Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-102182/4/Bi/Fb

Linz, 13.12.1994

VwSen-102182/4/Bi/Fb Linz, am 13. Dezember 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bissenberger über die Berufung des Herrn Gottfried H das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 12. Juli 1994, VerkR96-3334/1992, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Punkte 2) und 3) des angefochtenen Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich eingestellt wird.

Im Punkt 1) wird das Straferkenntnis vollinhaltlich hinsichtlich Schuld und Strafe bestätigt.

II. In den Punkten 2) und 3) entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Der Rechtsmittelwerber hat im Punkt 1) zusätzlich zum Kostenersatz erster Instanz den Betrag von 400 S, ds 20 % der verhängten Geldstrafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 2.

Alternative und 19 VStG, §§ 16 Abs.2a, 9 Abs.6 und 99 Abs.3a StVO 1960.

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2 und 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit dem oben angeführten Straferkenntnis über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen gemäß 1) und 3) je §§ 16 Abs.2a iVm 99 Abs.3a StVO 1960 und 2) §§ 9 Abs.6 iVm 99 Abs.3a StVO 1960 Geldstrafen von 1) und 3) je 2.000 S und 2) 800 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1) und 3) je zwei Tagen und 2) 24 Stunden verhängt, weil er am 22. März 1992 gegen 8.53 Uhr den PKW im Gemeindegebiet von Gmunden auf der B145 in Richtung Vöcklabruck gelenkt habe, wobei er 1) auf Höhe des Strkm 24,2 (Pollkreuzung) ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sei, links überholt habe; 2) anschließend nicht im Sinne der Richtungspfeile weitergefahren sei und 3) im Gemeindegebiet von Pinsdorf im Bereich zwischen Strkm 23,8 und 23,3 im dortigen Baustellenbereich ein mehrspuriges Kraftfahrzeug auf einer Straßenstrecke, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sei, links überholt habe.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von insgesamt 480 S auferlegt.

2. Dagegen hat der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da im einzelnen keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, weil ersichtlich wurde, daß das Straferkenntnis in den Punkten 2) und 3) aufzuheben war (§ 51e Abs.1 VStG) und hinsichtlich Punkt 1) im wesentlichen eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet, eine mündliche Verhandlung aber nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Der Rechtsmittelwerber macht im wesentlichen geltend, er könne nicht gleichzeitig im Gemeindegebiet von Gmunden und im Gemeindegebiet von Pinsdorf Übertretungen begehen, wobei das Straferkenntnis hinsichtlich seiner Angaben im Einspruch widersprüchlich sei. Hinsichtlich Punkt 2) rüge er das Fehlen einer rechtmäßigen Verordnung der Richtungspfeile und des Zeichens "Voranzeiger für Einordnen", wobei nicht einmal behauptet werde, daß jemand die im Punkt 2) des Spruchs vorgeworfene Verwaltungsübertretung angezeigt hätte. Das von ihm angeblich links überholte mehrspurige Kraftfahrzeug sei nicht konkretisiert. Außerdem gehe die Erstinstanz davon aus, daß er eine dem Anzeiger völlig unbekannte Person sei, obwohl die Erstinstanz dies nicht geprüft habe. Er sei damals als Autoverkäufer im Bezirk Gmunden tätig gewesen und das Kennzeichen sei im Großteil der Bevölkerung als "sein" Kennzeichen bekannt gewesen, sodaß die Erstinstanz ermitteln hätte müssen, ob ihn der Anzeiger kenne und allenfalls einen Grund habe, ihm "eins auszuwischen".

Hinsichtlich der Strafbemessung führt der Rechtsmittelwerber aus, die Behörde habe nicht festgestellt, daß mit den ihm vorgeworfenen Übertretungen eine Schädigung oder Gefährdung anderer Interessen verbunden gewesen wäre oder die Taten nachteilige Folgen nach sich gezogen hätten. Die Erstinstanz habe auch nicht sonstige bei der Strafbemessung zu berücksichtigende Verhältnisse gewertet, daher seien die ausgesprochenen Strafen zu hoch. Er ersuche daher um Einstellung des Verfahrens, in eventu Herabsetzung der Geldstrafen.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, daß der Rechtsmittelwerber vom Zeugen Robert H dem Meldungsleger RI B angezeigt wurde, weil er als Lenker eines PKW zur angeführten Zeit auf der B145 auf der Pollkreuzung den PKW des Zeugen trotz Überholverbot überholt habe, im Zuge des Überholvorgangs den dort befindlichen Linksabbiegestreifen entgegen der auf der Fahrbahn angebrachten Bodenmarkierungen befahren habe und im Gemeindegebiet von Pinsdorf im Baustellenbereich nochmals einen vor ihm fahrenden PKW trotz Überholverbot überholt habe.

