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VwSen-102159/13/Ki/Shn

Linz, 18.10.1994

VwSen-102159/13/Ki/Shn Linz, am 18. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Manfred M, vom Juli 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 19. Juli 1994, Zl.VerkR96-1402-1-1994, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 17. Oktober 1994 zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II: Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 19. Juli 1994, Zl.VerkR96-1402-1-1994, über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt, weil er am 27.3.1994 um ca 15.00 Uhr als Zulassungsbesitzer des PKW die Begehung einer Verwaltungsübertretung dadurch vorsätzlich erleichtert hat, daß er diesem die Lenkung seines Fahrzeuges auf der Kleinraming-Landesstraße ab dem Gasthaus Froschauer in Kleinraming nach Maria Neustift überließ, obwohl sich Günter in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustande befand.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 10 % der Strafe (1.000 S) verpflichtet.

I.2. Dagegen hat der Berufungswerber fristgerecht berufen und beantragt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und in der Sache nach Durchführung eines mängelfreien Beweisverfahrens selbst zu entscheiden bzw das wider ihn eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen bzw in eventu die Sache zur Verfahrensergänzung bzw ergänzenden Beweisaufnahme der Behörde erster Instanz zurückzuverweisen.

In der Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, daß der Berufungswerber am Vorfallstag um etwa 13.00 Uhr im Gasthaus Froschauer die mit ihm befreundeten Personen Erich und Günter B traf. Im Laufe eines Gespräches habe ihn B ersucht, ihm seinen PKW zu leihen. Er sei zu Fuß unterwegs und habe zu Hause seine Brieftasche vergessen, sodaß er über kein Geld verfüge. Er habe B seinen PKW-Schlüssel ausgehändigt und dieser habe sich entfernt. In weiterer Folge habe er zusammen mit Erich S einige Biere und schärfere Getränke (glaublich Tequila) konsumiert.

Zum Zeitpunkt, als Herr B mit seinem PKW das Gasthaus verließ, sei dieser vollkommen fahrtauglich und in keinster Weise alkoholisiert gewesen und er habe sich dabei nichts gedacht, ihm seinen PKW zu überlassen. Wann Herr B wiederum ins Gasthaus zurückgekommen ist, ob dies eine halbe Stunde später war so wie er angegeben hat - könne er nicht sagen, da er aufgrund des fortgeschrittenen Alkoholkonsums bereits stark betrunken gewesen sei. Ihm sei an sich nicht erinnerlich, wie er anschließend auf den Rücksitz seines PKW's gelangen konnte bzw wo er bis zum Unfallzeitpunkt gelegen sei. Er könne nur vermuten, daß B und auch Schörkhuber ihn auf den Rücksitz verfrachtet hätten, um ihn nach Hause zu bringen. Das letzte, das er bewußt in Erinnerung habe, sei der Trinkbeginn mit seinem Freund S. In weiterer Folge sei sein Erinnerungsvermögen durch den starken Alkoholkonsum verblast. Das nächste, woran er sich erinnern könne, sei, daß er erst am darauffolgenden Dienstag im Krankenhaus wieder zu sich gekommen ist. Er habe keinesfalls damit rechnen müssen, daß sich Herr B während der Benützung seines PKW's alkoholisiere.

Es stehe nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit fest, daß er sein Fahrzeug einer alkoholisierten Person zum Lenken überlassen hätte, sodaß der wider ihn erhobene Vorwurf zu Unrecht bestehe.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Beweis wurde durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 1994 erhoben. Bei dieser Verhandlung wurden Erich S sowie Günter B als Zeugen einvernommen.

Teilgenommen haben an der Verhandlung der Rechtsvertreter des Beschuldigten sowie ein Vertreter der belangten Behörde.

Der Beschuldigte selbst war nicht anwesend.

I.5. Erich S hat bei seiner Einvernahme ausgeführt, daß er sich bezüglich des gegenständlichen Vorfalles an nichts mehr erinnern könne. Er sei kurz aus seiner Bewußtlosigkeit erwacht, als er aus dem Fahrzeug geschnitten wurde. Letztlich sei er aber erst am Folgetag um 0.30 Uhr früh im Krankenhaus wieder erwacht. Er könne sich hinsichtlich des Vorfalltages an absolut nichts erinnern, zumal er eine Gehirnerschütterung gehabt habe. Bezüglich des Trinkverhaltens des Herrn B führte der Zeuge aus, daß ihm nicht bekannt sei, daß er hinsichtlich größeren Alkoholkonsums bzw Fahren in alkoholisiertem Zustand auffällig gewesen wäre.

Günter B gab als Zeuge an, daß er mit dem Berufungswerber befreundet sei und beide auch öfters zusammen fortgehen. Es sei meist jemand dabei, der nichts trinke und ausschließlich fahre. Er selbst habe schon einmal einen Führerscheinentzug gehabt und sich daraufhin vorgenommen, nichts mehr zu trinken, wenn er fahre. Am gegenständlichen Tag dürfte es etwas anders verlaufen sein, er könne sich das heute nicht mehr erklären. Herr M habe ihm auch sonst das Auto geborgt. Er selbst habe am 27. März 1994 kein Auto gehabt.

Auf den ausdrücklichen Hinweis, daß er (B)laut vorliegendem Verfahrensakt bei der Unfallaufnahme offensichtlich noch einigermaßen orientiert war, zumal er bei der Erstversorgung mitgeholfen hat und auch konkrete Angaben über den Unfall und seine Personalien machen konnte, führte der Zeuge aus, daß er sich trotzdem nicht mehr erinnern könne. Er sei erst im Krankenhaus wieder mehr oder minder zu Bewußtsein gekommen.

