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des Landes Oberösterreich
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VwSen-102230/16/Fra/Ka

Linz, 12.06.1994

VwSen-102230/16/Fra/Ka Linz, am 12. Juni 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Mag. Wolfgang B gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 11. Juli 1994, Zl. AZ: St.11.202/93-R, wegen Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt; der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Verfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 45 Abs.1 Z1 VStG; § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Übertretungen nach 1.) § 20 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden), nach 2.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960 eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden), nach 3.) § 52 lit.a Z10a StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden), nach 4.) § 20 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden), nach 5.) § 11 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und nach 6.) § 11 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 10.8.1993 um 22.22 Uhr in Linz, das KFZ mit Kz: gelenkt hat und 1.) auf der Freistädterstraße im Bereich des Koglerweges die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h überschritten hat, weil die Fahrgeschwindigkeit 140 km/h betrug, 2.) auf der Mauthausenerstraße die durch Verbotszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h überschritten hat, weil die Fahrgeschwindigkeit 90 km/h betrug, 3.) auf der Lachstattstraße im Bereich der Kreuzung mit dem Scheibenleitenweg die durch Verbotszeichen kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h überschritten hat, weil die Fahrgeschwindigkeit 60 km/h betrug, wobei er unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen eine Vorschrift der StVO verstoßen habe, weil es sich dort um ein steiles, schmales und teilweise unübersichtliches Straßenstück handelt, 4.) in weiterer Folge auf der Lachstattstraße in Richtung Am Pfenningberg auf einem steilen, schmalen und teilweise unübersichtlichen Straßenstück die Fahrgeschwindigkeit nicht diesen Straßen- und Sichtverhältnissen angepaßt hat, weil die Fahrgeschwindigkeit 80 km/h betrug und somit unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen eine Vorschrift der StVO verstoßen habe, wobei diese Überschreitungen durch Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand festgestellt wurden, 5.) an der Kreuzung mit der Mauthausenerstraße und 6.) von der Mauthausenerstraße nach links in die Lachstattstraße die Richtungsänderung nach links nicht so rechtzeitig angezeigt hat, daß sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen konnten, obwohl dadurch deren Gefährdung oder Behinderung möglich gewesen wäre. Die Strafen zu den Fakten 1.), 2.), 5.) und 6.) wurden gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 verhängt, die Strafen zu den Fakten 3.) und 4.) wurden gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO 1960 verhängt. Ferner hat die Erstbehörde gemäß § 64 VStG einen Kostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Strafen vorgeschrieben.

2. Dagegen richtet sich die fristgerecht durch die ausgewiesenen Vertreter des Beschuldigten bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Linz sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51c VStG).

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens erwogen:

3.1. Zum Faktum 1 (§ 20 Abs.2 StVO 1960):

Der Berufungswerber verweist hiezu auf die Einvernahme des Beamten Hanl, der aussagte, daß er mit dem Funkwagen nach einer Rechtskurve auf einen Abstand von ca. 100 m aufschließen konnte und dann die Geschwindigkeit auf ca. 140 km/h erhöht habe, wobei in den folgenden gekrümmten und unübersichtlichen Kurvenpassagen der Abstand zum Beschuldigten gleichgehalten wurde. Abgesehen davon, daß es aufgrund des angeblichen Abstandes zwischen seinem PKW und dem Funkwagen im Ausmaß von 100 m in einem kurvenreichen Straßenstück aufgrund der notwendigen Bremsungen und Beschleunigungen gar nicht möglich sei, einen gleichbleibenden Abstand einzuhalten, um eine objektive Geschwindigkeitsmessung durchzuführen, bestreite er ausdrücklich, die erlaubte Höchstgeschwindigkeit in diesem Bereich überschritten zu haben. Der Beamte Hanl gebe selbst ausdrücklich an, daß im Bereich Haus Freistädter Straße 496 eine objektive Geschwindigkeitsmessung in einem gleichbleibenden Abstand von ca. 100 m erstmals durchgeführt werden konnte. Diese Aussage bestätige seine Ausführungen, wobei zu dieser Aussage noch festzuhalten sei, daß im Bereich Haus Freistädter Straße Nr.496 eine objektive Geschwindigkeitsmessung durch Nachfahren technisch gar nicht möglich sei. In diesem Bereich könne zwar technisch gesehen eine Geschwindigkeit von 140 km/h erreicht werden, jedoch konnte diese Geschwindigkeit nur über eine Strecke von 112 m eingehalten werden, wobei dies einer Zeitspanne von 2,9 sec.

