Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102170/32/Fra/Ka

Linz, 05.10.1994

VwSen-102170/32/Fra/Ka Linz, am 5. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Manfred B, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 1.7.1994, VerkR-96/2121/1993/Hä, betreffend Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960, nach der am 30. September 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen Übertretung des § 5 Abs.2 iVm § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 9 Tage) verhängt, weil er am 20.2.1993 um 5.30 Uhr in Wels, auf der Vogelweiderstraße in Höhe des Hauses Nr.3 den PKW, Kennzeichen in südlicher Fahrtrichtung gelenkt hat, wobei er sich in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand und entgegen der von einem besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan an ihn gerichteten Aufforderung um 5.41 Uhr in Wels, Wachzimmer Polizeidirektion, eine Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt verweigerte.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren erster Instanz in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

I.2. Dagegen richtet sich die fristgerecht durch den ausgewiesenen Vertreter bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Diese sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Strafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

Zumal die Lenkereigenschaft bestritten wurde, wurde am 30.

September 1994 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in deren Rahmen die Beweise durch Befragung der maßgeblichen Zeugen aufgenommen wurden.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Berufungswerber ficht das gegen ihn erlassene Straferkenntnis in seinem vollen Umfange an und macht als Berufungsgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige Beweiswürdigung geltend, wobei er im wesentlichen ausführt, daß er bereits in seinem "Einspruch" vom 4.3.1993 eine Reihe von Zeugen namhaft gemacht habe und in seiner am 11. Juni 1993 abgegebenen Stellungnahme an die Erstbehörde die wahren Begebenheiten dargestellt habe. Im angefochtenen Straferkenntnis sei in keiner Weise zu entnehmen, ob die von ihm namhaft gemachten Zeugen einvernommen worden seien oder nicht. Diesem Straferkenntnis sei lediglich zu entnehmen, daß den Darstellungen des Rev.Insp. H und des Rev.Insp.

H gefolgt werde. Er wisse nicht, ob die von ihm beantragten Beweise entweder gar nicht aufgenommen wurden oder zumindest deren Ergebnisse seinem ausgewiesenen Vertreter zur Verfügung gestellt worden seien. Dieser Mangel sei jedenfalls entscheidungsrelevant, zumal bei entsprechender Würdigung der Beweisergebnisse bzw bei Einvernahme der noch namhaft gemachten Personen die Erstbehörde zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, insbesondere davon auszugehen sei, daß er zur Tatzeit sein Fahrzeug in keinerlei alkoholisiertem Zustand gelenkt habe.

Es entspreche nicht den Tatsachen, daß er das im Spruch angeführte Fahrzeug zur Tatzeit gelenkt hätte. Er habe sich in der Nacht vom 19.2.1993 auf den 20.2.1993 im Lokal "Vis a Vis" befunden und beabsichtigte, mit dem Taxi nach Hause zu fahren. Weil er noch die Fahrzeugpapiere und das Sparbuch aus seinem beim Lokal "Vis a Vis" abgestellten Fahrzeug holen wollte, setzte er sich gewohnheitsmäßig auf den Fahrersitz seines PKW, zumal sich diese Papiere im Handschuhfach befanden. Im Zuge dessen sei ein Streifenwagen stehengeblieben und er sei vom diensthabenden Beamten, Rev.Insp. Hipfl, aufgefordert worden, sein Fahrzeug in Betrieb zu setzen. Er habe jedoch sein Fahrzeug weder in Betrieb gesetzt, noch sei er mit diesem gefahren. Es habe hiefür auch keine Veranlassung gegeben. Der Umstand, daß von ihm eine Inbetriebnahme des Fahrzeuges nicht erfolgt sei, gehe auch eindeutig aus der Einvernahme des Norbert G hervor. Dieser lege dar, daß er ihm, schon bevor er sich zu seinem Auto begeben habe, mitgeteilt habe bzw dies gemeinsam beschlossen wurde, daß sie mit einem Taxi weiterfahren werden. Weiters werde von diesem Zeugen auch berichtet, daß vom Polizisten auch die Aufforderung gekommen sei, über die nächste Kreuzung zu fahren und anschließend zum rechten Fahrbahnrand hinzuzufahren. Es werde von diesem Zeugen deutlich festgehalten, daß er aber nicht gefahren sei. Da er somit sein Fahrzeug weder in Betrieb genommen habe noch gefahren sei, ist auch die Überprüfung des Alkoholgehaltes nicht zulässig gewesen.

