Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102256/10/Fra/Ka

Linz, 22.11.1994

VwSen-102256/10/Fra/Ka Linz, am 22. November 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des Ernst C gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 18. August 1994, VerkR96/2123/1993/Wi/Ke, betreffend Übertretungen der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. November 1994, zu Recht erkannt:

I. Die Berufung wird hinsichtlich der Schuld als unbegründet abgewiesen.

Die Strafen werden wie folgt neu bemessen: Wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 wird gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) und wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.5 StVO 1960 wird gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 300 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt.

II. Für das Verfahren vor dem O.ö. Verwaltungssenat hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten. Für das Verfahren erster Instanz ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens auf 130 S, ds 10 % der verhängten Strafen.

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19, 24 und 51 VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit Straferkenntnis vom 18.8.1994, VerkR96/2123/1993/Wi/Ke, über den Berufungswerber 1.) wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden und 2.) wegen Übertretung des § 4 Abs.5 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.b leg.cit. eine Geldstrafe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt, weil er am 23.11.1992 um ca. 7.45 Uhr den PKW, Citroen Kennzeichen: auf der Gerersdorfer-Bezirksstraße von Kematen/Krems kommend in Richtung Allhaming gelenkt hat, bei Strkm. 4,4, in der Rechtskurve den entgegenkommenden PKW, BMW 325 i, Kennzeichen: durch Streifung beschädigt und es unterlassen hat, 1.) nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, das von ihm gelenkte Fahrzeug sofort anzuhalten und 2.) nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift der Unfallbeteiligten unterblieben ist.

Ferner wurde der Beschuldigte gemäß § 64 VStG zur Zahlung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10 % der verhängten Strafen verpflichtet.

I.2. Dagegen richtet sich die durch die ausgewiesenen Vertreter fristgerecht bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung sah sich zu einer Berufungsvorentscheidung nicht veranlaßt und legte das Rechtsmittel samt Akt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied entscheidet (§ 51 c VStG).

Zumal sich die Berufung nicht nur gegen die rechtliche Beurteilung und gegen das Strafausmaß richtet, war eine öffentliche mündliche Verhandlung anzuberaumen. Diese wurde am 15. November 1994 durchgeführt. Im Zuge dieser Verhandlung wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt, durch Befragung des Beschuldigten sowie durch zeugenschaftliche Einvernahme des Unfallgegners Wolfgang S und des Gendarmeriebeamten Rev.Insp. R, welcher die Unfallerhebungen durchgeführt hat.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Unstrittig ist, daß der Berufungswerber zur Tatzeit am Tatort den in Rede stehenden PKW gelenkt hat und im Fließverkehr den entgegenkommenden vom Unfallgegner Wolfgang S gelenkten PKW, Kennzeichehn streifte. Diese Streifung wurde vom Beschuldigten bemerkt (laut seiner Aussage vergleichbar mit einem ganz leichten Anstoß einer Billardkugel). Er hat das Fahrzeug weder angehalten noch eine Meldung im Sinne des § 4 Abs.5 StVO 1960 erstattet.

Der Berufungswerber bemängelt, daß durch den Unfallgegner S zum Beweis dafür, daß tatsächlich an dem von ihm gelenkten PKW kein nennenswerter Sachschaden entstanden ist, ein Nachweis nicht vorgelegt wurde. Zum weiteren Beweis dafür, daß eine Sicherstellung des Außenspiegels des PKW's, BMW 325i mit dem behördlichen Kennzeichen unterblieben ist, weshalb seiner Ansicht nach weder der Schaden noch die Schadenshöhe nachgewiesen werden könne, beantrage er die Einvernahme des Gr.Insp. Spitzer sowie des Rev.Insp. R, beide GPK Neuhofen/Krems. Als weiteren Verfahrensmangel rügt der Beschuldigte die Nichteinvernahme seiner Gattin Edith mit der Feststellung, daß, wäre diese Einvernahme durchgeführt worden, sich ergeben hätte, daß an seinem Außenspiegel keinerlei Schaden ersichtlich gewesen sei. Der Berufungswerber schließt daraus, daß sich dadurch die zutreffende Feststellung ergeben hätte, daß an seinem Außenspiegel keinerlei Schaden ersichtlich gewesen sei und sich daraus weiters die Unrichtigkeit der getroffenen Feststellung ergeben hätte, wonach es zu einer Streifkollision der linken Außenspiegel gekommen ist. Tatsächlich könne bei einer derartig leichten Berührung nicht von einer Kollision im Sinne eines gegenseitigen Aufpralls gesprochen werden, sondern es sei so gewesen, daß die Streifung akustisch gerade noch merkbar gewesen ist. Er bekämpfe auch die erstinstanzlichen Feststellungen dahingehend, daß es zu einem Bruch der Halterung und des Glases bei dem von Herrn S gelenkten PKW gekommen ist. Da am Außenspiegel seines des von ihm gelenkten PKW keine Schadensmerkmale festzustellen gewesen seien, dieser Spiegel lediglich geringfügig neu einjustiert werden mußte und ein konkreter Schadensnachweis des behaupteten Schadens am Außenspiegel des PKW mit dem behördlichen Kennzeichen fehle, sei davon auszugehen, daß auch an diesem Spiegel keinerlei Beschädigung eingetreten ist, ansonsten der Nachweis des konkreten Schadens erbracht hätte werden können. Er habe es zu keiner Zeit für möglich gehalten bzw damit gerechnet, daß eine ledigliche geringfügige Kontaktierung infolge Streifung der Außenspiegel den gesetzlichen Begriff des "Unfalles" und das Vorliegen des "Sachschadens" erfülle, weshalb ihm diese auch nicht vorzuwerfen sei, weil er sich diesbezüglich, wenn überhaupt in einem die Schuld ausschließenden Irrtum befunden habe und die Tat daher zu entschuldigen sei. Die weiteren Ausführungen betreffen die Strafbemessung.