Der Rechtsmittelwerber wurde vom Autohaus Gustav E, als verantwortlicher Lenker angeführt.

Im Einspruch gegen die Strafverfügung vom 2. Juni 1992 gab der Rechtsmittelwerber an, es sei richtig, daß er an diesem Tag Richtung Vöcklabruck unterwegs gewesen sei, er weise aber die Begehung von Verwaltungsübertretungen dabei entschieden zurück. Am 30. September 1992 hat der Rechtsmittelwerber angegeben, der 22. März 1992 sei ein Sonntag gewesen, und er sei um diese Uhrzeit vermutlich mit seiner Familie unterwegs gewesen und habe es sicher nicht eilig gehabt, daher könne er sich nicht vorstellen, die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen begangen zu haben.

Der Zeuge Robert H gab am 12. November 1992 bei der Erstinstanz an, der Lenker des angeführten PKW habe ihn unmittelbar nach der Ampel auf der Pollkreuzung im beschilderten Überholverbot überholt. Er habe vor der Kreuzung angehalten und, als die Ampel auf Grün umgeschaltet habe, sei der Beschuldigte nach links ausgeschert, habe ihn überholt und im Zuge des Überholmanövers den Linksabbiegestreifen entgegen der Bodenmarkierung befahren. 350 m nach der Pollkreuzung habe er im dortigen Baustellenbereich trotz Überholverbot erneut einen vor ihm fahrenden PKW überholt und dabei die höchstzulässigen Geschwindigkeiten ganz enorm überschritten.

Der Rechtsmittelwerber hat bei seiner neuerlichen Einvernahme am 15. Dezember 1992 seine bisherigen Angaben aufrechterhalten und nochmals die Einstellung des Verfahrens beantragt.

Eineinhalb Jahre später erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 16 Abs.2 lit.a StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges mehrspurige Kraftfahrzeuge auf Straßenstrecken, die durch das Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gekennzeichnet sind, nicht überholen; es darf jedoch überholt werden, wenn rechts zu überholen ist.

Bereits aus der Anzeige geht eindeutig hervor, daß der Zeuge Hufnagl als Lenker eines PKW, bei dem es sich ohne Zweifel um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug handelt, im Bereich der Pollkreuzung im Gemeindegebiet von Gmunden auf der B145 in Richtung Vöcklabruck fahrend, überholt wurde, obwohl dort ein deutlich sichtbar beschildertes Überholverbot besteht.

Dieses Überholverbot wurde vom Bezirkshauptmann von Gmunden mit Verordnung vom 13. November 1981, VerkR-703/1981, erlassen.

Der Rechtsmittelwerber hat im Einspruch nicht bestritten, an diesem Tag Richtung Vöcklabruck unterwegs gewesen zu sein, hat aber die Verwaltungsübertretungen grundsätzlich bestritten. Die Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses hinsichtlich der Fahrtrichtung sind für den unabhängigen Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar. Das Argument des Rechtsmittelwerbers, er sei an diesem Sonntag wahrscheinlich mit der Familie unterwegs gewesen und habe es daher sicher nicht eilig gehabt, schließt das angezeigte Fahrverhalten nicht von vornherein aus.