entspreche. Anschließend habe bereits eine Verzögerung eingeleitet werden müssen. Für den Polizeiwagen, der leistungsmäßig seinem PKW unterlegen war, sei von einer maximal durchgeführten Beschleunigung von 80 Prozent der Beschleunigung seines PKW auszugehen. Damit ergebe sich, daß vom Polizeiwagen auf der angeführten Meßstrecke auch eine Geschwindigkeit von 140 km/h erreicht werden konnte, jedoch lediglich über eine Strecke von 26 m, wobei dies einer Zeitspanne von rechnerisch 0,67 sec. entspreche. Es sei daher auf keinen Fall möglich gewesen, durch Nachfahren des Polizeiwagens eine Geschwindigkeit von 140 km/h zu messen, da diese Geschwindigkeit ausgehend von einem notwendigen Beobachtungszeitraum von 9 Sekunden, um eine objektive Geschwindigkeitsmessung durchführen zu können, über eine Strecke von 350 m von beiden Fahrzeugen hätte eingehalten werden müssen.

Die Ausführungen des Berufungswerbers fußen im wesentlichen auf das im Akt befindliche Gutachten des ständig gerichtlich beeideten Sachverständigen für das gesamte Kraftfahrwesen, Prof. Mag. Anton P (Ordnungsnr.47 bis 96). In diesem Gutachten kommt der Sachverständige zum Ergebnis, daß es nicht möglich war, die dem Beschuldigten im Punkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung verläßlich zu messen, weil beide Fahrzeuge über eine Strecke von ca. 350 m diese Geschwindigkeit hätten einhalten müssen. Laut Berechnungen des Gutachters ergibt sich, daß vom Polizeiwagen auf der angeführten Meßstrecke auch eine Geschwindigkeit von 140 km/h erreicht, diese Geschwindigkeit jedoch nur über eine Strecke von ca. 26 m eingehalten werden konnte, was einem Zeitraum von rechnerisch 0,67 Sekunden entspricht. Der Gutachter stellt zusammenfassend fest, daß es aufgrund seiner Berechnungen grundsätzlich möglich war, an zwei Stellen der Freistädterstraße eine Geschwindigkeit von rd.

140 km/h zu erreichen, diese Geschwindigkeit jedoch nicht ausreichend lang eingehalten werden konnte, um eine entsprechende Geschwindigkeitsmessung durch ein nachfolgendes Fahrzeug durchzuführen. Dies auch durch den Umstand, daß beide Fahrzeuge nicht zur gleichen Zeit eine Geschwindigkeit von 140 km/h erreichen und einhalten konnten. Er räumt ein, daß die im erstinstanzlichen Gutachten des Amtssachverständigen getroffenen Feststellungen grundsätzlich technisch richtig sind und bestätigt werden können. Lediglich bei den erzielbaren Kurvengeschwindigkeiten sei von einem relativ hohen seitlichen Kraftschlußbeiwert von ca. 0,9 ausgegangen worden. Unabhängig davon sei richtigerweise festgestellt worden, daß für eine Geschwindigkeitsüberprüfung durch Nachfahren eine Zeitdauer von ca. 9 sec. zur Verfügung hätte stehen müssen, in der die Fahrzeuge mit konstanter Geschwindigkeit gefahren wurden. Aufgrund des vorliegenden Straßenverlaufes sei jedoch eine derartig lange Zeitspanne für eine konstante Geschwindigkeit von 140 km/h für ein Nachfahren nicht möglich gewesen.

Der O.ö. Verwaltungssenat ersuchte den im Berufungsverfahren beigezogenen straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen, Herrn OAR. Ing. Hubert S, um Überprüfung der Schlüssigkeit dieses Gutachtens.

Der Amtssachverständige führte im wesentlichen aus, daß auf Höhe des Hauses Freistädter Straße Nr.496 auch bei Ausnützung nur des rechten Fahrstreifens eine Geschwindigkeit von 140 km/h gefahren werden kann. Zur Feststellung der Geschwindigkeit durch Nachfahren muß ca. 9 sec. in einem gleichbleibenden Abstand hinter einem verfolgten Fahrzeug nachgefahren werden. In 9 sec.

