Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102221/9/Ki/Shn

Linz, 29.11.1994

VwSen-102221/9/Ki/Shn Linz, am 29. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Dietmar M, vom 8. August 1994, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 21. Juli 1994, Zl.VerkR96-1319-1993-Win-Kne, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 23. November 1994 zu Recht erkannt:

I: a) Bezüglich Faktum 1 wird der Berufung stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

b) Bezüglich der Fakten 2, 3 und 4 wird die Berufung hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen.

Diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß als Tatzeit "5. Mai 1993, 0.35 Uhr bis 0.40 Uhr" festgestellt wird.

Hinsichtlich der Strafe wird diesbezüglich der Berufung Folge gegeben und es werden die gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO verhängten Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafen bezüglich Faktum 2 auf 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden), bezüglich Faktum 3 auf 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) und bezüglich Faktum 4 auf 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) herabgesetzt.

c) Bezüglich Faktum 5 wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Das angefochtene Straferkenntnis wird diesbezüglich nach der Maßgabe bestätigt, daß als Tatort "Ortschaftsbereich Erdmannsdorf" festgestellt wird.

II: a) Bezüglich Faktum 1 entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

b) Bezüglich der Fakten 2, 3 und 4 werden die Beiträge des Berufungswerbers zu den Kosten des Verfahrens vor der Strafbehörde auf 150 S (Faktum 2), 200 S (Faktum 3) bzw 200 S (Faktum 4), ds insgesamt 550 S, herabgesetzt; zu den Kosten des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat ist hinsichtlich dieser Fakten kein Beitrag zu leisten.

c) Bezüglich Faktum 5 hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten 1. Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag von 60 S, ds 20 % der verhängten Strafe, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 19, 24, 51 und 45 Abs.1 Z1 VStG zu II: §§ 64 Abs.1 und 2 und 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 21. Juli 1994, VerkR96-1319-1993-Win-Kne, dem Berufungswerber vorgeworfen, daß er am 5.5.1993 den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen auf der B127 1) im Bereich von Strkm 21,8 bis 22,7, Gemeindegebiet von Herzogsdorf, mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h gelenkt und dadurch die durch Vorschriftszeichen festgesetzte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 40 km/h überschritten hat.

2) Im Zuge der unter Z1 genannten Fahrt von Strkm 22,7 bis 24,78, Gemeindegebiet St. Martin/Mkr, die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 40 km/h überschritten hat.

3) In der Folge von Strkm 24,78 bis 25,17 der B127, Gemeindegebiet St. Martin/Mkr, das Vorschriftszeichen "erlaubte Höchstgeschwindigkeit 70 km/h" mißachtet hat, weil er seinen PKW mit einer Geschwindigkeit von 140 km/h lenkte.

4) Er weiters bei der obgenannten Fahrt im Bereich von Strkm 25,17 bis 27,2 der B127, Gemeindegebiet St.Martin/Mkr, die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit um 60 km/h überschritten und 5) er als Lenker des PKW RO-312Z seinen Führerschein nicht mitgeführt und diesen einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes auf Verlangen zur Überprüfung nicht ausgehändigt hat.

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über ihn folgende Strafen verhängt:

1) 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960; 2) 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 120 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960; 3) 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 180 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960; 4) 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 180 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960; 5) 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 18 Stunden) gemäß § 134 Abs.1 KFG 1967.

Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens von insgesamt 1.030 S verpflichtet.

I.2. Der Berufungswerber erhebt gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 8. August 1994 rechtzeitig Berufung und beantragt das gegenständliche Straferkenntnis zu beheben und im Hinblick auf die vom Beschuldigten tatsächlich eingestandenen Geschwindigkeitsüberschreitungen eine tatund schuldangemessene Strafe, die im Bereich mehrerer 100 S liegen könne, zu verhängen.

Er unterstellt dem Strafverfahren dahingehend eine Mangelhaftigkeit, daß im erstinstanzlichen Verfahren ein ihm angebotener Entlastungszeuge von der Behörde nicht einmal gehört worden sei. Es sei dem Beschuldigten dabei im wesentlichen um den von den Beamten gelenkten PKW gegangen, es hätte sich nämlich tatsächlich um einen PKW der Marke VW Golf gehandelt.

Weiters bemängelt der Berufungswerber, daß die Behörde in der Beweiswürdigung ausschließlich die Aussagen der Gendarmeriebeamten nacherzähle. Auf die vorgebrachte technische Unmöglichkeit der Aussagen sei überhaupt nicht eingegangen worden. Es verstehe sich von selbst, daß es eine gewisse Zeit brauche, ehe zwei Gendarmeriebeamte in ein Auto steigen, dieses starten und sich in den Verkehr einordnen.

Es müsse dabei mindestens ein Zeitraum von 10 bis 12 sec veranschlagt werden. Nachdem bereits bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h in der sec etwas mehr als 28 m zurückgelegt werden, bedeutet dies, daß nur bei 100 km/h bereits eine Strecke von knapp 300 m zurückgelegt werde, ehe die Beamten überhaupt zum Wegfahren kommen. Aufgrund des Geschwindigkeitsunterschiedes vergrößere sich die Distanz auf mindestens 400 bis 500 m. Daß auf diese Distanz eine Schätzung absolut unmöglich sei, bedürfe keiner näheren Ausführungen. Zudem hätten aber die Beamten wesentlich schneller als der Beschuldigte fahren müssen, sonst hätten sie diesen nicht einholen können.

Zur Frage des Mitführens des Führerscheines wurde ausgeführt, daß der Beschuldigte auch über einen deutschen Führerschein verfüge. Er hätte zu diesem Zeitpunkt lediglich den deutschen Führerschein eingesteckt und den österreichischen Führerschein nicht mitgeführt. Er sei berechtigt, mit dem deutschen Führerschein auf österreichischen Straßen einen PKW zu lenken.

Weiters wird die Vorgangsweise der Meldungsleger bemängelt und dazu ausgeführt, daß das Nachfahren, insbesonders von Zivilstreifen aber auch von Streifenwagen, in der Praxis mitunter dazu führe, daß der mit überhöhter Geschwindigkeit Fahrende sich noch provoziert fühle und noch schneller rase.

I.3. Die Erstbehörde hat, ohne von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen, die Berufung samt Verfahrensakt dem O.ö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da hinsichtlich der einzelnen Verwaltungsstrafen weder primäre Freiheitsstrafen noch 10.000 S übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23. November 1994 Beweis erhoben. Bei dieser mündlichen Verhandlung wurden die Meldungsleger, BI Gerhard und GI Wilhelm E als Zeugen einvernommen. Weiters wurde an Ort und Stelle ein Lokalaugenschein durchgeführt und Herr Ing. Hubert L als Amtssachverständiger beigezogen.

Ein Rechtsvertreter des Beschuldigten hat an der Verhandlung ebenfalls teilgenommen, der Beschuldigte selbst sowie die belangte Behörde sind - unentschuldigt - nicht zur Verhandlung erschienen.

I.5. BI A hat bei seiner Einvernahme ausgeführt, daß er sich an den Vorfall noch einigermaßen erinnern könne.

Die beiden Beamten seien zum Vorfallszeitpunkt mit ihrem Dienstfahrzeug auf der Mühllackner Bundesstraße Richtung Rohrbacher Bundesstraße unterwegs gewesen. Im Kreuzungsbereich (bei km 20,6) habe gerade der Berufungswerber von Richtung Linz kommend den Kreuzungsbereich passiert und sie wären ihm, nachdem sie ohnehin Richtung Rohrbach einbiegen wollten, nachgefahren und hätten dabei festgestellt, daß er ziemlich schnell unterwegs gewesen sei. Er sei Lenker des Dienstfahrzeuges (VW Passat mit 115 PS) gewesen. Konfrontiert mit dem Berufungsvorbringen, es würde sich um einen VW Golf gehandelt haben, führte der Zeuge aus, daß es sich anhand der Fahrtenbücher belegen lasse, daß im gegenständlichen Falle der VW Passat im Einsatz gewesen sei, für die Funkpatrouille habe zum damaligen Zeitpunkt kein VW Golf zur Verfügung gestanden. Sie hätten dann sofort die Nachfahrt aufgenommen, er könne sich aber nicht mehr exakt erinnern, wie schnell er selbst gefahren sei, glaublich sei er die Höchstgeschwindigkeit (etwa 160 km/h bis 170 km/h) gefahren.

Im Bereich Gerling hätten sie dann einigermaßen zum Beschuldigtenfahrzeug aufgeschlossen. Das Blaulicht hätten sie erst kurz vor dem 70 km/h Bereich in Erdmannsdorf eingeschaltet, zumal sie dann sicher gewesen wären, daß sie den Berufungswerber erreichen können. Sie hätten Bedenken gehabt, daß der Berufungswerber, wenn das Blaulicht sofort eingeschaltet worden wäre, davongefahren wäre. Hinsichtlich der Wetter- und Fahrbahnverhältnisse könne er nichts mehr angeben, vermutlich sei es aber trocken gewesen.

Der Berufungswerber wäre dann mittels Blaulicht angehalten worden, vermutlich wären sie hinter dem Berufungswerber zum Stillstand gekommen. Er habe dann die folgende Amtshandlung durchgeführt, der Berufungswerber hätte zugegeben, daß er zu schnell unterwegs gewesen sei und hätte dies im Wege einer Organmandatsanzeige begleichen wollen. Bezüglich Vorweisen der Lenkerberechtigung könne er sich heute nicht mehr konkret erinnern. Daß der Berufungswerber im Bereich der 70 km/h Beschränkung in Erdmannsdorf die Geschwindigkeit reduziert habe, sei durch die dortigen Örtlichkeiten zu erklären. Beim Fahrzeug des Berufungswerbers handle es sich ebenfalls um einen VW Passat, ab dem Zeitpunkt, als sie den Berufungswerber eingeholt hatten, seien sie in einem gleichbleibenden Abstand zwischen 150 und 200 m nachgefahren, wobei sich keine Fahrzeuge zwischen dem Beschuldigtenfahrzeug und dem Dienstfahrzeug befunden hätten. Das Kennzeichen hätte jedenfalls bei der Anhaltung festgestellt werden können.

GI E war bei der gegenständlichen Amtshandlung Beifahrer im Dienstfahrzeug. Er hat bei seiner Aussage die Angaben des erstgenannten Zeugen im wesentlichen bestätigt.

An der der Anhaltung folgenden Amtshandlung hat er sich nicht beteiligt.

Vom Zeugen BI A wurde das Fahrtenbuch vorgelegt.

Unter fortlaufender Nr. 118 dieses Fahrtenbuches ist ausgeführt, daß vom 4. Mai 1993 20.00 Uhr bis 5. Mai 1993 08.00 Uhr die Sektorstreife mit dem Dienstkraftfahrzeug Kombi VW 35L Variant, BG 4526, eingesetzt war.

Im Rahmen des Lokalaugenscheines (Befahren der vorgeworfenen Tatstrecke) führte BI A aus, daß ihnen der Berufungswerber schon beim Einbiegen in die B127 (Strkm 20,6) aufgefallen sei. Bei km 21,3 hätten sie Sichtkontakt zum Beschuldigten gehabt, welcher in der folgenden Kurve nach km 21,5 wieder verloren ging. Bei der Kurve (km 21,8) hätten sie wieder Sichtkontakt zum Beschuldigtenfahrzeug gehabt, sie hätten sich dort ca 250 bis 300 m hinter dem Berufungswerber befunden. Aus der vor dem gegenständlichen Standort verlaufenden Kurve seien sie mit etwa 140 km/h herausgefahren und hätten bei Beginn der 80 km/h Beschränkung etwa auf 150 bis 200 m aufgeschlossen gehabt und dabei eine Geschwindigkeit von 120 km/h feststellen können. Es konnte festgestellt werden, daß die gegenständliche 80 km/h Beschränkung jedenfalls erst nach km 21,8 beginnt.

BI A führte diesbezüglich aus, daß der Berufungswerber bereits vor Ende der 80 km/h Beschränkung beschleunigt habe. In diesem Bereich habe Sicht zum Beschuldigtenfahrzeug bestanden, in den Kurven sei der Sichtkontakt jeweils unterbrochen gewesen. Kurz vor km 24,8 beginnt wiederum eine 70 km/h Beschränkung. Der Berufungswerber hat laut Aussage des Zeugen auf diese Beschränkung in keiner Weise reagiert und seine ursprünglich gefahrene Geschwindigkeit von 140 km/h beibehalten. Etwa auf Höhe von km 25,2 endet die 70 km/h Beschränkung. Der Zeuge führte bezüglich der Nachfahrt auf Befragen aus, daß er die ganze Strecke nachgefahren sei. Es könne bei einer derartigen Nachfahrt vorkommen, daß sich der Abstand geringfügig (etwa 20 bis 40 m) ändere. Er habe während der Nachfahrt immer wieder aufs Tacho geschaut und die Geschwindigkeit abgelesen.

Bezüglich Tachoabweichung sei bei 150 km/h eine Abweichung von 12 bis 13 % festzustellen, dies sei bei der Anzeige berücksichtigt worden.

Dem technischen Amtssachverständigen wurden dann folgende Beweisthemen gestellt:

1. Ist es technisch möglich, im konkreten Fall (siehe Lokalaugenschein) mit einem VW Passat (115 PS) auf einer Strecke von 1,8 km das Beschuldigtenfahrzeug bis auf einen Abstand von 150 - 200 m einzuholen.

2. Kann in bezug auf die festgestellte Strecke das Nachfahren mit dem Gendarmeriefahrzeug die in der Anzeige festgestellte Geschwindigkeit des voranfahrenden Fahrzeuges geschätzt werden.

"Zur 1. Frage kann festgestellt werden, daß über eine Strecke von 1,8 km und zwar von km 20,6, das ist die Einfahrt der Mühllackner Bundesstr. Ende B127 in Fahrtrichtung Rohrbach, bis zum km 22,2, wo der Meldungsleger aussagte, daß er auf das verfolgte Fahrzeug auf eine Distanz von ca 150 m aufgeschlossen hat, sich ergibt, daß es für das folgende Fahrzeug in dieser Distanz aufgrund der Fahrbahnverhältnisse und der Gegebenheiten der Fahrbahnführung möglich ist, das Fahrzeug so weit zu beschleunigen, daß innerhalb dieser 1,6 km die Verfolgung soweit aufgenommen werden kann, daß beim angegebenen Punkt von km 22,2 das sich verfolgte Fahrzeug in einem Abstand von 150 m befindet. Aus techn. Sicht ist diese Nachfahrt nachvollziehbar und es bestehen keine Bedenken, daß aufgrund der Leistung, Steigung oder sonstiger Umstände es nicht möglich wäre, von einem stehenden Fahrzeug Passat Variant mit 115 PS die Geschwindigkeit zu erreichen.

Zur 2. Frage, inwieweit vom Meldungsleger geschätzt werden kann, ob der Bw in den angegebenen Bereichen die Geschwindigkeit in dem angegenben Maß überschritten haben kann, kann folgendes festgestellt werden:

Zu Punkt 1 des Straferkenntnisses der BH Rohrbach kann ausgesagt werden, daß der Meldungsleger ausgesagt hat, daß er bei der Verfolgung erst bei km 22,2 auf das verfolgte Fahrzeug aufgeschlossen hat und nicht wie im Straferkenntnis angeführt bei km 21,8. Weiters kann in diesem Bereich ausgesagt werden, daß bei ca km 21,8 eine Eisenbahnkreuzung die Straße quert und dann die Straße so weiter verläuft, daß sie in einer ansteigenden Rechtskurve nach Rohrbach weiterführt. Im Bereich der ansteigenden Rechtskurve, welche sich vor dem Ende der 80 km/h Beschränkung befindet, kann ausgesagt werden, daß aufgrund der Sichtweite in dieser Kurve nicht nachvollzogen werden kann, ob in diesem Bereich der Bw die Geschwindigkeit in besagtem Ausmaß überschritten hat. Es wurde festgestellt, daß die Sichtweiten bis zu einer Weite von ca 130 m absinken am Anfang der Kurve und der Meldungsleger angegeben hat, daß er mit seinem Fahrzeug in einem Abstand von 150 - 200 m nachfuhr und in diesem Bereich die Sicht zum Bw verloren hat.

Zu Punkt 2 des Straferkenntnisses kann festgestellt werden, daß die Straße leicht ansteigt und wenn mit überhöhter Geschwindigkeit, wie in diesem Fall mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, in diesen Streckenabschnitt eingefahren wird, es durchaus möglich ist, diese Steigung mit Fahrzeugen, die eine Leistung von 115 PS ausweisen, mit einer Geschwindigkeit von 140 km/h und höher bewältigt werden könne.

Zu Punkt 3 des Straferkenntnisses kann festgestellt werden, daß sich dieser Teil auf einer Kuppe befindet und die Sichtweiten nicht eingeschränkt sind und der Straßenausbau eine Geschwindigkeit von 140 km/h zuläßt. An dieser Stelle ist eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h vorgeschrieben und es ist durchaus möglich, in einem Abstand von 150 m abzuschätzen, ob das vordere Fahrzeug diese Geschwindigkeit überschritten hat.

Bei Punkt 4 des Straferkenntnisses fällt die Straße in eine Senke ab, wobei es leicht möglich ist, die Fahrzeuge auf 160 km/h oder mehr km/h zu beschleunigen und die Sichtweiten und die Übersichtlichkeit der Straße ist gegeben, um eine derartige Geschwindigkeitsüberschreitung nachweisen zu können. Auch die Länge des Streckenabschnittes reicht aus, um die Geschwindigkeitsüberschreitung nachweisen zu können.

Abschließend kann angeführt werden, daß der Meldungsleger aussagte, daß diese Geschwindigkeiten, welche in der Anzeige bei der Darstellung der Tat angegeben wurden, solche Geschwindigkeiten sind, wo die Toleranzen des Tachometers, welcher durch Lasermessungen überprüft wurde, abgezogen sind. Aufgrund der Übersichtlichkeit der Strecke und des Streckenverlaufes und des Abstandes von ca 150 m bei der Nachfahrt kann ausgesagt werden, daß die Kriterien aufgrund der großen bzw langen Streckenabschnitte, wo mit gleichbleibender Geschwindigkeit verfolgt wurde, aus technischer Sicht erfüllt sind." Der Beschuldigtenvertreter hat auf Befragen ausgeführt, daß ihm nicht bekannt sei, daß der Berufungswerber eine Doppelwohnsitzbestätigung hätte, ihm sei bekannt, daß er schon seit längerer Zeit in Österreich lebe.

I.6. In freier Beweiswürdigung gelangt der O.ö.

Verwaltungssenat zur Auffassung, daß den Aussagen der Meldungsleger hinsichtlich der Fakten 2, 3 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses Glauben zu schenken ist.

Ihre Aussagen sind schlüssig und in bezug auf die nachweisbare Nachfahrtstrecke widerspruchsfrei. Insbesondere wurde im Rahmen des Lokalaugenscheins im Beisein des Amtssachverständigen die Nachfahrt vollzogen, wobei der die Amtshandlung durchführende Gendarmeriebeamte die in der Anzeige gemachten Angaben im wesentlichen bestätigt hat.

Weiters ist zu berücksichtigen, daß die Zeugen ihre Aussagen nach ausdrücklicher Belehrung auf die strafrechtlichen Konsequenzen einer falschen Zeugenaussage getätigt haben. Auch ist davon auszugehen, daß die Zeugen nicht willkürlich dem Berufungswerber die festgestellten Verwaltungsübertretung unterschieben würden und sie als geschulte Gendarmeriebeamte auch in der Lage waren, den gegenständlichen Sachverhalt objektiv und richtig zu beurteilen.

Bezüglich des im erstinstanzlichen Verfahren aufgebotenen Zeugen Mario Hötzendorfer ist festzustellen, daß die Angaben der Meldungsleger durch die Vorlage des Fahrtenbuches einwandfrei bestätigt wurden. Diesem Umstand entsprechend hat der Beschuldigtenvertreter auch ausdrücklich auf die Einvernahme dieses Zeugen verzichtet.

Was letztlich den Beschuldigten anbelangt, so konnte sich dieser in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin für den Berufungswerber belastend gewertet werden, im konkreten Falle aber wirkten doch die Angaben der Meldungsleger im Hinblick auf die zu bestätigenden Punkte des Straferkenntnisses aus den oben bereits dargelegten Gründen glaubwürdiger. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß der Beschuldigte zumindest eine geringfügige Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit zugestanden hat. Daß er die von den Meldungslegern festgestellte - massive - Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit nicht wahrgenommen habe, muß als bloße Schutzbehauptung gewertet werden.

Das Gutachten des Amtssachverständigen ist schlüssig und steht nicht im Gegensatz zu den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen. Unter Zugrundelegung der Zeugenaussagen bzw des Nachfahrens der fraglichen Tatstrecke hat der Sachverständige nachgewiesen, daß jedenfalls hinsichtlich der Fakten 2, 3 und 4 die von den Gendarmeriebeamten vorgenommene Schätzung der Geschwindigkeit durch Nachfahren möglich war. Hinsichtlich Faktum 1 allerdings kann nicht mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit gesagt werden, daß der Berufungswerber in diesem Bereich die Höchstgeschwindigkeit überschritten hat, zumal in diesem Bereich die Sichtweiten bis zu einer Weite von ca 130 m absinken und so die Meldungsleger den Sichtkontakt zum Berufungswerber verloren haben. Es bestehen sohin keine Bedenken, die vorliegenden Beweisergebnisse der Entscheidung zugrundezulegen.

I.7. Nach Würdigung der erhobenen Beweise hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Fahrzeuges die im Bereich des Vorschriftzeichens Geschwindigkeitsbeschränkung erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreitet.

Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf, sofern die Behörde nicht eine geringere Höchstgeschwindigkeit erläßt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.

Gemäß § 102 Abs.5 lit.a KFG 1967 hat der Lenker den Führerschein auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

Dazu ist zunächst festzustellen, daß auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist, wonach das für den Beschuldigten günstigste Verfahrensergebnis der Entscheidung zugrundezulegen ist.

Wenn sohin nach Durchführung aller Beweise und eingehender Beweiswürdigung Zweifel an der Täterschaft des Beschuldigten verbleiben, so hat nach dem genannten Grundsatz ein Freispruch zu erfolgen.

Bezüglich Faktum 1 des angefochtenen Straferkenntnisses hat die mündliche Berufungsverhandlung, insbesondere der im Beisein des technischen Amtssachverständigen durchgeführte Lokalaugenschein ergeben, daß aufgrund der vorhandenen Sichtweite, die Sichtweiten sinken bis zu einer Weite von ca 130 m ab, nicht nachvollzogen werden kann, ob der Berufungswerber die Geschwindigkeit im besagten Ausmaß tatsächlich überschritten hat. Diesbezüglich kann dem Berufungswerber nicht hinreichend nachgewiesen werden, daß er die vorgeworfene Verwaltungsübertretung begangen hat und es war daher in diesem Punkt der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen (§ 45 Abs.1 Z1 AVG).