Die zum Beweis dafür, daß der Beschuldigte sein Fahrzeug weder gelenkt noch in Betrieb genommen hat, nominierten Zeugen wurden bei der Berufungsverhandlung zur Sache einvernommen, wobei zusammenfassend zu den getätigten Aussagen folgendes festgehalten wird:

Die Tatsache, daß der Beschuldigte sein Fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat, könnte lediglich dann als erwiesen festgestellt werden, wenn man ausschließlich die Aussage des Polizisten H heranzieht. Nach dessen Meinung hat der Berufungswerber sein Fahrzeug gelenkt. Die Relativität dieser Aussage in bezug auf die Frage, ob der Beschuldigte sein Fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat, läßt bereits die Schilderung des zweiten Polizisten, nämlich des Zeugen H erkennen, wonach dieser definitiv nicht gesehen hat, daß der Beschuldigte das Fahrzeug gelenkt hat. Nach seiner Schilderung stand der PKW am rechten Fahrbahnrand und der Grund des Anhaltens des Polizeifahrzeuges war eigentlich der Zeuge G, welcher auf der Fahrbahn stand und sich von seiner Freundin Madaras herzlich verabschiedete. Die Zeuginnen M und F konnten den Beschuldigten zwar insofern nicht entlasten, als sie dezidiert nichts dazu aussagen konnten, ob der Beschuldigte sein Fahrzeug in Betrieb genommen hat, in Betrieb nehmen wollte oder gefahren ist. Sie konnten jedoch dazu Stellung nehmen, daß das Fahrzeug des Beschuldigten noch etwa an der Stelle stand, wo es der Beschuldigte vor dem Besuch des Lokals "Vis a Vis" abgestellt hatte. Die Zeugin M war bei dem Vorfall nicht dabei, sie konnte jedoch glaubwürdig schildern, daß sie der Beschuldigte nach Beendigung der Amtshandlung angerufen und ihr den Vorfall nach seiner Version schilderte. Der Zeuge G konnte den Beschuldigten dezidiert entlasten, indem er vorbrachte, sicher wahrgenommen zu haben, daß der Motor nicht gelaufen ist und die Fahrzeugschlüssel am Beifahrersitz lagen. Weiters habe er wahrgenommen, daß der Beschuldigte vom Polizisten H aufgefordert worden war, über die Saunakreuzung zu fahren, worauf ihm der Beschuldigte erwiderte, keinen Meter fahren zu wollen.

Zu diesen Aussagen wird festgestellt:

Es ist durchaus möglich, daß der Beschuldigte sein Fahrzeug in Betrieb genommen hat. Die vor dem O.ö. Verwaltungssenat getätigten Aussagen lassen jedoch nicht den für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Schluß zu, das Lenken oder Inbetriebnehmen des Fahrzeuges als erwiesen festzustellen, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt, daß der Beschuldigte bereits unmittelbar nach dem Vorfall die vom O.ö. Verwaltungssenat vernommenen Zeugen nominiert hat. Es bleibt unerfindlich, weshalb die Erstbehörde nicht sämtliche vom Berufungswerber nominierten Zeugen vernommen hat, zumal dem O.ö. Verwaltungssenat bekannt ist, daß dem Verantwortlichen des angefochtenen Straferkenntnisses, Herrn Häusler-Angeli, die Durchführung eines rechtsstaatlichen Verfahrens ein wichtiges Anliegen ist. Umso mehr kann vermutet werden, daß, falls die Erstbehörde sämtliche vom Beschuldigten nominierten Zeugen auch persönlich angehört hätte, diese zum selben Ergebnis wie nunmehr der O.ö.

Verwaltungssenat gekommen wäre. Es kann wohl begründetermaßen davon ausgegangen werden, daß die Ursache des Unterbleibens dieser Zeugenanhörungen wohl in der auch dem O.ö. Verwaltungssenat bekannten Überlastung des erstbehördlichen Referenten betreffend die Quantität der von ihm durchzuführenden Verfahrens zu suchen ist.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß nach Aufnahme der erforderlichen Beweise - wobei in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist, daß sämtliche Zeugen eindringlichst auf ihre Wahrheitspflicht erinnert und auf die strafrechtlichen Konsequenzen bei Verletzung dieser hingewiesen wurden - nach oben stehender Beweiswürdigung begründete Zweifel dahingehend bestehen, daß der Beschuldigte sein Fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen hat, weshalb nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" spruchgemäß entschieden wurde.

II. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Beilage Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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