durchfährt ein Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 140 km/h eine Wegstrecke von 350 m. Zu dieser Wegstrecke muß ein Nachfahrabstand von 100 m addiert werden, da beide Fahrzeuge sich während der Zeitdauer von 9 sec. in der Beobachtungsstrecke befinden müssen. Es würde daher mindestens eine Strecke von 450 m erforderlich sein, um eine Geschwindigkeit von 140 km/h durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand festzustellen. Zur Beantwortung der vom unabhängigen Verwaltungssenat gestellten Frage hielt es der Amtssachverständige für notwendig, den Straßenabschnitt auf der Freistädterstraße von Str.km.4,0 bis 3,150 zu betrachten. Dies ist der Abschnitt von der Linkskurve (Kurve 4 im Plan des Straßenverlaufes, Abschnitt 2 Freistädterstraße vom gerichtlich beeideten Sachverständigen, Beilage 2) bis zur Einbindung der Mauthausener Straße. In seiner abschließenden Beurteilung kommt der Amtssachverständige zum Ergebnis, daß, wenn in der Beweiswürdigung davon ausgegangen wird, daß die Meldungsleger in der Kurve 4 die Fahrbahnmitte teilweise oder ganz überschritten haben, ihnen eine Strecke von 540 m zur Verfügung stand, auf der sie eine Geschwindigkeit von 140 km/h einhalten konnten. Die Durchfahrtszeit für diese Strecke hätte 13,7 sec., die Beobachtungszeit hätte unter Abzug des Nachfahrabstandes 11,3 sec. betragen. Geht jedoch die Beweiswürdigung davon aus, daß die Meldungsleger in der Kurve 4 nur den rechten Fahrstreifen benutzt haben, dann wäre ihnen eine Wegstrecke von 416 m zur Verfügung gestanden, auf der sie eine Geschwindigkeit von 140 km/h einhalten konnten und es hätte die Durchfahrtszeit 10,7 sec.

betragen, die Beobachtungszeit hätte unter Berücksichtigung des Nachfahrabstandes von 100 m 8,1 sec. betragen.

Daraus ergibt sich, daß es der freien Beweiswürdigung unterliegt, in welcher Fahrlinie die Meldungsleger die Kurve 4 durchfahren haben, wobei sich Beobachtungszeiten zwischen 8,1 und 11,3 sec. ergeben. Lt. Meinung des Amtssachverständigen ergibt sich die Diskrepanz zum Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen Prof.

Mag. Anton Pleyer daraus, daß dieses Gutachten die Fahrlinienradien, die sich aufgrund der Fahrzeugbreite, der Fahrbahnbreite und der Richtungsänderung ergeben, nicht berücksichtigt bzw dem Gutachter die Fahrbahnbreite und die Kurvenüberhöhung aufgrund der Tatsache, daß er seine Ermittlungen auf den zur Verfügung gestellten Plan stützte, verborgen blieben.

Der Amtssachverständige kommt sodann zum Ergebnis, daß eine Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung von 40 km/h im gegenständlichen Straßenabschnitt grundsätzlich möglich ist, es jedoch der freien Beweiswürdigung unterliegt, wie die Meldungsleger diese Nachfahrt durchführten, insbesonders dahingehend, ob sie die Kurve 4 äußerst rechts oder unter Ausnützung des gesamten rechten Fahrstreifens bzw unter Ausnützung auch teilweise des linken Fahrstreifens bzw der ganzen Fahrbahnbreite durchführten.

Dieses Gutachten des Amtssachverständigen wurde neuerlich dem gerichtlich beeideten Sachverständigen, Prof. Mag. Anton P, zur Beurteilung vorgelegt. Prof. P führt in seinem Ergänzungsgutachten vom 25.4.1995 aus, daß der Amtssachverständige bei der Ermittlung seiner möglichen Fahrradien davon ausging, daß es sich bei den Kurvenverläufen um exakte Kreisbögen und auch bei der Fahrlinie des PKW um exakte Kreisbögen handelte. Dazu sei jedoch anzumerken, daß ohne graphische Unterstützung eine andere Methode der Rückrechnung auch nicht möglich ist.

Selbst unter der idealen Voraussetzung einer konstanten Bogenfahrt mit konstantem Radius wäre ein Fahrradius von 133 m unter Ausnützung der gesamten Fahrbahnbreite nicht möglich. Ein konstanter Bogenradius von 100 m wäre zwar möglich, allerdings wären dabei nur sehr geringe Übergangsbögen am Beginn und am Ende der Kurve möglich, sodaß dies tatsächlich nur bei einer sehr geringen Geschwindigkeit des PKW durchfahren werden könnte. Unter Berücksichtigung der Übergangsbögen während der Einlenk- und Auslenkphase des PKW ergibt sich im Kurvenstück 4 ein Scheitelradius des PKW im Bereich von 85 m. Dabei wurde bereits berücksichtigt, daß die gesamte Fahrbahnbreite vom PKW ausgenützt wurde. Letztlich kann eine absolut sichere Feststellung des möglichen Fahrradius aufgrund des Straßenverlaufes nicht erfolgen. Allerdings liegen die Abweichungen im Bereich von wenigen Prozenten. Vergleicht man dabei den Einfluß unterschiedlicher Beladungen beim PKW auf das Beschleunigungsverhalten, so ist hier bereits ein wesentlich höherer Einfluß auf eine Endgeschwindigkeit während der Beschleunigungsphase erkennbar. Letztlich geht der Kurvenradius in bezug auf die Kurvengeschwindigkeit degressiv ein.

