Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102185/2/Fra/Ka

Linz, 03.10.1994

VwSen-102185/2/Fra/Ka Linz, am 3. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Günther D gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 12. Juli 1994, Zl.III-VU-2672/93/G, betreffend Übertretung des § 4 Abs.2 StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen. Die verhängte Geldstrafe wird von 1.500 S auf 1.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden auf 30 Stunden herabgesetzt.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz reduziert sich auf 100 S; zum Verfahren vor dem O.ö.

Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt, weil er am 11.11.1993 um 14.30 Uhr in Wels, Bahnhofstraße, vor dem Haus Nr.19 als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen nach einem Verkehrsunfall mit Personenschaden, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, es unterlassen hat, die nächste Sicherheitsdienststelle sofort zu verständigen.

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

I.2. Dagegen richtet sich die fristgerecht bei der Erstinstanz durch den ausgewiesenen Vertreter eingebrachte Berufung des Beschuldigten. Die BPD Wels legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Berufungswerber bringt vor, daß die Erstbehörde in ihren Feststellungen nicht den Umstand aufgenommen hat, daß der unfallbeteiligte Wimmer unmittelbar nach dem gegenständlichen Vorfall selbst angenommen hat, daß seine Schmerzen "gleich wieder vergehen würden". Dies bedeute nach Ansicht des Berufungswerbers nichts anderes, als daß es sich hiebei um nicht relevante Verletzungen und Schmerzen handelt. Der Berufungswerber vertritt die Ansicht, es sei unerheblich, ob der unfallbeteiligte W angegeben hat, ob er Schmerzen verspürt oder nicht, wenn er selbst angibt, daß er der Meinung sei, daß diese Schmerzen von keinerlei Relevanz sind. Die Erstbehörde hätte somit feststellen müssen, daß ihm nicht erkennbar gewesen sei, daß der unfallbeteiligte W verletzt war. Im übrigen habe er unverzüglich nach Mitteilung des unfallbeteiligten W, daß er angeblich doch Schmerzen von relevanter Bedeutung hätte, mit der Polizeidienststelle den Kontakt hergestellt.

Vollkommen überzogen sei auch die vorgenommene Strafbemessung. Wenn in der Begründung von einem "Fahrerfluchtdelikt" gesprochen werde, so übersehe hier die Behörde offensichtlich, daß er ohnehin unmißverständlich unverzüglich nach dem gegenständlichen Verkehrsunfall seinen Unfallgegner seine Identität nachgewiesen habe; die verhängte Geldstrafe von 1.500 S entspreche keinesfalls den Tatumständen. Es handle sich bei dem gegenständlichen Vorfall keinesfalls um ein Fahrerfluchtdelikt, sondern vielmehr um ein vollkommen vernachlässigendes Vorgehen seinerseits, sodaß schon aus diesem Grund die Strafe überzogen sei. Im übrigen sei ein Fehlverhalten seinerseits im Sinne des Fahrerfluchtdeliktes keinesfalls gegeben, sodaß § 21 VStG anzuwenden gewesen wäre. Der Berufungswerber stellt abschließend den Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Verfahrens in eventu auf Aufhebung des Straferkenntnisses und Zurückverweisung des Verfahrens an die Erstbehörde.

Hiezu wird ausgeführt:

Der Argumentation des Berufungswerbers hinsichtlich der Schuldfrage kann nicht gefolgt werden. Unstrittig ist, daß der unfallbeteiligte Wals Lenker eines Herrenfahrrades bei dem gegenständlichen Verkehrsunfall gegen die Türkante des Bschuldigten-PKW's gestoßen war und durch diesen Anstoß auf die Fahrbahn fiel. Unstrittig ist weiters, daß der unfallbeteiligte W durch diesen Sturz Verletzungen erlitt. Es kann dahinstehen, ob Wimmer subjektiv der Meinung gewesen sei, daß seine Schmerzen von keiner Relevanz sind, darauf kommt es nicht an. Maßgebend ist, ob mit Verletzungen gerechnet werden muß, auch wenn solche nicht äußerlich erkennbar sind. Kommt ein Radfahrer zu Sturz, muß mit einer hohen Wahrscheinlichkeit mit Verletzungen des Radfahrers gerechnet werden. Er wird diesbezüglich auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach auch der nicht offenbar unbegründete - Verdacht, daß eine andere Person verletzt worden sein könnte, genügt, um die Meldepflicht auszulösen (vgl. ua VwGH vom 22.3.1991, 90/18/0266). Es kommt nicht auf den Grad der Verletzung an, auch nicht nennenswerte Verletzung lösen die Verständigungspflicht nach § 4 Abs.2 aus (VwGH 27.4.1984, 83/02/0392 = ZfVB 1984/6/3415; 20.4.1988, 87/02/0118 = ZfVB 1989/1/152). Kommt bei einem Verkehrsunfall ein Radfahrer zu Sturz, muß mit Verletzungen gerechnet werden, auch wenn solche nicht äußerlich erkennbar sind (VwGH 25.11.1985, 85/02/0208 = ZFVB 1986/3/1349).

Der Berufungswerber hat daher den ihm zur Last gelegten Tatbestand zu verantworten, weshalb hinsichtlich des Schuldspruches die Berufung als unbegründet abzuweisen war.

Was die Strafbemessung anlangt, so kam der unabhängige Verwaltungssenat zur Auffassung, daß eine Reduzierung der Strafe auf das nunmehr festgesetzte Maß aus folgenden Gründen geboten war:

Vorerst ist festzustellen, daß die Erstbehörde unter Zugrundelegung der Strafzumessungskriterien des § 19 VStG im Rahmen des gesetzlichen Strafsatzes keine hohe Strafe verhängt hat. Sie hat ein geschätztes Einkommen von 15.000 S monatlich angenommen, weiters Vermögenslosigkeit und keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten. Gegen diese Schätzung ist der Beschuldigte im Berufungsschriftsatz nicht entgegengetreten, weshalb der unabhängige Verwaltungssenat auch diese Annahmen der Strafbemessung zugrundelegt. Die Erstbehörde hat zutreffend den Umstand der Unbescholtenheit als mildernd gewertet. Weiters hat sie auf den hohen Unrechtsgehalt der sogenannten "Fahrerfluchtdelikte" hingewiesen. Im gegenständlichen Fall ist jedoch nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates weiters zu berücksichtigen, daß es sich um kein typisches Fahrerfluchtdelikt handelt, sondern der Beschuldigte sich mit dem Unfallbeteiligten "ausgleichen" wollte. Im übrigen hat der Beschuldigte um 16.00 Uhr des Tattages selbst den Unfall - wenn auch verspätet - gemeldet. Als erschwerend ist kein Umstand hervorgekommen. Die nunmehr verhängte Strafe bewegt sich im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens und ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates unter Berücksichtigung der sozialen und wirtschaftlichen Situation des Beschuldigten tat- und schuldangemessen. Die Anwendung des § 21 VStG konnte nicht in Betracht gezogen werden, zumal der Unfall sofort hätte gemeldet werden müssen und nicht erst nach einer Bedenkzeit nach Rücksprache mit einem Gendarmeriebeamten, weshalb von keinem geringfügigen Verschulden im Sinne des § 21 VStG auszugehen ist.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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