Der Rechtsmittelwerber hat nie die Behauptung aufgestellt, ihm sei der Anzeiger persönlich bekannt und er hat schon gar nicht behauptet, diesem jemals ein Fahrzeug verkauft oder nicht verkauft oder mit ihm sonst zu tun gehabt zu haben, sodaß dieser einen Grund gehabt hätte, ihm "eins auszuwischen". Aus welchem Grund daher die Erstinstanz diesbezüglich irgendwelche Ermittlungen anstellen hätte sollen, bleibt unerfindlich. Auch ist nicht auszuschließen, daß es im Bezirk Gmunden Personen gibt, denen das Kennzeichen GM-AUTO 1 samt dazugehörigem Lenker unbekannt ist. Der Zeuge hat auch nicht den Rechtsmittelwerber persönlich angezeigt, sondern nur den unbekannten Lenker des PKW und zwar aufgrund des von ihm selbst wahrgenommenen Fahr verhaltens dieses Lenkers. Nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates bestehen keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen, der bei seinen Angaben vor der Behörde unter der Wahrheitspflicht des § 289 StGB stehend das Verhalten des Rechtsmittelwerbers aus seiner Sicht geschildert hat. Zum einen hat der Zeuge weder Vor- noch Nachteile bei einer Bestrafung oder Nichtbestrafung des Rechtsmittelwerbers, zum anderen ist durchaus nachvollziehbar, daß sich ein PKW-Lenker, der seinen PKW beim Umschalten der Ampel von Rot auf Grün in Bewegung setzt und dabei von einem anderen PKW-Lenker, dem anscheinend das alles zu langsam geht, unter Mißachtung der Verkehrsvorschriften überholt wird und ein ähnliches Verhalten dieses Lenkers nach kurzer Wegstrecke erneut beobachtet, darüber so sehr wundert, daß er einem im Rahmen von Verkehrskontrollen Dienst versehenden Gendarmeriebeamten davon Mitteilung macht.

Das geschilderte Fahrverhalten des Rechtsmittelwerbers läßt sich unschwer unter den ihm vorgeworfenen Tatbestand subsumieren.

Der unabhängige Verwaltungssenat gelangt daher zu der Auffassung, daß der Rechtsmittelwerber den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.

Dem Argument des Rechtsmittelwerbers, die Übertretung habe keinerlei Folgen nach sich gezogen, ist aus dem Akteninhalt nichts entgegenzusetzen, allerdings ist aus einem derartigen Verhalten nicht auf ein eventuelles geringfügiges Verschulden des Rechtsmittelwerbers zu schließen. Das Überholen in einer derartigen Situation deutet für den unabhängigen Verwaltungssenat eher auf Vorsatz hin. Der Ausspruch einer Ermahnung war daher nicht gerechtfertigt.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 10.000 S Geldstrafe bzw zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Die Erstinstanz hat die vom Rechtsmittelwerber im Jahr 1992 angegebenen finanziellen Verhältnisse bei der Strafbemessung zugrundegelegt, die mangels konkreter Bestreitung auch im Rechtsmittelverfahren herangezogen werden.

Zutreffend wurden zwei einschlägige Übertretungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen als straferschwerend gewertet, Milderungsgründe sind nicht festzustellen.

Unter diesen Gesichtspunkten vermag der unabhängige Ver waltungssenat nicht zu erkennen, inwiefern die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zustehenden Ermessensspielraum überschritten haben könnte. Der Rechtsmittelwerber hat nicht geltend gemacht, welche "sonstigen" Umstände die Erstinstanz nicht berücksichtigt hätte. Der unabhängige Verwaltungssenat vermag sonstige Umstände auch nicht zu erkennen (der Rechtsmittelwerber weist eine einschlägige Vormerkung vom 2. April 1992, also nach der gegenständlichen Übertretung, auf, sodaß von einer wesentlichen Änderung seiner Einstellung nicht die Rede sein kann).

Auf dieser Grundlage war auch unter general- sowie spezialpräventiven Überlegungen der Berufung auch hinsichtlich der Strafhöhe keine Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Zu den Punkten 2) und 3) des Straferkenntnisses:

Weder hinsichtlich der genannten Bodenmarkierungen (Richtungspfeile) noch hinsichtlich des Überholverbotes im Baustellenbereich zwischen km 23,8 und 23,3 der B145 im Gemeindegebiet Pinsdorf liegen Verordnungen vor, sodaß die angeführten Verkehrsver- bzw -gebote keine rechtliche Grundlage besitzen.

Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Mag. Bissenberger

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum