingangs ist zum Ausmaß der von der Berufungsbehörde als erwiesen angenommenen Geschwindigkeitsüberschreitung zu bemerken, daß sich dieses im wesentlichen auf die Angaben des zeugenschaftlich einvernommenen Meldungslegers sowie des Berufungswerbers selbst stützt. Das Nachfahren mit einem Fahrzeug hinter einem anderen Fahrzeug in annähernd gleichbleibendem Abstand stellt in der Regel ein taugliches Beweismittel im Hinblick auf Geschwindigkeitsfeststellungen dar. Im vorliegenden Fall war nach der glaubwürdigen Aussage des Zeugen RI H die Nachfahrstrecke in einem Ausmaß gegeben, daß an der festgestellten Geschwindigkeit grundsätzlich keine Zweifel bestehen. Dem Berufungswerber muß aber zugutegehalten werden, daß es sich bei dem seinerzeit verwendeten Polizeifahrzeug der städtischen Sicherheitswache Traun um eines gehandelt hat, bei dem der Tachometer weder radar- noch laserüberprüft war. Da der Meldungsleger angegeben hat, die Voreilung des Tachometers nicht berücksichtigt zu haben - aufgrund der nicht erfolgten Kontrolle durch Geschwindigkeitsmeßgeräte war ihm dies auch gar nicht möglich -, war dem Vorbringen des Berufungswerbers nicht entgegenzutreten, daß der Tachometer eine gewisse Voreilung hatte, was durchaus den technischen Gegebenheiten bei Fahrzeugen entspricht. Weiters ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, daß der Berufungswerber sich im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung im wesentlichen einsichtig gezeigt und nicht ausgeschlossen hat, daß er, wenn auch über eine relativ kurze Strecke, eine Fahrgeschwindigkeit von höchstens 120 km/h eingehalten haben konnte.

Gegenüber diesen Beweismitteln mußte die Aussage der einvernommenen Zeugin Roswitha K in den Hintergrund treten. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß der Beifahrer auf einem Motorrad bzw. in einem PKW nicht ständig auf den Tachometer blickt und die eingehaltene Fahrgeschwindigkeit im Auge behält; im übrigen wurde dies von der Zeugin auch gar nicht behauptet. Es kann also durchaus sein, daß die Zeugin aus ihrer Erinnerung den Sachverhalt subjektiv richtig geschildert hat, die objektiven Beweisergebnisse lassen jedoch keinen Zweifel daran, daß der Berufungswerber zumindest über eine kurze Wegstrecke eine Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h eingehalten hat.

Die Erstbehörde hat entgegen der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich das Überschreiten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit in einem beträchtlichen Ausmaß allein als Vorliegen besonders gefährlicher Verhältnisse qualifiziert. Daß diese Rechtsansicht nicht zutreffend ist, braucht nicht noch einmal erörtert zu werden (vgl. VwGH 11.1.1984, 82/03/0100 uva).

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses war daher sowohl in diesem Punkt als auch im Hinblick auf das Ausmaß der als erwiesen anzunehmenden Geschwindigkeitsüberschreitung entsprechend abzuändern.

Zur Strafzumessung ist folgendes zu bemerken:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, daß es durch massive Geschwindigkeitsüberschreitungen immer wieder zu einer zumindest abstrakten - Gefährdung der Verkehrssicherheit kommen kann. Die im vorliegenden Fall vom Berufungswerber im Ortsgebiet - wenn auch über eine relativ kurze Strecke eingehaltene Fahrgeschwindigkeit von 120 km/h rechtfertigt nach Ansicht der Berufungsbehörde die nunmehr festgesetzte Geldstrafe.

Die Herabsetzung derselben ist einerseits darin begründet, daß von einer Anwendung des § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 Abstand zu nehmen war und andererseits die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in dem von der Erstbehörde angenommenen Ausmaß gegeben war.

Einen wesentlichen Milderungsgrund stellt überdies die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers dar.

Trotz der eher als bescheiden anzunehmenden persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers muß ihm die Bezahlung der verhängten Geldstrafe, allenfalls im Ratenwege, zugemutet werden.

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

S c h ö n

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