Es könne zutreffen, daß ihm M gegen 13.00 Uhr das Kfz überlassen habe, damit er sich von zu Hause seine Geldtasche holen könne bzw daß er dann nach seinem Eintreffen soviel getrunken habe, daß er letztlich die festgestellte Alkoholisierung erreichte und dann das Fahrzeug des M in Betrieb nahm. Er könne sich aber nicht mehr erinnern und habe seine Informationen ausschließlich über die Gendarmerie erhalten.

Der Zeuge wies auch darauf hin, daß die Wegstrecke vom Gasthaus nach Maria Neustift in einer Viertelstunde zu befahren sei. Seine Trinkgewohnheiten seien unterschiedlich, gelegentlich würden auch Bargetränke (zB Bacardi-Cola) getrunken. Er könne sich nicht erklären, daß es zur Inbetriebnahme des Fahrzeuges kam und er könne auch nicht aussagen, ob bzw wann er dem Beschuldigten die Schlüssel zurückgegeben habe. Der Zulassungsschein befinde sich normalerweise im Handschuhfach, dies könne er deshalb sagen, weil er sich schon öfters das Auto ausgeborgt habe.

I.6. Im Rahmen der freien Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß die Aussage der beiden Zeugen sich an den gegenständlichen Vorfall nicht mehr erinnern zu können, der Tatsache entspricht. Beide Zeugen haben ihre Aussagen nach ausdrücklicher Belehrung über die strafrechtlichen Konsequenzen einer falschen Zeugenaussage getätigt und es ist diese Möglichkeit auch aufgrund der beim Unfall erlittenen Verletzungen nicht von vorneherein auszuschließen.

Schlüssig ist auch die Argumentation des Berufungswerbers, wonach er B seinen PKW bereits um ca 13.00 Uhr überlassen habe und dieser zum Zeitpunkt noch nicht alkoholbeeinträchtigt gewesen ist.

Bezogen auf den konkreten Fall reicht daher der Sachverhalt nicht aus, um die Täterschaft des Beschuldigten mit einer für die Bestrafung ausreichenden Sicherheit anzunehmen.

I.7. Aufgrund der oben dargelegten Umstände hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich rechtlich erwogen:

Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, unterliegt gemäß § 7 VStG der auf dieser Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist.

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder Lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Ein wesentliches Tatbestandselement des § 7 VStG ist, daß die Veranlassung bzw Erleichterung hinsichtlich Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erfolgt, wobei bedingter Vorsatz genügt.

Dadurch, daß jemand einem anderen ein Fahrzeug überläßt, obwohl dieser sich in einem alkoholisierten Zustand befindet, ist in klarer Weise der im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfene gesetzliche Tatbestand erfüllt.

Könnte dieser Vorsatz dem Berufungswerber nachgewiesen werden, so wären im gegenständlichen Falle sämtliche Tatbilder, sowohl der der Bestrafung zugrundeliegenden Vorschrift als auch des § 7 VStG erfüllt.

Ein allfälliger Verbotsirrtum könnte in diesem Falle nur dann schuldentlastend wirken, wenn dieser erwiesenermaßen unverschuldet wäre und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte (§ 5 Abs.2 VStG). Ein Verbotsirrtum wäre sohin nur dann relevant, wenn diesbezüglich jegliche Fahrlässigkeit auszuschließen wäre. Dies wäre im konkreten Fall auszuschließen, zumal vom Berufungswerber als Besitzer einer Lenkerberechtigung zu erwarten ist, daß er die entsprechenden Verkehrsvorschriften kennt. Darüber hinaus ist von einem mit den rechtlichen Werten verbundenen Menschen zu erwarten, daß er es unterläßt, einer alkoholbeeinträchtigten Person sein Fahrzeug zu überlassen.

Es ist aber auch festzustellen, daß im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist, wonach das für den Beschuldigten günstigste Verfahrensergebnis der Entscheidung zugrundezulegen ist.

Wenn sohin nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, so hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

Im vorliegenden Falle ist wohl nicht auszuschließen, daß der Berufungswerber Herrn B seinen PKW in voller Kenntnis der Alkoholbeeinträchtigung seines Freundes überlassen hat. Es ist auch nicht auszuschließen, daß der Berufungswerber aus Angst um seinen eigenen Führerschein einer anderen Person das Lenken eines Kfz überlassen hat, wozu anzumerken ist, daß eine derartige Verhaltensweise besonders verwerflich wäre.

Nachdem alkoholisierte Verkehrsteilnehmer eine erhebliche Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer darstellen, was letztlich durch den verfahrensauslösenden Vorfall in klarer Weise bestätigt wurde, erscheint es auch geboten, Anstiftung und Beihilfe zum alkoholisierten Lenken in aller Strenge zu bestrafen.

Im vorliegenden Falle kann jedoch dem Berufungswerber eine tatsächliche vorsätzliche Beihilfe nicht hinreichend nachgewiesen werden. Es steht sohin nicht mit der zur Bestrafung erforderlichen Sicherheit fest, daß der Beschuldigte die vorgeworfene Verwaltungsübertretung tatsächlich begangen hat.

Die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat kann somit nicht erwiesen werden, es war daher der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z1 AVG).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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