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VwSen-102277/17/Weg/Ri

Linz, 24.02.1995

VwSen-102277/17/Weg/Ri Linz, am 24. Februar 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wegschaider über die Berufung des Werner K vom 21. September 1994 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 13.

September 1994, St.-6.353/94 In., nach den am 21. Dezember 1994 und 14. Februar 1995 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlungen zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1 und § 51i VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 8.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen verhängt, weil dieser am 28. April 1994 zwischen 16.10 Uhr und 16.18 Uhr in Linz auf der Spinnereistraße vom Hause Nr.3 und anschließend auf der Wiener Straße bis zum Hause Nr.

391 ein Fahrrad in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 800 S sowie der Ersatz der Barauslagen für das Alkomatenröhrchen in der Höhe von 10 S in Vorschreibung gebracht.

2. Die Bundespolizeidirektion Linz nahm die gegenständliche Verwaltungsübertretung, insbesondere die Tatsache des Lenkens eines Fahrrades zwischen 16.10 Uhr und 16.18 Uhr von der Spinnereistraße 3 in die Wiener Straße 391, deshalb als erwiesen an, weil die Aussagen der Zeugen Denkmeir und Luksch im Zusammenhang mit einem Zeit-Weg-Diagramm eine andere Erklärung nicht zuließen. Unstrittig ist die mittels Alkomat gemessene Alkoholbeeinträchtigung von 0,69 mg/l Atemluftalkoholgehalt. Die diesbezügliche Messung des Atemluftalkoholgehaltes fand kurz nach 17 Uhr statt.

3. Der Berufungswerber bestreitet, das Fahrrad von der Spinnereistraße 3 bis zur Wiener Straße 391 (es handelt sich um eine Wegstrecke von 450 m) gelenkt zu haben sondern behauptet, das Fahrrad geschoben zu haben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis aufgenommen durch die Vernehmung der Zeugen Denkmeir, Gros, und Gr.Insp.

Straßl sowie durch Vernehmung des Beschuldigten selbst anläßlich der mündlichen Verhandlung am 21. Dezember 1994 sowie durch Vernehmung der Zeugen Elsa K (Mutter des Beschuldigten) und Luksch anläßlich der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 1995. Außerdem wurde durch eine telefonische Anfrage beim Installationsunternehmen G eine Information über die Arbeitszeiten der dort beschäftigten Installateure Denkmeir und Luksch am 28. April 1994 eingeholt.

Auch auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens seitens der Erstbehörde steht fest, daß den Beschuldigten beim Lenken des Fahrrades zwischen Spinnereistraße 3 und Wiener Straße 391 in der Zeit von 16.10 Uhr bis 16.18 Uhr niemand gesehen hat. Gesichert ist lediglich, daß der Berufungswerber vor dem im Straferkenntnis vorgeworfenen Zeitraum das Fahrrad auf der Dauphinestraße in Richtung Wiener Straße gelenkt hat. Dort kam es nämlich zwischen dem Radfahrer G (Freund des Beschuldigten) und dem ein Firmenfahrzeug der Firma Greiner lenkenden Denkmeir zu einer Kollision (kein Sachschaden und kein Personenschaden) und einem ca. einminütigen Wortwechsel wobei G auf der Beifahrerseite durch das halb geöffnete Fenster dem Lenker Denkmeir Vorwürfe über dessen Fahrweise machte. K war an diesem "Unfall" nicht beteiligt sondern stand abseits vom Geschehen mit seinem Fahrrad vor einer roten Verkehrslichtsignalanlage. D und der Beifahrer L hatten zu diesem Zeitpunkt Kastenhofer nicht wahrgenommen.

Wann sich nun dieser Vorfall genau zutrug, konnte nicht mehr mit Sicherheit eruiert aber doch wie folgt rekonstruiert werden:

Denkmeir fuhr vom Ort des "Unfalles" in das Firmengelände G und war dort in der Folge (so der Zeuge L) damit beschäftigt, im Hof des Firmengeländes den LKW zu entladen, was etwa 15 Minuten in Anspruch genommen hat.

Jedenfalls spätestens 15 Minuten nach Eintreffen im Firmengelände ist dann D ins Büro gegangen, wo er die beiden Radfahrer schimpfenderweise antraf. Wenn man die Fahrzeit zwischen Dauphinestraße - Kreuzung Wiener Straße im Gesamtausmaß von maximal 5 Minuten hinzurechnet, verging also ab dem Zeitpunkt der Kollision und dem Ansichtigwerden K eine Zeitspanne von maximal 20 Minuten.

Gesichert ist auch, daß die Polizei um 16.20 Uhr von der Firma G angerufen wurde, weil zwei Radfahrer im Büro randalierten.

Es kann also als gesichert angenommen werden, daß der Unfall tatsächlich um ca. 16 Uhr stattfand, keinesfalls um 15.30 Uhr bis 15.45 Uhr. Hiezu ist zu bemerken, das die Zeugen L und D einen in jeder Phase glaubwürdigen Eindruck machten und daß deren Aussagen auch durch die Informationen aus dem Büro des Installationsunternehmens G und dem Arbeitsschein nicht widerlegt werden. Auf diesem Arbeitsschein ist zwar die Uhrzeit der Beendigung der Arbeiten in der Himmelbauerstraße nicht eingetragen, sondern nur die Gesamtarbeitszeit, doch ist - selbst wenn derartige Arbeitszeiten gerundet aufgeschrieben werden - die Darstellung der Zeugen D und L glaubwürdig, knapp vor 16.00 Uhr die Arbeitsstelle in der Himmelbauerstraße verlassen zu haben.

Den glaubwürdigen Aussagen der beiden eben zitierten Zeugen folgend, ist es jedoch nicht möglich, daß der Beschuldigte und G nach dem "Unfall" noch die Wohnung der Mutter des Beschuldigten aufsuchten, dort während eines Zeitraumes von 1/2 Stunde alkoholische Getränke zu sich nahmen und anschließend das Fahrrad von der Spinnereistraße in die Wiener Straße 391 (450 m) geschoben haben. Der Umstand, daß der Beschuldigte und G in der Wohnung der Mutter des Beschuldigten gewesen sind, wurde zwar von der Mutter zeugenschaftlich bestätigt, sie konnte jedoch die Uhrzeit der halbstündigen Anwesenheit nicht angeben, weil sie diesbezüglich nicht auf die Uhr geblickt hat. Es kann also durchaus denkbar sein, daß der Beschuldigte und Gros tatsächlich in der Wohnung der Mutter waren und dort alkoholische Getränke zu sich nahmen, möglicherweise aber nicht nach dem Unfall sondern vorher. Nach diesem denkmöglichen Aufenthalt in der Wohnung (dies könnte durchwegs zwischen etwa 15.20 Uhr und knapp vor 16.00 Uhr gewesen sein) fuhren der Beschuldigte und G mit dem Fahrrad (in alkoholisiertem Zustand) weg und es kam dann, eben etwa um 16.00 Uhr, zu diesem "Unfall". Diese Denkvariante widerspricht weder den Zeugenaussagen des D, des L und der Mutter des Beschuldigten, jedoch der Aussage des Zeugen G und der Aussage des Beschuldigten. Zum Zeugen G ist anzuführen, daß dieser stark alkoholisiert war (das diesbezügliche ebenfalls durchgeführte Strafverfahren ist abgeschlossen) und somit diese Aussage nicht geeignet ist, den halbstündigen Aufenthalt in der Wohnung der Mutter des Beschuldigten nach dem "Unfall" glaubhaft erscheinen zu lassen.

Unklar ist, was sich nach dem "Unfall" zugetragen hat, also in der Zeit zwischen 16.00 Uhr und 16.20 Uhr. Wenn nun die beiden Radfahrer nicht die Wohnung der Mutter aufgesucht haben und dort 1/2 Stunde verbrachten, hatten sie ca. 15 bis 20 Minuten Zeit, um von der Kreuzung Dauphinestraße - Wiener Straße zum Haus Wiener Straße 391 zu gelangen. Die Entfernung zwischen diesen beiden Punkten liegt ungefähr bei 300 m. Diese Wegstrecke zu Fuß und somit die Fahrräder schiebenderweise zurückzulegen ist innerhalb der zur Verfügung gestandenen Zeit bis 16.20 Uhr ohne weiteres möglich. Nachdem der Zeuge D anläßlich seiner Vernehmung ausführte, daß nach dem "Unfall" G mit dem Fahrrad in Richtung Ebelsberg fuhr, während er selbst in Richtung Zentrum nach links abbog, liegt die Vermutung nahe, daß beide Radfahrer zuerst in Richtung Spinnereistraße fuhren, schließlich aber den Entschluß faßten, den ihnen bekannten D in der Firma G aufzusuchen, um ihn dort weiterhin wegen des "Unfalles" zur Rede zu stellen.