Hinsichtlich der Fakten 2, 3 und 4 des angefochtenen Straferkenntnisses ist hingegen als erwiesen anzunehmen, daß der Beschuldigte die erlaubten Höchstgeschwindigkeiten in den im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses festgestellten Ausmaßen überschritten hat. Dies wurde von den Zeugen durch Nachfahren mit dem Dienstkraftfahrzeug in gleichbleibendem Abstand und Ablesen der eigenen Geschwindigkeit am Tachometer des Dienstfahrzeuges geschätzt.

Laut Rechtsprechung des VwGH ist das Nachfahren mit einem Behördenfahrzeug zur Ermittlung der Geschwindigkeit eines Kfz eine brauchbare Grundlage für die Ermittlung einer Geschwindigkeitsüberschreitung und es muß einem verkehrsgeschulten Gendarmeriebeamten ein, wenn auch nur im Schätzwege gewonnenes Urteil zugebilligt werden, ob ein Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit in erheblichem Maß überschreitet oder nicht.

Unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen bzw der gutächtlichen Äußerung des technischen Amtssachverständigen sind daher in diesen Punkten die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen als erwiesen anzusehen.

Hinsichtlich Punkt 5 des angefochtenen Straferkenntnisses argumentiert der Berufungswerber, daß er auch über einen deutschen Führerschein verfüge und er durchaus berechtigt gewesen wäre, mit diesem deutschen Führerschein auf österreichischen Straßen einen PKW zu lenken. Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, daß lediglich Personen, die sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland einen ordentlichen Wohnsitz haben, von einem ausländischen Führerschein, der vom Staat ihres Wohnsitzes ausgestellt ist, im Bundesgebiet Gebrauch machen können. Allerdings muß in diesem Falle eine Bestätigung der Behörde, in deren örtlichen Wirkungsbereich der Wohnsitz liegt, vorgewiesen werden, in der das Vorliegen eines Doppelwohnsitzes festgestellt wird (§ 79 Abs.3 KFG 1967).

Ungeachtet der Frage, ob der Berufungswerber tatsächlich auch im Ausland einen Wohnsitz hat, hat dieser eine Doppelwohnsitzbestätigung nicht vorgewiesen und auch nicht behauptet, eine solche zu besitzen. Er war demnach nicht berechtigt, im gegenständlichen Falle eine deutsche Lenkerberechtigung zu verwenden und es ist auch diese Verwaltungsübertretung als erwiesen anzusehen.

Zum Verschulden ist festzustellen, daß hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen ein fahrlässiges Verhalten genügt. Gründe, welche ein Verschulden des Berufungswerbers an der Verletzung der gegenständlichen Verwaltungsvorschriften ausschließen würden, wurden nicht behauptet und sind im Verfahren auch nicht hervorgekommen. Der Berufungswerber hat daher die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen auch zu vertreten.

Die vorgenommenen Spruchkorrekturen waren zur Konkretisierung des Strafvorwurfes erforderlich. Sie waren zulässig, zumal diese Umstände dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen wurden und auch eine allfällige Doppelbestrafung auszuschließen ist.

Entgegen der Rechtsmeinung des Rechtsvertreters des Berufungswerbers sind die in den Fakten 2, 3 und 4 vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht als Dauerdelikt zu betrachten. Durch Überschreiten der auf Freilandstraßen zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h wird § 20 Abs.2 StVO, durch Überschreiten einer durch Gebotszeichen kundgemachten Höchstgeschwindigkeit § 52 lit.a Z10a StVO verletzt, sodaß in diesen Fällen ungeachtet des Umstandes, daß die Geschwindigkeitsüberschreitungen im Zuge einer einzigen Fahrt begangen wurden, verschiedene Delikte vorliegen, die getrennt zu bestrafen sind (sh VwGH vom 25.10.1989, 89/03/0145 ua).