Zusammenfassend bestätigt der Sachverständige Prof. Mag.

Anton P aufgrund der angeführten Ermittlungsweise der Kurvenradien die im Vorgutachten angeführten Berechnungsergebnisse und hält die Ergebnisse und Aussagen des Vorgutachtens vollinhaltich aufrecht.

Aufgrund der oben im wesentlichen dargestellten umfangreichen und schlüssigen Gutachten kann festgestellt werden, daß nur dann für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlicher zweifelsfreier Beweis für die dem Beschuldigten zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung vorläge, wenn feststehen würde, wie die Meldungsleger die Kurve 4 (äußerst rechts oder unter Ausnützung des gesamten rechten Fahrstreifens oder auch teilweise des linken Fahrstreifens bzw der gesamten Fahrbahnbreite) durchfahren haben. Aus dem gesamten bisherigen Verfahrensergebnis, insbesondere den Aussagen der Meldungsleger ist jedoch keinerlei Hinweis dafür gegeben, wie die Meldungsleger mit dem Funkstreifenwagen die in Betracht kommende Strecke durchfahren haben. Es erscheint nun völlig illusorisch, hier von den Meldungslegern rund 22 Monate nach dem Vorfall allenfalls nach zeugenschaftlicher Befragung eine entsprechend präzise Antwort zu bekommen, dies insbesondere auch unter dem Aspekt, als die Meldungsleger hinsichtlich der Fakten 2, 3 und 4 (siehe im näheren: unten) die Nachfahrstrecke betreffend vor der Bundespolizeidirektion Linz im März 1994 und vor dem Landesgericht Linz im Dezember 1993 widersprüchlich aussagten. Unabhängig davon ergibt sich aus dem Gutachten des Prof.Mag. Pleyer, daß selbst bei einer bestätigenden Aussage der Meldungsleger hinsichtlich der Annahme des Amtssachverständigen aus technischer Sicht, was die Durchfahrt der Kurve 4 anlangt, eine Feststellung der Geschwindigkeitsüberschreitung durch Nachfahren nicht möglich ist.

Ein für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlicher schlüssiger - Beweis hinsichtlich der gegenständlichen dem Beschuldigten zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitung liegt daher nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3.2. Zu den Fakten 2 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960), 3 (§ 52 lit.a Z10a StVO 1960 und 4 (§ 20 Abs.1 StVO 1960):

Die Behörde erster Instanz begründet diese Schuldsprüche im wesentlichen damit, daß der zugrundeliegende Sachverhalt durch die Wahrnehmungen der Polizeibeamten Adlberger und Hanl, welche die Geschwindigkeitsüberschreitungen durch Nachfahrt in gleichbleibendem Abstand einwandfrei festgestellt hätten, erwiesen sei.

Dem hält der Berufungswerber entgegen, daß dies lediglich eine Scheinbegründung darstelle. Die Erstbehörde habe sich in keiner Weise mit den Aussagen der Beamten, vor allem mit der Aussage der Beamten vor dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Linz auseinandergesetzt, obwohl sich sowohl aus den Angaben der Beamten in der Anzeige und der Meldung, aus der Zeugeneinvernahme vor der Behörde als auch aus der Zeugeneinvernahme vor dem Untersuchungsrichter des Landesgerichtes Linz eklatante Widersprüche ergeben haben.

Dieser Argumentation des Berufungswerbers kann nicht entgegengetreten werden, denn der Polizeibeamte Rev.Insp.

H am 15. Dezember 1993 vor dem Landesgericht Linz ua angegeben, den Beschuldigten auf dem Straßenstück zum Pfenningberg aus der Sicht verloren zu haben. Sie (gemeint: er und sein Kollege A) hätten den Beschuldigten wieder eingeholt, als er gerade aus dem Auto beim Haus Pfenningberg Nr.4 ausstieg. Der Polizeibeamte A gab als Zeuge am 15. Dezember 1993 vor dem Landesgericht Linz ua an, den Beschuldigten aus dem Sichtbereich verloren zu haben, als dieser in die Mauthausenerstraße Richtung Pfenningberg einbog. Sie (gemeint: er und sein Kollege) hätten den Beschuldigten wieder eingeholt, als er vor dem Haus Pfenningberg Nr.4 eingeparkt hatte.

