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des Landes Oberösterreich
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VwSen-102197/2/Ki/Shn

Linz, 11.10.1994

VwSen-102197/2/Ki/Shn Linz, am 11. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Hermann Bleier, Beisitzer Dr. Manfred Leitgeb, Berichter Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Otto W vom 8. August 1994 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 20. Juli 1994, Zl.VerkR96/3252/24-1993-Pi/Hs, hinsichtlich der Fakten 1 und 2 des Straferkenntnisses zu Recht erkannt:

I: Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird hinsichtlich der Fakten 1 und 2 behoben und diesbezüglich das Verfahren eingestellt.

II: Hinsichtlich der Fakten 1 und 2 des angefochtenen Straferkenntnisses entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG zu II: § 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 20. Juli 1994, VerkR96/3252/24-1993-Pi/Hs, dem Berufungswerber ua vorgeworfen, daß er am 26.11.1993 um ca 17.35 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen auf der Bundesstraße 129 von Alkoven kommend in Richtung Eferding bis zur Ortschaft Goldenberg in einem stark durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat, bzw daß er am 26.11.1993 um ca 18.30 Uhr den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen im Stadtgebiet Eferding von der Lidauer-Kreuzung kommend in die Ludlgasse in Richtung Oberschaden in einem stark durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

Er habe dadurch jeweils § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 iVm § 5 Abs.1 StVO 1960 verletzt und es wurden wegen dieser Verwaltungsübertretungen jeweils Geldstrafen in Höhe von 18.000 S (Ersatzfreiheitsstrafen jeweils 15 Tagen) verhängt.

Außerdem wurde er mit dem angefochtenen Straferkenntnis gemäß § 64 VStG insgesamt zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 4.200 S (10 % der verhängten Strafen) verpflichtet, wobei auf die verfahrensgegenständlichen Strafen ein Betrag von 3.600 S fällt.

I.2. Der Berufungswerber erhebt gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 8. August 1994 rechtzeitig Berufung und bemängelt im wesentlichen, daß das der Bestrafung zugrundeliegende amtsärztliche Gutachten keineswegs geeignet sei, mit Sicherheit festzustellen, ob tatsächlich eine Alkoholisierung vorgelegen sei. Die Erstbehörde habe es unterlassen, die behauptete Alkoholbeeinträchtigung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen festzustellen und habe das Vorliegen einer Alkoholisierung lediglich aufgrund der Anzeige von Zeugen vermutet bzw angenommen. Eine Messung bzw Bestimmung der Atemluft oder des Blutes sei unterblieben. Auch das nachträglich von der Erstbehörde aufgrund der Aktenlage eingeholte medizinische Gutachten könne nichts daran ändern, daß zu keinem Zeitpunkt eine objektivierbare Alkoholisierung festgestellt werden konnte, weil auch keine vorgelegen habe. Aufgrund des von der Erstbehörde festgestellten Sachverhaltes sei eine rechtliche Beurteilung, die zur Verletzung des § 5 Abs.1 StVO gelange, nicht zulässig.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch eine Kammer zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war hinsichtlich der gegenständlichen Fakten nicht anzuberaumen, da sich bereits aus der Aktenlage eindeutige Anhaltspunkte für die spruchgemäße Entscheidung ergeben (§ 51e Abs.1 VStG).

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt Beweis erhoben. Aus den vorliegenden Verfahrensunterlagen geht hervor, daß den verfahrensgegenständlichen Bestrafungen die Zeugenaussagen zweier Privatpersonen und ein aus diesen Aussagen resultierendes Gutachten einer medizinischen Amtssachverständigen zugrundegelegt wurden. Ein Alkotest oder eine klinische Untersuchung bzw allenfalls eine Blutabnahme wurden weder zum Tatzeitpunkt noch zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommen.

I.5. Aufgund des vorliegenden Beweisergebnisses hat der O.ö. Verwaltungssenat rechtlich wie folgt erwogen:

Gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung darf, wer sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, ein Fahrzeug weder Lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 %o) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person als von Alkohol beeinträchtigt.