I.3.2. Zum gegenständlichen Vorfall führte der Unfallgegner Wolfgang S zeugenschaftlich aus, daß ihm der vom Beschuldigten gelenkte PKW mit ziemlich hoher Geschwindigkeit auf seiner Fahrbahnseite entgegenkam, weshalb er den von ihm gelenkten PKW äußerst rechts lenkte.

Er versuchte noch auszuweichen, und sei bereits fast zum Stillstand gekommen, als es zur Streifung mit seinem PKW kam. Hiebei wurde sein linker Außenspiegel zurückgeklappt, wobei ein ziemlich lautes Geräusch (Knall) entstand. Er hielt seinen PKW sofort an, blickte durch den Innenspiegel und sah, daß dieser PKW weiterfuhr, weshalb er seinen PKW sofort wendete und diesem Fahrzeug nachfuhr, wobei er mehrere Male die Lichthupe betätigte, um dem Fahrzeuglenker verständig zu machen, daß dies ihm gelte. Der Beschuldigte habe jedoch das von ihm gelenkte Fahrzeug nicht angehalten.

Im Ortsgebiet von Allhaming teilte er einem Gendarmeriebeamten, welcher Laserkontrollen durchführte, den Vorfall mit. Dieser verwies ihn zum GP Neuhofen/Krems. Dort habe er dann umgehend die Meldung von dem Verkehrsunfall erstattet. Weil es sich um ein Firmenfahrzeug gehandelt hat, habe er diesen Unfall auch seiner Firma gemeldet. Der Zeuge wirkte sehr korrekt und legte seine Aussage unter Wahrheitspflicht ab, bei deren Verletzung er mit strafrechtlichen Sanktionen zu rechnen hätte. Auch der Beschuldigte ist diesen Angaben nicht entgegengetreten. Der O.ö. Verwaltungssenat hegt daher keine Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Aussagen. Bei dieser Sachlage kann der Verantwortung des Beschuldigten, daß er die Streifung durch ein gerade noch merkbares Geräusch wahrgenommen habe, infolge der Geringfügigkeit dies jedoch nicht als Sachschaden eingestuft habe, und er damit auch nicht rechnen mußte, daß hier tatsächlich ein Unfall im Sinne des Gesetzes vorgelegen sei, nicht beigetreten werden. Selbst wenn an seinem linken Außenspiegel kein nennenswerter Schaden entstanden ist, hätte er bei gehöriger Aufmerksamkeit davon auszugehen gehabt, daß am Fahrzeug des gegnerischen PKW's ein Schaden entstanden ist und hätte dies nicht als Bagatelldelikt abtun dürfen (siehe Niederschrift des Gendarmeriepostenkommandos Neuhofen/Krems vom 24.11.1992, GZ.P 3431/92/Neu). Selbst geringfügige Schäden, mit denen der Beschuldigte aufgrund der Streifkollision rechnen mußte, lösen die Pflichten gemäß § 4 StVO 1960 aus. Der Verwaltungsgerichtshof judiziert in ständiger Judikatur, daß überhaupt für den Lenker die Pflicht besteht, sich gewissenhaft davon zu überzeugen, ob ein Sachschaden eingetreten ist (VwGH 4.10.1973, 1229/72). Ist sich ein Fahrzeuglenker bewußt, daß es zu einem Verkehrsunfall gekommen ist, von dem jedenfalls sein Fahrzeug und ein weiterer Gegenstand betroffen sind, genügt ein Blick in den Rückspiegel alleine, ohne aus dem Fahrzeug auszusteigen, nicht (VwGH 10.9.1980, 2906/78, 2258/80). Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens sind Kollisionen im Inneren der beteiligten Fahrzeuge besonders gut wahrnehmbar (VwGH 4.10.1973, 1279/72). Im gegenständlichen Fall kommt hiezu, daß der unfallbeteiligte Sögner sein Fahrzeug gewendet und dem Berufungswerber durch Betätigung der Lichthupe nachgefahren ist. Umsomehr hätte dem Berufungswerber bei ensprechender Aufmerksamkeit auffallen müssen, daß es bei der von ihm gar nicht in Abrede gestellten Streifung zu einem Unfall mit Sachschaden des beteiligten Fahrzeuges gekommen ist.