Bemerkt wird in diesem Zusammenhang, daß die Streitgespräche zwischen D und der Firmenleitung G ausschließlich mit Gros stattfanden, während der Beschuldigte nur beschwichtigend eingreifen wollte. Es hat letztlich lediglich das rowdyhafte Benehmen des G und nicht das des Beschuldigten dazu geführt, daß die Polizei verständigt wurde.

Die vorstehend versuchte Rekonstruktion des Vorfalles im Hinblick auf das Zeit-Weg-Diagramm erfolgte mit dem Bemühen, die zuerst divergierend erscheinenden Zeugenaussagen soweit wie möglich auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Es würde sonst bedeuten, daß die Mutter des Beschuldigten anläßlich der Verhandlung falsch ausgesagt hat, wozu jedoch - sieht man vom Naheverhältnis ab - kein gesicherter Grund besteht. Die Mutter wurde eindringlich auf die Wahrheitspflicht aufmerksam gemacht und es wirkten ihre Aussagen hinsichtlich des halbstündigen Aufenthaltes in der Wohnung nicht unglaubwürdig.

Ob nun der Beschuldigte die Wegstrecke Dauphinestraße Wiener Straße zur Wiener Straße 391 fahrenderweise oder zu Fuß zurückgelegt hat, bleibt nach wie vor strittig und es sind beide Denkvarianten möglich, wobei nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die Wahrscheinlichkeit eher dafür spricht, daß diese Wegstrecke fahrenderweise zurückgelegt wurde.

Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad reicht jedoch in einem Verwaltungsstrafverfahren nicht aus. Dies selbst dann nicht, wenn die beiden Polizeibeamten - wie sie glaubwürdig ausführten - den Beschuldigten und Gros über den Umstand des Lenkens der Fahrräder befragten. Im Zuge dieser Befragung nämlich ging es möglicherweise - ja sogar wahrscheinlicherweise - um die Lenkeigenschaft vor dem Unfall und nicht darum, wie nun die Radfahrer mit ihrem Fahrrad zur Wiener Straße 391 gelangten. Dafür, daß der Beschuldigte bzw. auch sein Freund Gros die Fahrräder möglicherweise vom Unfallort zur Wiener Straße 391 schoben, spricht auch der Umstand, daß sie dies schon vor der Durchführung des Alkotests aussagten. Natürlich könnte dies auch als Versuch gewertet werden, dem Alkotest zu entkommen, was aber zumindest mittelmäßige Rechtskenntnisse über die Strafbarkeit iSd § 5 StVO 1960 bedingen würde. Im Zusammenhalt mit dem Umstand, daß beide Radfahrer schwer alkoholisiert waren und ihnen zumindest in diesem Zustand die erforderlichen Rechtskenntnisse nicht unbedingt zusprechbar sind, ist die Möglichkeit des Schiebens der Fahrräder zumindest denkbar.

Weil sich der Tatvorwurf auf das Lenken eines Fahrrades zwischen 14.10 Uhr und 14.18 Uhr zwischen Spinnereistraße 3 und Wiener Straße 391 bezieht, ist ein Auswechseln der Tatzeit und der Tatörtlichkeit auf die Zeit knapp vor 16.00 Uhr und auf die Dauphinestraße im derzeitigen Verfahrensstadium nicht mehr möglich.

5. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Nachdem gemäß § 99 Abs.1 lit.a im Zusammenhalt mit § 5 Abs.1 StVO 1960 (idF der 18. StVO.-Novelle) eine Verwaltungsübertretung lediglich begeht, wer ein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkt und nachdem bezogen auf die vorgeworfene Tatzeit (16.10 Uhr bis 16.18 Uhr) und auf die vorgeworfene Tatörtlichkeit (Spinnereistraße 3 bis Wiener Straße 391) das Lenken des Fahrrades nicht mit einer für ein Strafverfahren ausreichenden Wahrscheinlichkeit erwiesen ist und weil ein Auswechseln der Tatzeit und der Tatörtlichkeit wegen des Ablaufes der Verfolgungsverjährungsfrist nicht mehr möglich ist, war iSd § 45 Abs.1 Z1 VStG, wonach ein Strafverfahren einzustellen ist, wenn die Tat nicht als erwiesen angenommen werden kann, spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Akt Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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