Dazu ist zunächst festzustellen, daß auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist, wonach das für den Beschuldigten günstigste Verfahrensergebnis der Entscheidung zugrundezulegen ist. Wenn sohin nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

Im gegenständlichen Falle hat die medizinische Amtssachverständige in einem Gutachten festgestellt, daß eine Reihe von durch einen Privatzeugen angeführten Symptomen den Schluß zulasse, daß beim Beschuldigten eine erhebliche Alkoholisierung (über 0,8 %o) zur Fahrtzeit 17.35 Uhr bestanden habe bzw daß die um 18.30 Uhr bestandene Alkoholisierung damit begründet werde, daß der Beschuldigte in Anbetracht des geringfügigen Unfalles ein völlig inadäquates Verhalten gezeigt habe, das durch die enthemmende Wirkung des Alkohols zu erklären sei. Es sei auch auffällig, daß der Beschuldigte am 27.11.1993 in einem Telefonat mit Herrn Kreuzwieser nachgefragt habe, in welche Richtung dieser gefahren sei bzw daß sich der Beschuldigte ca eine Woche nach dem Unfall über den Unfallshergang erkundigt habe. Diesbezüglich sei eine Bewußtseinslücke anzunehmen, aufgrund der eindeutigen Alkoholisierungssymptomatik eine Stunde vor dem Unfall sei dies ebenfalls auf Alkoholisierung zurückzuführen.

Hiezu vertritt der O.ö. Verwaltungssenat die Auffassung, daß aufgrund der Zeugenaussagen bzw des vorliegenden amtsärztlichen Gutachtens wohl nicht auszuschließen ist, daß der Beschuldigte tatsächlich alkoholbeeinträchtigt gewesen ist. Andererseits scheint es aber doch bedenklich, lediglich die Aussage von Zeugen, welche letztlich lediglich das Ergebnis subjektiver Beobachtungen des Verhaltens des Beschuldigten wiedergeben, dem Vorwurf einer Alkoholbeeinträchtigung zugrundezulegen. Die gutächtlichen Feststellungen im Gutachten der Amtssachverständigen stehen - objektiv gesehen - nicht mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen in Widerspruch, konkret auf den Beschuldigten bezogen sind jedoch die Aussagen im vorliegenden Falle nicht mit der zur Bestrafung ausreichenden Sicherheit zu verwerten. Der O.ö.

Verwaltungssenat vertritt die Auffassung, daß der Nachweis einer Alkoholbeeinträchtigung einer konkreten Person letztlich ausschließlich durch Vornahme eines Alkotests oder einer klinischen bzw Blutuntersuchung zu führen ist. Es ist nämlich nicht auszuschließen, daß die festgestellten Symptome auch durch andere Umstände, etwa durch Einnahme von Medikamenten oder sonstige körperliche bzw geistige Beeinträchtigungen hervorgerufen worden sein könnten. In bezug auf die unsichere Fahrweise hat überdies der Beschuldigte argumentiert, daß zum Zeitpunkt des ersten Tatvorwurfes eine äußerst schlechte Fahrbahn und schlecht Sichtverhältnisse geherrscht hätten und er aufgrund dieser Tatsache ein besonderes Maß an Sorgfalt beim Lenken des PKW's an den Tag gelegt habe.

In diesem Zusammenhang ist auch auf das Erkenntnis des Verwaltungssgerichtshofes vom 5.10.1988, ZVR 1990/9, hinzuweisen, wonach ua Alkoholisierungssymptome, wie Alkoholgeruch der Atemluft und gerötete Augenbindehäute, für sich alleine keinen sicheren Beweis für das Vorliegen einer relevanten Alkoholbeeinträchtigung darstellen.

Um ein für eine Bestrafung sicheres Beweisergebnis zu erlangen, hätte man den Beschuldigten im Anschluß an die der Bestrafung zugrundeliegenden Geschehnisse auszuforschen gehabt und einer entsprechenden Untersuchung bezüglich Alkoholbeeinträchtigung unterziehen müssen.

Nachdem somit dem Beschuldigten konkret nicht nachgewiesen werden kann, daß er zu den Tatzeitpunkten tatsächlich im Sinne der zitierten Bestimmung der StVO 1960 alkoholisiert gewesen wäre, kann die ihm zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden. Es war somit der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z1 AVG).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

III. Hinweis: Bezüglich der Fakten 3 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses ergeht eine gesonderte Erledigung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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