Der Beschuldigte hat bereits in seinem Einspruch gegen die vorangegangene Strafverfügung vom 5.1.1994 auf diese Aussagen hingewiesen und der Erstbehörde die entsprechenden Zeugenvernehmungsprotokolle übermittelt. Die Erstbehörde hat die Meldungsleger rd. sechs Wochen nach Erhebung des Einspruches zeugenschaftlich vernommen, wobei diese im wesentlichen angaben, die Übertretungen durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand festgestellt zu haben. Das angefochtene Straferkenntnis geht nun davon aus, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitungen - alle! - durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand einwandfrei - festgestellt wurden.

Die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses ignoriert die Aussagen der meldungslegenden Beamten vor dem Landesgericht völlig und weist somit lediglich ornamentalen Charakter auf.

Abgesehen davon, daß die Aussagen der Meldungsleger für die dem Beschuldigten unter diesem Punkt zur Last gelegten Übertretungen nicht als Beweis herangezogen werden können, wären noch folgende Umstände als entscheidungsrelevant anzusehen:

Die Geschwindigkeitsbeschränkung von 20 km/h auf der Lachstattstraße gilt laut eingeholter Verordnung nur für den talabwärts fließenden Verkehr, weshalb diesbezüglich dem Schuldspruch auch das rechtliche Substrat fehlt. Bezüglich des Faktums 4 fällt auf, daß im Schuldspruch keine Tatortkonkretisierung vorgenommen wurde, was, abgesehen von der Rechtswidrigkeit in bezug auf die Spruchanforderungen im Sinne des § 44a Z1 VStG noch deshalb von Relevanz ist, zumal die Lachstattstraße auch im örtlichen Bereich des Bezirkes Urfahr-Umgebung verläuft und aufgrund der vagen Tatortbeschreibung nicht auszuschließen ist, daß die BPD Linz als örtlich unzuständige Behörde eingeschritten ist.

Nach der Umschreibung des Schuldspruches in Punkt 2. hat der Berufungswerber auf der Mauthausener Straße eine Fahrgeschwindigkeit von 90 km/h eingehalten. Bedenkt man, daß der Beschuldigte auf der Mauthausener Straße zwei Mal abgebogen und das Straßenstück von der Kreuzung Freistädter Straße - Mauthausener Straße bis zur Abzweigung Lachstattstraße eine Länge von 320 m aufweist, ist es nicht möglich, auf der gesamten Strecke 90 km/h gefahren zu sein, wie dies die Erstbehörde dem Beschuldigten vorwirft. Ein Beweis für die dem Beschuldigten zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitungen liegt daher nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

3. Zu den Fakten 5 und 6 (jeweils § 11 Abs.2 StVO 1960):

Abgesehen vom fehlenden Nachweis der objektiven Tatseite zum Faktum 6 (siehe oben) setzt eine Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs.2 StVO 1960 eine konkrete Behinderung oder Gefährdung anderer Straßenbenützer voraus, dh die Anzeigepflicht besteht dann nicht, wenn andere Straßenbenützer durch den beabsichtigten Vorgang weder behindert noch gefährdet werden könnten (ständige Rechtsprechung des VwGH, vgl. ua VwGH 23.3.1984 ZfVB 1984/6/3410 uva). Das skizzierte Tatbild hat Folgen für den Inhalt des Schuldspruches (§ 44a Z1 VStG) und dessen Begründung (§ 60 AVG iVm § 24 VStG). Ein Schuldspruch erfordert entsprechende Feststellungen darüber, welche anderen Verkehrsteilnehmer in welcher Weise durch die Unterlassung der Anzeige behindert oder gefährdet wurden.

Fehlen derartige Feststellungen, so ist der Bescheid rechtswidrig (VwGH 5.9.1986, ZfVB 1987/3/1337). Dem Akt sind keinerlei Anhaltspunkte zu entnehmen, daß sich zum gegenständlichen Zeitpunkt andere Straßenbenützer auf der Fahrbahn befunden haben, weshalb davon auszugehen ist, daß der Beschuldigte den Tatbestand des § 11 Abs.2 StVO 1960 nicht erfüllt hat.

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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