I.3.3. Was nun den Einwand, daß ein konkreter Schadensnachweis fehlt, anlangt, ist festzustellen: In der Anzeige des GP Neuhofen/Krems vom 30.11.1992 ist festgehalten, daß am vom Zeugen S gelenkten PKW der linke Außenspiegel beschädigt wurde und der Schaden ca.

1.500 S betrage. Der Zeuge Sögner hat am 23. November 1992 kurz nach dem gegenständlichen Unfall am GP Neuhofen/Krems angegeben, daß durch den Unfall sein linker Außenspiegel beschädigt wurde. Am 15.9.1993 hat der Zeuge S vor der BPD Linz angegeben, daß es zu einer Beschädigung des linken Außenspiegels gekommen ist und die Halterung sowie das Glas zerbrachen. Angaben über die Schadenshöhe könne er nicht machen, weil es sich um einen Firmen-PKW der Firma K, Bad Hall, gehandelt hat. Er sei bei dieser Firma nicht mehr beschäftigt, weil sie aufgelöst wurde. Bei der Berufungsverhandlung gab der Zeuge S an, daß er nunmehr zwei Jahre nach dem Vorfall die Art des Schadens nicht mehr angeben könne. Der Spiegel sei jedenfalls kaputt gewesen und nachher repariert worden, weil er mit diesem Firmenfahrzeug wieder gefahren sei. Der ebenfalls als Zeuge einvernommene Rev.Insp. R, welcher die Unfallerhebungen durchgeführt hat, gab an, persönlich den Spiegel besichtigt und einen Schaden festgestellt zu haben.

An die Art des Schadens könne er sich nunmehr nach zwei Jahren nicht mehr erinnern. Zur Frage der Sicherstellung gab der Zeuge an, daß, wenn Personen bei einem Verkehrsunfall verletzt werden, Lichtbilder angefertigt werden und zur Frage der Sicherstellung entscheidet der Staatsanwalt.

Aufgrund dieser Aussagen geht der O.ö. Verwaltungssenat davon aus, daß der linke Außenspiegel des vom Zeugen S gelenkten PKW durch Bruch der Halterung und des Glases beschädigt wurde. Im Berufungsverfahren wurden die Gründe plausibel dargelegt, weshalb ein Nachweis des Schadens in anderer Form nicht mehr beigebracht werden kann.

Bei dieser Sachlage ist somit ohne weitere Beweisaufnahme unter Zugrundelegung der Ermittlungsergebnisse zweifelsfrei davon auszugehen, daß der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Tatbestände zu verantworten hat, weshalb sich die Berufung in der Schuldfrage als unbegründet erwies.

I.4. Eine Herabsetzung der Strafe erfolgte aus Gründen der Einsichtigkeit des Berufungswerbers betreffend sein Fehlverhalten. Während der Berufungswerber anfänglich noch die Auffassung vertrat, daß es sich hier um ein Bagatellfall handelt, hat er jedoch noch bei der Befragung am GP Neuhofen/Krems sein Fehlverhalten eingesehen und dieses Einbekenntnis in der Berufungsverhandlung bekräftigt. Zudem ist zu berücksichtigen, daß der Berufungswerber keine einschlägige Vormerkung aufweist und Erschwerungsgründe im Verfahren nicht hervorgekommen sind. Eine weitere Herabsetzung der Strafe ist im Hinblick auf den doch gravierenden Unrechtsgehalt der verletzten Vorschrift nicht vertretbar. Weiters wurden der Strafe die aktenkundigen Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse des Beschuldigten zugrundegelegt. Die nunmehrigen Strafen erscheinen geeignet, den Berufungswerber in Hinkunft von Übertretungen gleicher Art abzuhalten. Die unterschiedlich hohen Straffestsetzungen ergeben sich aus den unterschiedlich hohen Strafdrohungen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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