Was die Strafbemessung anbelangt, so handelt es sich laut ständiger Judikatur des VwGH bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die von der Behörde nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Eine Rechtswidrigkeit bei der Strafbemessung liegt dann nicht vor, wenn die Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen iSd Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung des § 60 AVG (§ 24 VStG) in der Begründung des Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Ziel des Gesetzes erforderlich ist.

Diesem Gebot ist die belangte Behörde nur teilweise nachgekommen, indem sie auf vier auf derselben schädlichen Neigung beruhende Vorstrafen bzw auf keine mildernden Umstände hingewiesen hat. Es wurde zwar ausgeführt, daß die Einkommens- und Vermögensverhältnisse berücksichtigt wurden, aus dem Verfahrensakt ist jedoch lediglich zu ersehen, daß der Genannte keine Sorgepflichten hat. Zu den Einkommensund Vermögensverhältnissen lagen im erstinstanzlichen Verfahren keine Angaben vor und hätte die belangte Behörde zumindest darlegen müssen, welche Daten sie diesbezüglich ihrer Entscheidung zugrundegelegt hat. Darüber hinaus findet sich im angefochtenen Straferkenntnis keinerlei Begründung, warum die belangte Behörde die Ersatzfreiheitsstrafen im Verhältnis zu den festgelegten Geldstrafen relativ hoch bemessen hat.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat nun die einzelnen Bestrafungen tat- und schuldangemessen festgelegt, wobei die extremen Geschwindigkeitsüberschreitungen zu berücksichtigen waren. Andererseits war aber auch darauf Bedacht zu nehmen, daß im Hinblick auf die Tatzeit naturgemäß ein geringes Verkehrsaufkommen war.

Wenn auch nicht ausdrücklich strafmildernd iSd § 19 Abs.2 VStG iVm den Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB, so kann dem Beschuldigten auch zugute gehalten werden, daß er letztlich die vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen zumindest teilweise eingestanden hat.

Der O.ö. Verwaltungssenat gelangt auch zur Auffassung, daß im Hinblick auf die Strafbemessung der Umstand zu berücksichtigen ist, daß die Gendarmeriebeamten dem Berufungswerber mehrere Kilometer ohne Verwendung des Blaulichtes nachgefahren sind. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß der Beschuldigte durch diese Vorgangsweise hinsichtlich Wahl der Fahrgeschwindigkeit provoziert wurde.

Der Argumentation der Meldungsleger, der Berufungswerber hätte im Falle einer Verwendung des Blaulichtes "davonfahren" können, kann seitens des O.ö.

Verwaltungssenates in keiner Weise gefolgt werden.

Weitere Milderungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen, straferschwerend mußte gewertet werden, daß der Beschuldigte bereits wiederholt wegen auf gleicher schädlicher Neigung beruhender Verwaltungsübertretungen bestraft werden mußte. Im Hinblick auf die im Rahmen der mündlichen Verhandlung, vom Vertreter des Beschuldigten zur Kenntnis genommene Schätzung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Einkommen von 15.000 S, kein Vermögen bzw keine Sorgepflichten) bzw auf die oben dargelegten Erwägungen erscheint die vorgenommene Herabsetzung der Geldstrafen bzw der Ersatzfreiheitsstrafen geboten. Eine weitere Herabsetzung ist im vorliegenden Falle jedoch sowohl aus generalpräventiven als auch insbesondere aus spezialpräventiven Gründen nicht vertretbar.

Hinsichtlich Faktum 5 wurde die Geldstrafe mit 1 % der vorgesehenen Höchststrafe (bis zu 30.000 S) äußerst gering bemessen und ist diesbezüglich eine weitere Herabsetzung nicht geboten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

II. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. K i s c h

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